50 Jahre Straßenbahn durch die Lange Straße

2011 – das Jahr der Jubiläen bei der Rostocker Straßenbahn AG

26. Juli 2011, von
Der Fahrer der 85 Jahre alten Straßenbahn in traditioneller Uniform
Der Fahrer der 85 Jahre alten Straßenbahn in traditioneller Uniform

„Tradition, die bewegt“ lautet das Motto der Rostocker Straßenbahn AG (RSAG) in diesem Jahr. Denn es werden nicht nur 130 Jahre städtischer Schienenverkehr gefeiert, sondern gleichzeitig wird auch das 50. Jubiläum der Strecke durch die Lange Straße begangen. Dies nahm die Straßenbahngesellschaft zum Anlass, in den Bildarchiven zu kramen und die Haltestelle am Neuen Markt in eine historische Optik zu tauchen. Die Rückseiten der beiden Glashäuschen zieren ab heute eine Fotografie vom Neuen Markt um 1890 und weitere Bilder der Rostocker Verkehrs- und Stadtgeschichte.

Historisches Innenleben der Bahn
Historisches Innenleben der Bahn

Zur Enthüllung dieser besonderen Haltestellengestaltung wurden Oberbürgermeister Roland Methling, RSAG-Vorstandsmitglieder Wilfried Eisenberg und Jochen Bruhn, sowie der Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Dieter Neßelmann mit einer historischen Bahn zum Neuen Markt gebracht. Die Bahn wurde 1926 in Wismar gebaut und ist auch nach 85 Jahren noch top in Schuss. Im Gegensatz zu den modernen Straßenbahnen trägt sie auffälliges Gelb, kein dezentes Blau, und der Fahrer muss die ganze Fahrt über stehen – und das auch noch quasi im Freien.

Dieter Neßelmann, Jochen Bruhn, Roland Methling und Wilfried Eisenberg (v.l.n.r) enthüllten die neue Haltestellengestaltung
Dieter Neßelmann, Jochen Bruhn, Roland Methling und Wilfried Eisenberg (v.l.n.r) enthüllten die neue Haltestellengestaltung

Obwohl ein Fahrer in traditioneller Uniform bestellt wurde, ließ es sich Wilfried Eisenberg nicht nehmen, die Strecke vom Doberaner Platz zum Neuen Markt selbst zu fahren. „Ich habe schon häufiger so eine Bahn gelenkt“, erzählte er danach, „leider kann man wegen der Bremsen nicht schneller als 30 fahren.“ Die Fahrt dauerte trotzdem nicht lange und so fanden sich alle Fahrgäste wenige Augenblicke später an der noch verhüllten Haltestelle am Neuen Markt ein. Dort steigen jeden Tag fast 10.000 Menschen ein und aus, was diesen Haltepunkt, neben der Langen Straße, dem Doberaner Platz und dem Hauptbahnhof zu einem der beliebtesten macht. Auch aus diesem Grund wurden die historischen Motive, die nach einer kurzen Rede enthüllt wurden, hier angebracht. Weitere Poster finden sich in der Kröpeliner Straße, in der Steinstraße und am Kröpeliner Tor.

Rückseite der Haltstelle: Porträt vom Neuen Markt (um 1890)
Rückseite der Haltstelle: Porträt vom Neuen Markt (um 1890)

Für die Verlegung der Schienen 1961 von der Kröpeliner in die Lange Straße nannte Vorstandsmitglied Eisenberg zwei Gründe. „Zum einen wurde so die Stadt mehr mit dem Hafen verbunden und zum anderen war der Platz in der Kröpeliner Straße irgendwann zu eng.“ Heute ist es kaum mehr vorstellbar, dass die Schienen damals mitten durch die Einkaufsstraße verliefen. Dietrich Schmidt, der zufällig vorbei kam,  kann sich noch gut an diese Zeit erinnern. Er stammt aus Tribsees, einer Kleinstadt 60 Kilometer östlich von Rostock. Zu Schulzeiten besuchte er die Hansestadt häufiger. „Wenn wir mit der Klasse ins Theater wollten, fuhren wir mit dem Bus nach Rostock und dann mit der Straßenbahn weiter. Damals verliefen die Schienen unter dem Steintor durch, über den Neuen Markt und die Kröpeliner Straße entlang“, so der 74-Jährige. Auch wenn er seine Großeltern besuchen wollte, die in Rostock lebten, nahm er die Straßenbahn vom Hauptbahnhof: „Damals kostete das ja nur 20 Pfennig.“ Seit knapp zwei Jahren wohnt Schmidt nun in Rostock und benutzt auch heute noch häufig den öffentlichen Nahverkehr.

Historische Motive der Rostocker Stadt- und Verkehrsgeschichte
Historische Motive der Rostocker Stadt- und Verkehrsgeschichte

In 130 Jahren Rostocker Straßenbahn AG hat sich so viel verändert, dass man nicht alles einzeln aufzählen kann. Das Schienennetz wurde ausgebaut und umfasst seit den neunziger Jahren das gesamte Rostocker Stadtgebiet. Die Straßenbahnen selbst waren einem stetigen Modernisierungsprozess unterzogen und auch die Gleise sind nicht mehr dieselben wie vor über 100 Jahren. „Die Schienen sind heute viel leiser und auch die Stromversorgung wurde geändert, um mehr Energie einsparen zu können“, berichtete Wilfried Eisenberg. Somit ist Straßenbahn fahren umweltfreundlich und nachhaltig, wie auch Oberbürgermeister Methling betonte. Die Zukunft der RSAG sieht übrigens weiterhin rosig aus. „Straßenbahnen wird es noch in 100 Jahren geben“, ist sich Eisenberg sicher. Schließlich werde das Autofahren ja immer teurer.

Wer auch gerne einmal mit einer historischen Straßenbahn fahren möchte, hat am 31. Juli die Gelegenheit dazu. Hintergründe und Informationen zu 130 Jahren RSAG gibt es auch am Tag der offenen Tür, am 27. August 2011.

Alle Details zu den Veranstaltungen im Jubiläumsjahr sind auf der Homepage der RSAG einzusehen.

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