Tanztheater Bronislav Roznos zeigt „Pieces of Art“

Seufzen und Lachen – Best of von Bronislav Roznos’ Tanztheater mit Auszügen aus sechs Tanztheaterproduktionen im Theater im Stadthafen

4. Juli 2012, von
Pieces Of Art mit Daniele Varallo und Krzystof Gradzki
Pieces Of Art mit Daniele Varallo und Krzystof Gradzki

Der Tanztheaterabend beginnt wie im Kino. Auf einer großen Leinwand flimmert ein Film und hinter mir wird noch geschwatzt. Erst als die Leinwand sich hebt und die Bühne für zwei Tänzer freigibt, herrscht auch im Saal stille Konzentration. Notenblätter fliegen, zwei Herren und eine Dame verkörpern zu melancholisch-schwindelerregenden Streicherklängen die innere Zerrissenheit Robert Schumanns. Die Szenen stammen aus „Schumann‘s Art“, welches das Tanztheater Bronislav Roznos zum 150. Todestag des romantischen Komponisten 2006 am Theater Plauen-Zwickau inszenierte.

Tanztheater Bronislav Roznos mit "Ragtime"
Tanztheater Bronislav Roznos mit "Ragtime"

Dass der Ausschnitt noch einmal in Rostock gezeigt wird, ist der verzögerten Brandschutzsanierung des Großen Hauses zu verdanken. Nach dem Motto „Jede Krise bietet eine Chance“ macht das Tanztheater für das Sommerprogramm des Rostocker Volkstheaters das Beste daraus. „Wir möchten mit ‚Pieces of Art‘ einen exklusiven Einblick in unsere Arbeit geben“, so das Anliegen von Rostocks Chefchoreograf Bronislav Roznos. Ausgewählt hat er dafür Ausschnitte aus sechs seiner Inszenierungen. Einige sind dem Rostocker Publikum vielleicht schon bekannt, andere stammen noch aus seinem vorherigen Engagement am Theater Plauen-Zwickau.

„Time of Pain – Zeit des Schmerzes“ ist das älteste Stück. Es wurde 1999 im Zwickauer Gasometer uraufgeführt und an der Staatsoper in Prag gezeigt. Starke Bilder, in denen ein hilfloses Opfer von einer Überzahl durch Folter zum Schmerz getrieben wird, lassen auch das Premierenpublikum nicht unberührt. Mit einem Seufzer reagieren sie auf das Ende des Ausschnitts.

"pieces of Art" mit Krzystof Gradkzki und Linda Kuhn in einem Auszug aus "Mephistosyndrom"
"pieces of Art" mit Krzystof Gradkzki und Linda Kuhn in einem Auszug aus "Mephistosyndrom"

Mit gefühls- und gewissenlosen Menschen beschäftigt sich auch „Mephistosyndrom“. Ein Stück, in dem sich das Tanztheater 2010 wieder auf die Spur des Bösen begab. Der Ausschnitt ist ähnlich angelegt, nur dass es hier nur einen übermächtigen Täter, viele blinde Anwesende und ein Missbrauchsopfer gibt.

Aber „Pieces of Art“ besteht nicht nur aus bedrückenden Stücken. Im Gegenteil: Es ist eine regelrechte Achterbahn der Gefühle zwischen zutiefst traurigen und bitteren Szenen und höchstem Vergnügen. Wie etwa der Ausschnitt aus Goldonis „Diener zweier Herren“, dessen Sprachwitz des Originaltextes die Tänzer mit pantomimischem Geschick und typischen Slapstick-Bewegungen übersetzen.

"Pieces of Art" mit Nico Wert als Zettl und Natalie Brockmann als Titania in einem Auszug aus "Ein Sommernachtstraum"
"Pieces of Art" mit Nico Wert als Zettl und Natalie Brockmann als Titania in einem Auszug aus "Ein Sommernachtstraum"

Ein Höhepunkt der Heiterkeit, bei dem ausgesprochen viel und herzlich gelacht werden darf, ist der „Sommernachtstraum“. Das neunköpfige Tanzensemble überlässt in diesem Auszug dem Jugendtheaterclub die Bühne. Die Nachwuchstalente Ole Prüter, Nico Wendt, Jakob Rentsch, Phillip Schroeck, Martin Lindner und Daria Hasse treffen mit ihrer eher pantomimischen als tänzerischen Darstellung der Handwerkerszenen mitten ins Humorzentrum der Zuschauer und beweisen damit, dass sie das Komödienfach schon hervorragend beherrschen.

Eingeleitet werden alle Inszenierungsausschnitte mit kurzen Filmen. Sie geben einen interessanten Einblick in die Entwicklung des Tanztheaters (einige Mitglieder sind schon seit vielen Jahren dabei) und ermöglichen zudem einen Blick hinter die Kulissen. Vor allem aber zeigen sie, dass die Stücke ursprünglich für die große Bühne produziert wurden. Im Theater im Stadthafen hingegen wird fast auf jegliche Kulisse verzichtet. Demonstrativ unabhängig von einer an ein Haus gebundenen Ausstattung dienen lediglich ein paar Stühle, Kerzen und eine Leiter als Requisiten.

"Pieces of Art" mit Josef Dvorak
"Pieces of Art" mit Josef Dvorak

Besonders wehmütig erscheint mir die krasse Reduktion, als die Bilder von „Ragtime“ auf der Leinwand erscheinen. Ich erinnere mich an die starke Duschszene bei der Rostocker Premiere in der Halle 207, die nicht nur wegen des außergewöhnlichen Wassereffekts auf der Bühne, sondern wegen des innigen Tanzes unter dem Schauer bestach. Was für eine schöne Überraschung also, dass ausgerechnet diese Szene in „Pieces of Art“ aufgenommen wurde. Mit einer bisher unveröffentlichten Szene aus „Ragtime“ fand der Abend einen beschwingten Abschluss. Das Tanztheater Bronislav Roznos erntete für sein Best of viel Applaus. Auch während des Stückes, das besonders in der zweiten Hälfte an Fahrt aufnahm, sparte das Publikum nicht mit Beifall.

Am 6., 7. und 8. Juli gibt es weitere Aufführungen von „Pieces of Art“ – jeweils um 20 Uhr im Theater im Stadthafen.

Fotos: VTR

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