Bürgerforum zum Strukturkonzept für Warnemünde

Hotels, Ferienwohnungen, Mittelmole, Handel und eine Sporthalle – das Ostseebad Warnemünde in der Zukunft

16. November 2010, von
Bürgerforum Strukturkonzept Warnemünde
Bürgerforum Strukturkonzept Warnemünde

Fast sechs Wochen sind es noch bis Heiligabend, für die Warnemünder hatte Rostocks Oberbürgermeister aber schon gestern die Geschenke im Gepäck.

Die Straßen werden saniert, eine neue Sporthalle entsteht und die Mittelmole wird bebaut. Warum das alles? „Weil wir es uns finanziell leisten können“, erklärte Roland Methling selbstbewusst dem etwas verblüfften Publikum.

Rund 200 Gäste hatten sich gestern Abend zum 1. Bürgerforum im Technologiezentrum Warnemünde (TZW) eingefunden. Thema war das „Strukturkonzept Warnemünde“, in dem eine städtebauliche Rahmenplanung für das Ostseebad bis zum Jahr 2025 erarbeitet wird.

Die angespannte Situation bei den Sportanlagen schien vielen Warnemündern unter den Nägel zu brennen. Schon vor zwei Jahren hatte Methling bekundet, das Haus des Sportes und den Sportplatz am TZW verkaufen und dafür eine Sporthalle bauen zu wollen. Verständlich, dass einige Warnemünder den Worten aus der Stadtverwaltung nicht mehr viel Glauben schenken.

Roland Methling
Roland Methling

Nun aber sollen Taten folgen. Noch in diesem Jahr wird mit dem ersten Kunstrasenplatz auf dem Sportplatz in der Parkstraße begonnen, der zweite folge 2011.

Im Jahr 2012 könne die Sporthalle in die Haushaltsplanung aufgenommen werden und dann kann schon 2013, so Methling, „nicht irgendeine Sporthalle, sondern eine Dreifelderhalle mit Publikumsrängen hier in Warnemünde stehen.“

Ein Platz nicht nur für den Sport, sondern auch für die Kultur und als Saison verlängernde Maßnahme schwebt dem Stadtoberhaupt vor: „Es muss eine Halle sein, in der auch mal Roger Whittaker auftreten kann.“ Nightwish oder die Rolling Stones wären ihm zwar lieber, aber „dafür wäre die Halle dann doch zu klein.“ Bevorzugter Standort? Für Methling ganz klar die Mittelmole.

Das sah nicht nur Warnemündes Ortsbeiratsvorsitzender Alexander Prechtel anders. Er plädierte dafür, den Sport an einem Standort, am Ende der Parkstraße, zu konzentrieren. Dort sollte auch die Sporthalle hin, schlug Prechtel vor. „Die Fläche an der Mittelmole ist viel zu wertvoll, um dort eine Sporthalle hinzubauen.“

Alexander Prechtel
Alexander Prechtel

Wohnbebauung auf der Mittelmole? Ja, so Prechtel, „aber in ganz, ganz eingeschränktem Maße.“ Benötigt werde Wohnraum, den junge Menschen bezahlen können. „Warnemünde darf nicht so alt werden, dass, wenn Roger Whittaker kommt, die Halle voll ist.“

Auf der Mittelmole wird das kaum der Fall sein. Er erinnerte an die Kurparkbebauung, wo kein belebtes Wohnen entstanden sei: „Das wollen wir auf der Mittelmole nicht.“

Prechtel wünscht sich für die Mittelmole eher etwas ‚Maritimes‘, was die Kreuzfahrtpassagiere hier hält, damit sie ihr Geld im Ort ausgeben. Kleines Gewerbe, Tourismus, Gastronomie, vielleicht auch etwas Beherbergung sollten hier nach Meinung des Ortsbeiratsvorsitzenden ihren Platz finden.

Barbara Genschow
Barbara Genschow

Die Einwohnerzahlen in Warnemünde sind rückläufig, stellte Barbara Gentschow vom Wirtschaftsforschungsinstitut wimes die von ihr zusammengetragenen Daten vor. Diese bilden die Grundlage für die Entwicklung des Strukturkonzeptes.

Lediglich die Gruppe der über 65-Jährigen wuchs von 2006 bis 2009 um knapp 11 Prozent. Dennoch gibt es in Warnemünde derzeit keinen Leerstand. Es existiere praktisch kein Wohnungsmarkt, erläuterte Gentschow, und somit gibt es auch keine Möglichkeit für einen Zuzug.

Weniger Einwohner und dennoch kein Wohnraum?

Thema Ferienwohnungen und Appartments: 176 Einheiten mit 545 Betten gibt es lt. offizieller Beherbergungsstatistik im Stadtbereich Warnemünde. 683 Einheiten mit 2049 Betten sind nicht in der Statistik enthalten und die Dunkelziffer dürfte noch viel größer sein.

„Die Unterwanderung des Wohnbestandes durch Ferienwohnungen“ ist ein echtes Problem, bestätigte auch der Stadtplaner Dr. Andreas Pfadt. Zusammen mit seinem Kollegen Wolfgang Oehler vom Hamburger Büro Convent entwickelt er das Strukturkonzept fürs Ostseebad.

Mittels Zweckentfremdungsverordnung könnte hier Einhalt geboten werden. Umkehren lässt sich dieser Prozess jedoch kaum. Neuer Wohnraum müsse daher geschaffen werden. Wo die Wohnungen entstehen könnten? Folgende Vorschläge präsentierten die Planer:

  • Güterbahnhof (300 – 350 Wohnungen)
  • Diedrichshagen (ca. 125 Einfamilien-/Doppelhäuser)
  • Hohe Düne / Tonnenhof (ca. 100 Einfamilien-/Doppelhäuser)
  • Mittelmole (100 – 250 Wohnungen)
  • Gartenstraße/Wiesenweg (100 – 120 Einfamilien-/Doppelhäuser)

Immer noch im Gespräch sei auch der Sportplatz in Markgrafenheide, der grundsätzlich durchaus geeignet wäre. „Eine ganze Menge Holz“, so Pfadt, „das wird noch 10, 15 Jahre dauern, bis das realisiert wird“, schließlich müsse der Wohnungsmarkt 500 bis 1000 zusätzliche Wohneinheiten auch erstmal aufnehmen.

Ganz so einfach dürfte dies auch nicht werden, protestierten Kleingarten- und Garagenverein doch schon mal vorsorglich gegen die noch sehr vagen Pläne, auf ihren Arealen Wohnungen entstehen zu lassen.

Wolfgang Oehler, Dr. Andreas Pfadt, Roland Methling, Ralph Müller und Barbara Gentschow
Wolfgang Oehler, Dr. Andreas Pfadt, Roland Methling, Ralph Müller und Barbara Gentschow

Was für Warnemünde im Beherbergungsbereich noch verträglich sei? Maximal 700 Betten, diese aber auch nur im 1- bis 3-Sterne-Bereich oder ganz ohne Klassifizierung. Mit dem geplanten Umbau des Samoa-Bades sei dies bereits ausgeschöpft.

„Was ist denn mit dem zweiten Bettenhaus des Neptun-Hotels?“, lautete der Einwand von Alexander Prechtel. „Das ist 4- und 5-Sterne (wenn vielleicht auch nicht auf dem Papier). Zudem noch ein großer Klopper, den wir alle nicht wollen.“

Auch im Bereich der Verkaufsflächen sehen die Hamburger Planer nicht mehr viel Luft nach oben. Bis 2020 bestehe maximal ein Bedarf von zusätzlichen 1000 Quadratmetern. Ohne Bäderregelung sei sogar ein Rückgang der Verkaufsfläche möglich.

Was aus den kleinen, oft unzweckmäßig geschnittenen Geschäften vor allem in der B-Lage wohl werde, wenn diese neuen Flächen als direkte Konkurrenz auf der Mittelmole entstehen, fragten die anwesenden Geschäftsleute. Vier bis fünf Millionen zusätzlich benötigter Umsatz kämen ja nicht einfach so.

Ralph Müller
Ralph Müller

Hier prallen doch noch sehr unterschiedliche Vorstellungen aufeinander – Traditionen und maritimes Flair bewahren und sich gleichzeitig modern zu entwickeln – kein einfacher Spagat.

Wer sich für weitere Details des Strukturkonzeptes interessiert oder eigene Ideen einbringen möchte, kann sich per E-Mail an das Amt für Stadtplanung wenden.

Das Projekt befinde sich noch in einer sehr frühen Phase, es ist immer noch lediglich ein Diskussionspapier, betonte Ralph Müller, Leiter der Stadtplanung. Im Frühjahr soll das Konzept der Bürgerschaft vorgelegt werden. Bis dahin können sich die Einwohner noch einbringen und es werde vorher auch noch ein weiteres Bürgerforum geben, versprach Müller.

Bei all den guten Vorsätzen und Projekten bleibt zu hoffen, dass die Einnahmen und Ausgaben in den kommenden Jahren trotz Altschuldenabbau tatsächlich einen Überschuss in der erhofften Höhe von 10 Millionen in der Stadtkasse lassen. Mindestens, denn gefühlt scheint jeder einzelne dieser Euros bereits dreifach verplant zu sein.

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