Mitternacht-Spaghetti in der Bühne 602

„Das Geld liegt auf der Fensterbank, Marie“ – Kabarett aus dem Beziehungsleben

8. November 2010, von
Das Geld liegt auf der Fensterbank, Marie bei der 23. Kulturwoche
Das Geld liegt auf der Fensterbank, Marie bei der 23. Kulturwoche

„Wie heißt noch mal der Dings?“ „Der Dings?“ Ja, der halt, weißt du?“ „Nein, weiß ich nicht.“

Szenen einer Beziehung. Erst, wenn man aneinander vorbeiredet und über Umwege doch noch zueinanderfindet, dann ist es wohl Liebe. Ungefähr darum ging es im Programm Mitternacht-Spaghetti und um noch viel mehr, zum Beispiel darum, was bei Hapag-Lloyd auf den Kotztüten steht.

„Das Geld liegt auf der Fensterbank, Marie“ nennt sich das Kabarett-Duo Wiebke Eymess und Fridolin Müller. Im Rahmen der 23. Rostocker Kulturwoche spielten sie in der Bühne 602 auf. Und wie bisher bei allen Terminen, war es auch diesmal wieder rappelvoll. Die Rostocker nehmen die Kulturwoche also weiter sehr gut an.

Improvisierte Bank und Instrumente in der Bühne 602
Improvisierte Bank und Instrumente in der Bühne 602

Auf der Bühne fehlten zwar die Nudeln und das Geld, auch ein Fenster war nicht auszumachen, dafür aber wenigstens eine Bank. Diese war allerdings auch nur improvisiert, ein paar Bretter auf zwei Stühle geklebt, fertig ist die Sitzgelegenheit.

Außerdem zeichnete sich ab, dass es sehr musikalisch werden sollte. Gitarre, Konzertina – eine kleine Form der Ziehharmonika – und eine weiße Ukulele standen bereit und sollten während der auch Show reichlich bespielt werden.

Das Publikum applaudiert für die Mitternacht-Spaghetti
Das Publikum applaudiert für die Mitternacht-Spaghetti

Wie schon bei Michael Sens ging es auch heute wieder viel um Liebe und die Unterschiede zwischen Mann und Frau. Dadurch jedoch, dass Wiebke und Fridolin ein Pärchen spielten, hatte man weniger das Gefühl, einen Vortrag zu hören, sondern war wirklich mittendrin.

In den Gesprächen waren die beiden immer sehr gegensätzlich. Wiebke neigte zum Philosophieren und zur Romantik, Fridolin war eher der nüchterne Typ. Besonders in den Songs zeigten sich dann aber auch das Gefühl und die Liebe zueinander. So verglich Wiebke wunderschön bildlich: „Was für den Jäger das Ende der Schonzeit ist, das bist du für mich“, was Fridolin mit einem „Für dich leg ich Magda at Acta“ quittierte.

Friedolin und Wiebke über Bielefeld
Friedolin und Wiebke über Bielefeld

Musikalisch vielfältig wurde später auch noch ein Kazoo und eine Nasenflöte ausgepackt, wunderschön im Duett gesungen und sogar mit Keyboardbegleitung gerappt, übrigens zum Thema Bielefeld. Nebenbei konnte man dann auch noch was lernen, etwa dass wir täglich 253.000 Tonnen Fisch verzehren.

Auch wenn das Programm stellenweise sehr ruhig, fast schon bedächtig war, gab es doch häufig genug auch etwas zum Lachen. Die Gegensätze zwischen langsamen, stillen Passagen und den typischen Partnerdialogen, wie ich sie fast genauso aus meinem Freundeskreis kenne, haben die beiden sehr gut hinbekommen.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass es zum Ende viel Applaus und unzählige Zugaben gab. Fast schon wie auf einem Rockkonzert verließen die beiden Protagonisten die Bühne, die Leute klatschten und dann gab es doch noch eine Nummer.

Wiebke Eymess und Fridolin Müller - auch privat ein Paar
Wiebke Eymess und Fridolin Müller - auch privat ein Paar

Nach der Show musste aber das Wichtigste noch geklärt werden: Sind die beiden wirklich ein Paar? Auf der Homepage des Duos heißt es: „Ein real-fiktives Liebespaar.“ Doch was heißt das? „Wir sind schon ein Paar, aber die Figuren auf der Bühne sind wir nicht. Da nehmen wir die Ideen mehr aus unserem Umfeld, als aus unserer Beziehung“, verraten mir die beiden.

Wie lange die beiden jedoch schon zusammen sind, darüber herrscht Uneinigkeit beim Paar. Ungefähr drei bis vier Jahre müssten es sein. Erst kam die Idee, etwas zusammen zu machen, dann die Beziehung und schließlich das erste gemeinsame Programm. Der Name geht übrigens auf ein altes Sprichwort von Kurt Tucholsky zurück, was so viel wie „alles ist verloren“ bedeutet.

Ein Verlust war der Abend jedoch auf keinen Fall. Und auf den Kotztüten von Hapag-Lloyd steht übrigens: „Vielen Dank für Ihre Kritik!“

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