Perspektiven der Offshore-Windenergie in MV

Studie untersucht Potenzial der Häfen in Rostock, Wismar, Sassnitz und Lubmin

4. März 2011, von
Offshore-Windenergie-Park vor der dänischen Küste
Offshore-Windenergie-Park vor der dänischen Küste

Um unseren Energiehunger zu stillen, wird derzeit heftig gestritten, welche Rolle dabei die Atomenergie spielen soll. Auch in unserer schönen Hansestadt wurde das Thema angesichts der jüngsten Castortransporte nach Lubmin, die auch durch Rostock führten, immer wieder auf die Straßen gebracht. Während jetzt wohl das Bundesverfassungsgericht darüber urteilen muss, ob die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke rechtens ist, konzentriert man sich hierzulande verstärkt auf die erneuerbaren Energien.

Mittlerweile wird der Strom in Mecklenburg-Vorpommern zu 51 Prozent aus erneuerbaren Energien gewonnen. Die wichtigste Ökostromquelle ist dabei die Windkraft.

Die Windenergiebranche ist kräftig im Aufwind, sowohl regional als auch international. Erst letzte Woche wurde die Einrichtung einer Stiftungsprofessur Windenergie an der Universität Rostock vertraglich besiegelt.

Jürgen Seidel im Rostocker Seehafen
Jürgen Seidel im Rostocker Seehafen

Dass die Windenergieerzeugung nicht nur ökologische Vorteile, sondern auch eine enorme wirtschaftliche Bedeutung hat, unterstreicht der Arbeits- und Wirtschaftsminister des Landes Jürgen Seidel: „Mecklenburg-Vorpommern ist auf industrielle Arbeitsplätze angewiesen. Die Windenergie nimmt hier speziell im Bereich der erneuerbaren Energien eine besondere Rolle ein.“ Gab es vor zwei Jahren noch 2000 Arbeitsplätze in dieser Branche, hat sich die Zahl gegenwärtig auf etwa 4000 verdoppelt.

Und es können noch mehr werden.

Nach dem Nationalen Aktionsplan für Erneuerbare Energie (NAP) sollen bis 2020 zehn Giga-Watt Offshore-Windenergieanlagen vor Deutschlands Küsten in Betrieb gehen. Das entspräche einem Investitionsvolumen von 30 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren. Da will Mecklenburg-Vorpommern natürlich mitmischen und sich auch auf dem internationalen Markt gut positioniert wissen.

Vor diesem Hintergrund haben die Landeswirtschaftsfördergesellschaft „Invest in MV“, das Windenergiebranchennetzwerk „Wind Energy Network Rostock e.V.“ sowie die Logistikinitiative Mecklenburg Vorpommern e.V. eine Studie in Auftrag gegeben. Das international tätige Beratungsunternehmen GL Garrad Hassan (GLGH) hat darin untersucht, welche Perspektiven die Offshore-Windenergie in Mecklenburg-Vorpommern hat.

Daniel Argyropoulos von GL Garrad Hassan
Daniel Argyropoulos von GL Garrad Hassan

Gegenstand der Untersuchungen waren die vier Häfen Rostock, Wismar, Sassnitz und Lubmin. Vor Ort überprüften die Mitarbeiter von GLGH die technischen Voraussetzungen in Bezug auf die logistischen Anforderungen der Offshore-Windenergie. Laut Studie wurden Kriterien wie die Breite der Hafenzufahrt, Wassertiefen, Kailängen, Voraussetzungen für den Einsatz schwerer Kräne, Transportmöglichkeiten, Lagerflächen, Verkehrsanbindungen oder Produktionseinrichtungen vor Ort in hohem Maße erfüllt. „Gerade im Vergleich zu Häfen in Großbritannien und Irland, wo es ähnliche Studien gibt, ist die Position aus technischer Sicht sehr gut“, bestätigte Daniel Argyropoulos von der GLGH, der am Mittwoch die Studie präsentierte.

Seehafen Rostock
Seehafen Rostock

Um die Wettbewerbsfähigkeit Mecklenburg-Vorpommerns zu bewerten, wurden darauf aufbauend die Logistikkosten rund um die Herstellung und Installation wichtiger Komponenten von Windkraftanlagen über einen Zeithorizont der nächsten zehn Jahre in verschiedenen Kombinationen verglichen. Dafür wurden die Deutsche und Britische Nordsee, die Schottische Ostküste und auch die Irische See einbezogen. Der Steigerung der Transportkosten aufgrund längerer Strecken wurden die Kosteneinsparungen durch Herstellung in MV gegenübergestellt. „Dabei sind die vergleichsweise niedrigen Lohnkosten ein durchaus wichtiger Faktor“, machte Daniel Argyropoulos einen Wettbewerbsvorteil deutlich. Jedoch wird dieser bis 2020 geringer, wenn die Lohn-Preis-Entwicklung dem Trend der letzten zehn Jahre folgt.

Aus Sicht der GLGH müsse das Land in den kommenden Jahren weitere Maßnahmen ergreifen, um den Standort in der Offshore-Industrie zu stärken. Dazu gehört die Ansiedlung weiterer Hersteller und Zulieferer sowie die Anbahnung von Industriepartnerschaften, um Synergieeffekte zu nutzen.

Michael Kremp
Michael Kremp

Für Michael Kremp von der Logistikinitiative Mecklenburg-Vorpommern und Chef des Seehafens Wismar ist dies jedoch kein Problem. „Die Häfen sind gut aufgestellt. Ich denke, wir können dieser Herausforderung sehr gut entgegentreten“, zeigte er sich optimistisch.

Andreas Wulf
Andreas Wulf

Auch Andreas Wulf, dessen Firma Otto Wulf GmbH die Komponenten für eine Windkraftanlage auf See bringt, wird zukünftig die Studie seinen Kunden immer auf den Tisch legen. Besagt sie doch, dass die Logistikkosten insgesamt nicht so teuer seien. Doch „nicht nur die Lohnkosten machen uns wettbewerbsfähig, sondern es geht auch darum, wie die Leute arbeiten, die Einstellungen der einzelnen Leute und Behörden“, sagt er und betont, dass es die Vorschriften seien, „die das Ganze irrsinnig teuer machen.“

International gesehen spielt Mecklenburg-Vorpommern jedoch noch nicht die Rolle, die es gerne spielen möchte, machte Jürgen Seidel deutlich. Die Studie solle nun auch Grundlage dafür sein, Argumente für den Standort Mecklenburg-Vorpommern zu liefern und so für Rückenwind in der Windenergiebranche unseres Landes sorgen.

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