Heinz Rudolf Kunze live in Rostock

Deutschrocker kommt am 20. September 2013 mit „Räuberzivil“ ins Moya

Heinz Rudolf Kunze
Heinz Rudolf Kunze

Andere singen von Freiheit, Heinz Rudolf Kunze nimmt sie sich – vorzugsweise die künstlerische. Alle Jahre wieder unternimmt er Ausflüge abseits der in seiner 30-jährigen Karriere eigenfüßig gestampften Pfade des Deutschrock. „Räuberzivil“ nennt Kunze diese Form des Musizierens. 2006 entsteht aus dem Live-Programm „Bockwurst und Schadenfreude“ das erste Räuberzivil-Doppelalbum „Kommando Zuversicht“. Sind es hier noch ausschließlich Songs aus dem umfangreichen Katalog, die er nur mit akustischen Gitarren, einem Klavier und seinem Wegbegleiter Wolfgang Stute bewaffnet darbietet, gewinnt dieses Nebenprojekt in den folgenden Jahren zunehmend an Bedeutung. 2009 folgt das schlicht, aber konsequent „Räuberzivil“ betitelte Doppelalbum – als dritter Mann im Bunde dabei Hajo Hoffmann an Mandoline und Violine. Sieben exklusive neue Songs schreibt Kunze für das Live-Programm. Wieder drei Jahre später und nach mittlerweile über 300 Räuberzivil-Konzerten legt Kunze nun erstmals ein Räuberzivil-Studioalbum vor. Peter Pichl, der seit Jahren für Kunzes Live-Sound und Demo-Produktionen verantwortlich zeichnet, stößt als Bassist zur Band, die das Motto „Räuberzivil“ als Bandnamen annimmt. Gemeinsam produzieren Kunze und Pichl mit Jens Bernewitz, in dessen Noah-Studios das Album aufgenommen wird, 34 Stücke, davon 21 Lieder und 13 teilweise musikalisch untermalte Sprechtexte.

„Ich erblicke in der U-Bahn meinen Vater / bei den Schaffnern ist er ungemein beliebt / er hat immer und für alles einen Fahrschein / selbst für Fahrten, die es überhaupt nicht gibt“ singt Kunze im stillen Opener „Das Dasein und ich“. Ein Song, der auch ein Outtake aus seinem ersten Album „Reine Nervensache“ von 1981 hätte sein können, das es sträflicherweise damals nicht auf die Platte schaffte. Aber das ist er nicht. Das ist Kunze 2012. Auch das „Lied für Berlin“ führt das fort, was er 1982 mit „Regen in Berlin“ auf „Eine Form von Gewalt“ initiierte. Das musikalische Spektrum Kunzes wiedergefundener musikalischer Freiheit reicht von jenen stillen Tönen über Rock („Räuberzivil“) und Blues („Sie hassen dich“) bis hin zu augenzwinkerndem Country mit dem polarisierenden „Im nächsten Leben werd‘ ich Spielerfrau“. Und dann sind da noch ganz viele Songs, die einfach durch und durch Kunze sind – z. B. „Bleib Schmerz bleib“ oder „Es ist Krieg“. Eine Verneigung vor John Lennon gönnt er sich mit seiner Version von „Working Class Hero“, hier „Mach es wie ich“.

Es geht Kunze bei „Hier rein da raus“ nicht um mehrheitsfähigen Pop-Rock, den er erwiesenermaßen beherrscht. Es geht nicht um das Kalkül, eine Single im Radio zu platzieren oder in der Samstagabendshow. Ein Album ohne jede taktische Überlegung sollte es werden, kompromisslos, spontan. Es ist ein Album von eben dem Kunze, der in den letzten Jahren eventuell etwas zu kurz kam.

Die Kunztform „Räuberzivil“ von der Bühne ins Studio (und schließlich zurück auf die Bühne) zu transportieren, macht hörbar Spaß. In zwölf Tagen spielen sich die Musiker in einen wahren Aufnahmerausch. Und sie lassen Raum für Experimente, ohne die Spontaneität an den Nagel zu hängen und ohne dass die Musik an ihrer wohltuend erdigen Anmutung einbüßen würde. Die musikalisch untermalten literarischen Beiträge sind, wie sie bei Kunze immer sind: ätzend, bissig, satirisch und höchstens unter der Gürtellinie, um richtig zuzutreten. Kunze hat mit „Hier rein da raus“ zu sich selbst gefunden und, das werden seine langjährigen Hörer hoffentlich bestätigen, einen Meilenstein abgeliefert. Nun gut, einen kleinen Meilenstein, denn das Album nimmt sich nicht wichtiger als es ist. Aber immerhin.

Bleiben naheliegende Fragen, z. B. warum Kunze fürs Cover eine junge Dame vorschickt. Kunze macht es sich einfach und verweist auf Roxy Music. Oder warum betitelt er das Album wie eine Einladung zum Eigentor: „Hier rein da raus“? Schließlich sind die Songs alles andere als schnell wieder vergessen. Aber man muss auch nicht immer alles hinterfragen. Und wer braucht schon Antworten? Die Hörer mögen welche finden, selbst wenn die Songs keine Fragen stellen. Denn die Worte, soviel steht fest, lassen viel zu.

  • Fr 20.09.13, 20:00 Uhr, Moya Kulturbühne Rostock (An der Jägerbäk 1)

Quelle: GOLIATH Show & Promotion GmbH

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