Rostock Schwarzweiß. Karl Eschenburg und sein Rostock

Fotografien von Karl Eschenburg aus dem Universitätsarchiv im Kulturhistorischen Museum

25. Februar 2011, von
Rostock Schwarzweiß. Karl Eschenburg und sein Rostock.
Rostock Schwarzweiß. Karl Eschenburg und sein Rostock.

„Wir eröffnen heute eine Ausstellung, die unsere Stadt zwar in schwarz-weiß zeigt, aber doch farbenfrohe Details präsentiert“, sagte Dr. Steffen Stuth, Leiter des Kulturhistorischen Museums. Auf 80 Fotografien und noch einmal 70 Bildern in einer Multimedia-Installation kann der Besucher das historische Rostock der zwanziger und dreißiger Jahre entdecken. So wird die Stadtgeschichte einmal auf eine ganz andere Art und Weise präsentiert.

Stadtmauer am Bussebart und Kanonsberg
Stadtmauer am Bussebart und Kanonsberg

Teilweise inzwischen verloren gegangene Stadtansichten, aber auch altbekannte, sollen den Betrachter dazu bringen, bewusster durch die Straßen der Stadt zu gehen. Vielleicht auch einmal gezielt nach einem Motiv der Fotos zu suchen und sich die Frage zu stellen: Wie sieht das denn inzwischen aus? Wer käme zum Beispiel auf den Gedanken, dass sich dort, wo heute eine vierspurige Straße und ein großer Glaskasten das Stadtbild prägen, früher einmal ein großer Park befand? Das Bild vom Vögenteich ist wohl eins der besten Beispiele dafür, wie sich das Stadtbild über die Zeit veränderte.

Natürlich fotografierte Karl Eschenburg (1900 – 1947) nicht nur Stadtansichten. Sein Hauptaugenmerk lag immer darauf, die Bürgerlichkeit der Stadt einzufangen. So fotografierte er zum Beispiel Arbeiter am Hafen oder das bunte Treiben in der Stadt. Es sind immer ungestellte Aufnahmen der Menschen und ihres Lebens. Besonders schön ist etwa ein Bild, auf dem ein Junge Luftballons hält. Eine Momentaufnahme, die für die Ewigkeit festgehalten wurde.

Wolfhard Eschenburg
Wolfhard Eschenburg

Immer wieder wird einem beim Betrachten bewusst, was eigentlich verloren ging. Einige der abgebildeten Orte würden heute so nicht einmal mehr in Resten existieren, erzählt Steffen Stuth. Zum Beispiel ein Bild, das einen Teil der Stadtmauer zwischen Bussebart und Kanonsberg zeigt. Es liegt Schnee und Kinder rodeln die kleine Anhöhe hinter der Mauer runter. Heute befindet sich dort eine Straße. Aber nicht nur durch den Umbau der Stadt, sondern auch durch die Folgen des Kriegs, sind manche Orte komplett verändert.

Besondere Perspektiven bekommen viele Bilder durch ihre Aufnahmeorte, für die Karl Eschenburg auch schon mal mit Plattenkamera und schwerem Holzstativ auf Kirchtürme und Kräne kletterte.

Zum Glück fühlte sich Karl Eschenburgs Sohn, Wolfhard Eschenburg, immer der Archivierung aller Fotos, Abzüge und Glasplatten verpflichtet. Ohne ihn wären wichtige historische Zeugnisse vermutlich in der Versenkung verschwunden. Bereits 2005 hatte er die komplette Sammlung (rund 20.000 Bilder) an das Universitätsarchiv verkauft, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Er sei nicht froh darüber, die Bilder nun los zu sein, aber wenigstens habe er einen guten Partner gefunden, sagt er.

Dr. Steffen Stuth
Dr. Steffen Stuth

Es handelt sich bei der Ausstellung um eine Zusammenarbeit zwischen dem Kulturhistorischen Museum und dem Archiv der Universität Rostock. Grundgedanke war es, die Arbeit des Archivs darzustellen und deren Wichtigkeit hervorzuheben. Das wurde auch in den Reden zu Beginn der Veranstaltung klar. Nachdem Steffen Stuth in seinen einleitenden Worten erzählt hatte, was die Ausstellung ausmache, schloss sich Karina Jens an. Sie verdeutlichte noch einmal, wie wichtig die Dokumentation des Vergangenen sei. „Karl Eschenburg ist einer der großen Chronisten, die Rostock und Mecklenburg-Vorpommern fotografisch festgehalten haben.“

Bettina Kleinschmidt vom Universitätsarchiv
Bettina Kleinschmidt vom Universitätsarchiv

Auch Professor Dr. Wolfgang Schareck, Rektor der Universität Rostock, richtete ein paar Worte an die Besucher. Die Bilder zeigten nicht nur die Architektur, sondern auch das herzliche Miteinander der Menschen, betont er. Es sei nicht selbstverständlich, dass sich Menschen in alltäglichen Situationen fotografieren ließen. Bettina Kleinschmidt vom Universitätsarchiv versuchte den besonderen Charme der Schwarz-Weiß-Aufnahmen zu entschlüsseln. Vielleicht sei es die allgegenwärtige Überflutung von Farben in unserem Alltag, die es für uns so schön mache, die historischen Aufnahmen zu betrachten.

Die letzten Worte des Abends richtete Wolfhard Eschenburg an die Besucher. Er brachte eine persönliche Note in die Ausstellung, als er den Werdegang seines Vaters erläuterte. Dem Zuhörer wurde klar, wie schwer es zu jener Zeit gewesen sein musste, Fotos zu machen. Noch dazu in diesem großen Umfang.

Ingrid Forstreuter und Ingrid Faust
Ingrid Forstreuter und Ingrid Faust

Als dann die zahlreich erschienenen Besucher in die Ausstellungsräume strömten, hörte man an fast jedem Bild jemanden seine Überlegungen anstellen. Von wo wurde es aufgenommen? Was hat sich verändert? Auch die beiden Rostockerinnen Ingrid Forstreuter und Ingrid Faust kamen nicht umhin sich zu fragen, was sie als Kinder davon vielleicht schon einmal gesehen hatten. „Es ist ganz toll, so etwas, was man als Kind nicht erfassen konnte, hier zu finden“, erzählt Frau Forstreuter mir.

Aber nicht nur für Rostocker ist die Ausstellung eine Bereicherung. Wer auch einmal Lust auf eine kleine Zeitreise hat, sollte sich die Ausstellung im Kulturhistorischen Museum auf keinen Fall entgehen lassen. Der Besuch ist kostenlos und von Dienstag bis Sonntag immer von 10 bis 18 Uhr möglich. Außerdem findet am 27. Februar um 11:00 Uhr eine erste Sonntagsführung statt. Erstmals wird es im Rahmen der Ausstellung auch Abendveranstaltungen geben.

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