Sebastian Krämer: Lieder wider besseres Wissen

Mit seinem neuen Programm „Lieder wider besseres Wissen“ ist der Berliner Chansonnier Sebastian Krämer am 16. Januar 2016 im Ursprung Rostock zu Gast

Sebastian Krämer ist am 16. Januar 2016 im Ursprung Rostock zu Gast (Foto: David Olivieira)
Sebastian Krämer ist am 16. Januar 2016 im Ursprung Rostock zu Gast (Foto: David Olivieira)

Bitte einsteigen und Bügel schließen! Sebastian Krämer, der Berliner Chansonnier, geehrt mit dem Deutschen Kleinkunst- und Kabarettpreis, nimmt mit seinem neuen Programm „Lieder wider besseres Wissen“ Fahrt auf. Wie in einem Autoscooter fährt er dabei durch die Realität und gibt allem Rationalen einen ordentlichen Schubs.

Konfrontierte er uns, ganz im Geiste der Aufklärung, auf seinem letzten Album Tüpfelhyänen noch mit den Möglichkeiten menschlichen Denkens und Handelns, so führen die aktuellen Songs unter Einsatz allerhand chromatischer Finessen geradewegs in die schwadenumwobenen Abgründe einer romantischen Weltsicht. Es ist die Hingabe ans wissentlich Falsche, das Pathos des Irrens, dem Krämer sich neuerdings verschrieben hat. Zwar mit gekreuzten Fingern hinterm Rücken, aber dennoch rettungslos. Ironie ist Teil des Problems, sie zieht die arme Seele nur noch tiefer hinein ins Verderben.

Wo Comedians ihre besten Freunde für einen Gag verkaufen, gibt Sebastian Krämer jeden Funken analytischen Durchblicks gerne hin für einen tragischen Akkord. Sich die Zustimmung seiner Zuhörer durch die Artikulation bedenkenlos teilbarer Richtigkeiten zu sichern, ist seine Sache nicht. Als wäre Qualität eine Frage der Inhalte! Unter lauter Ratgebern und Optimierern in einer Zeit, die für jedes Problem eine objektiv geprüfte, von Experten ermittelte Maßnahme unter den ersten sieben Suchergebnissen führt, wendet Krämer alles wieder ins Unabwendbare und erhebt Verfehlung, larmoyant verklärt, zum Selbstzweck. Wahrscheinlich ist er der Meinung, sich das leisten zu können.

Spätestens seit er den Deutschen Kleinkunstpreis in der Sparte Chanson (2009) und den Deutschen Kabarettpreis (2011) in der Tasche hat, sieht er von der Beschäftigung mit aktuellen Reizthemen konsequent ab. Schließlich glaubt er, dass Wahrheit im Lied nur als matt Durchscheinende, nicht als Vorgeführte, zu gewinnen sei. Womöglich, aber dies nur unter uns, kennt er sie gar nicht. Fundiertes Wissen? Pustekuchen. Das unterscheidet Krämer von einem Kabarettisten.

Quelle: 28IF Musikpromotion, Foto: David Olivieira

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