Forschungsverbund entwickelt neuartige Gefäßstützen

Millionenförderung für die Entwicklung von neuartigen medikamentenbeschichteten Stents, die sich komplett auflösen

24. Februar 2011, von

Lösen sich teure Dinge einfach so in Luft auf, haben meist Langfinger ihre Hände im Spiel. Es bedeutet Ärger, Laufereien und wird oft zu einem Fall für die Versicherung.

Ganz anders sieht dies bei einer neuen Generation von medikamentenbeschichteten Gefäßstützen – sogenannten Stents – aus, deren Entwicklung gestern in Warnemünde vorgestellt wurde. Dass sie sich, nachdem sie ihren Dienst getan haben, von selbst rückstandslos auflösen, ist nicht nur eine weltweit gefragte Neuentwicklung, sondern auch ein großer Schritt für die Herzmedizin.

Für Professor Dr. Heyo K. Kroemer von der Universität Greifswald stellt die Entwicklung derartiger biomedizinischer Produkte einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der älter werdenden Bevölkerung dar. „Ein ganz überwiegender Teil der Probleme, die wir in den nächsten Jahren erleben werden, wird sich im Gefäßbereich abspielen. An allen Ecken und Enden wird bei den alten Herrschaften etwas zugehen, was wir mit den Stents offen halten können.“ Das beschränke sich langfristig nicht nur auf Herz und Gehirn, sondern schließt auch die Peripherie, wie die Beine, mit ein, so der Pharmakologe.

ein Stent von Cortronik
ein Stent von Cortronik

Da es sich bei der Entwicklung dieser kleinen röhrchenförmigen Implantate, die im Falle von verengten Arterien eingesetzt werden, um ein hochkomplexes Produkt handelt, haben sich gleich mehrere Forschungseinrichtungen des Landes unter der Führung des Warnemünder Medizintechnikunternehmens Cortronik zusammengetan.

Das 1998 gegründete Unternehmen erforscht und entwickelt vaskuläre Implantate und Stentdesigns. Auch mit den dazugehörigen Fertigungs- und Beschichtungstechnologien beschäftigt sich Cortronik. Schließlich handelt es sich bei diesen biomedizinischen Produkten nicht um Waren von der Stange.

Bearbeitung eines Stents bei Cortronik
Bearbeitung eines Stents bei Cortronik

„Wir haben es hier mit einem Stent-Implantat zu tun, das an Komplexität gar nicht mehr zu überbieten ist“, stellt Dr. Carsten Momma von Cortronik fest. Bei dem Forschungsprojekt wird es deshalb unter anderem darum gehen, die Zeitabläufe der Auflösung der Gefäßstütze und des Medikamententrägers sowie die Medikamentenabgabe besser aufeinander abzustimmen.

Außerdem will man die Medikamentenstents verbessern. Bisherige Probleme wie Brüche, unvollständige Medikamentenabgabe und unzureichendes Einwachsen, aber auch das Thromboserisiko sollen verringert werden. „Hierfür wollen wir einen speziellen Grundkörper entwickeln, der dann medikamentenfrei beschichtet wird. Das heißt, in diese Oberflächen sollen nano- oder mikroporöse Strukturen eingebracht werden, in denen das Medikament eingebettet ist“, erläutert Carsten Momma.

Jürgen Seidel bei Cortronik
Jürgen Seidel bei Cortronik

Mit der Entwicklung dieser mikroporösen Oberflächenschichten wird sich die Fachhochschule Wismar beschäftigen. Die Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt Mecklenburg-Vorpommern wird an den speziellen metallischen Legierungen und Kunststoffen arbeiten. Das Warnemünder Institut für Implantattechnologie und Biomaterialien wird für die Etablierung von Prüf- und Analyseverfahren zuständig sein.

Die Universitäten werden sich mit dem Rostocker Institut für Biomedizinische Technik und dem Greifswalder Institut für Pharmakologie vor allem mit Grundlagenforschungen und Überprüfungen einbringen.

Jürgen Seidel übergibt Fördermittelbeschiede an die Teilnehmer der Verbundforschung
Jürgen Seidel übergibt Fördermittelbeschiede an die Teilnehmer der Verbundforschung

Für das Projekt mit einem Gesamtvolumen von 10,6 Millionen Euro, das auf drei Jahre angelegt ist, verteilte Wirtschaftsminister Jürgen Seidel gestern schon einmal Fördermittelbescheide in Höhe von insgesamt 6,1 Millionen Euro. Damit handelt es sich um das bislang größte Verbundforschungsprojekt seit 2007.

„Sinn und Zweck unserer Verbundforschungsförderung ist es, den Fachkräften im Land Perspektiven aufzuzeigen. Hierzu gehören attraktive und wissensbasierte Jobs in Mecklenburg-Vorpommern“, betonte der Minister.

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