Verleihung des Projektpreises HMT-Interdisziplinär 2011

Die drei besten Gemeinschaftsprojekte der Studenten wurden gekürt und vorgeführt

20. Februar 2011, von

Mal über den Tellerrand schauen und sich nicht in seinem gewählten Studienfach einigeln, davon sollen auch Studierende der Hochschule für Musik und Theater (HMT) profitieren.

Um hochschulinterne, institutsübergreifende Projekte zu fördern, hat die Hochschule dafür den Wettbewerb „HMT Interdisziplinär“ ins Leben gerufen. Bereits zum fünften Mal brachten Studierende aus den drei Instituten der Hochschule für Musik und Theater (HMT) Schauspiel, Musik und Musikpädagogik/Musikwissenschaften gemeinsam ein Stück auf die Bühne.

In diesem Jahr traten insgesamt 31 Studierende mit sieben Projekten an. Der Clou an der ganzen Sache: Sie mussten alle ohne die helfenden Hände ihrer Dozenten arbeiten. Eine weitere Teilnahmebedingung war, dass Studenten aus mindestens zwei Instituten innerhalb einer Gruppe vorhanden sein mussten.

Als Belohnung für ihre mehrmonatige Zusammenarbeit winkten Preisgelder von insgesamt 6000 Euro. Am Samstagabend wurden schließlich im Katharinensaal der HMT die Preise an die drei Erstplatzierten verliehen. Auch zwei Sonderpreise hatte die Jury, die sich hauptsächlich aus Hochschullehrern zusammensetzte, zu vergeben. Einer davon wurde für eine „hervorragende Projektidee“ verliehen, und zwar an das Projekt „Ehre deinen Vorgesetzten“. Zum Zweiten wurden die Auszubildenden der Bühnentechnik geehrt, für ihre künstlerische Mitarbeit bei den Stücken.

Die eigentlichen Premieren aller Stücke hatten bereits in den vorangegangenen Tagen stattgefunden. Nach der Preisverleihung am Samstag wurden jedoch noch einmal die besten drei Stücke präsentiert.

Axel Meier, Luis Sachse,Thomas Lettow, Anja Willutzki, Tino Kühn und Samira Hempel in "UBU ROI" bei HMT Interdisziplinär 2011
Axel Meier, Luis Sachse,Thomas Lettow, Anja Willutzki, Tino Kühn und Samira Hempel in "UBU ROI" bei HMT Interdisziplinär 2011
Den zweiten Platz teilten sich zwei sehr unterschiedliche Projekte. Im Nachhinein betrachtet kann man vielleicht sagen, dass beide einen Kampf zum Thema hatten. Während es bei „UBU ROI“ um den Machtkampf ging, stand bei „Das Quaken einer Ente erzeugt kein Echo“ der Kampf mit der Unsicherheit im Vordergrund. Dabei hatten beide Gruppen einen ganz unterschiedlichen Weg der Darstellung gewählt.

Bei „UBU ROI“ geht es kurz und knapp gesagt darum, dass Vater UBU auf Drängen seiner Frau den König von Polen stürzen will. Als ihm das gelingt, nutzt er seine Macht aus, um sich ein bequemes Nest zu bauen. Dafür trifft er Entscheidungen, die allen anderen nicht gefallen, wird sogar zum Tyrannen. Die Lösung des Problems, er muss ebenfalls abgeschafft werden. Das Theaterstück basiert auf einer viel längere Originalfassung des französischen Schriftstellers Alfred Jarry. Dass gekürzt wurde, fiel jedoch nicht auf, denn das Ergebnis machte die Aussage trotzdem deutlich und wirkte nicht unvollständig.

Besonders die interaktive Einbeziehung des Publikums war sehr gelungen. So war der Satz aus dem Programm – „Kommen Sie hoch auf die Bühne!“ – kein Scherz. Ein Teil des Publikums fand seine Plätze tatsächlich direkt neben der Bühne und musste seinen Teil zur Vorführung beitragen.

Lydia Wilke, Christian Baumbach und Maximilian Piotraschke in "Das Quaken einer Ente erzeugt kein Echo" bei HMT Interdisziplinär 2011
Lydia Wilke, Christian Baumbach und Maximilian Piotraschke in "Das Quaken einer Ente erzeugt kein Echo" bei HMT Interdisziplinär 2011
Ganz ohne Hilfe des Publikums kam das Stück „Das Quaken einer Ente erzeugt kein Echo“ aus. Es kam ohnehin viel ruhiger und nachdenklicher daher. Die meiste Zeit über stand einer der Studenten auf der Bühne und hielt einen Monolog, der es jedoch immer in sich hatte. Es ging um die Unsicherheit, die sich in unserer heutigen Gesellschaft immer häufiger zur Hintertür hineinschleicht. Dabei lag der Fokus darauf, zu zeigen, in welcher Verkleidung dieses Gefühl auftauchen kann. Mal kommt es aus einem Selbst und gleich im nächsten Moment überfällt es einen von außen.

Auf eindrucksvolle Weise wurde dem Zuschauer das Gefühl der Angst nahe gebracht. Man konnte es nachvollziehen, denn auch wenn nur in Teilen, so fand man sich doch irgendwo wieder. Der Eine in den so schön klingenden Beschreibungen der Vergangenheit. Der Nächste in der von zu vielen Informationen angefüllten Welt, in der wir ständig über das Handy erreichbar sind und es sein müssen.

Am Ende des Stücks plädierten die Studenten dafür, dass eine Katastrophe passieren müsse. Sie sagen, es gäbe zu viele Menschen auf dieser Welt, um noch etwas Besonderes zu sein. Den Abschluss bildete eine Wand aus Pappkartons, von denen jeder Einzelne die Aufschrift „Quak“ trug.

Walther_Prechtel_Gabriele_Prechtel_HMT_Interdisziplinaer_2011_Preisverleihung
Walther_Prechtel_Gabriele_Prechtel_HMT_Interdisziplinaer_2011_Preisverleihung

Was die Gleichplatzierung der beiden Stücke anging, war das Publikum anscheinend unterschiedlicher Meinung. Gabriele Prechtel sagte: „Ich fand das erste Stück besser, weil es viel lebendiger war.“ Ihr Mann, Walther Prechtel, sah das etwas anders: „Ich fand beide gut, für mich gab es kein Ranking zwischen den Stücken.“ Auf die Siegergruppe waren beide gleichermaßen gespannt, so wie wohl alle, die nach der Pause wieder zurück in den Katharinensaal strömten.

„Brüderchen, komm tanz mit mir …“ wird wohl für alle Zuschauer nie wieder nur ein Kinderlied sein, wage ich zu behaupten. Denn in dem gleichnamigen Siegerstück haben dieses Brüderchen und Schwesterchen nicht mehr viel gemeinsam mit dem unschuldigen Lied.

Schon als Kindern wurde Elisabeth und Paul gesagt, sie kämen sofort in die Hölle, wenn sie sich irgendwie körperlich nahe kämen. Gleich in der ersten Szene dachte man, man hätte ein Paar vor sich auf der Bühne. Gleich darauf erfuhr man aber, dass es sich um Bruder und Schwester handelte. So vergaß man kurz den ersten Eindruck, natürlich nicht für lange. Denn immer wieder wurde man darauf gestoßen, dass zwischen den beiden mehr ist, als da sein sollte.

Zu allem Überfluss verstrickten sich dann aber auch andere Personen in diese unerlaubte Liebe. Immer wieder bot sich den Geschwistern die Flucht aus ihrer eigenen kleinen Welt, in der sie sich versteckten. Und doch endete das Stück letztlich mit ihrem Tod. Freiwillig, um sich endlich richtig nahe sein zu können.

Walther und Gabriele Prechtel bei HMT Interdisziplinär 2011
Walther und Gabriele Prechtel bei HMT Interdisziplinär 2011
Mir kam es so vor, als wären die unausgesprochenen Dinge viel wortgewaltiger als die, die wirklich gesagt wurden. Und die Kleinigkeiten, wie die Auswahl der Kostüme, waren die eigentlich großen Dinge. Alle vier Studenten trugen die gleichen roten Shorts und blauen T-Shirts. Von Zeit zu Zeit wurde dann allerdings auch mal eine Jacke darüber gezogen oder eine Hose übergestreift. So konnte man zu jeder Zeit sehen, wer sich gerade in welcher Welt aufhielt. In der Elisabeth-und-Paul-Welt oder außerhalb davon. Zugehörig zu einem der beiden oder losgelöst.

Man kann im Großen und Ganzen also sagen, es war ein sehr gelungenes Projekt, bei dem viele schöne Momente entstanden sind. Axel Meier, ein Erstsemester der Hochschule, könne sich nach seinem Mitwirken bei „UBU ROI“ durchaus vorstellen wieder mitzumachen, verrät er mir. Man darf also auch im nächsten Jahr wieder gespannt sein, wenn die HMT zur Verleihung des Projektpreises ruft. Wer weiß, was den Zuschauer dann wohl alles erwartet.

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