Drillingskiellegung der Seenotretter bei Tamsen Maritim

Drei neue Seenotrettungsboote für die Freiwilligen-Stationen in Norddeich, Horumersiel und Puttgarden wurden heute bei der Werft Tamsen Maritim in Rostock auf Kiel gelegt

29. Oktober 2018
Bei Tamsen Maritim in Rostock wurden heute drei neue Seenotrettungsboote auf Kiel gelegt – in Anwesenheit von Spendern, Seenotrettern und Mitarbeitern der Werft (Foto: DGzRS/Martin Stöver)
Bei Tamsen Maritim in Rostock wurden heute drei neue Seenotrettungsboote auf Kiel gelegt – in Anwesenheit von Spendern, Seenotrettern und Mitarbeitern der Werft (Foto: DGzRS/Martin Stöver)

Drei neue Seenotrettungsboote hat die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) heute (29. Oktober 2018) bei der Werft Tamsen Maritim in Rostock auf Kiel gelegt. Die gut zehn Meter langen Spezialschiffe gehören zur  größten Bootsklasse der Seenotretter. Sie zeichnen sich besonders durch ihre guten Fahreigenschaften und hohe Seetüchtigkeit aus. Die neuen Boote sind für die Freiwilligen-Stationen Norddeich, Horumersiel und Puttgarden bestimmt.

Noch tragen die jetzt entstehenden Seenotrettungsboote ihre internen Bezeichnungen SRB 75, SRB 77 und SRB 78. Erst am Tag der jeweiligen Taufe verraten die Seenotretter  die endgültigen Namen. Kein Geheimnis ist jedoch ihre Finanzierung: Das Geld für die Neubauten stammt wie bei allen anderen Einheiten der DGzRS ausschließlich  aus den freiwilligen Zuwendungen ihrer Freunde und Förderer. „Für die zweckgebundenen Spenden sind wir sehr dankbar. Sie versetzen uns in die Lage, unseren Besatzungen moderne Schiffe mit einem Höchstmaß an Sicherheit für ihre nicht selten gefahrvollen Aufgaben an die Hand zu geben“, erläuterte DGzRS-Geschäftsführer Nicolaus Stadeler.

Münzeinlegung folgt einer alten Schiffbautradition

Einer alten Schiffbautradition folgend wurde die Kiellegung der neuen Seenotrettungsboote durch das Einlegen einer Münze in ein Bauteil des Rumpfes in Anwesenheit der Vorleute und mehrerer Besatzungsmitglieder der zukünftigen Stationen feierlich begangen. Schiffbauern und Seenotrettern sollen die Münzen Sicherheit, Glück und Gesundheit verheißen. Während früher ein Geldstück unter dem Kiel lag und in der Bauzeit durch das ansteigende Gewicht plattgedrückt wurde, findet die Münze oder Medaille bei heutiger Bauweise „kieloben“ Platz. Sie wird in einer speziellen Öffnung an einem Bauteil verschweißt.

Für SRB 75 übernahm die traditionelle Münzeinlegung Ursula Lorenz aus Frankfurt. Sie und ihr verstorbener Ehemann Wolfgang Lorenz hatten gemeinsam entschieden, mit einer Spende den Bau eines neuen Seenotrettungsbootes zu ermöglichen. Jahrelang hatten die Eheleute ausgedehnte Reisen mit ihrem Motorboot an Nord- und Ostsee unternommen. Die eingelegte Münze erinnert an ihre Frankfurter Herkunft. SRB 75 ist für die Station Horumersiel vorgesehen und wird dort das Seenotrettungsboot BALTRUM ersetzen, das außer Dienst gestellt wird.

Für das neue Seenotrettungsboot für die Station Puttgarden legte Anja Hapke, Mitarbeiterin von Tamsen Maritim, die Münze ein – im Bild mit Arne Fröse (Mitte) – Vormann, und Frederik Otten, beide von der Freiwilligen-Station Puttgarden (Foto: DGzRS/Martin Stöver)
Für das neue Seenotrettungsboot für die Station Puttgarden legte Anja Hapke, Mitarbeiterin von Tamsen Maritim, die Münze ein – im Bild mit Arne Fröse (Mitte) – Vormann, und Frederik Otten, beide von der Freiwilligen-Station Puttgarden (Foto: DGzRS/Martin Stöver)

Das für Puttgarden bestimmte Seenotrettungsboot SRB 77 wird mit der Replik eines Bremer Schauguldens von 1648 in den Einsatz gehen. Er wurde von Anja Hapke, Mitarbeiterin von Tamsen Maritim, in die spezielle Bausektion eingelegt. Die Vorderseite der Münze zeigt eine zeitgenössische Ansicht der Hansestadt Bremen. Die Neustadt ist im Grundriss mit der mitten hindurch fließenden Weser dargestellt. Dort ist heute die Zentrale der Seenotretter mit der SEENOTLEITUNG BREMEN angesiedelt. Sie koordiniert alle Einsätze im Such- und Rettungsgebiet auf Nord- und Ostsee. SRB 77 ersetzt das bisher in Puttgarden stationierte 9,5-Meter-Seenotrettungsboot EMIL ZIMMERMANN, das voraussichtlich auf der Station Fedderwardersiel der 8,5 Meter langen HERMANN ONKEN nachfolgt.

SRB 78 wird in Norddeich das Seenotrettungsboot WILMA SIKORSKI ablösen, das dann als Springer auf wechselnden Stationen eingesetzt werden soll. Der Neubau wird durch die großzügige Spende der Bremer Familie Karstedt ermöglicht. So legte denn auch Bernd Karstedt eine Medaille mit besonderem Familienbezug in das dafür vorgesehene Bauschott ein. Die Medaille war ein Geschenk, das seine Urgroßeltern zur Goldenen Hochzeit erhalten hatten. Auf einer Seite der Medaille ist aus den Römerbriefen der Bibelspruch zu lesen: „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet.“

„Uns als Familie bedeutet es viel, dass diese Münze das Seenotrettungsboot in den Einsatz begleiten wird“, sagte Bernd Karstedt anlässlich der Kiellegung. „Wie eine Familie erlebt auch die Besatzung eines Seenotrettungsbootes bei ihren Einsätzen große Freude und tiefes Leid. Dennoch geben die Seenotretter nie die Hoffnung auf und wissen, dass es immer wieder von neuem wichtig ist, den Einsatz zu wagen. Das imponiert uns. Diese Haltung stimmt mit den Werten unserer Familie überein.“ Die Spende erfolgt anlässlich des bevorstehenden 100. Firmenjubiläums der Firma Diersch & Schröder, die im Oktober 1920 von Bernd Karstedts Großvater gegründet wurde.

Modifizierte Nachbauten der bewährten 9,5-/10,1-Meter-Klasse

Etwa 30 Jahre sind die Rettungseinheiten der DGzRS im harten Einsatz auf Nord- und Ostsee. Rein rechnerisch ergibt sich daraus der Bedarf, jährlich durchschnittlich zwei neue in Dienst zu stellen. Die jüngsten Boote sind modifizierte Nachbauten der 9,5-/10,1-Meter-Klasse. Bereits 26 Einheiten dieses Typs haben sich in zahlreichen Einsätzen auch unter extremen Bedingungen zur Zufriedenheit der Besatzungen in allen Revieren hervorragend bewährt.

Die Eckdaten der neuen Seenotrettungsboote:

  • Länge über Alles: 10,1 Meter
  • Breite über Alles: 3,61 Meter
  • Tiefgang: 0,96 Meter
    Verdrängung: 8 Tonnen
  • Geschwindigkeit: 18 Knoten (ca. 33 km/h)
  • Besatzung: Freiwillige
  • Antrieb: ein Propeller, 380 PS

Hohe Seetüchtigkeit, umfangreiche Ausrüstung

Wie alle Einheiten der DGzRS werden die neuen Seenotrettungsboote als Selbstaufrichter konstruiert und vollständig aus Aluminium im bewährten Netzspantensystem gebaut. Der Bootstyp zeichnet sich durch hohe Seetüchtigkeit aus. In Grundsee und Brandung besitzt er gute See-Eigenschaften, manövriert einwandfrei, übersteht heftige Grundstöße und ist in der Lage, dank des rundumlaufenden Fendersystems auch bei höheren Fahrtstufen und unter erschwerten Bedingungen bei Havaristen längsseits zu gehen.

Für Einsätze unter schwierigsten Bedingungen sind bei der Konstruktion umfassende Sicherheitskriterien berücksichtigt worden. Die Boote werden mit modernster Navigationstechnik, leistungsstarken Schlepp- und Lenzgeschirren sowie einer umfangreichen Ausrüstung zur medizinischen Erstversorgung ausgestattet.

Über die Seenotretter

Die DGzRS setzt von 55 Stationen in Nord- und Ostsee rund 60 Seenotrettungskreuzer und -boote ein. Die SEENOTLEITUNG BREMEN der DGzRS (MRCC = Maritime Rescue Co-ordination Centre) koordiniert zentral alle Such- und Rettungsmaßnahmen. Trotz aller Technik: Im Mittelpunkt des Rettungswerkes steht nach wie vor der Mensch. Ohne die freiwillige Bereitschaft der Seenotretter zu ihren nicht selten gefahrvollen Einsätzen wäre die Arbeit der DGzRS nicht denkbar. Jahr für Jahr fahren die die Einheiten der Rettungsflotte mehr als 2.000 Einsätze auf Nord- und Ostsee, finanziert ausschließlich durch Spenden und freiwillige Beiträge.

Quelle DGzRS – Die Seenotretter, Fotos: DGzRS/Martin Stöver

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