Die wohl letzte Fahrt der Vagel Grip

Gesunkener Traditionskutter mit Schwimmkran aus dem Rostocker Stadthafen geborgen

22. April 2011, von
Der Schwimmkran Enak hebt die Vagel Grip im Rostocker Stadthafen
Der Schwimmkran Enak hebt die Vagel Grip im Rostocker Stadthafen

Die berühmte Handbreit Wasser unterm Kiel hatte die Vagel Grip schon lange nicht mehr. Drei Monate lag sie auf dem Grund des Rostocker Stadthafens, seit sie am 15. Januar an ihrem Liegeplatz sank. Heute hatte sie zwar wieder reichlich Wasser unter dem Kiel, allerdings auch reichlich Luft. Denn seine allerletzte Fahrt legte der 68-jährige ehemalige Kriegsfischkutter nicht schwimmend zurück, sondern am Haken des Schwimmkrans Enak.

Am frühen Morgen war das Hamburger Kranschiff von einem Einsatz in Wismar gekommen und an der Unglücksstelle eingetroffen. Vor gut einer Woche hatten die Baltic Taucher hier bereits begonnen die Bergung vorzubereiten und Hebegurte unter das Wrack gezogen.

Laurent Stahl bereitet den Kran vor
Laurent Stahl bereitet den Kran vor

Bis zu drei Meter tiefer Schlick an der außen liegenden Seite sowie Bauschutt und Schrott im Heckbereich erschwerten die Arbeit, erzählt Einsatzleiter Jens Pap vom Baltic Taucherei- und Bergungsbetrieb Rostock.

Die Vagel Grip war vollständig in der Warnow versunken. Nur noch die zwei Masten ragten aus dem Wasser heraus. Vermutlich habe der Eisgang im Winter ein Loch ins Heck gedrückt, woraufhin das Schiff leckschlug. Eine Öl-Sperre musste damals verlegt werden, um eine größere Verschmutzung des Gewässers durch austretende Treibstoffe zu verhindern.

Neue Erkenntnisse zu den Ursachen des Untergangs der Vagel Grip gab es aber auch heute nach der Bergung noch nicht. „Selbst in den vorbereitenden Tagen konnten wir nichts sehen und sind blind getaucht“, blickt Jens Pap zurück.

Auch heute machte schlechte Sicht unter Wasser die Arbeit der beiden Taucher, die die Gurte mit dem Geschirr des Krans verbanden, nicht gerade einfach. „Nur bei einem konnte man sehen. Alle anderen drei waren Schwarzarbeit!“, beschreibt Matthias Walther seinen Tauchgang.

Jens Pap, Einsatzleiter der Baltic Taucher
Jens Pap, Einsatzleiter der Baltic Taucher

Gegen Mittag war es schließlich geschafft. Quietschend und ächzend wurde der alte Kahn an den langen Stahlseilen nach und nach aus der Tiefe gezogen. Laurent Stahl von der Enakbesatzung gab an der Kaikante für seine sechs Kollegen auf dem Schwimmkran die entsprechenden Anweisungen, um die Vagel Grip richtig aufzurichten.

Nachdem das Wasser aus dem Hauptdeck abgelaufen war, kletterten die Mitarbeiter des siebenköpfigen Baltic-Taucher-Teams ins Wrack, um dort Pumpen anzubringen. Schwarz schlammig und rutschig sei es auf dem Schiff berichtet Jens Pap, als er wieder an Land war und das Wasser aus dem Rumpf des Kutters floss.

„Yoo!“, raunte es plötzlich am Nachmittag vom Ufer, welches von zahlreichen Schaulustigen gesäumt wurde. Die Vagel Grip schwamm wieder. Doch das reichte nicht. Der Schaden an den Holzplanken der Außenwand sei so groß, dass es gleich wieder untergehen würde. Deshalb hievte der Kran das über 100 Tonnen schwere Schiff über die Wasserlinie.

Baltic-Taucher
Baltic-Taucher

Gegen 16 Uhr konnte die Vagel Grip schließlich ihren Liegeplatz wieder verlassen. Schwebend wurde sie die Warnow hinunter bis nach Oldendorf gebracht, wo sie an Land gesetzt wurde. Was nun aus ihr wird, ob sie verschrottet oder wieder flott gemacht wird, scheint noch unklar und muss vom Eigner, der Ostsee Touristik AG, entschieden werden.

Zuvor war die Vagel Grip bereits schon zweimal untergegangen. Das erste Mal 1945 wegen einer Minendetonation vor Sassnitz und das letzte Mal erst vergangenen Sommer in Warnemünde. Beide Male wurde sie wieder einsatzfähig gemacht.

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