Briese-Preis für Meeresforschung 2017 am IOW verliehen

Der Briese-Preis für Meeresforschung 2017 geht an Dr. Soeren Ahmerkamp, der mit seiner Arbeit wichtigen „Ökosystemleistungen“ von sandigen Meeressedimenten auf der Spur ist

7. Februar 2018
Der mit 5000 Euro dotierte BRIESE-Preis für Meeresforschung 2017 wurde heute am IOW an den Biogeochemiker Dr. Soeren Ahmerkamp (r.) verliehen. Kapitän Klaus Küper (Mitte) von der BRIESE-Reederei, rechts IOW-Direktor Ulrich Bathmann (Foto: IOW/K. Beck)
Der mit 5000 Euro dotierte BRIESE-Preis für Meeresforschung 2017 wurde heute am IOW an den Biogeochemiker Dr. Soeren Ahmerkamp (r.) verliehen. Kapitän Klaus Küper (Mitte) von der BRIESE-Reederei, rechts IOW-Direktor Ulrich Bathmann (Foto: IOW/K. Beck)

Der BRIESE-Preis für Meeresforschung 2017 geht an Dr. Soeren Ahmerkamp. Die Jury würdigt damit seine Forschung zum Sauerstofftransport in sandigen Nordseesedimenten und wie dieser die Aktivität der dort lebenden Bakterien beeinflusst. Dazu kombinierte er Laborversuche, Modellrechnungen und Feldmessungen, für die er ein spezielles Meeresbodenobservatorium entwickelte. Er konnte erstmals unter Feldbedingungen zeigen, dass Rippelstrukturen sandiger Meeresböden dazu führen, dass Sauerstoff und Nährstoffe tiefer ins Sediment dringen als bei glatten Böden und so die Mikroorganismen besser versorgen. Sande spielen nicht zuletzt deswegen eine besonders wichtige Rolle als Filter für Nährstoffeinträge.

Der von der Reederei Briese Schiffahrts GmbH & Co. KG gestiftete und vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) wissenschaftlich betreute Preis für herausragende Doktorarbeiten in der Meeresforschung ist mit 5000 Euro dotiert und wurde dieses Jahr zum 8. Mal am IOW verliehen.

Der heute ausgezeichnete Preisträger Soeren Ahmerkamp verfasste seine Doktorarbeit im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Bremer Max-Planck-Institut (MPI) für Marine Mikrobiologie und dem Bremer MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften. „Für mich als passionierter Taucher und Surfer ist es schon ein echter Glücksfall, dass ich meine wissenschaftliche Neugier der Frage widmen kann, wie Wellen und Strömung die unterschiedlichsten Unterwasserlebensräume in ihrer biogeochemischen Aktivität beeinflussen. Und nun bekomme ich auch noch einen Preis dafür“, kommentiert Ahmerkamp schmunzelnd die Würdigung seiner Arbeit. Der Jungwissenschaftler hat vor seiner Promotion bereits an Korallenriffen und an marinen Aggregaten die Interaktion von strömungs- und wellenbedingte Transportdynamiken und mikrobieller Aktivität untersucht. „Der Mikrokosmos Sandboden, dem ich meine Doktorarbeit gewidmet habe, ist besonders faszinierend wegen der immens wichtigen Rolle, die er für Küstenökosysteme spielt und auch, weil es so kniffelig ist, In-situ-Untersuchungen direkt vor Ort in so einem dynamischen Lebensraum durchzuführen“, so Soeren Ahmerkamp.

Sande bedecken mehr als die Hälfte des Meeresbodens entlang der Küsten, wo menschlicher Einfluss – von der wirtschaftlichen Nutzung über Nährstoffeintrag durch Flüsse bis hin zu Klimawandelfolgen – besonders stark ist. Diese Sedimente sind viel durchlässiger für sogenanntes Porenwasser als der oft schlammige Tiefseeboden. Dem Porenwasserstrom wird eine zentrale biogeochemische Bedeutung zugesprochen: Wenn Meerwasser durch den Sand strömt, gelangen Nährstoffe und Sauerstoff in den Boden und regen die mikrobiellen Organismen an, die dort in Dichten von bis zu 1.000.000.000 Zellen pro Milliliter leben. Je mehr Sauerstoff in den Boden gelangt, desto aktiver sind sie. Da diese Bakterien Kohlenstoff und auch Stickstoff aus dem Meerwasser verarbeiten, wirken die Sande wie riesige, reinigende Filter. Vieles von dem, was das Meerwasser in den Boden spült, kommt nicht wieder heraus – eine für den Menschen wichtige „Ökosystemdienstleistung“, die zur Erhaltung einer gesunden Meeresumwelt beiträgt.

Bisher gab es fast nur theoretische Überlegungen sowie Laborversuche zur Wechselwirkung von Sanden und Meerwasser. Wie die biogeochemischen Prozesse unter den realen, hochdynamischen Bedingungen von Sandlebensräumen mit Wellen- und Tidenströmungen tatsächlich reguliert werden und in welchen Umfang sie sich auswirken, war kaum bekannt. Hier setzt die Arbeit von Soeren Ahmerkamp an. Er entwickelte gemeinsam mit Kollegen das Meeresbodenobservatorium „LanceALot“, das gleichzeitig die Strömungsgeschwindigkeit, die Form des Bodens und den Sauerstoff im Sand messen kann. LanceALot wurde im Rahmen der Promotion an 16 verschiedenen Stellen in der Nordsee eingesetzt, um den Zusammenhang zwischen den drei gemessenen Parametern zu untersuchen. Seine Feldbeobachtungen kombinierte Ahmerkamp mit eigenen Laborversuchen und mathematischen Modellierungen.

Zu seinen wichtigsten neuen Erkenntnissen gehört, welche bedeutende Rolle Sedimenttransporte allgemein, insbesondere die dadurch entstehenden typischen wellblechartigen Sandwellen am Meeresboden für mikrobiologische Prozesse spielen. Diese sich immer wieder umlagernden Rippelstrukturen erzeugen, ähnlich wie bei einer Flugzeugtragfläche, im vorbeiströmenden Wasser Druckgradienten an ihren Flanken. Als Folge entsteht ein Porenwasserstrom, der Sauerstoff und Nährstoffe tiefer ins Sediment eindringen lässt als bei glatten Meeresböden, was alle mikrobiellen Stoffumsätze stark beschleunigt. Außerdem konnte Ahmerkamp mit Hilfe seiner Modellierungen und Laborversuche zeigen, dass die sandigen Sedimente der Deutschen Bucht eine bedeutende Senke für Stickstoff sind und damit der menschlich verursachten Überdüngung der Nordsee entgegenwirken.

„Soeren Ahmerkamps Arbeit zur so wichtigen Ökosystemfunktion von sandigen Sedimenten hat uns wirklich begeistert, insbesondere durch die Kombination aus exzellenter Felddatenaquise und Modellierung“, kommentiert Gregor Rehder, Mitglied der BRIESE-Preis-Jury, die diesjährige Preisvergabe. „Außerdem ist die Sorgfalt, mit der er seine Einzelergebnisse entlang eines ‚roten Fadens‘ in seiner Dissertationsschrift in Beziehung setzt, sehr beeindruckend.“, so der IOW-Meereschemiker weiter. „Wir freuen uns, auch in diesem Jahr einen jungen Wissenschaftler auszeichnen zu können, der mit seiner Arbeit zeigt, dass auch direkt vor unser Haustür – in der Nordsee – die Forschung nicht nur ihre Berechtigung hat sondern durch technische Weiterentwicklung intensiver erforscht werden kann und muss. Wir danken der Jury für die sorgfältige Auswahl des verdienten Preisträgers“, so Klaus Küper, Leiter der Abteilung Forschungsschifffahrt der Reederei Briese.

Der BRIESE-Preis für Meeresforschung wird von der Reederei Briese Schiffahrts GmbH & Co. KG (Leer/Ostfriesland) gestiftet, die für die Bereederung der mittelgroßen deutschen Forschungsschiffe, wie z. B. die ELISABETH MANN BORGESE und die HEINCKE, sowie der großen Forschungsschiffe METEOR und SONNE zuständig ist. Das IOW betreut die Preisvergabe wissenschaftlich. Seit 2010 werden jährlich herausragende Promotionen in der Meeresforschung prämiert, deren Ergebnisse in engem Zusammenhang mit dem Einsatz von Forschungsschiffen und der Verwendung und Entwicklung von Technik und/oder Datenerhebung auf See stehen.

Quelle: Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), Foto: IOW/K. Beck

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