Zoo und Sportvereine streiten um Barnstorfer Wald

Bau des Darwineums verändert Trainingsmöglichkeiten für Läufer im Rostocker Stadtwald

17. Dezember 2010, von
FC Hansa Manager Stefan Beinlich und Zoodirektor Udo Nagel (Archiv)
FC Hansa Manager Stefan Beinlich und Zoodirektor Udo Nagel (Archiv)

Scheitert der Aufstieg des FC Hansa Rostock in die Zweite Bundesliga am Bau des Darwineums? Vielleicht ist das etwas überspitzt formuliert und zur Polarisierung geeignet. Aber das nimmt Dr. Jens Schweder, Vorsitzender des TC Fiko Rostocker Triathlonclub Rostock e.V., in Kauf, um die Interessen der Läufer im Barnstorfer Wald zu vertreten.

In dem nicht nur bei Sportlern beliebten Stadtwald hat der Rostocker Zoo vier Hektar eingezäunt. Gut die Hälfte davon wird das Darwineum selbst einnehmen. Der Rest wird durch Besucherwege und Abstandsflächen verbraucht. Durch die Baumaßnahmen ändert sich die Wegführung im Barnstorfer Wald und beeinflusst dadurch die Trainingsbedingungen der Sportler.

Für heute Nachmittag hatten deshalb die Sportvereine und der Zoo einen Termin vereinbart, in dem die unterschiedlichen Interessen besprochen und nach einem Kompromiss gesucht werden sollte.

Ralf Skopnik, Vorsitzender des 1. LAV Rostock
Ralf Skopnik, Vorsitzender des 1. LAV Rostock

Zuvor gab Dr. Jens Schweder jedoch schon eine gemeinsam erarbeitete Erklärung der Sportvereine an die Presse weiter, die daraufhin für einigen Wirbel sorgte. Auch unter den anderen Sportvereinen, die darin erwähnt wurden.

In Abstimmung mit dem FC Hansa Manager Stefan Beinlich, der bei dem Gespräch nicht anwesend war, distanzierte sich Ralf Skopnik, Vorsitzender des Leichtathletikvereins 1. LAV, von dieser Art der Verständigung. „Wir möchten uns dafür entschuldigen, dass diese Erklärung, die Grundlage dieses Gesprächs sein sollte, ohne unser Wissen an die Presse weitergeleitet wurde. Dagegen möchten wir uns verwahren. Denn der Sport und der Zoo sind durchaus wertvolle Partner“, so Ralf Skopnik.

Dr. Jens Schweder, Vorsitzender des TC Fiko Rostocker Triathlonclub Rostock e.V.
Dr. Jens Schweder, Vorsitzender des TC Fiko Rostocker Triathlonclub Rostock e.V.

Dennoch brennen den Sportlern die Baumaßnahmen sprichwörtlich unter den Sohlen. „Die Trainingsbedingungen verschlechtern sich“, sagte Dr. Jens Schweder. Dabei gehe es nicht nur um den 200 Meter langen Querweg, sondern um die Fläche, auf der sich die unterschiedlichen Interessengruppen dann mangels Ausweichmöglichkeiten ballen würden. „Man muss sich bekennen. Will man Leistungsspitzensport in Rostock haben auf der Laufseite, dann muss man sich um diese Bedingungen kümmern. Wir laufen Gefahr, dass Athleten wie Ulrike Maisch keine Europameister im Marathon werden bei uns, weil sie einfach nicht mehr in Ruhe und gesund auf dem Waldboden trainieren können“, gab er zu bedenken.

Als „Psychoschocker“ bezeichnete Reinhard Wolff vom Kreisleichtathletikverband die Aussicht für die Sportler, am neuen Zaun entlang laufen zu müssen.

Doch während die Sportler ein Problem mit dem Flächenkonzept des Darwineums haben, versucht Zoodirektor Udo Nagel damit ein anderes zu lösen, nämlich das Menschenaffenproblem. „Wir müssen die Anlage in dieser Größenordnung bauen, sonst genehmigt uns das europäische Artenschutzprogramm das nicht. Die Alternative wäre die Menschenaffen abzugeben“, erklärte Udo Nagel. Dass das wiederum Einfluss auf die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Zoos habe, wovon auch die Sicherheit der etwa 100 Arbeitsplätze im Zoo abhängt, weist auf die wirtschaftliche Bedeutung des Zoos hin.

Reinhard Wolff vom Kreisleichtathletikverband
Reinhard Wolff vom Kreisleichtathletikverband

Denn nicht nur die Menschenaffen sollen vom Darwineum profitieren. Als Leuchtturmprojekt soll das Edutainment-Angebot, das mit einer Kombination aus musealer und zoologischer Ausstellung den Besuchern die Geschichte der Evolution näherbringen soll, weit über die Stadtgrenzen hinausstrahlen und Touristen aus anderen Bundesländern anlocken.

Nicht zuletzt wegen dieser Maßgabe wird das Darwineum auch vom Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern mit EU-Mitteln in Höhe von 22,8 Millionen Euro gefördert. Der Zoo soll damit zukunftssicher gemacht werden, gerade auch, weil er sich mit anderen Freizeitangeboten wie zum Beispiel dem Ozeaneum in Stralsund vergleichen lassen muss und um Besucher ringt.

„Der Sport ist aber auch ein Wirtschaftsfaktor“, warf Dr. Jens Schweder ein. „Daran hängen Trainer und Leistungssportler. Wenn ihre Trainingsbedingungen verschlechtert werden, dann ziehen sie weg oder hören auf, weil sie keinen Erfolg mehr haben und kein Geld verdienen. Damit sind auch Arbeitsplätze verbunden.“

das eingezäunte Darwineum (grün) und die möglichen Laufwege (rot) im Barnstorfer Wald
das eingezäunte Darwineum (grün) und die möglichen Laufwege (rot) im Barnstorfer Wald

Dass der Zoo durchaus bereit ist, auf die Bedürfnisse der Sportler einzugehen, hatte Udo Nagel bereits in der Vergangenheit deutlich gemacht und einen Kompromissvorschlag vorbereitet. „Wenn es aus naturschutzrechtlicher Sicht möglich ist, dann würden wir auf unsere Kosten einen Weg freischneiden, sodass es wieder einen Rundlauf gibt“, bot er an. „Wir würden auch das Versprechen eingehen, dass dieser Status-Quo in den nächsten 10 bis 15 Jahren erhalten bleibt.“

Auch seitens der Sportfunktionäre wurde Entgegenkommen signalisiert. „Wir wollen auch helfen. Wir müssen was gemeinsam machen. Warum soll der Sport nicht integriert werden?“ sagte Bernhard Trespe vom 1. LAV.

Dennoch wollte man sich heute noch nicht auf einen Kompromiss einigen und will am 21. Januar zu einem weiteren Gespräch zusammenkommen.

Jens Fleischer, Eisbär Otto und Udo Nagel bei einer Spendenübergabe im Ostsee Park Sievershagen
Jens Fleischer, Eisbär Otto und Udo Nagel bei einer Spendenübergabe im Ostsee Park Sievershagen

Unterdessen hat der Zoo auch an anderen Fronten mit guten und schlechten Nachrichten zu kämpfen. Die Gute ist, dass die Spendenbereitschaft für das Darwineum und die Aktion „Schaffen für die Affen“ ununterbrochen anhält. So wurde heute vom Center Manager des Ostsee Parks Jens Fleischer eine Spende von 4500 Euro überreicht, die im vergangenen Jahr mit einem Spendenkegel im Einkaufszentrum gesammelt wurde. Er persönlich versteht die ganze Aufregung um das Darwineum nicht. „Es ist ein tolles Projekt, ein richtiges Highlight für Rostock“, sagt er begeistert.

Das dürften einige Randalierer auf dem Weihnachtsmarkt wohl leider anders sehen, die nun schon zum zweiten Mal den Stand des Zoos demoliert haben, wie der Zoodirektor am Abend bekannt gab.

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