Rostocker Hafenerweiterung stößt auf Widerstand
Naturschützer und Anwohner aus Peez und Krummendorf kritisieren auf dem 7. Rostocker Naturschutztag Pläne zur Hafenerweiterung
15. März 2011, von Stefanie
Der Breitling ist mehr als nur ein Hafenbecken und das ihn umgebene Land mehr als ein Gewerbegebiet. Das versuchten Naturschützer und Anwohner der umliegenden Gemeinden am letzten Samstag auf dem Rostocker Naturschutztag deutlich zu machen.
Dieser wurde nun schon zum 7. Mal vom Naturschutzbund (NABU) Mittleres Mecklenburg e.V., dem Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie (LUNG) sowie dem Institut für Biowissenschaften der Universität Rostock veranstaltet. Anliegen ist es, aktuelle Probleme und Projekte des Naturschutzes im Raum Rostock und Mecklenburg-Vorpommern vorzustellen und zu diskutieren. Wie bereits im vergangenen Jahr, so bewegten die Naturschützer auch dieses Mal wieder die Folgen der Hafenerweiterung auf die umliegenden Naturräume.

Um 660 ha soll der Rostocker Seehafen nach außen wachsen. Davon sind etwa 70 ha für Umschlag- und Lagerflächen an der Kaikante, 160 ha für die Ansiedlung von Dienstleistungsgewerbe und Logistik sowie 430 ha für hafenaffine Industrie vorgesehen. Vor allem Gebiete östlich und südlich des Breitlings sollen dafür ertüchtigt werden.
Joachim Schmidt vom NABU erläuterte den aktuellen Planungsstand und den Einfluss auf die benachbarten Naturräume. Angesichts der im Flächenkonzept vorgestellten Layoutvarianten kritisiert er, dass zu wenig Rücksicht auf die Belange des Naturschutzes genommen wird.
So würde der Ausbau des Hafenbeckens für große Schiffe auf über 15 Meter Tiefe die Strömungsverhältnisse stark beeinflussen und den Mündungsbereich des Peezer Bachs direkt beeinflussen.

Großräumig erhaltene Flachwasserbereiche würden dadurch komplett verschwinden und damit auch die großflächig entwickelten Laichplätze für Fische, wie den Hering sowie Tausende von Zugvögeln, die sich regelmäßig hier einfinden. Auch die naturnah verbliebenen Uferbereiche mit einer „außerordentlich artenreichen und schützenswerten Vegetation und Faunation sowie Reste von Überflutungs-Moor-Grünland gingen dadurch verloren“, zählt Joachim Schmidt die Veränderungen auf.

„Unsere Meinung ist, dass der landschaftsökologische Verlust den möglichen ökonomischen Nutzen einer Hafenexpansion in die Naturräume des Ostbreitlings in den Schatten stellt“, zitiert der Biologe aus einem geplanten Protestbrief des NABU und des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), der demnächst im Postkasten des Oberbürgermeisters und des Ministerpräsidenten liegen soll. Darin verweisen die beiden Naturschutzverbände auf die Verantwortung der Stadt für den Erhalt dieses seltenen und überregional bedeutsamen Lebensraumes.
Begründet wird die Notwendigkeit der Hafenerweiterung mit einer Entwicklungsprognose, die für den Rostocker Seehafen eine deutliche Umschlagssteigerung vorhersagt. So sollen hier im Jahr 2025 gut 50 Millionen Tonnen umgeschlagen werden. Allerdings stammt diese Prognose aus dem Jahr 2007, also der Zeit vor der Wirtschaftskrise. Auch dass der Anstieg laut Studie linear nach oben laufe und anscheinend weitere mögliche globale Krisen ausklammere, macht Joachim Schmidt skeptisch.

Das Ziel vieler Politiker durch die Hafenerweiterung mehr Beschäftigung zu erreichen, kann der Naturschützer nachvollziehen, dies dürfe aber nicht zum Totschlagargument werden. „Es geht nicht darum zu sagen, dass wir dieses Ziel nicht unterstützen. Aber man muss auch immer im Hinterkopf haben, was wir dadurch verlieren.“
Wichtig sei es, nach Alternativen zu suchen, beispielsweise im Fischereihafen oder auf dem ehemaligen Werftgelände in Warnemünde. Auch der interne Hafenausbau sollte vor dem externen Vorrang haben.
Aber nicht nur ein wertvoller Naturraum geht durch den neuen Flächenbedarf des Seehafens verloren, auch umliegende Gemeinden befürchten, dass sie den neuen Industrieflächen weichen müssen.

„Zukunft für Krummendorf“ heißt deshalb eine Bürgerinitiative, die sich derzeit gründet. „Der Hof, auf dem ich aufgewachsen bin, zusammen mit etwa 20 Häuser sollen dem Erdboden gleichgemacht werden“, sagt Anja Schröter vom Vorstand der Initiative. Für die Bewohner des Ortskerns, der nach den Plänen der HERO bestehen bleiben soll, würde das bedeuten, dass ihre Grundstücke von der Industrie eingekesselt werden und an Wert verlieren, so die 39-jährige Mutter einer Tochter weiter. „Wir kritisieren den Umgang und die Kommunikation mit den Bürgern. Wir wollen mit den Verantwortlichen vielleicht auch Alternativen finden.“
Gelegenheit zur Diskussion der Wirtschafts- und Hafenentwicklung wird es am 31. März um 17 Uhr im Rahmen eines öffentlichen Forum im Musik-Gymnasium Käthe Kollwitz geben.
Nachtrag:
Der Termin am 31. März wurde auf unbestimmte Zeit verschoben.