Wallanlagen werden weiter umgestaltet

Pläne für Dreiwall- und Heubastion vorgestellt – Treppen und Wege sollen erneuert, der Spitzahorn zurückgedrängt werden

12. August 2015, von
Der Spitzahornbewuchs an der Dreiwallbastion verhindert die Einrahmung des Kröpeliner Tors.
Der Spitzahornbewuchs an der Dreiwallbastion verhindert die Einrahmung des Kröpeliner Tors.

„Sichtachsen“ ist zu einem Reizwort in Rostock geworden. Die einen wollen sie, die anderen wollen darauf verzichten – zugunsten von mehr Grün, beispielsweise in den Wallanlagen. Diese sollen auf Grundlage einer Denkmalpflegerischen Zielstellung saniert werden. Das heißt unter anderem, Bäume und Sträucher sollen entfernt werden, um von bestimmten Standpunkten die Sicht freizulegen, so wie es früher einmal war. Nach den Erfahrungen mit der Sanierung des Kanonsberg, der sich heute weitgehend von Bäumen und Sträuchern befreit präsentiert, sind Rostocks Bürger jedoch skeptisch. Auch die Erneuerung des Eingangs der Wallanlagen um die Brunnenfigur „Trinkende“ kommt nicht bei jedem gut an. Die Anlage wird als zu steril empfunden, wie sich gestern bei der Vorstellung der Pläne für die Dreiwall- und die Heubastion zeigte.

Ab 2016/2017 möchte die Rostocker Gesellschaft für Stadterneuerung, Stadtentwicklung und Wohnungsbau (RGS) die beiden ehemaligen Bastionen der Stadtbefestigung sanieren und hat dafür zwei Planungsbüros beauftragt. Etwa 3,5 Millionen Euro stehen aus Städtebaufördermitteln zur Verfügung.

Stefan Pulkenat erläutert die Pläne zur Sanierung der Wallanlagen
Stefan Pulkenat erläutert die Pläne zur Sanierung der Wallanlagen

Dass eine Notwendigkeit besteht, tätig zu werden, erläutert Landschaftsarchitekt Prof. Stefan Pulkenat. Zum einen sollen die Schäden an den Bauwerken beseitigt werden. Betonfraß mache den Treppen zu schaffen, Löcher auf den Wegen werden zu Stolperfallen, das Geländer ist verrostet. Die unterirdischen Bunkeranlagen, in denen sich im Winter Fledermäuse und andere Tierarten zurückziehen, seien baufällig und sollen erneuert, mehr Quartiere für sie geschaffen werden.

Eine neue Stahltreppe, die im Hang der Heubastion verankert wird, ist geplant. Unter ihr kann Grün wachsen. Die benachbarte Fernwärmeleitung soll unter die Erde verschwinden. Der Balkon der Heubastion kommt weg. Die ursprüngliche Böschung soll an dieser Stelle wieder hergestellt werden. Der obere Bereich wird mit neuen Bänken, Staudenpflanzen und Gräsern umgestaltet, als Reminiszenz an die „Heu“- Bastion. Die bis zu zwölf Meter großen Höhenunterschiede – eine landesweite Besonderheit bei ehemaligen Stadtbefestigungsanlagen – sollen wieder wahrnehmbar werden.

Der Pavillon ist ein beliebter und gut verborgener Treffpunkt.
Der Pavillon ist ein beliebter und gut verborgener Treffpunkt.

Auch der Pavillon an der Teufelskuhle muss weichen. Der besonders für Jugendliche interessante Treffpunkt soll an anderer Stelle einen Platz finden, betont Ortsbeiratsvorsitzender Werner Simowitsch. Stattdessen soll hier eine Wiese mit Solitärbäumen entwickelt werden, die auch den Blick zum Kröpeliner Tor offen lässt.

Im Moment versperrt der Spitzahorn diese historische Sicht. Die wildwuchernden Bäumchen sind das andere große Übel, welchem mit den Sanierungsmaßnahmen zu Leibe gerückt werden soll. Sie stehlen den anderen Bäumen und Bodendeckern das Licht, wodurch sie im Wachstum behindert werden und der Boden zu Erosionen neigt, erklärt Stefan Pulkenat. Sich selbst zur Konkurrenz werdend habe der Spitzahorn kaum Chancen alt zu werden. Auch die Verkehrssicherheit sei durch kranke Bäume nicht mehr gegeben. Die Planer sprechen von Zuwucherungen, die einen dunklen Angstraum entstehen lassen haben. Als solcher sei er auch von der Polizei definiert worden, informiert Ortsamtsleiterin Stephanie Bornstein.

Die Fernwärmeleitung und die alte Treppe verschwinden.
Die Fernwärmeleitung und die alte Treppe verschwinden.

Wie es dazu kommen konnte, dass sich der Spitzahorn so raumgreifend ausbreiten konnte, hängt mit der fehlenden Pflege in den Wallanlagen in den letzten Jahren zusammen. „Im Arankapark in Warnemünde reißen wir die kleinen Sprösslinge sofort aus dem Rasen. Hier fehlen uns dazu die Mittel“, begründet Grünamtsleiter Dr. Stefan Neubauer den massiven Wachstum. Mit der Sanierung verbindet er die Hoffnung, dass die Bürgerschaft für die Grünflächenpflege mehr Geld zur Verfügung stellt.

Insbesondere Umweltschutzverbände kritisieren, dass Naturschutzaspekte bei der Planung für die Sanierung der Wallanlagen zu wenig Berücksichtigung finden.

Seit kurzem liegt dazu ein Artenschutzgutachten vor, dessen Kernaussage sei – so Stefan Neubauer – dass gerade eine vielfältige Struktur aus Rasen, Wiese, Sträucher, Wald- und Wasserflächen insgesamt für die Fauna interessant machen würde.

Auch Umweltschutzfragen wie die Bedeutung der Grünanlage als Filter für Feinstaub und Lärm aus der August-Bebel-Straße, sind für Maria John vom NABU Mittleres Mecklenburg nicht ausreichend geklärt.

Der Balkon auf der Heubastion (links) wird zurückgebaut
Der Balkon auf der Heubastion (links) wird zurückgebaut

Vielfalt für Natur und eine hohe Aufenthaltsqualität für Menschen aller Altersgruppe wünscht sich auch Claudia Schulz. „Nichts ist langweiliger für Kinder als gerade, glatte Wege. Sie brauchen Platz zum Austoben, Abhänge runterrutschen und auf Bäume klettern.“

„Die Dreiwallbastion eignet sich nicht als Abenteuerspielplatz“, entgegnet Historiker Dr. Joachim Lehmann und plädiert für einen „vernünftigen Kompromiss“ zwischen der Geschichte und den Bedürfnissen an eine Grünzone in der Stadt, der auch dazu geeignet ist Natur erlebbar zu machen.

Noch bis zum 30. September 2015 können Einwendungen zu den Planungen der Sanierungsmaßnahmen bei der RGS und im Ortsamt abgegeben werden. Ab dem 25. August soll das Artenschutzgutachten bei der RGS einsehbar sein.

Visualisierung der Pläne für Dreiwall- und Heubastion

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