MS Georg Büchner wird wohl doch nicht verschrottet

Ungewisses Schicksal der Georg Büchner – nach Antwerpen, so wie sich die Belgier wünschen, kommt das Schiff wohl nicht

3. Januar 2013, von
Die Georg Büchner gerettet?
Die Georg Büchner gerettet?

Einen Koffer voll Geld hatten die belgischen Schiffsliebhaber nicht dabei – leider, wie sie bedauern. Gern hätten sie die Georg Büchner erworben. Nachdem im Dezember bekannt wurde, dass das ehemalige Hochseeschiff im Stadthafen verkauft wurde, waren sie heute mit einem belgischen Fernsehteam und ganz vielen Fotokameras nach Rostock gekommen. Ihre Absicht: Erinnerungsaufnahmen zu machen und vielleicht das Blatt doch noch zu ihren Gunsten zu wenden.

Geert de Vries vor der Georg Büchner in Rostock
Geert de Vries vor der Georg Büchner in Rostock

„Seit einigen Jahren versuchen wir unsere Charlesville, wie die Georg Büchner ursprünglich getauft wurde, nach Antwerpen, wo sie gebaut wurde, zurückzuholen“, erklärt Geert de Vries, der gleich mehreren Organisationen, die sich der Schifffahrtsgeschichte verschrieben haben, angehört. Nachdem 1989 eine Chance verpasst wurde, scheiterte es in den letzten vier Jahren intensiverer Bemühungen immer am Geld. Auch die belgische Regierung hatte kein Interesse sich finanziell zu beteiligen, zeigt sich die Delegation aus Flandern enttäuscht.

Obwohl der historische Wert des 1950 vom Stapel gelaufenen Fracht- und Ausbildungsschiffs unbestritten ist, betont Kapitän de Vries, der vor 40 Jahren als Kadett auf dem Schwesterschiff Albertville gefahren ist. Die Georg Büchner ist vermutlich das letzte Schiff aus einer Fünfer-Serie. Es sei schon etwas Besonderes, dass das Schiff sowohl als Fracht- und Tankschiff eingesetzt wurde, aber auch bis zu 230 Passagiere aufnehmen konnte. Doch nicht nur der Schiffstyp, sondern auch die Strecke, auf der das Schiff unterwegs war, hat für die Belgier eine besondere Bedeutung. Da es zwischen Belgien und seiner damaligen Kolonie Belgisch-Kongo pendelte, ist es eng mit der Kolonialgeschichte des Landes verbunden.

„Alles auf dem Schiff atmet maritime und Kolonialgeschichte Belgiens“, sagt de Vries. Gern würden die Gäste aus Belgien die Georg Büchner im Hafen von Antwerpen als Museumsschiff sehen.

Josef Hermans und Georges Bogaert, ehemalige Crewmitglieder
Josef Hermans und Georges Bogaert, ehemalige Crewmitglieder

„Es war mein Leben“, erinnert sich Georges Bogaert. Von 1964 bis 1967 war er auf dem Schiff Elektriker. Vieles habe sich seither geändert, sagt er nach seinem Besuch auf dem Schiff.

Früher als zu Kolonialzeiten viele Missionare und Nonnen mit dem Schiff nach Afrika gereist waren, gab es sogar eine kleine Kapelle an Bord. Auch mit einem kleinen Swimmingpool, einer kompletten Krankenstation und Kühllagerräumen war das Schiff ausgestattet, erläutert de Vries. Ziel wäre es aber – so sein Wunsch – das Schiff in seinem jetzigen Zustand zu bewahren.

Der sei besser als erwartet, urteilt er nach der Schiffsbesichtigung. „Sie ist immer noch die alte Lady.“ Dennoch nagt der Rostzahn der Zeit an der Georg Büchner. Fünf Millionen Euro hätte eine Überholung gekostet, heißt es. Der Förderverein Traditionsschiff als Betreiber sah sich dazu nicht in der Lage und bot das Schiff zum Verkauf an. Nachdem die Bürgerschaft von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch machte, ist die Georg Büchner nun in den Besitz eines Dritten übergangen. Wer es ist, darüber sei Stillschweigen vereinbart, beharrt Hafenkapitän Gisbert Ruhnke. „Erst wenn das Schiff die Molenköpfe in Warnemünde hinter sich gelassen hat, werden wir den Eigner und seine Pläne mit dem Schiff bekannt geben.“ Spekulationen, dass es verschrottet werden soll, weist er jedoch zurück: „Es wurde als Schiff gekauft und nicht als Schrott.“ Vielerlei Nutzungskonzepte seien im Gespräch.

MS Georg Büchner im Rostocker Stadthafen
MS Georg Büchner im Rostocker Stadthafen

Für die Belgier sei es jedoch zu spät. „Der Vertrag ist abgeschlossen“, winkt der Hafenkapitän ab. Dennoch wollen sie versuchen mit dem neuen Eigner in Verhandlungen zu treten.

Seit 2003 liegt die Georg Büchner im Rostocker Stadthafen. Zuletzt diente sie als Jugendherberge und Hotel. Schulungen und Feiern fanden in den Räumlichkeiten an Bord statt. 1967 hatte die DDR das Schiff gekauft und steuerte zentralamerikanische Länder an, um tropische Früchte und Zucker zu importieren.

1977 wurde sie schließlich außer Dienst gestellt und machte sich fortan einen Namen als Ausbildungsschiff. Die Meisterschulungen, die hier durchgeführt wurden, seien einmalig auf der Welt gewesen, unterstreicht Egon Wirth von der Deutschen Gesellschaft für Schifffahrts- und Marinegeschichte. Auch er betont den historischen Wert der Georg Büchner – nicht zuletzt wegen der äußerst seltenen Maschinenanlage und der Niete, die den Schiffsrumpf zusammenhalten. „Es geht ein Stück Schifffahrts- und Marinegeschichte für Rostock verloren“, kommentiert er den Verlust der Georg Büchner für die Hansestadt.

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