Vicke-Schorler-Rolle ausgestellt - 19 Meter Rostock

Bis zum 24. Juni wird die Vicke-Schorler-Rolle im Kulturhistorischen Museum gezeigt – auf 19 Metern Länge zeigt sie mehr als 400 Jahre alte Ansichten der Hansestadt Rostock

16. Juni 2022, von
Vicke-Schorler-Rolle im Kulturhistorischen Museum Rostock - Stadtarchivdirektor Dr. Karsten Schröder (v.l.), Dr. Michaela Selling (Leiterin des Amtes für Kultur, Denkmalpflege und Museen), die Senatoren Steffen Bockhahn und Holger Matthäus sowie Museumsdirektor Dr. Steffen Stuth
Vicke-Schorler-Rolle im Kulturhistorischen Museum Rostock - Stadtarchivdirektor Dr. Karsten Schröder (v.l.), Dr. Michaela Selling (Leiterin des Amtes für Kultur, Denkmalpflege und Museen), die Senatoren Steffen Bockhahn und Holger Matthäus sowie Museumsdirektor Dr. Steffen Stuth

Sie gehört zu den bedeutendsten kulturhistorischen Schätzen der Hansestadt und ist doch nur selten im Original zu sehen: die 19-Meter lange Vicke-Schorler-Rolle aus dem 16. Jahrhundert. In kolorierten Federzeichnungen hat der Krämer Vicke (mittelniederdeutsch für Friedrich) Schorler (um 1560 bis 1625) Stadtansichten aus dem späthansischen Rostock und der Umgebung festgehalten.

Zuletzt wurde das Kunstwerk 2008 zum bundesweiten Tag der Archive in der Rathaushalle gezeigt, ab morgen ist die empfindliche Bildrolle für eine Woche im Kulturhistorischen Museum zu sehen. Sonst lagert sie gut verpackt im Archiv der Stadt.

Stadtansicht zeigt Gebäude und Leben der Menschen

„Warhaftige Abcontrafactur der hochloblichen und weitberumten alten See- und Hensestadt Rostock Heuptstadt im Lande zu Meckelnburgk“ hat Vicke Schorler seine Stadtansicht überschrieben. Sie zeigt die wichtigsten Bauten seiner Zeit: Kirchen, Stadttore, Giebelhäuser, das Rathaus sowie die 1419 gegründete Universität.

Liebevoll dargestellt wird aber auch das geschäftige Treiben der Händler auf dem Neuen Markt oder der Schiffsverkehr in Warnemünde und dem Stadthafen. Ganz realitätsgetreu ist Schorler dabei nicht vorgegangen. So hat er den Stadthafen von der Wasserseite gezeichnet und die Giebelhäuser dafür einfach umgedreht.

Das Rostocker Rathaus - Detailansicht der Vicke-Schorler-Rolle
Das Rostocker Rathaus - Detailansicht der Vicke-Schorler-Rolle

Umfassende Restaurierung und Konservierung

Im Dezember 2011 verließ die Vicke-Schorler-Rolle Rostock für eine umfassende Restaurierung und kehrte 2020 ins Stadtarchiv zurück.

Insgesamt 127 Einzelblätter mit kolorierten Federzeichnungen waren in zwei übereinanderliegen Reihen auf einem säurehaltigen Pappträger aufgetragen. Dessen Bestandteile drohten die Zeichnungen zu beschädigen. „Wir haben restauratorisch das Möglichste getan, um sowohl die Papiere als auch die Tinten und die Farben zu sichern“, sagt Stadtarchivdirektor Dr. Karsten Schröder und freut sich, „dass wir das bisher größte kulturhistorische Zeugnis Rostocks, das beweglich ist, für viele Jahre, Jahrzehnte, möglicherweise Jahrhunderte gesichert haben“. Ausgeführt hat die Arbeiten der Lübecker Restaurator Boguslaw Radis.

Im Rahmen der Restaurierung wurde die Bildrolle in sieben Teile zerlegt, um sie besser archivieren zu können. Jedes Auf- und Abrollen beschädigt die empfindliche Oberfläche, zudem wirken sich Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen bei 19 Metern Länge sehr viel stärker aus, begründet Schröder die Maßnahme. Jetzt können die Teile plan gelagert werden, für die Ausstellung wurden sie wieder zusammengesetzt.

Vicke-Schorler-Rolle - vom Rostocker Schiffslager Warnemünde bis nach Bützow und Güstrow
Vicke-Schorler-Rolle - vom Rostocker Schiffslager Warnemünde bis nach Bützow und Güstrow

Neue Erkenntnisse bei der Restaurierung

„Die Befunde haben mehr denn je Anlass zu Spekulationen gegeben“, umschreibt Karsten Schröder die neuen Erkenntnisse, die es der Restauration gegeben hat.

„Wir sind überrascht gewesen, dass für den Hauptteil der Bildfolge, die die Stadt Rostock zeigt, eine Nummerierung der Blätter auf der Rückseite vorgelegen hat.“ Bislang waren sie unter dem Pappträger verborgen. Nicht nummeriert sind hingegen die Bilder links und rechts der Rostocker Stadtansichten. Sie entführen den Betrachter ins „Rostocker Schiffslager Warnemünde“, die Dörfer Groß Klein, Lütten Klein oder Marienehe sowie die Warnow hinauf bis ins Gebiet der Nebel mit Ansichten aus Bützow und Güstrow. Das lässt Raum für Spekulationen, so Schröder: „Sind es vielleicht zwei Werke, die miteinander verbunden worden sind?“ Vielleicht hat er auch links und rechts mit einer Vogelschauperspektive begonnen, wollte diese dann von Rostock machen und hat festgestellt, dass sie viel zu klein würde.

Nicht ganz genau geklärt ist das Entstehungsdatum der Bildrolle. Schorler selbst hat auf seinem Werk vermerkt, dass er mit der Arbeit vor genau 444 Jahren, am Johannistag (24. Juni) 1578, begonnen und sie am Johannistag 1586 beendet hat. Ein geschichtsträchtiger Tag für Rostock: Am 24. Juni 1218 wurde von Fürst Heinrich Borwin I. das lübische Stadtrecht bestätigt. „Wir haben nur Fakten, mit denen wir beweisen können, dass er vier Jahre daran gearbeitet hat – von 1582 bis 1585“, sagt Schröder.

Und noch eine Überraschung gab es: Die Vicke-Schorler-Rolle ist länger geworden. War sie ursprünglich einmal 18,68 Meter breit, sind es jetzt 25 Zentimeter mehr, so Schröder. Bei den Vorbereitungsmaßnahmen für eine Kopie wurden 1937 durch das Umklappen von Bildteilen und das Abschneiden von Rändern Teile verborgen.

19 Meter Rostock: Bis zum 24. Juni wird die Vicke-Schorler-Rolle im Kulturhistorischen Museum gezeigt.
19 Meter Rostock: Bis zum 24. Juni wird die Vicke-Schorler-Rolle im Kulturhistorischen Museum gezeigt.

Ausstellung vom 17. bis zum 24. Juni geöffnet

Die Vicke-Schorler-Rolle kann vom 17. Juni bis zum 804. Stadtgeburtstag am 24. Juni 2022 täglich zwischen 10 und 18 Uhr im Kulturhistorischen Museum besichtigt werden. Auch am kommenden Montag ist die Ausstellung außer der Reihe geöffnet. Aufgrund des erwarteten großen Interesses sei mit Wartezeiten zu rechnen, sagt Museumsdirektor Dr. Steffen Stuth. Die angebotenen Führungen und Vorträge sind bereits komplett ausgebucht.

81.000 Euro haben Restaurierung und Konservierung insgesamt gekostet. 35.000 Euro kamen vom Freundeskreis der Kulturstiftung der Länder, 15.000 Euro von der Jahresköste der Kaufmannschaft zu Rostock, die restlichen 31.000 Euro aus dem Budget des Stadtarchivs.

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