Ateliereröffnung in der Erich-Schlesinger-Straße

Malereien, Grafiken, Fotografien und literarische Texte entstehen in den Räumlichkeiten des ehemaligen Dieselmotorenwerks

27. Februar 2011, von

Das künstlerische Treiben auf dem Gelände des ehemaligen Dieselmotorenwerks erhält Kreativitätszuwachs. Sechs Künstler haben sich zusammengetan und die erste Etage in der Erich-Schlesinger-Straße 62 bezogen. Am Freitagabend fand die House-Warming-Party statt, bei der Freunde und Bekannte einen Blick in die Arbeitsräume werfen durften.

Janet Zeugner in ihrer zukünftigen Dunkelkammer
Janet Zeugner in ihrer zukünftigen Dunkelkammer

Der Einzug erfolgte zwar schon im Januar, aber wie das nun mal so ist, stand bei der offiziellen Einweihungsparty noch nicht alles an seinem Platz. So will Janet Zeugner in ihrem Atelier noch eine Dunkelkammer abtrennen. Neben dem großen Waschbecken, in dem die Filme entwickelt werden sollen, stehen aber schon die Wände. Sie müssen nur noch aufgestellt werden, damit das lichtempfindliche Material optimal geschützt werden und die Arbeit richtig beginnen kann.

Die 33-jährige Künstlerin hat an der Hochschule in Heiligendamm und Wismar Design studiert und sich auf experimentelle Fotografie spezialisiert. „Auf Basis der Fotografie mit Doppelbelichtung und Chemie male ich sozusagen auf den Bildern. Es ist ein Zwischending zwischen Malerei und Fotografie“, erklärt Janet Zeugner ihre Methode. Im Moment beschäftigt sie hauptsächlich das Thema Erinnerung.

Daniela Boltres auf ihrem Arbeitssofa
Daniela Boltres auf ihrem Arbeitssofa

Aus ihren Erinnerungen an ihre rumänische Herkunft schöpft auch die Ateliernachbarin Daniela Boltres. Seit etwa einem Jahr versucht sich die 39-Jährige hauptberuflich als Autorin. Zwar hat sie schon zuvor Lyrik und Prosatexte verfasst – sowohl in ihrer Muttersprache Rumänisch als auch in ihrer Vatersprache Deutsch – nun aber arbeitet sie konzentriert an eigenen Drehbüchern und Übersetzungen. Der Raum, den sie sich mit der Drehbuchautorin Barbara Zuber Goldstein teilt, soll ihr dabei helfen, die nötige Disziplin aufzubringen. Und es scheint zu funktionieren. In den letzten beiden Wochen habe sie vier Kapitel ihres ersten Romans geschafft, erzählt sie stolz.

Ihr Debütroman ist Daniela Boltres derzeitiges Hauptprojekt. Sie hat ihn nach der rumänischen Kultspeise „Sakuska“ benannt. Die Geschichte, die sie darin erzählt, hat auch viel mit ihrer eigenen Immigrationsbiografie zu tun. „Es gibt einige kulturelle Codes, die einem begegnen, wenn man immigriert, die man entziffern lernen muss. Auch wenn man die Sprache beherrscht, kann einem trotzdem vieles entgehen“, umreißt die Autorin das Thema von „Sakuska“. Ausgangspunkt der Geschichte ist die Sprachlosigkeit der Hauptfigur zu Beginn ihrer Immigration. „Sie ist stumm. Sie kann nicht über sich und ihre Gefühle sprechen, sondern nur über ihre Erinnerungen erzählen“, verrät Daniela Boltres. Wer jetzt wissen will, ob und wie die Hauptfigur ihre Sprache wiederfindet, der muss sich noch bis zur Veröffentlichung des Buches gedulden. Einige Auszüge las die Autorin jedoch den Gästen der Einweihungsparty schon einmal vor.

Tanja Zimmermann, Janet Zeugner, Daniela Boltres, Wanja Tolko und Tim Kellner
Tanja Zimmermann, Janet Zeugner, Daniela Boltres, Wanja Tolko und Tim Kellner

Diese hatten sich dafür in dem wohl beeindruckendsten Atelier des Hauses versammelt. Ein großer heller Raum unter dem Dach, in den von oben und zwei gegenüberliegenden Seiten Tageslicht einfallen kann. Hier arbeiten der Fotograf Tim Kellner sowie die Maler und Grafiker Wanja Tolko und Tanja Zimmermann. Die beiden Herren sind aus der Rostocker Kunstschule hierhergezogen.

Tanja Zimmermann und Akira
Tanja Zimmermann und Akira

Tanja Zimmermann arbeitete bisher auf dem Land in einem kleinen mecklenburgischen Dorf. Sie sagt, dass die Sehnsucht nach der Stadt sie zu dem Schritt bewogen habe, das Atelier mit dieser Gemeinschaft zu teilen, von der sie sich viele neue Anregungen erhofft. Obwohl es in dem Raum verschiedene Tische und Pulte gibt, bevorzugt die Künstlerin es, auf dem mit Folien ausgelegten Fußboden zu arbeiten. So entstehen dann ihre Malereien, in denen sie sich im Moment vor allem mit „Leere und Fülle“ beschäftigt.

Einige ihrer Werke hatten die bildenden Künstler für die Eröffnungsfeier an den Wänden der Räume und Fluren ausgestellt. Auch ein Gang, der in eine größere Halle führt, wurde mit Fotoarbeiten und Malereien ausgestattet. Ob die Künstler hier schon mal ihre Fühler ausstrecken wollen, um Neuland zu erobern? Es bleibt ihnen auf jeden Fall viel Inspiration und Schaffenskraft dabei zu wünschen.

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