Rostock bald Biostadt?

Umweltsenator möchte bio-zertifizierte Lebensmittel in Rostock fördern

1. Dezember 2018, von
Wird Rostock Biostadt?
Wird Rostock Biostadt?

Wird Rostock nach Fair-Trade-Stadt nun auch Biostadt? 17 sogenannte Biostädte haben sich bereits der Förderung von bio-zertifizierten Lebensmitteln und der ökologischen Landwirtschaft verschrieben. Vor allem Städte im Süden, aber auch Hamburg und Bremen sind dabei. Im nächsten Jahr soll Berlin dazukommen. Wird sich Rostock bald diesem informellen Netzwerk anschließen? „Von der Karte her würde Rostock super passen“, bemerkt Dr. Werner Ebert den weißen Fleck im Nordosten. Er ist Koordinator des Netzwerkes und kommt aus der Biostadt Nürnberg.

Umweltsenator Holger Matthäus (Bündnis 90/Grüne) hatte ihn und Vertreter aus dem Landwirtschaftsministerium, Umweltverbänden und Großküchen an einen Tisch geholt, um mögliche Wege zu einer Biostadt Rostock auszuloten.

Mit gemeinsamen Aktionen und Projekten wollen die Städte Bio-Lebensmittel mit kurzen Transportwegen sowohl öffentlichen Einrichtungen als auch privaten Verbrauchern schmackhaft machen und politische Lobbyarbeit für eine nach ökologischen und sozialen Kriterien ausgerichtete Agrar- und Verbraucherpolitik betreiben. „Damit wollen wir einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten“, erklärt Werner Ebert. Grundlage der Zusammenarbeit sei eine Kooperationsvereinbarung, ansonsten gebe es keine festen Organisationsformen und keinen Mitgliedsbeitrag. Um sich eine Biostadt nennen zu können, muss ein entsprechender Bürgerschaftsbeschluss her, Ziele müssen definiert, Maßnahmen und Projekte umgesetzt und eine Ansprechperson benannt werden.

In einer Biostadt werden nahezu alle Verwaltungsbereiche einbezogen, erläutert Werner Ebert, der selbst in der Nürnberger Stadtverwaltung tätig ist. Es gehe vor allem um Wirtschaftsförderung: Ökologische und regionale landwirtschaftliche Produkte sollen bevorzugt, Unternehmungsgründungen in diesem Bereich besonders gefördert werden. Aber auch die Stadt- und Raumplanung sei davon betroffen, wenn es beispielsweise darum geht öffentliche Flächen vorrangig an den Ökolandbau zu verpachten. Im Bereich Bildung und Ausbildung sollen Küchenleiter, Schul- und Kitaleitung informiert und geschult werden. Auch eine kulturelle Dimension von Essen macht Ebert aus. Schließlich komme der Begriff Kultur von Agri-Kultur.

Letztendlich sei Ernährungspolitik auch immer Sozialpolitik. Der größte Einwand mit dem die Verfechter ökologisch hergestellter Produkte zu kämpfen haben ist, dass Bio zu teuer sei, es sich nicht alle leisten können und einkommensschwache Menschen somit diskriminiert werden. Die Strategien der Biostädte: Benachteiligte beim Einkaufen und Kochen beraten, sie an die „erfüllende Arbeit der Selbstversorgung mit Lebensmitteln“ heranführen. Andererseits – so betont Werner Ebert – könne nur durch faire Preise ein ausreichendes Auskommen der Landwirte sichergestellt werden.

„Es wäre sehr schön, wenn Rostock hier eine Vorreiterrolle einnehmen könnte“, sagt Dr. Kai-Uwe Kachel vom Landwirtschaftsministerium. Die Voraussetzungen in Mecklenburg-Vorpommern seien auch gar nicht so schlecht. Der Trend für den Ökolandbau gehe nach oben. 152.629 ha bio-zertifizierte Anbaufläche gebe es im Land. 13.000 ha seien allein im letzten Jahr dazugekommen. 1210 zertifizierte Bio-Betriebe machen etwa 20 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe aus. Damit befindet sich Mecklenburg-Vorpommern im Ländervergleich recht weit oben. Auch bei den Verbrauchern steige die Nachfrage. Vor allem Natururlauber wünschten sich ökologische Produkte aus der Region. Da müsse noch nachgelegt werden, so Kai-Uwe Kachel. Auch bei der Qualität gebe es noch eine Menge zu tun. Dennoch „alles, was man zum Frühstück braucht, gibt es in Bio-Qualität aus Mecklenburg-Vorpommern. Man muss es nur besser bündeln“, sagt der Landwirtschaftsreferent. Dr. Burkhard Roloff vom BUND stellt jedoch infrage, ob die Nachfrage von Betrieben vor Ort ausreichend bedient werden kann. Oft sei es ein Totschlagargument, dass Lieferanten und Abnehmer nicht zusammenpassen.

Caterer Andreas Schwarz bestätigt: „Wir können Bio produzieren, der regionale Ansatz sei jedoch besser. Probleme bekommen wir, was den Preis und die Verfügbarkeit angeht.“ Gerade in Schul- und Krankenhausküchen sei der Preis für ein Gericht zu gering kalkuliert, um Bioprodukte integrieren zu können.

„Die Studenten fanden es zu teuer. Außerdem haben wir nicht das Personal, um die ungeschälten Bio-Kartoffeln zu verarbeiten“, berichtet auch Mensaleiter Christoph Maykopf aus der Praxis.

„Wir müssten fast bei Null anfangen, um so etwas strukturell anzugehen“, wird sich Holger Matthäus bewusst. Nach dem Vorbild seiner Initiative in Einrichtungen der Stadt den Plastikverbrauch zu reduzieren, sollen nun auch in den Kantinen von kommunalen Schulen und Betrieben sowie bei Großveranstaltungen wie dem Rostocker Weihnachtsmarkt und die Hanse Sail mehr bio-zertifizierte Lebensmittel auf den Teller kommen. Bevor dazu konkrete Maßnahmen entwickelt werden, soll jedoch die Bürgerschaft entscheiden, ob sie diesen Weg mitgehen will.

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