Einweihung des Gedenkortes für Mehmet Turgut

Mahnmal erinnert an das Rostocker Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds

25. Februar 2014, von
Die Brüder von Mehmet Turgut legen einen Kranz am Todestag und Todesort nieder.
Die Brüder von Mehmet Turgut legen einen Kranz am Todestag und Todesort nieder.

Zwei neue Bänke wurde gestern am Neudierkower Weg zwischen einem Supermarkt, einem Kindergarten, Einfamilienhäusern und den Hochhäusern von Toitenwinkel aufgestellt. Sich stark versetzt gegenüberstehend sollen sie eine Möglichkeit des konstruktiven Dialogs bieten, sagt ihr Gestalter, der Leipziger Künstler Tobias-David Albert. Wegen der Ereignisse vor genau zehn Jahren an dieser Stelle ist das Thema vorgegeben: Fremdheit.

Zwei Tafeln in deutscher und türkischer Sprache erinnern mit Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte daran, dass am 25. Februar 2004 der 25-jährige Mehmet Turgut hier erschossen wurde.

Damals stand an dieser Stelle der Imbissstand eines Freundes, dem der aus der Türkei stammende junge Mann seit einigen Tagen half. Kurz nachdem Mehmet Turgut den Wagen aufgesperrt hatte, wurde er von drei tödlichen Schüssen getroffen. Erst viel später wurde die Tat einer bundesweiten Mordserie mit rechtsextremistischem Hintergrund zugeordnet.

An die schwere Zeit für die Familie Mehmet Turguts erinnerte sein Bruder Mustafa, der mit dem älteren Bruder Yunus zur Einweihung des Gedenkortes aus Lübeck angereist war. Die Gerüchte im Heimatort, der Sohn müsse kriminell gewesen sein, es werde keiner einfach so umgebracht, setzte den Eltern so zu, dass sie das Dorf in Ostanatolien verließen. „Wir haben uns immer und immer wieder die Frage nach dem Warum gestellt. Wir hatten keine Feinde – weder in Deutschland, noch in der Türkei“, berichtet MustafaTurgut über die Fassungslosigkeit der Angehörigen des Opfers. „Wir wünschen uns umfassende Aufklärung und dass so etwas in Deutschland nie wieder passiert.“

Diesem Wunsch schlossen sich auch die weiteren Redner an, darunter der türkische Botschafter Hüseyin Avni Karslioglu, Oberbürgermeister Roland Methling und die Bürgerschaftspräsidentin Karina Jens. Während ihrer Rede wendeten sich gut die Hälfte der Anwesenden demonstrativ ab. Einige hielten ein Plakat hoch mit der Aufschrift: „Er war kein Rostocker und ist illegal hier gewesen. K. Jens“

Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Hinterbliebenen der NSU-Opfer Prof. Barbara John betonte, dass die Opfer nicht durch eine Serie, sondern durch junge Menschen umgebracht worden seien und appellierte an mehr Mitmenschlichkeit und Toleranz der Verschiedenheit. „Wir müssen den Mut haben, das jeden Tag einzuüben.“

Nachholebedarf bei der Berücksichtigung von Verschiedenheit musste heute auch die Stadtverwaltung einräumen, die den Gedenkort nicht barrierefrei gestaltet hatte. „Das wird nachgeholt“, kündigten Bausenator Holger Matthäus und Karina Jens betreten an.

Fotos vom Mahnmal für das Rostocker NSU-Opfer Mehmet Turgut:

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