Lindenpark Rostock

Unter Bäumen und Toten

21. August 2009, von
Hallo Sonne, hallo Lindenpark
Hallo Sonne, hallo Lindenpark

In den letzten Tagen war es ja sehr heiß in Rostock, viel zu heiß für meinen Geschmack. Eigentlich ein Wetter, bei dem man nicht viel tun sollte, außer gelegentlich einen neuen Eiskaffee zu bestellen. Vielleicht könnte man auch noch verfügbare ABM-Kräfte des entsprechenden Gaststättenbetriebs bitten, einen großen Palmwedel zu schwingen.. oder sich in der Nähe eines Ventilators niederlassen.

Tja, das wäre zu schön, aber leider gehöre ich zu der bemitleidenswerten Sorte Mensch, die arbeiten müssen, damit sie schicke Trendgetränke bezahlen können. Mist.

Da ich meinen zugegeben sehr bequemen Job also nicht für exzessive Faulheitsausübung aufs Spiel setzen wollte, war ich mehr oder weniger gezwungen, das vergleichsweise kühle Büro (schätze 50 ° C Zimmertemperatur) zu verlassen – und zwar nicht, um ins Café zu gehen. Mit der völlig überqualifizierten Canon im Gepäck (die übrigens bemerkenswert schwer werden kann, die kleine extravagante Wichtigtuerin) machte ich mich auf den Weg in den Lindenpark, der, so sagte man mir, unglaublich langweilig sein soll. – Zum Glück bin ich ja nicht voreingenommen, da muss sich schließlich jeder seinen eigenen Eindruck machen… seufz.

Wuff! Bitte nicht nach Knochen graben...
Wuff! Bitte nicht nach Knochen graben...

Tatsächlich ließ sich im Lindenpark nicht allzu viel menschliches Leben bemerken. Von Zeit zu Zeit ein paar misstrauisch dreinschauende Fahrradfahrer – die Canon hatte ihr unauffälliges Teleobjektiv angelegt und baumelte nun in einem beachtlichen Radius lässig um meinen Hals. Selbstbewusste Hunde, die gelegentlich auch ihre müßigen Herrchen mitführten, und ein oder zwei engagierte Muttis, die ihrem noch wehrlosen Nachwuchs ein wenig frische Luft aufdrängen wollten.

Davon abgesehen war der Lindenpark aber nicht unbedingt langweilig, immerhin gab es eine ganze Menge Bäume, Insekten, und, dazwischen, Grabsteine.

Grabsteine? Moment mal.

Grabstein, Lindenpark
Grabstein, Lindenpark

Verwundert konsultierte ich einen meiner zehntausend Reiseführer, die in der komfortablen Canon-Tasche natürlich alle ihren Platz gefunden haben. Aha, der Lindenpark war mal ein Friedhof, und erst seit den 80er Jahren wird er als Parkanlage genutzt. Der Großteil der Grabsteine wurde entfernt. Okay, dachte ich mir, das heißt also, ich trampele hier munter auf anderer Leute Gräbern herum? – Tja, wie gesagt: nicht viel menschliches Leben zu orten hier. (Sensation: Emily macht einen Witz!)

Jüdischer Friedhof
Jüdischer Friedhof

Nach einer Weile des willkürlichen Herumirrens erreichte ich den auch schon im Reiseführer erwähnten Jüdischen Friedhof. Und, jetzt mal ganz ehrlich, den fand ich wirklich sehr schön angelegt. Im Reiseführer steht “ein Platz der Trauer und Mahnung”, aber für mich war das eher ein nettes Fleckchen der Ruhe. Das Licht zwischen den Bäumen fällt großartig, sollte man gesehen haben.

Der Lindenpark mag vielleicht menschenleer sein, aber er ist dafür auch sehr ruhig, sehr naturbelassen, ja fast schon romantisch. Und bei so viel Fläche fällt der Hundekot auch weniger auf (‘tschuldigung, Berliner Syndrom, in mein Gehirn ist ein Hochleistungs-Hundekacke-Detektor eingebrannt).

Gerade an so unverschämt übertemperierten Tagen ein ganz heißer (Nein! Ein Wortspiel!) Tipp: dort ist es nämlich schön schattig. Wenn ihr nach einer netten Shoppingtour in der Kröpeliner Straße kurz vorm Dehydrieren durch Rostock wankt, dann gibt’s nur eins: mal im Lindenpark vorbeischauen und

.. wieder leben!
.. wieder leben!

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