Letzte Lesung der LiteraTour Nord 2010/2011

Jan Faktor stellt aktuellen Roman im Peter-Weiss-Haus vor

11. Februar 2011, von
Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder Im Reich des heiligen Hodensack-Bimbams von Prag
Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder Im Reich des heiligen Hodensack-Bimbams von Prag

Auch wenn noch nicht entschieden ist, wer die LiteraTour Nord 2010/2011 gewinnt – feststeht, wem eigentlich ein Ehrenpreis für den außergewöhnlichsten Titel des Jahres gebührt: Jan Faktor und seinem Roman: „Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder Im Reich des heiligen Hodensack-Bimbams von Prag.“ Ein Titel, der zwar viel sagt, aber noch mehr offenlässt. Um den Roman vorzustellen und auch Fragen zu beantworten, kam Jan Faktor am Dienstag ins Peter-Weiss-Haus.

Publikum der Lesung im Peter-Weiss-Haus
Publikum der Lesung im Peter-Weiss-Haus

Die Lesung markierte den Schlusspunkt der LiteraTour Nord. Zum ersten Mal in dieser Saison fand die Lesung nicht in der anderen buchhandlung, sondern im Peter-Weiss-Haus statt. So war es diesmal auch Katinka Friese vom Literaturhaus Rostock, welche die ungefähr 60 Gäste begrüßte und, schon fast zu einer Tradition geworden, Zeit gab, um Handys auszuschalten.

Dann betrat Jan Faktor die Bühne. Die Atmosphäre bei der Lesung war nicht so familiär wie in der anderen buchhandlung, da der Abstand zum Publikum größer war, dafür wirkte die Veranstaltung erhabener. Der Autor wirkte von Anfang an zurückhaltend aber sehr symphytisch. 636 Seiten umfasst das Buch, was er aber sehr trocken kommentierte: „Es ist kein dünnes Buch, aber auch nicht richtig dick. Es ist kein überflüssiges Wort in dem Buch. Und das Manuskript sah auch dünner aus, sodass ich selbst überrascht war, wie dick das fertige Buch war.“

Jan Faktor bei der LiteraTour Nord 2011
Jan Faktor bei der LiteraTour Nord 2011

Als erstes Stück las der gebürtige Tscheche etwas zum Aufbau der damaligen Wohnung der Familie vor. In dem Buch erzählt Protagonist Georg rückblickend von seiner Kindheit und Jugend im Prag der Nachkriegszeit. Und auch wenn der Titel anderes vermuten lässt, ist das Buch im Kern sehr ernst und beschäftigt sich auch mit familiären Problemen und dem Aufenthalt in Konzentrationslagern. Aber natürlich bleiben auch lustige, zum Teil sehr anstößige Passagen nicht außen vor. So zum Beispiel die zweite vorgetragen Stelle, die Harnflecken in Sporthosen zum Thema hatte und mit den Worten „Die Schwanzgröße spielte in der Grundschule keine besondere Rolle“ begann.

Jan Faktor und Lutz Hagestedt
Jan Faktor und Lutz Hagestedt

Auch im anschließenden Gespräch mit Literaturprofessor Lutz Hagestedt blieb Faktor sehr besonnen und freundlich. So verriet er, wie er auf den ersten Satz des Buches gekommen ist: „Ich saß auf der Toilette beim Pinkeln und da ist er mir plötzlich eingefallen. Danach ging es dann ganz leicht.“ Dreieinhalb Jahre hat er an dem Buch gearbeitet, die erste Idee sei aber schon 25 Jahre alt. Und endlich wurde auch die Frage geklärt, warum so ein langer Titel gewählt wurde. „Georgs Sorgen um die Vergangenheit war klar. Aber ich wollte, dass Prag mit in den Titel kommt, aber nicht zu auffällig. Daher der Hodensack als Ablenkungsexplosion.“ Ich glaube die Strategie ist aufgegangen.

Nach der Lesung konnten alle Gäste, die vorher schon die anderen fünf Lesungen besucht hatten, ihren Favoriten wählen. Der Autor, der die meisten Stimmen auf sich vereint, bekommt die Publikumsstimme. Die Jury selbst hat zwölf Stimmen. Man darf also sehr gespannt sein, wer am besten ankam. Entschieden wird dies Ende Februar, die Preisvergabe ist dann im Juni.

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