Wiglaf Droste präsentiert Geschichten und Gedichte

Ein literarischer Rundumschlag im Peter-Weiss-Haus

14. März 2011, von
Wigalf Droste liest aus "Auf sie mit Idyll!"
Wigalf Droste liest aus "Auf sie mit Idyll!"

Was habt ihr eigentlich für einen Stromanbieter? Seid ihr auch schon auf Pilgerstrom umgestiegen? Natürlich kann man nur schwierig mit Glauben einen Computer betreiben. Aber trotzdem wird das Wort immer wieder verwendet. Nur eine von sehr vielen genialen Beobachtungen, die der Autor Wiglaf Droste mit den knapp 200 Zuhörern im Peter-Weiss-Haus teilte.

„Ich freue mich, dass ich den Weg ins Peter-Weiss-Haus gefunden habe“, so begrüßte er die Anwesenden. Dabei war es ja gar nicht das erste Mal für Droste. Schon im März 2010 hatte ihn das Literaturhaus Rostock eingeladen, um seine neuen Bücher vorzustellen. Und wie schon damals war es auch diesmal wieder rappelvoll im Saal. Es mussten sogar noch Stühle nachgeholt werden, um allen Gästen Platz zu bieten.

Das Publikum im Peter-Weiss-Haus vor der Lesung
Das Publikum im Peter-Weiss-Haus vor der Lesung

Der Pilgerstrom ist nur eine Unart der deutschen Sprache, die der Autor thematisierte. Auch wurde die Absurdität des Wortes „angedacht“ aufgezeigt oder sehr umfangreich die Wortschöpfungen deutscher Friseure analysiert. „Im Sparadies der Friseure“ so der Titel einer Geschichte, die auch schon 2010 für viele Lacher gesorgt hatte. Besonders dieser Text belegte, wie sehr Droste auf sprachliche Ausrutscher achtet, waren doch unzählige neue Beispiele handschriftlich im Ursprungstext ergänzt.

Wigalf Droste liest auch 2011 wieder im Literaturhaus Rostock
Wigalf Droste liest auch 2011 wieder im Literaturhaus Rostock

Doch nicht nur Sprachvergewaltiger bekamen ihr Fett weg. Überall wo sich eine Wunde in unserer Gesellschaft abzeichnet, nimmt Droste Salz und streut es hinein. Seien es nichtssagende Marketingexperten, mit denen er auch beruflich schon zu tun hatte, Politiker, besonders die Grünen, oder aber Bauarbeiter. Diese bekamen sogar eine eigene Geschichte. „Der Gerüstbauer ist ein Irrtum der Evolution“, so lautete sein Urteil.

Vor der Pause wurde es dann sogar musikalisch. So gab er zur Begeisterung der Besucher einen Blues zum Besten. „Die armen Fische“ beschreibt die Arbeit eines Fischgrätenwerfers in einer Fischmehlfabrik. Dieser schmeißt dann in jedes fertig gepresste Fischfilet zwei Gräten hinein, um den Anschein zu erwecken, dass es sich dabei wirklich um echten Fisch handelt.

Wigalf Droste liest Gedichte
Wigalf Droste liest Gedichte

Nach der Pause las Droste auch einige Gedichte aus seinem bald erscheinenden Buch „Wasabi dir nur getan“. Eigentlich sollte es schon längst erschienen sein, doch er brauche immer länger zum Schreiben.

„Es ist wie mit Guttenberg. Ich habe hohe Ansprüche an mich selbst, nur leider keine Ghostwriter.“ Neben dem ehemaligen Minister bekamen auch Größen der Literaturlandschaft ihr Fett weg, zum Beispiel Marcel Reich-Ranicki oder Günter Grass. Selbst vor seiner Heimat machte er kein Halt. „Nicht abgeholt, obwohl bestellt, dies Gefühl ist Bielefeld.“

„Ich rede gerne mal, ohne vorher zu wissen, worauf es hinausläuft“, sagte der Autor zum Ende der Lesung, nachdem er sich scheinbar etwas in seinen Gedanken verzettelt hatte. Aber auch das erhöhte die Sympathie für ihn nur noch. So sang er zum Trost für alle, die Trost brauchen, als Zugabe noch einen Song von Tom Petty, um dann die Bühne zu verlassen und sich nach eigenen Angaben „einen Wolf zu signieren.“ Zwar konnte man den Gedichtband noch nicht kaufen, dafür aber die Kolumnensammlung „Auf sie mit Idyll!“

Stefan Forster und Marianne Arndt
Stefan Forster und Marianne Arndt

Der lang anhaltende Applaus bewies, dass es den Leuten gefallen hat. Unter ihnen waren auch Marianne Arndt und Stefan Forster. Sie hatten eher durch Zufall von der Veranstaltung erfahren, waren aber umso glücklicher. „Er hat bewiesen, dass Sprache einfach Spaß macht. Er ist sehr geistreich, scharfsinnig und besitzt unglaublich viel Witz“, sagten die Rostocker. Auch fanden sie die teils scharfe Kritik nicht übertrieben. „Gerade in der Kulturwelt muss Kritik erlaubt sein. Er vertritt seinen Standpunkt, auch wenn man natürlich nicht alle Ansichten teilt“, sagten die beiden mit einem Lächeln.

Auch wenn Wiglaf Droste selbst sagt: „Deutschland heißt in echt Debilien“, ist er der der beste Beweis, dass dem nicht nur so ist.

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