OB-Wahl 2012: Podiumsdiskussion zur Kultur

Oberbürgermeister-Kandidaten Sybille Bachmann, Christian Blauel, Karina Jens, Kerstin Liebich, Roland Methling, Ait Stapelfeld und Toralf Vetter diskutieren den Kulturstandort Rostock

18. Januar 2012, von
OB-Wahl 2012, Diskussionsrunde zum Thema Kultur: Toralf Vetter, Kerstin Liebich, Christian Blauel, Sybille Bachmann, Roland Methling, Karina Jens und Ait Stapelfeld (v.l.n.r)
OB-Wahl 2012, Diskussionsrunde zum Thema Kultur: Toralf Vetter, Kerstin Liebich, Christian Blauel, Sybille Bachmann, Roland Methling, Karina Jens und Ait Stapelfeld (v.l.n.r)

Rostock hat einen neuen Bürgermeister! So sahen es in ihrer Abstimmung zumindest die Teilnehmer der Podiumsdiskussion zum Thema Kultur am Dienstagabend in der Bühne 602. Mit 31 Stimmen konnte sich SPD-Kandidat Dr. Ait Stapelfeld klar gegen seine Mitbewerber Christian Blauel (Grüne, 21 Stimmen), Dr. Sybille Bachmann (Rostocker Bund, 17), Bürgerschaftspräsidentin Karina Jens (CDU, 14), Amtsinhaber Roland Methling (parteilos, 14), Kerstin Liebich (Linke, 14) und Toralf Vetter (Einzelbewerber, 6) durchsetzen.

Dieses deutliche Votum mag daran liegen, dass Stapelfeld als einziger Kandidat an diesem Abend das wenig pralle Stadtsäckel nur allzu bereitwillig öffnet und konkrete Zahlen nennt. Statt 7,5 möchte er künftig zehn Prozent des Haushalts für Kultur ausgeben. Und der SPD-Kandidat legt noch einen drauf: Um die „Selbstausbeutung der Kulturschaffenden in der freien Szene“ zu beenden, sollen Mindestlöhne in diesem Bereich eingeführt werden.

Das kommt gut an bei den zahlreichen Gästen der freien Szene, der Applaus ist garantiert. Doch ist es auch wirtschaftlich realistisch? „Ich denke, dass man den Haushalt optimieren kann“, zeigt sich Stapelfeld optimistisch, diese Ausgaben gegenfinanzieren zu können.

Sybille Bachmann
Sybille Bachmann

„Ein kulturelles Schlaraffenland wird es nicht geben“, versucht Sybille Bachmann den Sinn für die Realität nicht aus dem Auge zu verlieren. Mit leistbaren Zielvereinbarungen und Planungssicherheit wäre den freien Trägern schon viel geholfen – alles andere falle doch eher in die Kategorie Wahlkampf.

Wahlkampf oder schöne Träume, etwa wenn der Einzelbewerber Toralf Vetter sagt: „Das Geld für die Kultur muss einfach da sein. Mit Sparangst kann man eine Stadt nicht verwalten und führen.“

Es dürfte die wohl bestbesuchte Diskussionsrunde des aktuellen Wahlkampfes sein, die gestern Abend von den freien Trägern und den Fördervereinen von Kunsthalle und Theater in der Bühne 602 veranstaltet wurde. Der Zuschauerraum und das Foyer mit Videoleinwand sind hoffnungslos überfüllt. Auch wenn es hauptsächlich die Macher selber sind, die den Worten der OB-Kandidaten lauschen, spricht es doch für den Stellenwert der Kultur in der Hansestadt.

„Kultur in der Krise. Rostock im Jahre 2012. Die kulturelle Landschaft gleicht einem dürftig bestellten und steinigen Acker. Wer am Rande dieser Brachfläche steht, entdeckt nur wenig grüne Halme.“ Die Stimme aus dem Nichts zeichnet zur Einleitung des Abends ein provokatives, düsteres Bild der Kulturlandschaft Rostocks, verheißt gar den „Absturz ins Bieder-Provinzielle“.

Christian Blauel: Kulturdreieck zwischen Frieda 23, Volkstheater und PWH
Christian Blauel: Kulturdreieck zwischen Frieda 23, Volkstheater und PWH

Das wollen weder Stapelfeld noch Blauel so im Raum stehen lassen. Der OB-Kandidat der Grünen sieht durchaus „Pflanzen, die es lohnt, sie aufzuziehen“. Kultur ist für Blauel „das Salz in der Suppe“, ihm fehle in Rostock jedoch das Leitbild. Den Prozess, solch eine kulturelle Identität zu entwickeln, würde er gern moderieren und dabei auch das Umland miteinbeziehen. Für ihn ist es die kulturelle Vielfalt, die Rostock ausmacht – Vielfalt an Menschen, Kulturformen und Orten.

Auch Kerstin Liebich hatte keinen Kulturmasterplan parat, „weil der nur gemeinsam entwickelt werden kann.“ Ein wirkliches Strukturkonzept hat die Politikerin der Linken nicht zur Hand, doch damit befindet sie sich an diesem Abend in guter Gesellschaft.

Vielfach muss Amtsinhaber Roland Methling Kritik einstecken. Etwa bei der Frieda 23. Da sei schon viel „Druck der Bürgerschaft und der Fraktionen“ notwendig gewesen, um zu Ergebnissen zu kommen, greift Karina Jens den Verwaltungschef an. „Bei einer konsequenten Verwaltungsführung hätten wir die Frieda schon vor zwei Jahren fertiggestellt“, stimmt Blauel der Bürgerschaftspräsidentin zu und demonstriert die Bedeutung des Hauses anhand eines Dreiecks von Volkstheater, Frieda 23 und dem Peter-Weiss-Haus: „Wir brauchen die Räume!“

OB Roland Methling
OB Roland Methling

Doch Methling kontert: Für ihn gab es bereits im Herbst 2009 ein klares Kaufvotum seitens der Stadt, die Finanzierung sei damals an den vier Betreibern gescheitert. Jetzt sei jedoch gemeinsam ein zukunftsgerichtetes Konzept gefunden worden und auch für das aus dem Hansa-Kino ausziehende Liwu hat Methling eine Lösung parat: Ab Mai könnte das Programmkino Filme in der Halle 207 zeigen.

Methlings Motto ist klar: Nur dank konsequenter Haushaltskonsolidierung habe die Hansestadt jetzt wieder Spielraum für weitergehende Kulturförderung oder einen Theaterneubau. Dass dieser kommen muss, darüber herrscht weitgehend Einigkeit.

Kerstin Liebich
Kerstin Liebich

Doch nicht nur der Neubau des Volkstheaters wurde diskutiert, sondern auch die Inhalte. Liebich misst die Qualität daran, was angeschaut wird und was nicht – es müsse interessanter und attraktiver werden, „da es sonst nicht überleben kann.“ Während Theater für Karina Jens durchaus auch mal „leicht“ sein kann, wünscht sich Verwaltungschef Methling, dass das Rostocker Schauspielhaus auch wieder einmal über die Lokalmedien hinaus wahrgenommen wird und so auswärtige Besucher anlocke. Nicht schlechtreden, ein ordentliches Haus hinstellen und finanziell die richtigen Grundlagen bilden, dann geht das seinen Gang, ist SPD-Mann Stapelfeld überzeugt.

Auch wenn es an diesem Abend wenig Konkretes gab und die Jugendkultur doch etwas zu kurz kam, wurde zumindest eins deutlich: Rostocks Kulturlandschaft besteht nicht nur aus Volkstheater, Kunsthalle und der Frieda 23. Und für die vielen kleinen unerwähnten Orte der Kunst, die mit viel Idealismus, Kraft und meist ganz ohne finanzielle Förderung die Hansestadt beleben, gab es von Anna Silberstein noch einen „analogen Routenplaner“. Möge der eine oder andere Kandidat einen Blick auf diese Karte werfen!

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