Der Tartuffe im Volkstheater Rostock

Theater im Stadthafen: Vorspiel zu „Der Tartuffe“

9. Februar 2010, von
Tartuffe am Theater im Stadthafen Rostock
Tartuffe am Theater im Stadthafen Rostock

In seinem „Schauspielführer von der Antike bis zur Gegenwart“ schreibt Georg Hensel „Wer sich über den genauen Ablauf der Handlung einer Molière-Komödie vor der Aufführung unterrichten möchte, dem müsste wegen Humorlosigkeit die Eintrittskarte entzogen werden, und schon der Versuch, die Handlung zu erzählen, wäre unter Strafe zu stellen.“ Wer sich diesem Ratschlag widersetzen konnte, kam am Montagabend im Theater im Stadthafen in den Genuss einer kleinen, aber feinen Voraufführung zur Komödie „Der Tartuffe“.

Etwas früher als üblich – denn noch sind es etwa vier Wochen bis zur Premiere – zeigten die Schauspieler und das Team um den Dramaturgen Martin Ortega eine kurze Szene als Beispiel ihrer Arbeit. Die anschließende Gesprächsrunde nutzten alle Beteiligten, um der recht übersichtlichen Zahl an Zuschauern ihre Herangehensweise an den Stoff der Komödie genauer zu erläutern.

Paul Walther
Paul Walther

„Der Tartuffe“ handelt von einem Betrüger, der nach und nach die gewohnten Strukturen und Denkmuster einer bürgerlichen Pariser Familie aufbricht. Als Familienoberhaupt Orgon dem Betrüger auch noch seine Tochter Mariane zur Frau geben will, müssen sich Mariane, ihr Verlobter Valère und die Haushälterin Dorine etwas einfallen lassen, um den Plan zu vereiteln.

Mittelpunkt der Szene war zunächst ein großer Tisch. Rund um diesen Tisch zeigten die Schauspieler Lisa Spickschen, Petra Gorr und Paul Walther einen der vielen familiären Konflikte, die im Stück rasant und leidenschaftlich ausgefochten werden. Die für die Inszenierung verantwortliche Johanna Weissert und Bühnenbildner Ulrich Leitner erklärten, dass der Tisch auch bei der eigentlichen Aufführung eine zentrale Bedeutung hätte.

Die Bühne wird im „Tartuffe“ weit in den Zuschauerraum verlagert, so dass die Zuschauer der ersten Reihen sich fühlen werden, als säßen sie direkt mit am Tisch. Diese Absicht wurde auch in der kleinen Beispielszene sehr deutlich. Die Schauspieler spielten in alle Richtungen und man hatte tatsächlich das Gefühl, nicht ein Beobachter sondern ein Beteiligter der Familiensituation zu sein.

Tartuffe Volkstheater Rostock
Tartuffe Volkstheater Rostock

Familiäre Bindungen und Beziehungen, die selten völlig unbelastet sind, stellen zentrale Themen der Komödie dar. Es wurde bewusst darauf verzichtet, die Figur des Tartuffe schon vorab zu zeigen. Man darf jedoch auf ihn gespannt sein. Sorgt er doch als eine Art soziales Chamäleon dafür, dass die einzelnen Familienmitglieder nach und nach ihre Masken fallen lassen und enttarnt ihre Motive als nicht ganz uneigennützig. Dabei geht es um Scheinheiligkeit, Streben nach Geld und Statuserhalt.

Die Gesprächsrunde zeigte deutlich, mit wie viel Begeisterung alle Beteiligten an die Umsetzung des „Tartuffe“ herangegangen sind, und alle waren sich einig, dass in dem historischen Stoff sehr viel Aktuelles steckt. Den Zuschauer erwartet eine schrille, witzige Komödie. Laut Regisseurin Johanna Weissert findet man im Tartuffe jedoch nichts, was nicht auch in den Boulevardseiten der jeweiligen Tagezeitungen stehen könnte, und auch Schauspieler Bernd Hölscher ist sich sicher, dass die Komödie nie so überhöht ist, wie das Leben selbst.

Paul Walther, Bernd Hölscher
Paul Walther, Bernd Hölscher

„Der Tartuffe“ feiert am 5. März um 20 Uhr im Theater im Stadthafen Premiere und auch zur anschließenden Premierenfeier sind alle interessierten Besucher herzlich eingeladen. Die kleine Voraufführung am Montagabend hat jedenfalls Lust auf mehr gemacht.

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