Spezielle Computergraphik im Kampf gegen den Krebs

Forscher der Rostocker Universität sind mit einer speziellen Software bisher unentdeckten Subtypen von Krebs auf der Spur

1. August 2012
Dr. Hans-Jörg Schulz. Im Hintergrund auf dem Bildschirm ist eine Abbildung von der in Graz entwickelten Software zu sehen.
Dr. Hans-Jörg Schulz. Im Hintergrund auf dem Bildschirm ist eine Abbildung von der in Graz entwickelten Software zu sehen.

Forscher der Universität Rostock, der Technischen Universität Graz, der Universität Linz und der Harvard Medical School sind mit einer speziellen Software bisher unentdeckten Subtypen von Krebs auf der Spur. „Erste Ergebnisse werden derzeit noch überprüft“, erklärt Dr. Hans-Jörg Schulz vom Lehrstuhl für Computergraphik der Universität Rostock. Der 33-jährige Wissenschaftler weiß nur zu gut, dass Naturwissenschaftler, Mediziner oder Ingenieure heutzutage unter der Last einer immer größer werdenden Datenflut ächzen. Abhilfe soll die Visualisierung schaffen. „Es werden spezialisierte Verfahren der Computergraphik eingesetzt, um auch dem Krebs weiter den Schrecken zu nehmen“, sagt Schulz. Er ist überzeugt, dass schon sehr bald ganz neue Erkenntnisse über Krebserkrankungen und ihre Ursachen gewonnen werden.

Wie das funktioniert? „Man nimmt die unterschiedlichen Daten von einem Krebstyp und zerlegt sie einzeln“, beschreibt Dr. Schulz das Verfahren. Betrachtet werden dabei unter anderem Erbgut, Überlebensdauer der Patienten und weitere biomedizinische Parameter. „Durch die Zerlegung erkennt man, wo Patientendaten sich ähneln und somit Subtypen formen“, erläutert Schulz. In einer Computergrafik ist dann ein Band zu sehen, das alle Daten verbindet. Damit kann die Zerlegung der Patientendaten von einem Krebstyp interaktiv nachvollzogen und justiert werden. „Diese Methode ermöglicht ganz neue Erkenntnisse“, ist der Softwarespezialist überzeugt. „Es gibt beispielsweise nicht den einen Brustkrebs oder Hodenkrebs. Ein Krebs, der lokal auftritt, kann durch verschiedene Mutationen verschiedene Ursachen haben“. Die Herausforderung: Die Medikation muss entsprechend angepasst werden, denn die Behandlung wirkt nicht bei jedem Subtyp gleich. Doch diese Subtypen der Krebserkrankungen sind oft noch wissenschaftliches Neuland, weil die Datenbasis fehlt. Hier schließt sich der Kreis.

In den USA läuft dazu ein großes Forschungsprojekt. Für 20 verschiedene Krebstypen wird für je mindestens 500 Patienten alles an Daten erhoben, was abrufbar ist. Diese Daten können mit einer speziellen Software der TU Graz und der Universität Linz geladen werden, in der auch die Visualisierungsideen der Kollegen vom Lehrstuhl für Computergraphik in Rostock stecken. Diese ermöglicht dann die Analyse der Daten, bei der die Subtypen des einzelnen Krebses ausfindig gemacht werden können. Weil in den Daten auch die klinischen Langzeituntersuchungen abgebildet sind, lassen sich Ursachen für das Entstehen des Krebses finden. „Und man kann mit Medikamenten perspektivisch sehr gezielt gegensteuern“, so Schulz.

Professor Marc Streit von der Universität Linz würdigt die Forschung von Hans-Jörg Schulz: „Die Ideen unseres Rostocker Kollegen zur gleichzeitigen graphischen Darstellung unterschiedlicher Datensätze in dafür maßgeschneiderten Diagrammen stellen einen wesentlichen Beitrag zum Forschungsprojekt dar. Auch für unsere zukünftigen Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet spielt das Rostocker Visualisierungs Know-How eine wichtige Rolle und ist bereits in einen ersten gemeinsamen Forschungsantrag eingeflossen.“

Die riesigen Datenberge des US Forschungsprojekts unter einer Oberfläche zusammenzuführen und sie interaktiv zugänglich zu machen, das hat bislang noch keiner vermocht. Dieser wissenschaftliche Fortschritt fand jüngst bei der europaweit größten Tagung für Visualisierung in Wien, der „EuroVis“, große Aufmerksamkeit der Fachwelt.

Quelle: Uni Rostock, Foto: ITMZ/Uni Rostock

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