30 Prozent mehr Gewerbemiete in Corona-Zeiten

Nachdem Rostock ausgerechnet in der Corona-Krise 30 Prozent mehr Gewerbemiete möchte, gibt es eine Stellungnahme des KOE und ein paar Fakten von uns

3. Juli 2020, von
30 Prozent mehr Gewerbemiete in Corona-Zeiten
30 Prozent mehr Gewerbemiete in Corona-Zeiten

Nachdem wir darüber berichtet haben, dass der „Eigenbetrieb Kommunale Objektbewirtschaftung und -entwicklung der Hanse- und Universitätsstadt Rostock“ (KOE) mitten in der Corona-Krise kräftige Gewerbemieterhöhungen verschickt, gab es erste Reaktionen aus der Lokalpolitik. Für die CDU/UFR-Fraktion forderte Daniel Peters, die Erhöhungen mindestens für 2021 auszusetzen und im Folgejahr neu zu prüfen.

Auch der KOE hat eine Stellungnahme zur Anpassung der Mieten im RIGZ verschickt. Die möchten wir euch nicht vorenthalten und als betroffener Mieter in dem Haus gern um ein paar Fakten ergänzen.

Durch die angekündigte 30-prozentige Erhöhung würden „die Mieten den gegenwärtig marktüblichen Preisen für vergleichbare Gewerbeeinheiten“ entsprechen, erklärt der KOE. Die Anpassung sei „unabhängig von Corona lange geplant und vorbereitet“ gewesen. Das mag sein. Höhe und Zeitpunkt der Ankündigung macht dies nicht besser.

Von der RIGZ GmbH zum KOE

„Vor zwölf Jahren haben wir die Mietverträge – so wie sie bestanden – von der Rostocker Innovations- und Gründerzentrum GmbH übernommen und seither keine Mietzinsanpassungen durchgeführt, obwohl wir in dem Bürokomplex in den vergangenen Jahren baulich sehr aktiv waren“, schreibt KOE-Betriebsleiterin Sigrid Hecht.

Ein Rückblick: Das Anfang der 1990er Jahre in der Südstadt erbaute Rostocker Innovations- und Gründerzentrum (RIGZ) wurde bis 2008 durch eine eigene GmbH betrieben. Diese wurde aus Kostengründen durch die Stadt liquidiert und die Verwaltung dem KOE übertragen.

Dabei wurden die Mietverträge der RIGZ GmbH keineswegs „so wie sie bestanden“ vom KOE übernommen. Vielmehr legte dieser den Mietern im Haus völlig neue Verträge vor, deren Konditionen so schlecht waren, dass sich eine Mietergemeinschaft gründete, um mit rechtlichem Beistand einen annehmbaren Mietvertrag auszuhandeln.

Zu Zeiten der RIGZ GmbH lag die Nettokaltmiete für Büroräume bei 10,50 DM pro Quadratmeter. Dazu kam eine Service-Pauschale in Höhe von 3,00 DM pro Quadratmeter. Über diese wurden Kosten für Empfang, Sekretariat, Postservice oder Telefonanlage und -anschlüsse gedeckt. Dahinter steckte ein sozialer Gedanke: Junge, kleine Unternehmen mit geringem Platzbedarf zahlen weniger, größere dafür etwas mehr. Sozial war auch, dass der Kantinenbetreiber etwas weniger Miete zahlte. Durch den vom KOE geforderten Betrag rechnete sich der Betrieb nicht mehr – eine Kantine gibt es seitdem nicht mehr im Haus.

Bei der Übernahme wollte der KOE die Service-Pauschale natürlich gern weiter kassieren, allerdings im Mietvertrag nicht mehr gesondert ausweisen. Es bestand die Befürchtung der Mieter, dass die Sekretariatsleistungen eingestellt würden, was sich nur wenig später tatsächlich bestätigte.

Der neue Mietzins wurde auf 6,90 Euro pro Quadratmeter (alte Nettokaltmiete zzgl. Servicepauschale) festgelegt. Für den Fall, dass die Sekretariatsleistungen nicht mehr erbracht werden, wurde eine Mietminderung von 0,40 Euro/qm vereinbart – weit weniger als die Servicepauschale.

Ende 2010 entfielen – wie befürchtet – die Sekretariatsleistungen. Es gab den vereinbarten Nachlass, nüchtern betrachtet hat sich die Nettokaltmiete ohne Service-Pauschale bereits zu diesem Zeitpunkt um gut 20 Prozent erhöht.

KOE verweist auf umfangreiche Baumaßnahmen

Für eine Anpassung an „marktübliche Preise“ sind bauliche Verbesserungen keinerlei Voraussetzung, dennoch verweist der KOE in seiner Stellungnahme ganz ausdrücklich darauf. „So wurden 2015 die Fassade saniert, die Fenster ausgetauscht und das Erdgeschoss von Haus 1 vollständig umgebaut. Die Gesamtkosten hierfür: 1,5 Mio. EUR. Zusätzlich wurden die öffentlichen Bereiche malermäßig instandgesetzt und die Bodenbeläge erneuert.“

Zum großen Teil handelt es sich dabei schlicht und einfach um notwendige Sanierungen und Schönheitsreparaturen. Zugegeben: Dass im Erdgeschoss Sauna, Schwimmbad und Fitnesscenter eingebaut wurden, stellt natürlich einen Mehrwert dar – kleiner Spaß!

Bei dem „vollständigen Umbau des Erdgeschosses“ wurden vorher vorhandene Gemeinschaftsflächen und schlecht vermietbare Labor-/Werkstattflächen im Interesse des KOE in Büros umgebaut. Da hierbei auch Rolltore durch Fenster ersetzt wurden, musste natürlich auch die Fassade saniert werden. Ein suggerierter Mehrwert für die Mieter hat sich dadurch kaum ergeben.

Dass bei der ebenfalls angeführten Erneuerung der Sanitäranlagen – wiederum ausgerechnet zu Corona-Zeiten – das Warmwasser an den Handwaschbecken wegrationalisiert werden sollte, ist da nur noch eine Randnotiz. Zumindest in diesem Punkt hat der KOE inzwischen eingelenkt.

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