Vogel des Jahres 2012: Der Rostocker Dohlennachwuchs

NABU gewährt Einblick in die Kinderstuben der Dohlen und beringt den Dohlennachwuchs

20. Mai 2012, von
Dohlen am Petriturm
Dohlen am Petriturm

Sonntagmorgen. Aufgeregt fliegen und krächzen schwarze Vögel um den Kirchturm von St. Petri. Im Inneren des Dachstuhls, dort wo sie ihren Nachwuchs großziehen, regt sich etwas.

Eine Gruppe Kinder ist mit Ornithologen des Naturschutzbundes (NABU) ins Gebälk über der 45 Meter hohen Aussichtsplattform bis zu den Nistkästen hochgeklettert. „Jedes Jahr zwischen Himmelfahrt und Pfingsten kontrollieren wir die Brutkästen der Dohlen“, erzählt Frank Emmerich, der sich mit seiner ornithologischen Fachgruppe um die Nistplätze in den Kirchen Rostocks und der Region kümmert.

Blick in die Dohlenkinderstube
Blick in die Dohlenkinderstube

Bis zu 60 Dohlenbrutpaare gebe es in Rostock. Allein in der Marienkirche sind 20 Paare zu Hause. Am Steintor und am Schifffahrtsmuseum haben sich auch Paare häuslich eingerichtet.

Sechs Nistkästen stehen im Petriturm für die Dohlen zur Verfügung. Die NABU-Ornithologen haben sie Mitte der 1990er Jahre hier angebracht. Denn durch die Sanierung des im Krieg ausgebrannten mittelalterlichen Turmes waren auch die Rüstlöcher, in denen die Vögel bisher genistet hatten, gefährdet, erklärt Ralph Emmerich.

Maria, Mato und Janko mit einer jungen Dohle
Maria, Mato und Janko mit einer jungen Dohle

Gemeinsam mit drei jungen Vogelschützern von der Rudi-Rotbein-Gruppe, der Kindergruppe des NABU, macht er sich ausgerüstet mit einer Stirnlampe und Werkzeug auf den Weg zum ersten Nistkasten.

Vorsichtig decken sie das obere Brett ab. Draußen ertönt der Protest der Altvögel. Aus der Kiste blicken drei kleine graue Jungvögel den neugierigen Augen entgegen. Etwa 14 Tage sind sie alt. Mit sicherer Hand verstauen die Kinder sie in einen Beutel. „Komisch fiedrig“, beschreibt der zehnjährige Mato das Gefühl in den Händen. „Die riechen nach Pinguinen im Zoo“, ergänzt seine zwei Jahre ältere Schwester, als sie den markanten Geruch der Tiere wahrnimmt.

Junge Dohle
Junge Dohle

Zurück auf der Aussichtsplattform werden die jungen Vogelbeine schließlich beringt. Ein zwei Gramm schwerer Stahlring enthält alle wichtigen Daten. Mit einem zweiten Farbring lässt sich der Vogel schon von Weitem mit einem Fernglas zuordnen.

„Durch die Beringung wollen wir herausbekommen, wo die Dohlen hinfliegen und ob sie wiederkommen“, erläutert Gudrun Drude, Vogelwartin auf Langenwerder, die bei der kurzen Prozedur mit anpackt. Bis nach Frankreich fliegen die Tiere. Manche kommen auch aus Osteuropa. Aber eigentlich seien Dohlen einem Standort treu. Mit ihrem Partner bleiben sie ein Leben lang zusammen.

„Wir sammeln die Daten, um zu wissen, wie sie zu schützen sind“, sagt die Hobbyornithologin. Gefährdet seien die Dohlen, die vom NABU zum Vogel des Jahres 2012 ernannt wurden, vor allem durch fehlende Nistmöglichkeiten und Nahrung.

Dohlen-Beringung
Dohlen-Beringung

Nach der Beringung werden die Vögel wieder zurück in ihr Nest gebracht. Drei andere Kinder dürfen nun mit in den dunklen Dachstuhl. Doch in ihrem Nistkasten regt sich noch nichts. Drei gefleckte Eier kündigen jedoch schon den großen Schlüpftag an. Im nächsten Nistkasten sind die Jungvögel noch zu klein, die Beine noch zu zart, um beringt zu werden.

Dohleneier
Dohleneier

In Nachbarschaft zu einem Turmfalkenpärchen sind insgesamt fünf Dohlenbrutpaare in diesem Jahr mit der Aufzucht von Jungen im Petriturm beschäftigt. 13 Jungvögel sind schon geschlüpft, sechs davon haben heute Ringe erhalten.

Dohle
Dohle

Wie es in anderen Kirchen und Standorten mit dem Dohlennachwuchs aussieht, das will Anja Bäthge in den kommenden Tagen mit Schülern erkunden. Sie leitet beim NABU das Jugendprojekt „Ein Jahr mit der Dohle“, in dem Fünft- bis Achtklässler den intelligenten Rabenvogel mit seinen hervorstechenden hellblauen Augen näher kennenlernen können. Wer Interesse hat, kann sich noch bei ihr melden.

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