2. Philosophischer Literaturwettbewerb

„Wozu eigentlich streben?“- Schüler lesen im Peter-Weiss-Haus

5. Dezember 2010, von
Anici Drechsler
Anici Drechsler

„Ich finde mich eigentlich gut, so wie ich bin“, denkt die Stute, als sie von ihrem jungen Reiter angespornt wird, ihre Leistungen zu verbessern. Sie nennt ihn liebevoll Möbri, eine Kurzform von Möhrenbringer.

Aber im Gegensatz zu seinem Pferd ist Möbri sehr unzufrieden mit sich. Oft hat er das Gefühl, dass er, wenn er ist, wie er ist, keinerlei Anerkennung bekommt. Sein Dilemma: Er hat ein typisches Mädchenhobby und bei Turnieren und anderen Leistungsmessungen ist er nicht vorne mit dabei.

Sein Streben immer besser zu werden, versteht das Pferd nicht: „Wenn ich mir überlegen würde, wo der beste Grashalm wächst und ständig nach der Suche nach ihm wäre, so würde ich mit Sicherheit ganz andere schöne Sachen verpassen.“

Also „Wozu eigentlich streben?“ – diese Frage stellt sich nicht nur die Stute in Anici Drechslers Geschichte. Über 70 Schülerinnen und Schüler der neunten und zehnten Klassen aus Mecklenburg-Vorpommern gingen dieser philosophischen Frage nach. Sie verfassten dazu Geschichten, Gedichte, Dialoge, Essays, Dramenversuche oder andere literarische Texte und nahmen damit am Philosophischen Literaturwettbewerb teil.

Carolin Puschmann
Carolin Puschmann

Dieser wurde nun schon zum zweiten Mal vom Institut für Philosophie der Universität Rostock in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus ausgerichtet. Am Mittwoch stellten die sechs besten Teilnehmer ihre Texte in einer Lesung dem Publikum im Peter-Weiss-Haus vor.

„Möbris“ von Anici Drechsler von der Rostocker Werkstattschule stach unter den Einsendungen besonders heraus, sagte Jurymitglied Carolin Puschmann. Besonders die Perspektive, aus der der Text geschrieben wurde, die große Kreativität und Erzählkunst, die Problematisierung des Strebens und die philosophische Umsetzung konnten die Jury, bestehend aus sieben Studenten, überzeugen. Nachdem sie schon beim letzten Wettbewerb unter die ersten sechs gekommen war, hatte Anici Drechsler nun den Sieg errungen.

Gewinner des 2. Philosphischen Literaturwettbewerbs
Gewinner des 2. Philosphischen Literaturwettbewerbs

Auf den zweiten Platz kam Cindy Kapalcynski vom Gerhart-Hauptmann-Gymnasium in Wismar. Sie trug den einzigen lyrischen Beitrag der Lesung vor. Mara Randt, ebenfalls von der Rostocker Werkstattschule belegte den dritten Platz. Daniel vom Gymnasium Sonnenberg, Saskia Harendt vom Gerhart-Hauptmann-Gymnasium in Wismar und Jonathan Hautenburg vom Gymnasium Schloss Torgelow gelangten ebenfalls unter die ersten sechs. Alle Gewinner können sich über Bücher, Büchergutscheine und individuelle Urkunden, die auf ihren Text Bezug nehmen, freuen.

Professor Dr. Michael Großheim
Professor Dr. Michael Großheim

Auch der Profi-Philosoph Professor Dr. Michael Großheim vom Philosophischen Institut der Universität Rostock zeigte sich sehr beeindruckt von den Texten der Schüler. „Sie haben die großen philosophischen Thesen mit beeindruckender Nachdenklichkeit behandelt“, lobte er die Wettbewerbsteilnehmer.

Christian Klager
Christian Klager

In ihren Texten fragen sie nicht nur nach dem Wozu, sondern auch das Wonach, Wie viel und Womit man streben sollte, interessierte die Jugendlichen. Damit seien die großen philosophischen Themen Glück, Maß und Zeit gut abgedeckt, stellt der Philosophieprofessor angetan fest.

Ob Kleist oder Goethe – Anklang fand auch das passend eingefügte Namedropping in den Beiträgen. „Es hat sich gezeigt, dass die Teilnehmer sowohl literarisch, als auch philosophisch tätig sind und auch schon viel gelesen haben“, resümiert Christian Klager den Wettbewerb.

Als Initiator des Philosophischen Wettbewerbs in Mecklenburg-Vorpommern denkt er nun schon über ein mögliches Thema für die dritte Auflage des Schülerwettbewerbs nach.

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