Viele Güter, wenig Passagiere 2020 im Seehafen

Während der Güterumschlag im Seehafen Rostock im Corona-Jahr 2020 auf hohem Niveau blieb, gab es im Passagierverkehr einen drastischen Einbruch

15. Januar 2021
Viele Güter, wenig Passagiere 2020 im Seehafen Rostock (Foto: Archiv)
Viele Güter, wenig Passagiere 2020 im Seehafen Rostock (Foto: Archiv)

Im Überseehafen Rostock gingen im Jahr 2020 insgesamt 25,1 Millionen Tonnen Fracht über die Kaikanten. Das entspricht einem leichten Rückgang von 600.000 Tonnen bzw. zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahresergebnis. Rückgänge bei Fähr- und RoRo-, z.B. bei Papier, sowie Flüssiggütern wurden durch Umschlagsteigerungen von Schüttgütern fast vollständig kompensiert. „Trotz der pandemiebedingten Zwänge und Einschränkungen in vielen Produktionsunternehmen und Lieferketten im Verlauf des Jahres 2020 sorgte das ausgewogene Geschäftsmodell des Hafens wiederum für ein sehr hohes und nahe am Vorjahr liegendes Umschlagergebnis“, bilanziert Dr. Gernot Tesch, Geschäftsführer der Rostock Port GmbH. Das Investitionsvolumen in die Infrastruktur des Überseehafens betrug im vergangenen Jahr rund 25 Millionen Euro. Nach Auskunft des Rostocker Hafen- und Seemannsamtes wurden in den anderen Rostocker Häfen wie dem Fracht- und Fischereihafen sowie Chemiehafen im Jahr 2020 weitere 1,6 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen. Damit gingen in Rostock im vergangenen Jahr insgesamt 26,7 Millionen Tonnen Fracht über die Kaikanten.

Mit 1,37 Millionen Passagieren auf den Fährlinien nach Nordeuropa konnte nur etwas mehr als die Hälfte der Vorjahresanzahl erreicht werden. Im Kreuzfahrthafen Warnemünde gab es nur einen Anlauf eines Passagierschiffes mit 200 Reisenden. Avisiert waren 207 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen mit mehr als 600.000 Passagieren.

Der Bundestag stellte Ende November 2020 die Mittel für die Vertiefung des Rostocker Seekanals auf 16,50 Meter zur Verfügung. „Seit mehr als zehn Jahren hatten sich Mitglieder des Bundes- und Landestages, die maritime Wirtschaft und das Wasser- und Schifffahrtsamt Ostsee für diese wettbewerbsverbessernde Maßnahme für den Überseehafen Rostock eingesetzt“, so Jens A. Scharner, Geschäftsführer der Rostock Port GmbH. Mit der etwa zweieinhalb Jahre dauernden Ausbaggerung des Seekanals von 14,50 Meter auf 16,50 Meter soll noch in diesem Jahr begonnen werden. Mit diesem für den Wirtschaftsstandort wichtigen Meilenstein startet der Hafenbetreiber Rostock Port parallel zur Seekanalvertiefung die Vertiefung und Ertüchtigung von Liegeplätzen im Massengutbereich.

Umschlagergebnisse im Überseehafen

Insgesamt gab es im Überseehafen Rostock im vergangenen Jahr 7.573 Anläufe von Fähr- und RoRo-, Tank-, Fracht- und Kreuzfahrtschiffen. Davon entfielen 5.672 Anläufe auf Fähr- und RoRo-Schiffe.

Der Schüttgutumschlag lag mit insgesamt 6,75 Millionen Tonnen enorme 14 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Insbesondere der Export von Weizen verzeichnete einen Zuwachs von 1,7 auf 2,7 Millionen Tonnen. Einbußen gab es dagegen bei Kohle (minus 300.000 Tonnen) und Gips (minus 50.000 Tonnen). Der Umschlag von Düngemitteln (665.000 Tonnen) erreichte in etwa das Vorjahresniveau. Zuwächse gab es auch beim Umschlag von Zement (plus 40.000 Tonnen), Gerste (15.000 Tonnen) und Raps (plus 50.000 Tonnen) Mit einem Jahresergebnis von 3,7 Millionen Tonnen (+ 42 %) ist Getreide die dominierende Schüttgutart im Überseehafen.

Der Umschlag von Flüssiggütern lag mit 2,45 Millionen Tonnen etwa 560.000 Tonnen bzw. 19 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die durch landseitige Pipeline-Probleme außerordentlich hohen Rohölimporte über See von knapp einer Million Tonnen im ersten Halbjahr 2019 verzerren das eigentlich positive Umschlagergebnis bei den Flüssiggütern im Jahr 2020 jedoch etwas. Es wurden zum Beispiel mehr Rapsöl, Biodiesel, Heizöl und vor allem Rohbenzin (Naphtha) als im Jahr 2019 über die Kaikanten gepumpt.

Mit 620.000 Tonnen lag der Umschlag von wertschöpfungsintensiven Stückgütern stark über dem Vorjahresniveau (+ 9 %). Während die Verladung von Rohren und Windkraftanlagen zunahm und der Umschlag von Krananlagen auf Vorjahresniveau blieb, nahm die Umschlagmenge bei Blechen und Zink ab.

Rollende Ladung

Bei der rollenden Ladung, den Fähr- und RoRo-Gütern, war das Ergebnis im Jahr 2020 rückläufig. Insgesamt nahm die Menge um 900.000 Tonnen auf 15,3 Millionen Tonnen (- 6 %) ab. Der Anteil rollender Fracht am Gesamtumschlag des Überseehafens Rostock betrug damit im vergangenen Jahr 61 Prozent.
Die Zahl der auf den Fähr- und RoRo-Verbindungen von und nach Nordeuropa beförderten Lkw-Einheiten nahm nur leicht ab: von 379.812 im Jahr 2019 auf 367.927 im vergangenen Jahr. Das ist ein Minus von 3 Prozent. Hingegen nahm die Anzahl umgeschlagener Trailer sogar zu: von 125.306 auf 126.183 im zurückliegenden Jahr.

Ein coronabedingt sehr starker Rückgang von 41 Prozent auf 327.000 war bei der Anzahl der beförderten Pkw und Wohnmobile zu verzeichnen.

Die Trajektion von Eisenbahnwaggons von und nach Trelleborg stieg erfreulicherweise weiter an: von 18.388 auf 19.205 Einheiten (+ 4 %). Der Überseehafen Rostock ist ein bedeutender Eisenbahnhafen an der deutschen Ostseeküste. Der Modal-Split-Anteil der Bahn am Hafenhinterlandverkehr beträgt rund 20 Prozent.
Im Jahr 2020 wurden 625.000 Tonnen Papier und Zellulose im Überseehafen umgeschlagen und damit 110.000 Tonnen weniger als im Vorjahr.

Positive Entwicklung beim Kombinierten Ladungs- und Containerverkehr

Der Umschlag intermodaler Ladeeinheiten im Kombinierten Ladungsverkehr (KV) im Überseehafen Rostock stieg im Jahr 2020 eindrucksvoll auf 94.800 Einheiten (plus 7 Prozent). Derzeit verkehren wöchentlich 35 Kombiverkehrs-züge von und nach Verona (18) in Italien, Brünn (3) in der Tschechischen Republik, Bratislava (2) in der Slowakei, Dresden (5, vormals Lovosice), Wuppertal (2) und Halle (1) in Deutschland, Bettembourg (3) in Luxemburg, sowie Curtici (1) in Rumänien.

„Wir freuen uns, dass mit dem Jahreswechsel 2020/21 gleich zwei neue Intermodal-Verbindungen ab Rostock nach Bettembourg und Bratislava den Betrieb aufnehmen. Dies verdeutlicht besonders die Leistungsfähigkeit des Systems Bahn sowie des Kombinierten Verkehrs auch in Krisenzeiten, insbesondere bei grenzüberschreitenden Verkehren“, sagt Dr. Gernot Tesch. Der Bettembourg-Zug wird als sogenannter Mischverkehr fahren, d.h. neben intermodalen Einheiten besteht er auch aus Einheiten des konventionellen Wagenladungsverkehrs, die auf der Fähre von/nach Trelleborg trajektiert werden. Mit der Anbindung von Bettembourg sind zudem Ziele in Südfrankreich/Spanien einerseits sowie über die Nordseehäfen in Großbritannien andererseits erreichbar. Die neue Verbindung nach Bratislava verdeutlicht nachdrücklich das KV-Potential auf der für Rostock immer wichtiger werdenden Achse nach Südosteuropa.

Erfreulich ist zudem die Entwicklung auf dem Seidenstraßenkorridor, die ein kontinuierliches Wachstum im ersten Jahr erfuhr und weiteres Potential für den Schienengüterverkehr bietet. So trugen auch die Seidenstraßenverkehre zu den Mengensteigerungen im Kombinierten Verkehr bei. Zusätzliche China-Mengen über Rostock stabilisieren bestehende und ermöglichen neue KV-Produkte. Über den Hub Rostock erhalten China-Verkehre derzeit Anbindung zum Beispiel ins Ruhrgebiet, die Niederlande, Nordeuropa, Italien und Tschechien.

„Eine überaus positive Entwicklung konnte im Bereich des Containerumschlags verzeichnet werden. Wachstumstreiber sind insbesondere die Container, die auf der Seidenstraße zwischen China und Europa per Bahn und zwischen Kaliningrad und Rostock per Schiff transportiert werden. Dies verhindert lange Wartezeiten an der polnisch-weißrussischen Grenze und sichert so eine hohe Verlässlichkeit und kurze Transportzeiten für die meist sehr kapitalintensiven Güter“, erläutert Dr. Gernot Tesch. Startete der Verkehr im April 2020 mit einem wöchentlichen Zug aus Xi’an, so läuft der Verkehr seit Mitte des vergangenen Jahres in beide Richtungen. Pro Anlauf werden aktuell bis zu fünf Züge am General Cargo Terminal verladen. Der Überseehafen Rostock fungiert dabei nicht nur als Umschlagpunkt, sondern auch als Sammel- und Verteilzentrum. Insgesamt wurden auf europäischer Seite bislang 23 Länder bedient, wobei Italien und Nordeuropa durch die etablierten Linienverbindungen die Hauptquell- und -zielpunkte sind.

Projekte und Investitionen

„Rostock Port investierte im vergangenen Jahr etwa 25 Millionen Euro in den Ausbau der Hafeninfrastruktur und die weitere Verbesserung der Abläufe im Hafen“, erklärt Jens A. Scharner. Die Investitionen entfielen zum einen auf die im Jahr 2020 abgeschlossenen Vorhaben, wie der Neubau bzw. die Ertüchtigung der Liegeplätze 23, 50, 62 und 63, und zum anderen auf die Baureifmachung von sieben Hektar Fläche im südlichen Hafenbereich, die bis Sommer 2021 fertiggestellt werden soll.
Ebenfalls im vergangenen Jahr startete Rostock Port die Sanierung des Liegeplatzes 18N an der westlichen Nordspitze von Pier IV. Mit den Gründungsarbeiten wurde im Herbst 2020 begonnen. Bis zum Frühjahr 2021 soll die Sanierung abgeschlossen sein.

Zeitnah ist die EU-weite Ausschreibung für die grundhafte Ertüchtigung der Liegeplätze 31/32 im Hafenbecken B geplant. Diese Kaianlagen auf der östlichen Seite von Pier II sind mehr als 60 Jahre alt.

In der baubehördlichen Zuständigkeit der Hanse- und Universitätsstadt Rostock erfolgte im vergangenen Jahr der Bau einer Landstromanlage zur Versorgung von Schiffen an den Liegeplätzen P7 und P8 in Warnemünde. Eine entsprechende Absichtserklärung zur gemeinsamen Förderung einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Kreuzschifffahrt war mit AIDA Cruises, dem Land Mecklenburg-Vorpommern, der Hanse- und Universitätsstadt Rostock und Rostock Port im September 2018 unterzeichnet worden. Ziel ist eine baldige Aufnahme des Testbetriebs.

Zur Verbesserung von Qualität und Sicherheit der Kreuzschifffahrt in Warnemünde investierten das Land, die Hanse- und Universitätsstadt Rostock und Rostock Port in den Neubau eines weiteren Terminalgebäudes am Liegeplatz P8. Das Warnemünde Cruise Center 8, 186 Meter lang und 30 Meter breit, soll zum Saisonstart der Kreuzschifffahrt in diesem Jahr erstmals für den Kreuzfahrtpassagierverkehr genutzt werden.

Mit dem im Oktober 2020 ausgereichten Anerkennungsbescheid für die Aufwertung des Diedrichshäger Moores durch die Untere Naturschutzbehörde, dem Rostocker Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Landschaftspflege, an die Rostock Port GmbH, ist eine der anspruchsvollsten und umfassendsten Ausgleichsmaßnahmen in der Firmengeschichte von Rostock Port zum erfolgreichen Abschluss gekommen. Drei Millionen Euro wurden seit dem Jahr 2014 von Rostock Port für die Aufwertung des Diedrichshäger Moores investiert, das sich westlich der Stadtautobahn zwischen der nördlichen Grenze von Lichtenhagen und dem südlichen Ortsrand von Warnemünde erstreckt. Die Aufwertung dieses Naturareals ist eine beispielhafte Ausgleichsmaßnahme, wie im Rahmen aller gesetzlichen Vorgaben, die wirtschaftlichen Interessen des Rostocker Hafen- und Industriestandortes und die Anforderungen des Umwelt- und Naturschutzes in Einklang gebracht werden können.

Kreuzschifffahrt

„Wir sind zuversichtlich, dass der Kreuzfahrttourismus in Warnemünde und der Ostsee im zweiten Quartal dieses Jahres starten kann. Voraussetzung dafür ist ein erheblicher Rückgang des Pandemiegeschehens in Deutschland und Europa und eine daraus resultierende Aufhebung von nationalen und internationalen Reisebeschränkungen. Die Umsetzung umfassender Hygiene- und Sicherheitskonzepte für Passagiere und Schiffspersonal an Bord und in den Kreuzfahrthäfen wird für einen erfolgreichen Neustart der Kreuzschifffahrt eine entscheidende Rolle spielen“, so Jens A. Scharner.

Statistik Überseehafen Rostock

  2019 (t) 2020 (t) Entwicklung Anteil
Fähr- & RoRo-Güter 16.200.000 15.300.000 -6% 61%
Schüttgüter 5.930.000 6.750.000 +14% 27%
Flüssiggüter 2.980.000 2.430.000 -19% 10%
Stückgüter 570.000 620.000 +9% 2%
Total 25.680.000 25.100.000 -2% 100%

Quelle: Rostock Port GmbH

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