Rostock will Schulessen selbst kochen

Die Schulverpflegung in Rostock soll ab dem Schuljahr 2024/25 in kommunaler Trägerschaft erfolgen – dafür stimmte die Bürgerschaft am Mittwoch mit knapper Mehrheit

5. März 2021, von
Rostock will Schulessen selbst kochen - bislang übernimmt Sodexo die Essensversorgung
Rostock will Schulessen selbst kochen - bislang übernimmt Sodexo die Essensversorgung

Rostock will die Essensversorgung an seinen Schulen in die eigene Hand nehmen. Ab dem Schuljahr 2024/25 soll die Schulverpflegung in einer zentralen Großküche zubereitet werden. Betrieben werden soll diese in kommunaler Trägerschaft – entweder über ein bereits bestehendes städtisches Unternehmen oder eine neu zu gründende Gesellschaft.

Bereits im April 2019 hatte die Bürgerschaft die Verwaltung beauftragt, vor einer Neuausschreibung zu prüfen, ob und wie Rostock die Essensversorgung an den städtischen Schulen selbst organisieren kann. Vier Konzepte wurden in einer Studie näher untersucht, im Dezember 2020 lagen die Ergebnisse vor. Favorisiert wurde von der Verwaltung das laut Studie wirtschaftlichste Modell einer eigenen Zentralküche, die zusätzlich auch Pflegeeinrichtungen, kommunale Betriebe oder Mitarbeiterkantinen beliefert. So sollen nicht nur die zur Kostendeckung erforderlichen 5.750 Essen pro Tag erreicht werden, die Küche wäre auch in den Ferien zumindest teilweise ausgelastet.

Frühestens in drei Jahren könnte die geplante Großküche in Betrieb gehen. Bis dahin wird eine Übergangslösung benötigt, denn die aktuelle Konzession des privaten Unternehmens Sodexo läuft im Juli 2022 aus und kann nicht mehr verlängert werden. Das europaweite Vergabeverfahren brauche Zeit, drängte Sozialsenator Steffen Bockhahn auf eine schnelle Entscheidung.

„Privatwirtschaftliches Monopol ist die schlechteste aller Lösungen“, erinnerte Christian Reinke (SPD) daran, dass bei der letzten Ausschreibung nur ein einziges Unternehmen übrigblieb, das alle Kriterien erfüllen konnte und wollte. „Es wäre doch viel sinnvoller, auf den Gewinnaufschlag zu verzichten“ und damit die Preise zu senken sowie die Qualität und Bezahlung der Mitarbeiter zu verbessern, lautete seine einfache Formel. Sein Verweis auf die gut funktionierende Nordwasser-Rekommunalisierung sorgte bei CDU und FDP für Gelächter.

Zentralküche oder dezentrale Versorgung?

Der „Gewinnaufschlag der bösen Unternehmen“ sei auch bei dem jetzigen Konzessionsinhaber für Investitionen genutzt worden, entgegnete Daniel Peters (CDU). Ihn störte besonders, dass nur über die Struktur, nicht jedoch über die Qualität des Essens diskutiert werde. „Um eine klare Gegenposition zu vertreten“, stellte die CDU den Antrag einer dezentralen Essensversorgung. Die Schulkonferenz könne jedoch nicht selbst über den Essensanbieter entscheiden, warnte Steffen Bockhahn vor dem hohen Aufwand 44 einzelner Vergabeverfahren. Zudem wäre die Gefahr groß, dass die Qualität in den einzelnen Stadtteilen unterschiedlich ist oder sich für einzelne Schulen kein Anbieter finde. Christoph Eisfeld (FDP) verwiese darauf, dass in Leipzig ein Rahmenvertrag mit kleinteiliger Vergabe gut funktionieren würde. Obwohl es dort mehr Schulen als in Rostock gibt, teilen sich lediglich vier Anbieter die Essensversorgung.

„Dass das ein Zuschussbetrieb wird, dürfte allen Beteiligten eigentlich heute schon klar sein“, so Peters. Um die Leute besser zu bezahlen, wäre das aber „ein ganz solides Argument“. Indirekt subventioniere die Stadt auch heute schon die Schulspeisung, erklärt Bockhahn. Für die Essensausgabe in den Schulen ist der Dienstleister GDS (Gastronomische Dienstleistungs- und Service GmbH) zuständig. Von der Stadt werden weder Miete noch Betriebskosten berechnet. Zudem würde das „beauftragte Serviceunternehmen über die Sommerferien jedes Jahr seine ohnehin nur zum Mindestlohn beschäftigten Mitarbeiterinnen in die Arbeitslosigkeit schicken“, sagt der Senator. Auch dadurch würde das Essen übers Arbeitslosengeld indirekt subventioniert.

Grundsatzentscheidung vs. Details

Als einen „Griff in die Wundertüte“ kritisierte Sören Grümmer (Grüne) die Beschlussvorlage. „Es sind so viele Fragen noch offen, dass wir hier eine Zustimmung noch nicht geben können.“ In einem Änderungsantrag forderte seine Fraktion u.a. einen Musterspeiseplan, den Einsatz biologischer und nachhaltig produzierter Zutaten sowie eine detaillierte betriebswirtschaftliche Kalkulation mit Stellen- und Investitionsplan.

„Sie können von uns jetzt Musteressenspläne verlangen, sie können jetzt Businesspläne verlangen“, so Bockhahn, doch „was wir Ihnen liefern, wird von überschaubarer Qualität sein“. Es gibt in der Verwaltung niemanden, der das kann, weil das bisher nicht benötigt wurde. Deshalb solle erst die Gesellschaft gegründet und die Leitung besetzt werden, um anschließend diese Fragen zu klären. „Das wird kein selbstherrlicher Akt der Verwaltung sein“, versprach der Senator eine Zusammenarbeit mit der Bürgerschaft. Erst nach dem Grundsatzbeschluss gehe es um die Details, sprach sich Sybille Bachmann (Rostocker Bund) ebenfalls für die Beschlussvorlage aus.

Nach langer Diskussion und namentlicher Abstimmung wurde die Beschlussvorlage mit einer knappen Mehrheit von 25 Ja- und 23 Nein-Stimmen angenommen.

Schlagwörter: Essen (25)Gastronomie (43)Schule (61)