Gentechnik-Prozess - Tumult im Amtsgericht

Strafprozess wegen Genfeldbesetzung vor dem Amtsgericht Rostock

1. Juni 2010, von
Protestbanner Anti-Agro-Gentechnik vor dem Amtsgericht Rostock
Protestbanner Anti-Agro-Gentechnik vor dem Amtsgericht Rostock

Hausfriedensbruch – so lautet der Vorwurf des Staatsanwalts gegen drei mutmaßliche Genfeld-Besetzer, denen heute vor dem Amtsgericht Rostock der Prozess gemacht werden sollte.

Am 3. April 2009 hatten etwa 20 Aktivisten ein Genversuchsfeld beim AgroBioTechnikum in Groß Lüsewitz nahe Rostock besetzt, um die Aussaat gentechnisch veränderten Saatguts zu verhindern.

Das Feld wurde in einem Polizeieinsatz geräumt, doch die Sache sollte ein Nachspiel haben. Zum ersten Mal kam es bei dieser Sachlage in Deutschland tatsächlich zu einem Strafverfahren. Hausfriedensbruch wirft die Staatsanwaltschaft drei Besetzern vor. Gegen einen Strafbefehl über je 600 Euro legten diese Widerspruch ein, sodass für heute ein öffentliches Verfahren vor dem Amtsgericht Rostock angesetzt wurde.

Gentechnikgegner im Konflikt mit der Polizei
Gentechnikgegner im Konflikt mit der Polizei

Dazu sollte es jedoch nicht kommen, der Prozess musste ausgesetzt werden, noch bevor er richtig begann. Andauernde Zwischenrufe machten einen geordneten Ablauf unmöglich.

Während der Richter versuchte die Verhandlung zu eröffnen, ergriff einer der Angeklagten mehrmals das Wort, um eine Erklärung zu verlesen. Auch der Hinweis, bei Konfrontationen den Saal räumen zu lassen, hielt die Angeklagten und etwa 30 anwesende Sympathisanten nicht davon ab, mit unaufgeforderten Wortmeldungen, Pfeifen und Gesängen zu stören.

Ein Prozessbeobachter nahm die Aufforderung, Mütze und Sonstiges abzunehmen, sogar wörtlich und begann sich gänzlich zu entkleiden. Ein anderer spielte auf der Mundharmonika. Nachdem der Richter den Raum kurzzeitig verlassen hatte, wurden Protestbanner ausgebreitet. Schließlich betraten zunächst die Justizbeamten und nur wenig später auch die Polizei den Gerichtssaal, um ihn zu räumen.

Amtsgericht Rostock, Proteste bei Gentechnik-Prozess
Amtsgericht Rostock, Proteste bei Gentechnik-Prozess

Den Anweisungen der Polizei widersetzten sich die Protestierenden jedoch weiterhin. Einige hatten sich an den Stühlen mit Kabelbindern fixiert. Viele wurden herausgetragen. Auch auf dem Flur setzte sich die Auseinandersetzung fort. Während die Polizei versuchte, die Protestierenden zur Ruhe zu bringen, hielten diese mit Konfetti, Kronkorken und knallenden Luftballons dagegen. Auch außerhalb des Gerichtsgebäudes kam es noch zu tumultartigen Szenen.

Widerstand beim Gentechnik-Gerichtsprozess in Rostock
Widerstand beim Gentechnik-Gerichtsprozess in Rostock

Sechs Personen wurden nach ersten Polizeiangaben in Gewahrsam genommen, um ihre Personalien festzustellen. Einer der Angeklagten beschwerte sich darüber, dass er von den Polizisten geschubst wurde. „Ich habe einen fairen Prozess erwartet, stattdessen hat der Richter autoritär abgeblockt“, sagt er über die Geschehnisse im Gerichtssaal.

Passiver Widerstand gegen die Polizei
Passiver Widerstand gegen die Polizei

Ein anderer Angeklagter macht deutlich, dass die Protestierenden im Wesentlichen zwei Anliegen Ausdruck verleihen wollten. Zum einen wehren sie sich gegen die Agro-Gentechnik. Sie sehen in ihr eine erhebliche Gefahr für Mensch und Umwelt und betrachten sie als überflüssig. Zum anderen kritisieren sie die Rolle der Staatsorgane, die in ihren Augen dazu beiträgt, die grüne Gentechnik gegen den Willen einer Mehrheit der Bevölkerung durchzusetzen.

Aus diesem Grund waren sie während des Verhandlungstermins auch nicht bereit dem Gericht Respekt entgegenzubringen, heißt es in einer Erklärung der angeklagten Anti-Gentechnik-Aktivisten.

Das Verfahren wurde bis auf Weiteres ausgesetzt. Ein neuer Verhandlungstermin muss anberaumt werden.

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