Scandlines-Fähre mit Rotorsegel ausgerüstet

Auf der Scandlines-Hybridfähre „Copenhagen“ wurde ein Rotorsegel montiert, das die CO2-Emissionen auf der Strecke Rostock-Gedser um vier bis fünf Prozent reduzieren soll

26. Mai 2020, von
Scandlines-Fähre „Copenhagen“ mit Rotorsegel
Scandlines-Fähre „Copenhagen“ mit Rotorsegel

Beim Anblick der Scandlines-Fähre „Copenhagen“ dürften einige wohl zweimal hinschauen. Ein 30 Meter hoher Zylinder thront seit heute auf dem Deck und bestimmt die Silhouette des 170 Meter langen Fährschiffes. Was auf den ersten Blick wie ein völlig überdimensionierter Schornstein wirkt, ist tatsächlich ein modernes Rotor-Segel, das mit der Kraft des Windes Treibstoffverbrauch und Schadstoffausstoß verringern soll.

Gestern Nachmittag um 17 Uhr hat die Scandlines-Hybridfähre am Liegeplatz 25 im Seehafen Rostock festgemacht, um das Rotorsegel von Norsepower zu montieren. Bereits im letzten Herbst wurde die Installation vorbereitet. Im Rahmen von Wartungsarbeiten und Klassenbesichtigung wurde auf der Remontowa-Werft im polnischen Danzig das Stahlfundament für das Rotorsegel angebracht. Zusätzlich wurde auf der Werft ein neuer Mast montiert, um das hinterste Topplicht der „Copenhagen“ vor dem Rotorsegel zu platzieren.

Das Norsepower-Rotorsegel ist 30 Meter hoch, hat einen Durchmesser von fünf Metern und wiegt rund 42 Tonnen. Die vollautomatisierte Lösung startet das Rotorsegel automatisch, wenn der Wind stark genug ist, um Emissionseinsparungen zu erzielen.

Rotorsegel der Scandlines-Fähre „Copenhagen“
Rotorsegel der Scandlines-Fähre „Copenhagen“

Rotor-Segel nutzt Magnus-Effekt

Beim Norsepower-Rotorsegel handelt es sich um eine moderne Version des Flettner-Rotors, den Anton Flettner bereits vor rund 100 Jahren als Schiffsantrieb patentieren ließ.

Das Prinzip beruht auf dem Magnus-Effekt: An einem in Rotation versetzten Zylinder strömt die Luft auf einer Seite schneller, auf der gegenüberliegenden langsamer vorbei. Unter- und Überdruck erzeugen eine zusätzliche Kraft, die im rechten Winkel zur Windrichtung wirkt – bei seitlichen Winden in Fahrtrichtung des Schiffes.

Flettner-Rotor bereits in den 1920er Jahren im Einsatz

Anfang der 1920er Jahre ließ Flettner mit den Dreimastschoner „Buckau“ erstmals ein Schiff mit zwei Rotoren ausrüsten. Gegen den technischen Fortschritt bei Dampfmaschinen und Dieselmotoren konnten sie sich jedoch nicht durchsetzen.

Scandlines-Fähre „Copenhagen“ mit Rotorsegel in Warnemünde
Scandlines-Fähre „Copenhagen“ mit Rotorsegel in Warnemünde

Erst in den letzten Jahren erlebt die Technologie als Zusatzantrieb bei Schiffen eine Renaissance. So ließ der ostfriesische Windenergieanlagenhersteller Enercon das 130 Meter lange Frachtschiff „E-Ship 1“ 2010 mit vier Flettner-Rotoren ausrüsten.

2018 wurde auf dem Fährschiff „Viking Grace“ ein 24 Meter hoher Norsepower-Rotor installiert. Im Praxistest waren die Treibstoffeinsparungen auf der Linie Stockholm-Turku allerdings nicht so hoch wie erhofft.

Scandlines erwartet vier bis fünf Prozent CO2-Reduzierung

Auf der Nord-Süd-Strecke zwischen Rostock und Gedser rechnet Scandlines dennoch mit einer Treibstoffeinsparung und CO2-Reduzierung zwischen vier und fünf Prozent.

Die auf dieser Strecke eingesetzten Hybridfähren „Berlin“ und „Copenhagen“ kombinieren bereits den traditionellen Dieselantrieb mit einem umweltfreundlichen Batterieantrieb.

Video von der ersten Fahrt der Scandlines-Fähre „Copenhagen“ mit neuem Rotorsegel:

Schlagwörter: Fähre (85)Scandlines (40)Schifffahrt (89)Seehafen (196)Windenergie (19)