„Die Weihnachtsgans Auguste“ im Volkstheater Rostock

Weihnachtsmärchen von Peter Ensikat nach Friedrich Wolf

7. Dezember 2010, von
Michael Ruchter, Sabine Schramm und Lisa Flachmeyer
Michael Ruchter, Sabine Schramm und Lisa Flachmeyer

„Schlachten oder Nichtschlachten, das ist hier die Frage“, als Kammersänger Luitpold Löwenhaupt in der Vorweihnachtszeit eine lebendige Gans mit nach Hause bringt.

Für den Familienvater ist die Sache natürlich klar: Das Tier wird als Weihnachtsbraten mit köstlichem Rotkohl und feinen Knödeln seine letzte Bestimmung finden.

Doch Widerstand regt sich bei den Kindern Isolde und Lohengrin, die die Gans schnell ins Herz schließen. Sie wollen Auguste, so stellt sich der sprechende Vogel bei ihnen vor, vor der Bratröhre retten. Doch wie sollen die Erwachsenen das auch verstehen, wenn sie die Gans nicht verstehen? „Erwachsene sehen nicht alles, was es auf der Welt gibt. Das ist immer so“, sagt Auguste.

Doch auch bei der Mutter weckt die Gans bald Sympathien, als sie merkt, dass die Kinder nicht mehr so viel streiten, seit sie im Haus ist. Selbst Fräulein Therese, mit dem bezeichnenden Nachnamen „Fleischhauer“, weigert sich Hand an das Tier zu legen, als das Weihnachtsfest immer näher rückt. Schließlich hat nur noch der Vater die Gans zum Fressen gern.

„Wenn du überleben willst, darfst du nicht mehr fressen“, schwören die beiden Kinder die Gans ein. Ob sie das durchsteht und ob Auguste das Weihnachtsfest überlebt, können Besucher des Volkstheaters noch bis zum 26. Dezember in „Die Weihnachtsgans Auguste“, einem Weihnachtsmärchen von Friedrich Wolf erleben. Gezeigt wird die Bühnenfassung von Peter Ensikat. Inszeniert wurde sie für Zuschauer ab fünf Jahren von Tim Heilmann.

Michael Ruchter, Dirk Donat und Lisa Flachmeyer
Michael Ruchter, Dirk Donat und Lisa Flachmeyer

„Wenn Kinder erwachsen werden, dann verlieren sie die Fantasie,“ lässt er die Gans in dem Stück sagen. Ob etwa auch Regisseur Tim Heilmann seine Fantasie verloren hat?

Nachdem er im Sommer bei seiner fantasievollen Jules Vernes Inszenierung von „In 80 Tagen um die Welt“ die Kinder von der ersten bis zur letzten Minute begeistern konnte, gelang es bei dieser Aufführung nicht, die kleinen Zuschauer bis zum Schluss zu fesseln. Trotz unkonventioneller Besetzung, der Vater wird von Undine Cornelius und Fräulein Therese von Dirk Donat gespielt, geizt das Stück mit originellen Inszenierungsideen.

Alles bleibt ein wenig zu brav und altbacken, was vor allem auch an den Kostümen und dem Bühnenbild von Marcus Lachmann liegt. Edel und klassisch gehalten, entrücken sie die Geschichte dem Betrachter in eine Zeit um 1900. Weit entfernt sind auch die Auftritte der Figuren selbst. Das Geschehen findet zum größten Teil im hinteren Bereich der Bühne statt. Im Großen Haus, wo die kleinen Gäste sowieso schon in den großen Theatersesseln versinken, ist es dann um so schwerer, Kontakt mit dem Zuschauerraum zu halten.

Michael Ruchter, Sabine Schramm und Lisa Flachmeyer
Michael Ruchter, Sabine Schramm und Lisa Flachmeyer

Sind die Kinder am Anfang noch gespannt und neugierig, was sich in der Kiste befindet, in der es rappelt und schnattert, lässt das Interesse bei den langen Dialogen merklich nach. Und dabei geht es doch um nichts Geringeres als um Leben und Tod! Anstatt mit Auguste mitzubangen, als sie vom Vater vergiftet wird, unterhalten sich einige der kleinen Gäste lieber über den Matheunterricht. So zünden dann auch bedauerlicherweise einige Gags, die durchaus klug und witzig sind, nicht mehr.

Singend und schnatternd legt sich die Hauptdarstellerin Sabine Schramm außerordentlich ins Zeug um ihrer Handpuppe, der Auguste, Leben einzuhauchen. Vor ihrem schönen weißen Kostüm der Gänsefee kommt die graue Puppe nur leider nicht ausreichend zur Geltung.

Lautstarke Oh- und Ah-Rufe des Publikums sorgten dann doch noch für einen versöhnlichen Ausklang, als der prächtige Weihnachtsbaum auf die Bühne herabgelassen wurde.

Nach vorherigem Weihnachtsmarktbesuch, in der passenden Weihnachtsstimmung dürfte „Die Weihnachtsgans Auguste“ somit dennoch für glänzende Kinderaugen sorgen.

Fotos: D.Gätjen, VTR

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