Rostock beschließt Haushalt für 2020/21

Um einen „Haushalt des Grauens“ zu vermeiden, hat die Rostocker Bürgerschaft gestern den Haushaltsplanentwurf 2020/21 ohne Corona-Anpassungen beschlossen

30. April 2020, von
Um den Haushalt 2020/21 zu beschließen, tagte die Rostocker-Bürgerschaft aufgrund der Corona-Krise in der Stadthalle
Um den Haushalt 2020/21 zu beschließen, tagte die Rostocker-Bürgerschaft aufgrund der Corona-Krise in der Stadthalle

Die Bürgerschaft der Hanse- und Universitätsstadt Rostock hat gestern den Haushaltsplanentwurf 2020/21 abgesegnet. Um die Corona-Sicherheitsabstände einhalten zu können, tagte das Parlament erstmalig in der Stadthalle. Seit 50 Tagen finden hier keinerlei Veranstaltungen mehr statt, betonte Stadthallen-Chefin Petra Burmeister – ein Sinnbild für die wirtschaftliche Situation in der Hansestadt. Und so dürfte der gerade erst beschlossene Haushalt bereits mit der nächsten Steuerschätzung im Mai zur Makulatur werden.

Corona-Folgen auf Haushalt nicht absehbar

„Überall fallen Einkommen weg, sinken die Umsätze, stehen bislang florierende Unternehmen vor der Zahlungsunfähigkeit“, beschreibt Finanzsenator Chris Müller-von Wrycz Rekowski die aktuelle Situation. Deutlich sinkende Einnahmen bei der Gewerbesteuer sowie dem Gemeindeanteil an der Einkommens- und Umsatzsteuer sind abzusehen.

Wie hoch das Minus durch die Corona-Krise wird, wisse im Moment niemand, so Müller-von Wrycz Rekowski. Einzig belastbar wären Schätzungen des Städte- und Gemeindetages, der auf Basis des Bruttosozialprodukts von zwei- bis dreihundert oder bei einer zweiten/dritten Infektionswelle sogar von bis zu fünfhundert Euro pro Einwohner ausgeht. Bei über 200.000 Einwohnern könnte somit ein Loch von bis zu 100 Mio. Euro in Rostocks Stadtkasse klaffen.

Doppelhaushalt 2020/21 gerade so ausgeglichen

Doch selbst ohne Berücksichtigung der Corona-Folgen sei es nur „mühsam gelungen“ einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf für 2020/21 aufzustellen, erklärt Müller-von Wrycz Rekowski.

Gab es in den vergangenen Jahren noch strukturelle Überschüsse, so ist davon im aktuellen Entwurf nichts übriggeblieben. Das kostenlose Schülerticket, ein höherer Zuschuss fürs Volkstheater, Tarifanpassungen und zusätzliches Personal in der Verwaltung fordern ihren Tribut, erläutert der Finanzsenator. Höhere Zuwendungen aus dem Finanzausgleichsgesetz werden durch höhere Kita- und Bundesteilhabe-Kosten aufgezehrt.

Neuer Entwurf wäre „Haushalt des Grauens“

„Der Haushalt ist richtig, so wie er im Moment ist, weil wir einfach keine besseren Zahlen haben“, verteidigt Müller-von Wrycz Rekowski seinen Entwurf – wohlwissend, dass im weiteren Jahresverlauf „erhebliche Korrekturen an der Planung“ sowie zusätzliche Kassenkredite notwendig werden.

Angesichts der Corona-Krise einen neuen Haushaltsplan aufzustellen, ist für den Finanzsenator jedoch keine Alternative. Die Verwaltung müsste die Steuerschätzung vom Mai als Grundlage nehmen, die „vermutlich verheerend“ ausfallen und zu einem „Haushalt des Grauens“ führen würde. Es müsste – vor allem bei den freiwilligen Ausgaben – radikal gekürzt werden, um überhaupt in die Nähe eines ausgeglichenen Haushalts zu kommen.

Die Bürgerschaft der Hansestadt Rostock hat den noch vor der Corona-Krise erstellten Haushaltsentwurf von Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (links) und Finanzsenator Chris Müller-von Wrycz Rekowski beschlossen
Die Bürgerschaft der Hansestadt Rostock hat den noch vor der Corona-Krise erstellten Haushaltsentwurf von Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (links) und Finanzsenator Chris Müller-von Wrycz Rekowski beschlossen

Bürgerschaft beschließt Haushalt mit kleineren Änderungswünschen

Daher beschloss die Bürgerschaft den Haushaltsplanentwurf 2020/21, wie er vor der Corona-Krise aufgestellt wurde – mit großer Mehrheit und kleinen Änderungsanträgen. So wurden etwa eine Stelle für den Stadtteilmanager in Schmarl, höhere Zuschüsse an Vereine und Verbände, aber auch Planungskosten im Bereich Radverkehr oder die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf energiesparende LED aufgenommen.

Dass es überhaupt Änderungsanträge gab, störte Christoph Eisfeld (FDP) und Sybille Bachmann (Rostocker Bund). Es sei verabredet gewesen, dem Haushalt zuzustimmen, alles Weitere in den Ausschüssen zu besprechen und über einen Nachtragshaushalt zu regeln. Daran hätten sich die anderen Fraktionen nicht gehalten.

CDU bringt Verkauf von Grundstücken ins Spiel

Für die CDU forderte dessen Fraktionsvorsitzender Daniel Peters bis zum Beschluss eines Nachtragshaushaltes alle im Stellenplan des Haushaltsentwurfes vorgesehenen zusätzlichen Posten nicht zu besetzen.

Um die Einnahmeseite zu verbessern, brachte Peters den Verkauf von Grundstücken für die gewerbliche Nutzung ins Spiel. 2018 hatte die Bürgerschaft beschlossen, dass bei der Grundstücksverwertung der Grundsatz „Erbbaurecht vor Veräußerung“ gilt. Der CDU-Vorschlag stieß bei den anderen Fraktionen nicht auf Zustimmung. Im Gegenteil: Mit einem Änderungsantrag forderten Linke, SPD und Grüne explizit den Erhalt kommunalen Eigentums bei der Erarbeitung des Nachtragshaushalts.

Linke stellt Bundesgartenschau auf den Prüfstand

„Es wird Sie nicht überraschen, dass die Buga und ihre Projekte aus unserer Sicht zuallererst infrage gestellt werden müssen“, erklärt Eva-Maria Kröger (Linke). Angesichts des harten finanziellen Einschnitts durch die Corona-Pandemie müssten öffentliche Ausgaben in dreistelliger Millionenhöhe noch einmal diskutiert werden.

Erneut kritisierte Kröger die Umstrukturierung der Verwaltung. Sie habe das Gefühl, dass eine „Clique“ rund um das Büro des Oberbürgermeisters Entscheidungen treffe, die der Demokratie schaden.

Doppelhaushalt ermöglicht Arbeit, Nachtragshaushalt erforderlich

Mit dem beschlossenen Haushalt ist die Verwaltung erstmal arbeitsfähig. Investitionen können erfolgen, Zuschüsse für Vereine ausgezahlt werden. „Auch um den Preis, dass wir in die roten Zahlen rutschen und neue Kassenkredite benötigen“, räumt Finanzsenator Chris Müller-von Wrycz Rekowski ein.

Es ist ein Haushalt von Vor-Corona-Zeiten, „der so wie er jetzt aussieht, am Ende des Tages nicht bleiben kann“, stellt auch Claus Ruhe Madsen klar. Der Oberbürgermeister sieht Politik und Verwaltung vor der gemeinsamen Aufgabe, „das Rostock von morgen zu formen“ und verspricht, mit dem Nachtragshaushalt immer wieder in Diskussion mit der Bürgerschaft zu kommen.

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