1st Danceworks with Orchestra von Bronislav Roznos

Uraufführung des Tanztheaters und der Norddeutschen Philharmonie im Theaterzelt des Volkstheaters Rostock

26. September 2011, von
1st Danceworks With Orchestra im Theaterzelt
1st Danceworks With Orchestra im Theaterzelt

Samstagabend, Zeit für einen Theaterbesuch. Auf dem Programm „1st Danceworks with Orchestra“, dargestellt vom Tanztheater Bronislav Roznos, zum ersten Mal musikalisch live begleitet von der Norddeutschen Philharmonie Rostock. Also auf ins Theaterzelt, am Besten mit der Straßenbahn.

Als ich mich der Haltestelle nähere, s(ch)wingt die Bahn schon voll besetzt auf den Gleisen. Innen kulturelles Kontrastprogramm: dicht an dicht Fußballfans, grölend und hüpfend. Einen tanzenden Triebwagen kann der Straßenbahnfahrer nicht steuern. Also schnell ein anderes Gefährt gesucht, die Theater-Vorstellung beginnt bald. Das dachten auch eine Schauspielerin, der Bekannte eines Schauspielers und ein junger Jurist, die ebenfalls wieder auf die Straße sprangen und mit denen ich mich in einem Taxi wiederfand. Letzterer kann mit Tanz, erst recht nicht mit modernen, kaum etwas anfangen, gehe eigentlich nur wegen seiner Begleitung ins Theater, erzählt er auf der Fahrt gespreizt. Immerhin übernimmt er großzügig die Taxirechnung für die Rückbänkler.

Marat Rakhimo und Natalie Brockmann
Marat Rakhimo und Natalie Brockmann

Schließlich sitze ich im Theaterzelt, ziemlich weit vorn. „1st Danceworks with Orchestra“ beginnt mit dem zarten Klaviersolostück „Naval“ von Yann Tiersen. Direkt links neben mir erklingt der Flügel. Hinter ihm, getrennt durch eine dünne Zeltwand, schlürfen unüberhörbar die Tänzer, die sich für ihren Auftritt aufwärmen.

Zum ersten Mal im Rostocker Volkstheater werden sie live von Musikern begleitet. Vor der Bühne hat die Norddeutsche Philharmonie Platz genommen. Ziemlich weit auseinander sitzen die Musiker. Ganz rechts außen befindet sich die Percussiongruppe, die zwischen den einzelnen Stücken des ersten Teils mit Schlagzeug-Improvisationen glänzt.

Die Musik unter der Leitung von Manfred Hermann Lehner breitet sich von allen Seiten vor mir aus. Ein sehr reizvoller Raumklang, der durch Musik aus der Konserve und Musiker auf der Bühne ergänzt wird.

Streichtrio und Tänzer gemeinsam auf der Bühne
Streichtrio und Tänzer gemeinsam auf der Bühne

Das Besondere an dieser Aufführung ist nämlich, dass sich zuweilen auch die Musiker – Bläser und Streichtrio – den Bühnenraum mit den Tänzern teilen.

Für den Konzertmeister Markus Hoba ein tolles Gefühl. „Auch mal den Tänzern von Nahem zuzuschauen, finde ich ganz interessant. Es ist eine erstaunlich intensive Aktion, die sie da vollführen“, berichtet der Violinist, der auch den etwas andersartigen Kontakt zum Publikum als angenehm empfindet.

Tanztheater zeigt 1st Danceworks with Orchestra
Tanztheater zeigt 1st Danceworks with Orchestra

Ausgesucht hat sich Regisseur und Choreograf Bronislav Roznos kein klassisches musikalisches Werk, sondern moderne Stücke im minimalistischen Stil. Verschiedene internationale Komponisten der Gegenwart wie Alberto Ginastera, Philip Glass oder Arvo Pärt liefern die Musik für die vielen kleinen abgeschlossenen Geschichten, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben.

Es geht um Liebe, Konflikte, Spaß. Unterschiedliche Stimmungen und Gefühle werden durch sie in „1st Danceworks with Orchestra“ musikalisch und tänzerisch zum Ausdruck gebracht und in kleinen Arbeitsproben aneinandergereiht. Es geht weniger um eine umfassende Handlung, sondern viel mehr um die ästhetische Qualität. „Mir war es wichtig, gute Musik und ein schönes tänzerisches Bild zu zeigen“, erklärt Bronislav Roznos.

Überbrückt werden die einzelnen Komponisten-Stücke im ersten Teil durch Schlagzeug-Improvisationen, die auf Grundmaterial aufgebaut sind, die Takashi Yoshimatsu in seiner zweiten Sinfonie „At Terra“ verwendet. Die drei Sätze Ost, West, Süd bilden den zweiten Teil des Tanzabends.

Hung-Wen Chen und Krzysztof Gradzki
Hung-Wen Chen und Krzysztof Gradzki

Das Miteinander der einzelnen Bilder entsteht dann doch durch die Ausstattung von Robert Schrag. Rot-schwarz sind die wechselnden Kostüme der fünf Tänzer und vier Tänzerinnen.

Allein, zu zweit oder in der Gruppe bewegen sie sich miteinander, gegeneinander, frei, aber auch in traditionellen Tanzformen in einem schwarzen Raum.

Weiße Linien auf den Flächen geben Richtungen vor und kommen auf den Zuschauerraum zu. Rote, unterschiedlich große geometrische Körper, die transportiert und bespielt werden können, ermöglichen es den Raum in mehreren Dimensionen zu erkunden. Zum Schluss stapeln die Tänzer alle Teile scheinbar kreuz und quer aufeinander und pferchen sich einzeln in den Spalten wie unter Trümmern ein. Mit diesem kompakten Chaos-Standbild endet nach gut zwei Stunden „1st Danceworks with Orchestra“, das vom Publikum mit viel Applaus belohnt wird.

Weitere Vorstellungen zeigt das Volkstheater am 23. und 27. Oktober sowie am 6. und 25. November.

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