25-Meter-Graffiti in der Parkstraße

Ein Auto, das gegen die Wand fährt vs. Rad fahrenden Kindern an der grünen Wiese – Streetart an Bushaltestelle regt zum Nachdenken an

18. März 2019, von
Christopher Wiese und Dunja Krachenfels vor dem Graffiti in der Parkstraße
Christopher Wiese und Dunja Krachenfels vor dem Graffiti in der Parkstraße

Ich kann es nicht lesen. Was steht da? Ein 25 Meter langes und knapp vier Meter hohes Wandbild schmückt seit einigen Tagen einen Pfeiler der S-Bahn-Brücke über die Parkstraße. Wer hier auf den Bus oder die Straßenbahn wartet, bleibt schonmal an der Darstellung des klassischen Graffitischriftzuges hängen. „Glücklich“ – ist das Wort, in den typischen schwungvollen, großen und farbigen Buchstaben, was sich nicht unbedingt jedem sofort erschließt.

„Ich finde es gar nicht schlecht, dass man es nicht sofort entziffern kann“, sagt Christopher Wiese. „Wer es geschafft hat, die Frage zu entschlüsseln, kommt vielleicht automatisch darüber ins Nachdenken. Die Bilder daneben unterstützen dabei.“ Im November hatte er an einem Workshop im Rahmen der landesweiten Veranstaltungsreihe „Weltwechsel“ des Eine-Welt-Landesnetzwerkes teilgenommen. 2018 befasste sie sich mit dem Thema Postwachstum und dem Slogan „Wohin wachsen wir?“. Hier wurde die Idee für dieses Wandbild geboren. „Wir wollten nicht, dass die Ergebnisse des Workshops – wie es oft passiert – in einer Schublade landen, sondern dass etwas Sichtbares dabei entsteht“, erläutert Dunja Krachenfels von der Konsum Global Rostock Initiative (KonGloRI), die diesen Workshop durchführte.

Sechs Tage haben zwei Rostocker Graffitikünstler in der letzten Woche die Wand bearbeitet und aus knapp 100 Spraydosen und einem Zettel voller Stichpunkten aus dem Workshop das facettenreiche Triptychon entstehen lassen.

„Es ist schön, vieles wieder zu erkennen. Wir waren ja alle keine Künstler“, sagt Christopher Wiese, der das Ergebnis heute zum erstmal sieht und sich noch gut daran erinnern kann, wie an der zentralen Frage des Bildes „Was macht dich glücklich?“ gefeilt wurde. Schon damals entstand die Idee des linken Bildteils: ein Auto als Abschluss der menschlichen Evolution, das gegen die Wand fährt. „Das passt gut zur Lage des Graffitis“, merkt Christopher Wiese im ohrenbetäubenden Autolärm unter der Brücke an. Dem dystopischen Zukunftsentwurf auf der linken ist ein utopischer Entwurf gegenübergestellt. Kinder fahren mit dem Rad an einer grünen Wiese und einem Secondhandladen vorbei. Nur ganz blass zeichnet sich die Silhouette einer Stadt – in Form von Warnemünder Wahrzeichen – ab.

„Wegen der Bildkomposition haben wir hier auch viel Platz gelassen, obwohl einem natürlich viel dazu einfällt, was einen glücklich macht. Wenn ich von mir ausgehe, ist das aber keine vollgepackte Stadt, von daher passt es wieder“, erklärt einer der beiden Sprayer.

Bei der KTV-Ortsbeiratsvorsitzenden Annette Niemeyer kommt das Graffiti gut an: „Ich finde es super“, sagt sie und bedauert, dass die Wand an dieser Stelle mit Feuchtigkeit zu kämpfen hat.

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