Neueste Nachrichten aus Rostock und Warnemünde

Lange Nacht der Museen 2010 in Rostock
18 Uhr. Gespanntes Warten. Das Wetter ist angenehm, kein Regen, nicht zu kalt, ein leichtes Lüftchen weht. Es dämmert. Dann erklingt Musik, Rammstein. Feuer frei. Und ein Flammenkegel erhellt das Deck des Traditionsschiffs. Herzlich willkommen zur Langen Nacht der Museen 2010. Zum ersten Mal gab es in diesem Jahr ein offizielles Auftaktevent, nämlich eine Feuershow mit dem Künstler „The Fire Drake“. Nachdem im letzten Jahr nicht so viele Gäste wie erhofft den Weg zum Museumsschiff genommen haben, wurde der Standortnachteil in diesem Jahr förmlich weggebrannt. Etwa 300 Menschen wollten wissen, ob die Feuershow das Schiff in Brand setzt. Zum Glück ist dies nicht passiert, auch wenn Feuer gespuckt wurde, brennende Kugeln durch die Luft sausten und Funken sprühten. Im Anschluss daran führte mich Museumsleiter Dr. Peter Danker-Carstensen durch das Schiff und zeigte mir, was sie in diesem Jahr alles für die Gäste vorbereitet hatten. „Es ist mir eine Ehre, dass wir zu unserem 40. Jubiläum die Auftaktveranstaltung bestreiten dürfen.“ Viele besondere Angebote hat das Museumsteam zusammengestellt. So wurden Filme über das Schiff gezeigt, es gab Führungen, man konnte funken und morsen und das traditionelle Handwerk wurde gezeigt. Alexander Kiencke, traditioneller Holzschiffbauer und Betreuer der museumspädagogischen Angebote, hatte dazu auch eine Reeperbahn aufgebaut. Dort wurden jedoch keine leichten Mädchen gezeigt, sondern wie man Seile herstellt. Drei dünne Hanfschnüre werden zu einem dickeren Seil gedreht. Mit diesen Seilen konnten die Kinder dann auch gleich alte Seemannsknoten üben. Ich hätte sicherlich noch länger auf dem Schiff bleiben können, doch hatten noch 14 andere Rostocker Einrichtungen ihre Pforten geöffnet. Also rein in den von der RSAG gesponsorten Shuttlebus und ab zur nächsten Station auf meiner nächtlichen Museumstour, dem Depot 12. Die Interessengruppe Rostocker Nahverkehrsfreunde hat in Zusammenarbeit mit der RSAG das alte Straßenbahndepot in Marienehe zu einem Museum umgewandelt. Der Vorsitzende der Interessengruppe, Ulrich Rohde, führte die Gäste durch die Räumlichkeiten und zeigte die alten Fahrzeuge. „Bis auf zwei Ausstellungsstücke sind alle Busse und Bahnen noch fahrtüchtig. Sogar die älteste Bahn, der Wismarer Triebwagen aus dem Jahr 1926, ist noch einsatzbereit.“ Bevor es zur nächsten Station weiterging, stärkte ich mich noch etwas, denn das konnte man im Depot 12 nicht nur günstig, sondern auch in einer ganz besonderen Atmosphäre. Im Triebwagen mit der Nummer 46 wurden Getränke ausgeschenkt und Würstchen verkauft. Nebenbei konnte man stilecht auf den alten Sitzen Platz nehmen und auf einem Bildschirm Filme über die historischen Bahnen sehen. Wusstet ihr, dass die RSAG im Jahre 1881 gegründet wurde und eine Einzelfahrt damals noch 10 Pfennig gekostet hat? Mit diesem Wissen ging es wieder in den Shuttlebus, der im Preis der Karte schon mit inbegriffen war, und ab zum nächsten Ausstellungsort, dem Heinrich Schliemann-Institut für Altertumswissenschaften. Dieses zeigte eine Sammlung von Skulpturen der Griechen und Römer. Eine Premiere, denn die eigentliche Ausstellungseröffnung findet erst im nächsten Jahr statt, wie mir Kustodin Dr. Jutta Fischer berichtete. „Es ist vor allem eine Lehrsammlung. Dadurch, dass alles Abgüsse sind, kann man damit im Rahmen des Studiums auch experimentieren.“ Viele der Ausstellungsstücke sind auch eine Dauerleihgabe der Universität Greifswald, da das dortige Institut für Altertumswissenschaft geschlossen wurde. Inzwischen war es 22 Uhr und noch immer hatte ich die Innenstadt vor mir. Eigentlich wollte ich direkt in das Kulturhistorische Museum, entschied mich dann aber spontan für einen kurzen Abstecher in die Zoologische Sammlung der Universität. Und das war eine gute Entscheidung, denn dort gab es unglaublich viel zu sehen. Zum einem wurde die Sonderausstellung mit dem Thema „Schönheit und Artenvielfalt im Tierreich“ präsentiert. Es gibt ungefähr 15 bis 20 Millionen Tierarten auf der Erde. Von 50.000 gibt es in der Zoologischen Sammlung Präparate. In der Sonderausstellung geht es vor allem um die Frage, was Schönheit ist und welche Funktion sie im Tierreich hat. Doch nicht nur Präparate wurden gezeigt. Einige Studenten haben mit einem Brutapparat Hühnerküken ausgebrütet. Und die Überraschung war schon groß, dass diese nicht nur gelb sind, sondern auch schwarz und braun. Der Direktor des Instituts für Biowissenschaften, Prof. Dr. Stefan Richter, war hocherfreut über die vielen Besucher. „Es wäre nur noch besser, wenn die Leute nicht nur zur Langen Nacht der Museen kämen, sondern auch an normalen Tagen.“ Ich denke, das werde ich demnächst auch noch mal tun, denn obwohl ich mir längst nicht alles angeschaut habe, musste ich doch weiter zu meiner letzten Station, dem Kulturhistorischen Museum. Dort war nicht nur die Sammlung geöffnet, sondern es gab den ganzen Abend über Vorträge. Als ich um 23 Uhr ankam, sprach Dr. Steffen Stuth, der Museumsleiter, gerade über gekrönte Häupter auf Metall. Es ging um Münzen und die Geschichten, die hinter den Motiven stehen. So bekam ich sogar zum Abschluss des Abends noch einen Vortrag über die Münzgeschichte, begonnen bei Kaiser Karl. Beendet wurde der Abend traditionell mit einem Konzert in der Universitätskirche. Unter dem Motto Nach(t)klänge präsentierten Vladimir Sedlak am Fagott, Melina Paetzold an der Klarinette und Stephanie Treichel an der Oboe Werke von Bach, Mozart und Ibert. Die Studenten der Hochschule für Musik und Theater setzten damit einen gelungen Schlusspunkt, der durch die fantastische Akustik der Kirche noch verstärkt wurde. Einige Gäste hatten die Augen geschlossen. Ob sie nur die Musik mehr auf sich wirken lassen wollten oder aber so erschöpft von der langen Nacht waren, kann ich nicht beurteilen. Pünktlich um Mitternacht war das Konzert vorbei. Und auch, wenn noch einige Standorte geöffnet hatten, entschied ich mich den Heimweg anzutreten. Sechs Stunden Kultur haben ganz schön geschlaucht, aber auch sehr viel Spaß gemacht. Es war eine gute Organisation, wirklich jeder, mit dem ich gesprochen habe, war freundlich und hilfsbereit und auch die Gäste waren interessiert und entspannt. Die angestrebte Zahl von 4.000 Besuchern dürfte mindestens erreicht worden sein und somit kann die fünfte Lange Nacht der Museen wieder als voller Erfolg verbucht werden.
31. Oktober 2010 | Weiterlesen
23. Rostocker Kulturwoche an der Uni Rostock
Wenn junge Leute trommelnd durch Rostocks Zentrum ziehen, ist das Protest oder Kultur. Glückliche Hansa-Fans kämen natürlich auch infrage, besonders heute, wo der FC Hansa nach einem 2:1-Sieg über Saarbrücken die Tabellenspitze erobert hat. Dass heute Kultur das Thema in der Kröpeliner Straße war, konnte man weder übersehen noch überhören. Mit heißen Samba-Rhythmen warb die Rostocker Percussionband Movimento zusammen mit Vertretern des Kulturreferates des AStA der Uni Rostock für die 23. Rostocker Kulturwoche, die am kommenden Donnerstag startet. Bis zum 14. November wird auch in diesem Herbst wieder ein buntes kulturelles Programm geboten, bei dem für jeden etwas dabei sein dürfte. Höhepunkte herauszugreifen, fällt schwer. Fast schon zum Pflichtprogramm dürften der Poetry Slam (8. November, 20 Uhr im Ursprung) sowie das Studentische Kurzfilmfestival „Golden Toaster“ (10. November, 19 und 21 Uhr im LiWu) gehören. Kunst konzentriert gibt es am Samstag, dem 6. November ab 21 Uhr in der Alten Gerberei. Film, Musik, Theater und bildende Kunst vereinen sich hier zum Kunstkonzentrat. Nachdem die historische Schmiede in der Wollenweberstraße der östlichen Altstadt im September und Oktober 20 Kunstschaffenden der Region als „Galerie auf Zeit“ gedient hat, werden an diesem Tag noch einmal Werke einiger Künstler in der Alten Gerberei zu sehen sein. Wer etwas für Poesie und gute handgemachte Musik übrig hat, sollte sich den 12. November dick im Kalender anstreichen. Um 20 Uhr ist im Moya der Club der toten Dichter zu Gast. Nach Heinrich Heine und Wilhelm Busch vertont Reinhardt Repke im aktuellen Programm „Eines Wunders Melodie“ Texte von Rainer Maria Rilkes. Unterstützung bekommt er dabei von Katharina Franck, der unverwechselbaren Stimme der Rainbirds. 1999 aus der Taufe gehoben, ist die Rostocker Kulturwoche für ihren Projektleiter Daniel Karstädt inzwischen zur Herzensangelegenheit geworden. Im nächsten Jahr steht mit der 25. Auflage der Veranstaltung ein rundes Jubiläum an. Dürfen wir uns darauf noch freuen oder steht die Rostocker Kulturwoche auf der Kippe? Angesprochen auf die immer wieder aufkommenden Gerüchte, kann Karstädt nur mit dem Kopf schütteln: „Wirtschaftliches Denken prallt da leider oft auf künstlerisches – das sind zwei Welten.“ Bisher konnten sich die Befürworter der Kultur immer durchsetzen, zeigt sich der Erfinder der Kulturwoche verhalten optimistisch, auch wenn der Enthusiasmus bei einigen Studentenvertretern nicht mehr so groß sei wie früher. Dass es überhaupt eine 23. Kulturwoche gibt, ist aber vor allem der guten Resonanz zu verdanken, nicht nur bei den Studenten. „Wir haben eine Auslastung zwischen 70 und 90 Prozent, davon können andere Veranstalter nur träumen.“ Mehr als 2000 Besucher im Herbst und – einschließlich des Campuserwachens – rund 7000 Gäste im Frühjahr sprechen eine deutliche Sprache. Vielleicht sollten AStA und StuRa dieses Potenzial einfach nutzen, um aus ihrem eigenen Schatten und wieder mehr in das Bewusstsein der Studentenschaft zu treten. Karten für die 23. Rostocker Kulturwoche gibt es im AStA-Büro, beim Pressezentrum sowie bei der MV-Ticketbox.
30. Oktober 2010 | Weiterlesen
Das Netzwerk Hanse: Globalisierung im Mittelalter
Globalisierung – ein Schlagwort, das Assoziationen weckt, vermutlich bei jedem ganz unterschiedliche. Der eine mag an Mc Donald’s denken, an Coca Cola, Siemens oder einen der vielen anderen Global Player. Vielleicht kommen einem auch die Wirtschaftskrise und die internationalen Finanzmärkte in den Sinn oder man denkt an den Klimawandel und die vielen Probleme, die die Ungleichverteilung globaler Ressourcen mit sich bringt. Wer aber würde bei Globalisierung schon spontan ans Mittelalter denken? Und doch gab es im Mittelalter bereits das, wovon viele Politiker heute noch träumen: einen zusammenhängenden, globalen Wirtschaftsraum rund um die Ostsee. Im Rahmen der interdisziplinären Ringvorlesung „Globalisierung“ des Wissenschaftsverbundes Um-Welt beleuchtete Dr. Steffen Stuth vom Kulturhistorischen Museum Rostock am Donnerstag das Netzwerk der Hanse. „Der Mensch konzentrierte sich auf seine Stadt, der Mensch konzentrierte sich auf sein Dorf“, veranschaulichte Stuth die vorherrschende Situation im Mittelalter. Mit mehr als 30 Einwohnern war ein Dorf schon groß, ebenso Städte mit mehr als zwei- oder dreitausend Bewohnern. Nicht gerade Fakten, die dafür sprechen, dass wir uns im Mittelalter in einem Zeitraum der Globalisierung bewegen. „Aber dennoch“, so Stuth, „ist gerade die Hanse, ist das Netzwerk der Hanse ein Ausdruck beginnender Globalisierung.“ Eine neue Erkenntnis, die erst in den letzten Jahren der Hanse-Forschung gewachsen sei. Nationalstaatliche und sprachliche Grenzen, wie wir sie heute im Ostseeraum haben, gab es im Mittelalter nicht. Der Raum war damals viel stärker vereinigt. Aber was war die Hanse überhaupt? Keineswegs ein föderalistisches System, wie Deutschland oder Nordamerika heute. Die Hanse war eher ein loser Städtebund, so Stuth: „Man gehörte dazu, wenn man sich zugehörig fühlte und man schied aus, wenn man keinen Erfolg mehr mit der Mitgliedschaft in diesem Bündnis verbinden konnte.“ Und doch gibt es erstaunlich viele Gemeinsamkeiten in den Städten der Hanse. Fast überall finden sich ähnliche Strukturen von Stadtgestaltung, Sprache, Recht und Kultur. All das über ein Gebiet, das von London bis Nowgorod, von Bergen und Gotland bis in den süddeutschen Raum reicht. Für Stuth durchaus Indizien dafür, dass es eben nicht einzelne Städte gewesen sind, sondern Städte, aus denen die Hanse zusammengesetzt ist. „All diese Städte beziehen sich aufeinander, alle diese Städte umfassen einen gemeinsamen Raum und so begreifen sie sich auch.“ Interessante Einblicke, gelungene Parallelen und ein erfrischend anderer Blick auf das große Thema der Globalisierung sorgten für eine kurzweilige Vorlesung am Donnerstag. Weiter geht es in der Ringvorlesung am 4. November mit Professor Dr. Michael Rauscher vom Lehrstuhl Außenwirtschaft am Institut für Volkswirtschaftslehre. In seiner Vorlesung widmet er sich der Globalisierung der Wirtschaft und dem Klimawandel. Organisiert wird die Vorlesungsreihe vom Wissenschaftsverbund Um-Welt (WVU). Der WVU ist ein Zusammenschluss der mit Umweltfragen beschäftigten Institute an der Universität Rostock. Die Vorlesungen finden bis zum 27. Januar 2011 immer donnerstags um 17:15 statt, das vollständige Programm gibt es auf der Website des WVU. Interessierte Gäste sind zu den kostenlosen Vorlesungen herzlich willkommen.
30. Oktober 2010 | Weiterlesen
Zwo, Eins, Risiko – Rostocks-offene-Bühne-Show
Freitagabend, 22 Uhr. Eine Zeit, die man eher mit dem Studentenkeller in Verbindung bringt als mit dem Theater. Und doch hatten die ungefähr 100 Gäste im Foyer des Theaters im Stadthafen sicher mehr Spaß, als die Besucher der diversen Rostocker Clubs und Kneipen, zumal der Alkohol sogar umsonst gereicht wurde. Aber dazu später mehr. Die Leitung des Abends übernahm Rawman, der in Begleitung von Beautiful Sweatlana und Ugly Katharina auch die Show eröffnete. Es gab den Titelsong „Zwo, Eins, Risiko! – Rostocks-offene-Bühne-Show“ zu hören. Rawman sang und spielte Gitarre, Sweatlana bediente das Akkordeon und Katharina hielt Zettel mit dem Text hoch. Nach dem Lied wurde das Publikum auf den Schlachtruf des Abends eingeschworen. Auf die Frage „Rostock, are you happy?“ sollte ein „Happy, Happy, Happy“ als Echo ertönen. Und natürlich haben die Zuschauer lautstark mitgemacht. Rawman erzählte, wie er zu dieser Show kam. Er wollte in Rumänien Sweatlana heiraten. Dies wollte ihr Vater aber nicht. Da der jedoch Mafiachef ist, mussten die beiden fliehen, durch ganz Europa und endlich hier in Rostock haben sie einen Platz gefunden, wo sie bleiben können. Auch wenn der rumänische Akzent nicht ganz fehlerfrei war und der Schnurrbart verdächtig wackelte, war die Geschichte überzeugend. Der erste Akteur auf der Bühne war ein alter Bekannter. Peter Thiers, der schon den Poetry Slam im ST veranstaltete, machte auch hier wieder eine gute Figur. Seine zwei geslammten Texten handelten vom Niedergang der deutschen Kulturlandschaft und dem Aufstieg von Krampfadlern. Danach folgte eine Theatergruppe aus Polen, die ein Stück ohne Worte präsentierten. Zwei Personen saßen auf der Bühne, ließen sich ehrfurchtsvoll Handys bringen und verteilten sie am Ende im Publikum. Der Hintergrund? Keine Ahnung. Nun war Publikumsbeteiligung gefragt. Es sollten Lieder eines Nasenflötisten erraten werden. Hits wie Hänschen Klein oder Final Countdown klingen durchaus eigenwillig auf diesem Instrument, weshalb das Erraten sichtlich schwerfiel. Der Gewinner bekam eine Freikarte für das Theater, die anderen bekamen Schnaps. Überhaupt wurde der Schnaps sehr großzügig verteilt. Für gutes Aussehen oder besonderes Klatschen gab es ein kleines Glas. „So ein Abend ist einfach leichter, wenn das Publikum betrunken ist“, verkündete Rawman. Dann betrat Jörg Hückler die Bühne. Kenner des Theaters wissen, dass er seit 2010 der Chefdramaturg und Schauspieldirektor am Volkstheater ist. Er las die Geschichte von Julia und Anton vor, in der es darum geht, wie zwei Kinder ein Theater besuchen. Dabei waren Ähnlichkeiten zu real existierenden Personen rein zufällig. Doch Hückler sollte nicht der einzige Gast aus dem Ensemble des Volkstheaters bleiben. Nach ihm betrat Stephan Fiedler das Podest. Der Schauspieler, der in der aktuellen Spielzeit zum Beispiel den Schimmelreiter spielt, ließ den Ärger heraus. Nicht seinen eigenen, sondern den von zwei Personen aus dem Publikum. Sie sollten eine Situation beschreiben, in der sie sich hätten ärgern wollen, es aber runtergeschluckt haben. Diese Szene stellte er dann lautstark auf der Bühne nach, was schon beim Zuschauen äußerst befreiend war. Nach ihm folgte der schüchtern wirkende Mythto. Mythto heißt mit richtigem Namen Jörg Schulze und ist auch Schauspieler. Er hielt einen langen, philosophisch angehauchten, Monolog, der dann in einem Schwall aus „Deine Mutter“ Witzen mündete. Das war so herrlich flach, dass man schon wieder darüber lachen musste. Als Nächstes durfte die polnische Theatergruppe wieder ran. In der zweiten Performance zeigten sie, wie man ohne Instrumente Musik machen kann. Mit Klatschen, Küssen und anderen Körpergeräuschen kam so ein ganzes lautmalerisches Orchester zusammen. Dann ein weiteres Highlight. Die eigenwillige Zaubershow von Alexis Scharbernakis und seiner Assistentin Alexa Kakerlakis. Es gab drei Tricks, wenn man das Outfit nicht mitzählt, und der Höhepunkt war sicherlich die Schwebenummer mit Jörg Schulze. Vollkommen unwahrscheinlich natürlich, dass er eingeweiht war. Der letzte Auftritt des Abends gehörte Theresa, die eine Diskussion zum Thema Trash eröffnen wollte. Mit ihrem sehr eingenwilligen Text hat sie es zumindest mal geschafft, viele Fragezeichen in das Foyer zu zaubern. Abschließend gaben Rawman und Sweatlana noch einmal den Titelsong zum Besten und verkündeten, dass die nächste offene Bühne im Januar stattfinden wird, bei der dann auch verraten werden soll, wie Sweatlana ihr Auge verloren hat. Kurz vor Mitternacht war die Show vorbei. Und was ich fast vermutet hatte, bestätigte sich. Rawman ist gar kein Rumäne, sondern Michael Ruchter, ebenfalls Schauspieler am Volkstheater. Er hat mit der Dramaturgin Janny Fuchs, besser bekannt als Beautiful Sweatlana, den Abend geplant und die Beiträge zusammengestellt. Er war froh, dass die Resonanz so positiv war und auch viele Leute mitmachen wollten. Und auch bei der nächsten Show im Januar kann jeder, der etwas kann, wieder mitmachen. Einfach eine E-Mail an Janny Fuchs vom Volkstheater schicken und beschreiben, was man machen will. Zuschauen kann man aber einfach so, einfach die Programme vom Volkstheater im Auge behalten und auf das FreitagNachtFoyer achten.
30. Oktober 2010 | Weiterlesen
Einstimmung auf die 9. Rostocker Lichtwoche 2010
Am 1. November 1879 beantragte der amerikanische Erfinder Thomas Alva Edison ein Patent für eine elektrische Lampe. Damit wurde das Elektrozeitalter eingeläutet. Schon bald erleuchteten überall in den Häusern und Straßen seine Glühbirnen. Die Städte wurden dadurch sicherer und die Menschen konnten auch nach Sonnenuntergang noch arbeiten. Doch die altehrwürdige Edison-Glühbirne hat ausgedient. Bis 2012 sollen nach dem Willen der Europäischen Union die heiß strahlenden Leuchtmittel aus dem Verkehr gezogen werden. Auf Deutschland bezogen soll mit dem Verbot des energiefressenden Leuchtmittels der CO2-Ausstoß um 0,5 Prozent gesenkt werden und damit zur Rettung der Welt beigetragen werden. All jene, die um die Glühbirne trauern, können nun in einer Ausstellung des Rostocker Objektkünstlers Bert Preikschat im Haus der Stadtwerke noch bis zum 19. November würdevoll Abschied nehmen. Als „Hommage an die Glühlampe“ hat der Künstler drei schneeweiße Urnen mit Glühbirnen auf schwarzem Samt und mit weißen Federn geschmückt angerichtet. Doch Vorsicht – am Fuße des Tisches, unter dem Tuch lauern schon die neuen Leuchtmittel. „Ich bedaure, dass die Glühbirne abgeschafft wird“, gibt Bert Preikschat zu. Für seine Objekte, die er größtenteils extra für diese Ausstellung entwickelt hat, hat er sie deshalb noch einmal in Szene gesetzt. „Stromschleuder“, „Kabelbaum“, „Glühlampen-Experiment“ oder „Schach matt für die Glühlampe“ nennt er seine Kreationen. „Ohne Licht geht gar nichts“, meint Bert Preikschat. „Als Künstler braucht man das Licht, um kreativ zu sein.“ Für ihn persönlich ist es zu einem wichtigen Gestaltungsmittel geworden. Bereits in der diesjährigen Lichtklangnacht konnte er die Besucher im IGA-Park mit seinen Installationen beeindrucken. Aber nicht nur der Lichtkunst hat sich der Rostocker Objektkünstler verschrieben. Seit 30 Jahren sucht und sammelt er die Ostseestrände nach interessanten Fundstücken ab, die er zu Strandgut-Collagen zusammensetzt. Auch von diesen Arbeiten sind einige Exemplare, wie zum Beispiel vier individuell gestaltete Fischkisten, in der Ausstellung zu sehen. Eröffnet wurde die Ausstellung „Keine Kunst ohne Licht“ am Vorabend der 9. Rostocker Lichtwoche. Zu Beginn der dunklen Jahreszeit, vom 1. (131 Jahre nach Edisons Patentanmeldung) bis zum 6. November, rücken die Rostocker Stadtwerke Teile der Rostocker Innenstadt in ungewöhnliches und buntes Licht. Für Unterhaltung sorgt ein abwechslungsreiches Programm mit Musik, Tanz, Performances und natürlich Licht- und Feuershows.
30. Oktober 2010 | Weiterlesen
Stirbt der Ländliche Raum in Europa?
Stirbt der Ländliche Raum in Europa? Kurze Frage, kurze Antwort: Nein, er stirbt nicht. So zumindest lautete das einhellige Fazit bei der gestrigen Podiumsdiskussion an der Universität Rostock. Etwas mehr gab es in der gut zweistündigen Veranstaltung natürlich schon zu erfahren. Die Ursachen für Probleme im Ländlichen Raum sind ganz klar bei der negativen Bevölkerungsentwicklung zu suchen, erläuterte Professor Dr. Gerald Braun vom Hanseatic Institute for Entrepreneurship & Regional Development (HIE-RO). Und hier gibt es ein deutliches Ost-West-Gefälle: „Die großen Schrumpfungsraten liegen in Mittel- und Osteuropa.“ Betroffen seien vorwiegend die ländlichen Gebiete. Hinzu kommt die Abwanderung der jungen Leute in die Städte. „Wenn die Schule stirbt, stirbt das Dorf“, heißt es in Zypern. „Ich bin entsetzt“, klagt Braun, „wie man dem Sterben der Schulen zugekuckt hat.“ Was aber kann man tun? Passivsanierung sei eine Strategie, erläutert der Professor. Frei nach dem Motto, Reisende kann man nicht aufhalten, die Abwanderung in Kauf nehmen und für die Alten, die „Fußkranken der Völkerwanderung“, eine soziale Grundsicherung bereitstellen. Stabilisierung sei die zweite Strategie, wobei Braun gar nicht von Wachstum reden wollte, das es vereinzelt auch im Ländlichen Raum durchaus gibt. Erfolgreich könne diese Strategie nur sein, wenn die urbanen Zentren im Ländlichen Raum gestützt werden – die sogenannte Oasenstrategie. Oasen fördern, statt nach dem flächendeckenden Gießkannenprinzip Wüsten zu bewässern, sei angesagt. Ankerstädte, wie Stralsund oder Greifswald, könnten die Abwanderung zumindest bremsen, sodass die „Leute nicht gleich bis New York laufen“, stellt Braun es etwas überspitzt dar. Da dürfte natürlich immer noch viel Platz für Wüstengebiete bleiben – wer knipst das Licht aus? Es klinge zwar schrecklich, so Braun, doch „diese Wüsten würde ich einer Passivsanierung überlassen. Das regelt sich von selbst.“ Ob denn analog zu den Rückbauprogrammen in Städten auch ähnliche Initiativen für den Ländlichen Raum vorgesehen seien, wollte Dr. Ulrich Vetter, Moderator des Abends wissen. Noch nicht, stellte Lutz Scherling vom Landwirtschaftsministerium MV klar. Bisher gibt es nur eine Art „Schandfleckenbeseitigungsprogramm“. Ein Rückbauprogramm für den Ländlichen Raum wäre aber durchaus wünschenswert, so Scherling. Momentan würde man im Land aber eher darum kämpfen, das Städtebauprogramm überhaupt zu erhalten. Doch, wo stehen wir im EU-Vergleich denn bei der Entwicklung des Ländlichen Raumes überhaupt? Verglichen mit Polen oder dem Baltikum stünden wir mit unserer Infrastruktur ganz gut da, erläuterte Werner Kuhn (CDU), Abgeordneter des Europäischen Parlaments. Mit Blick auf Skandinavien wären wir aber doch nur Mittelfeld. „Wenn wir uns gut fühlen wollen, schauen wir Richtung Osten, wenn wir ein Ziel brauchen, nach Norden“, fasste es Vetter etwas salopp zusammen. Was macht man aber nun konkret im Ländlichen Raum? Die Schaffung mobiler Dienstleistungen sei ein wichtiges Thema, so Braun: „Die Krankenschwester, die einmal in der Woche ins Bürgerhaus kommt. Die Bücherei mit Videos und CDs, die einmal in der Woche ins Bürgerhaus kommt. Der Arzt, der einmal in der Woche Sprechstunden hat. Vielleicht auch der Pfarrer, der einmal in der Woche die Leute beerdigt.“ Wer von den jungen Leuten würde denn freiwillige aufs Land gehen, kam ein Einwand aus dem Publikum. Wer würde denn sagen, „ich freue mich aufs Frischemobil am Donnerstag, ich freue mich auf das Zeltkino auf dem Dauercampingplatz?“ Da würde es wohl doch an jungen Leuten fehlen, die das mitgestalten wollen. Eine provokante These gab es zum Abschluss auch noch, allein schon, damit der Abend nicht gar zu harmonisch verläuft. „Die Fischer sind ihre eigenen Totengräber“, erklärte Michael Popp von der EU-Kommission auf eine Publikumsfrage nach den Fangquoten. „Das ist von der Nationalität her völlig unabhängig“, führte er weiter aus. Angesichts der gerade erst für unseren Ostseeraum erneut deutlich herabgesetzten Heringsquote mag sich der eine oder andere Zuhörer verdutzt die Augen gerieben haben. Und hatte nicht Dr. Cornelius Hammer, Leiter des Instituts für Ostseefischerei (IOR), erst kürzlich beim Besuch der Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner klar festgestellt, dass die hiesigen Fischer an den Rückgängen der Bestände keine Schuld träfe? Werner Kuhn, auch Mitglied im Fischereiausschuss, konnte da nur heftig widersprechen. Die Wissenschaftler des IOR würden den Küsten- und Kutterfischern unseres Landes genaue Vorgaben machen, welche Fanggrößen mit einer nachhaltigen Fischerei verträglich sind. Bei den nochmals gesenkten Heringsquoten würden einige Fischer nun „den Schlüssel rumdrehen und Schluss machen.“ Jetzt seien Übergangszahlungen aus dem Fischereifond notwendig, damit die kleinen Fischereibetriebe nicht kaputt gehen – für Kuhn auch Oasen, die bewässert werden müssen. Zurück zum Fazit der Runde: Der Ländliche Raum wird sich verändern, aber nicht sterben, da waren sich die Teilnehmer einig. Nur Professor Braun war sich in diesem Punkt nicht ganz sicher, aber immerhin hofft er doch, „dass diese Art von Diskussion nicht sterben wird.“
29. Oktober 2010 | Weiterlesen
Jugendkommission der UBC tagt in Warnemünde
Ob in Gävle oder Guldborgsund, Kaliningrad oder Kemi, Riga oder Rostock – Jugendliche rund um die Ostsee teilen gemeinsame Interessen und stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Sei es nun die Planung der eigenen Zukunft, die Suche nach einer geeigneten Ausbildung oder einfach nur die Freizeitgestaltung. Viele machen dabei die Erfahrung, dass ein Blick über den Tellerrand zu den Nachbarn das eigene Bemühen vor Ort bereichern kann. Aus diesem Grund fand in den letzten beiden Tagen ein Arbeitstreffen der Jugendkommission der Union of the Baltic Cities (UBC) in Warnemünde statt. 31 Jugendliche und mit Jugendarbeit befasste Beschäftigte der Kommunen aus elf Städten in Dänemark, Estland, Finnland, Lettland, Russland, Schweden und Deutschland trafen sich, um Ideen auszutauschen und gemeinsam Projekte zu entwickeln. Im Mittelpunkt stand dabei das Thema Beschäftigungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen von jungen Menschen in ihren jeweiligen Städten. Die internationalen Vertreter stellten dazu die Situation in ihrer Region vor und erläuterten, mit welchen Möglichkeiten Jugendliche bei ihrem Weg in die Berufswelt unterstützt werden können. Viele organisieren Informationsangebote zur Berufswahl, bieten Seminare an oder vermitteln Sommer-Jobs für Schüler. „Für uns ist wichtig, dass die Belange Jugendlicher auch in der kommunalen Politik ausreichend berücksichtigt werden“, sagt Robert Lang. Der 21-jährige Student aus Estland engagiert sich in der Sport- und Jugendarbeit seiner Heimatstadt. Vor vier Jahren hat er zum ersten Mal an einem Treffen der Jugendkommission der Union of the Baltic Citys teilgenommen und schätzt seither den Austausch: „Man bekommt neue Ideen und viele nützliche Tipps, wie man diese umsetzen kann.“ Im Sommer hatte die Jugendkommission einen Fragebogen entwickelt, mit dem sie ermitteln will, auf welche Weise „Jugendthemen“ in der lokalen Politik verankert sind und welche Strategien der Jugendarbeit verfolgt werden. Fragen zur Beteiligung junger Menschen an politischen Entscheidungen, Jugendfreizeiteinrichtungen, Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit oder Ausbildungsmöglichkeiten spielten dabei ebenso eine Rolle, wie Gesundheits- oder Sozialthemen. Der Fragebogen kann noch bis Dezember beantwortet werden. Trotzdem wurden auf dem Arbeitstreffen schon die ersten Zwischenergebnisse ausgewertet. Demnach hat eine große Mehrheit der befragten Städte der UBC eine Strategie für ihre Jugendarbeit in ihrer politischen Agenda vorgesehen (64%) oder plant eine solche aufzunehmen. Nur für vier Prozent spielt dieses Thema keine Rolle. Die Union of the Baltic Cities (UBC) ist eine Vereinigung von über 100 Ostseestädten und dient als dezentrales Netzwerk grenzüberschreitender kommunaler Zusammenarbeit im Ostseeraum. Rostock war vor 19 Jahren Gründungsmitglied der UBC. Die Jugendkommission (Commission on Youth issues) der UBC gehört zu den jüngsten. 80 Städte aus acht Ländern beteiligen sich an ihrer Arbeit.
29. Oktober 2010 | Weiterlesen
Wissenschaftsspielplatz „Eureka“ zu Gast in Rostock
Wer glaubt, dass Physik und andere Naturwissenschaften langweilig sind, der kann sich von dem „Eureka“ Projekt aus Stettin in Polen eines Besseren belehren lassen. Im Rahmen der EUROPA-Tage, die momentan in der Universität stattfinden und vom Akademischen Auslandsamt veranstaltet werden, waren die Wissenschaftler zu Gast im Foyer des AudiMax. Neun Leute arbeiten in Stettin für „Eureka“. Vor acht Jahren wurde das Projekt von der mathematischen und physikalischen Fakultät der Universität Stettin ins Leben gerufen, unterstützt von der Abteilung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Anfangs gab es nur zehn kleinere Experimente, inzwischen sind es ungefähr 150. In Stettin gibt es an mehreren Stellen themenbezogene Standorte des Projekts, weitere sind noch in Planung. Neben einem Vertreter der Universität Stettin waren zwei Forscher aus Polen mit nach Deutschland gekommen, um die Experimente zu betreuen. Bartosz Klepacki und Grzegorz Aslamowicz sind schon von Beginn an bei Eureka dabei und hatten sichtlich Spaß, die Gäste zu täuschen und zu verblüffen. Die beiden sind der Meinung, dass Physik nicht nur durch Bücher gelehrt werden soll. Dadurch, dass man die Phänomene selbst erleben kann, merkt man sie sich auch besser. Etwa 15 kleinere und größere Experimente hatten Bartosz und Grzegorz dabei. Thematisch drehte es sich vor allem um optische Täuschungen, Seifenblasen, Wellen, Strom und die Wirkung von flüssigem Stickstoff. Dadurch, dass parallel im Hörsaal die Kinderuni stattfand, hatten die zwei Wissenschaftler alle Hände voll zu tun. Viele staunende Blicke waren das Ergebnis der Bemühungen. Es war für die Kinder zum Beispiel möglich, sich in ein Becken mit Seife zu stellen und dann von einer großen Seifenblase gefangen zu werden. Es durften aber auch selbst kleine Seifenblasen gemacht werden, die fast wie Klebstoff wirkten und auf der Haut haften blieben. Gregorz zeigte außerdem, was man alles mit flüssigem Stickstoff anfangen kann. Eine Waffelrolle hineingetaucht, gegessen und schon konnte man kalten, weißen Rauch durch die Nase pusten. Eine besondere Erfahrung war es auch, sich unter Strom setzen zu lassen. Auf einer Matte stehend, wurden die Kinder mit 50000 Volt geladen, was dazu führte, dass ihnen die Haare zu Berge standen. Die achtjährige Elizabeth Wagner hat es ausprobiert und berichtet, dass man bis auf ein leichtes Ziepen nichts gemerkt hat. Und natürlich die Entladung am Ende: „Das kenne ich vom Trampolin springen, da passiert das manchmal auch. Trotzdem haben mir die Seifenblasen am besten gefallen.“ Ein Vergnügen für alle Altersklassen – heute und morgen besteht jeweils von 10 bis 16 Uhr noch die Möglichkeit, den Wissenschaftlichen Spielplatz Eureka im Foyer des AudiMax zu besuchen.
28. Oktober 2010 | Weiterlesen
Youth in Europe - 4. Europäische Plakatbiennale
„Frieden den Menschen – Frieden der Natur“ mit diesem Thema beschäftigten sich vor etwa zwei Jahren junge Studenten europäischer Kunst- und Designschulen und setzten ihre Ideen bildnerisch in Plakate um. Sie nahmen damit an der 4. Europäischen Plakatbiennale „Youth in Europe“ teil, die vom Neuen Kunstkreis e.V. aus Anklam initiiert wurde. Eine große Auswahl der Ergebnisse kann anlässlich der EUROPA-Tage an der Universität Rostock noch bis zum 9. November in der Kunstschule Rostock in der Friedrichstraße 23 (Frieda 23) besichtigt werden. Das Verhältnis zwischen Mensch und Natur, zwischen Menschen untereinander, das Leben in einer globalisierten Welt, Klimawandel, Krieg, Gewalt unter Jugendlichen, Missbrauch in der Familie, Folgen des Konsums von Zigaretten und Alkohol – zu vielen Aspekten des sehr allgemeinen Themas des Wettbewerbs haben die jungen Gestalter etwas zu sagen und beziehen dazu kritisch Stellung. Durch ihre originelle Bildsprache machen sie in der Ausstellung auch deutlich, dass trotz der Konkurrenz durch andere Medien, das Plakat immer noch das Mittel der Wahl ist, um Botschaften laut und direkt auszudrücken. „Es ist in der Lage eine Kunstform von großer emotionaler Wirkung zu sein auch über Sprachgrenzen hinweg“, meint Professor Otto Kummert von der Designschule in Anklam und Begründer dieser Plakatbiennale. Ziel des Plakat-Wettbewerbs sei es, dass die studentische Jugend Verantwortungsgefühl gegenüber der Öffentlichkeit entwickelt. Otto Kummert erklärt dazu: „Die Teilnehmer sollen erkennen, dass Mediengestaltung soziale sowie ökologische Anliegen wirkungsvoll verbreiten kann und damit zum Gegenteil von verantwortungsloser Manipulation wird.“ Die persönliche Auseinandersetzung der Studenten mit dem Thema und die Herausforderung die eigenen Gedanken und Ideen in einem Plakat zu veranschaulichen sind daher nur ein Teil des Wettbewerbs. Der eigentlich wichtige Teil, so der Organisator, ist die öffentliche Ausstellung der Ergebnisse. Wer sich darüber hinaus vertiefend mit einzelnen Motiven beschäftigen möchte, für den besteht die Möglichkeit, einen Katalog oder einzelne Plakate zu erwerben. Vor allem die Arbeit in Schulen und in der Jugendarbeit soll damit bereichert werden. Nach der vierten steht nun die fünfte Europäische Plakatbiennale vor der Tür. Noch bis zum 22. November können Studenten europäischer Kunst- und Designschulen Plakate zum Thema „mare nostrum“ einreichen. Vielleicht sind die Ergebnisse dann auch wieder in Rostock zu sehen.
28. Oktober 2010 | Weiterlesen
Jugendtheaterprojekt „In meinem Himmel“ feiert Premiere
In der letzten Woche bekam ich eine Mail von Alex, der mich fragte, ob ich Lust hätte, über ein Rostocker Theaterstück zu schreiben. Er lud mich auch zur Generalprobe am letzten Sonntag ein. Ich habe die Einladung gerne angenommen, ohne viel zu erwarten. Doch am Ende der Generalprobe war ich mehr als begeistert. Doch von Anfang an. Ich betrat also den großen Saal des Peter-Weiss-Hauses und war überrascht. Jeweils drei Reihen Stühle waren links und rechts an der Wand aufgestellt, quer zur Bühne und in der Mitte auf dem Boden lagen Maisblätter. Außerdem waren noch drei Podeste zu sehen, auf denen sich die Handlung abspielte. Das Stück, welches gespielt wird, heißt „In meinem Himmel“ und beruht auf einem Roman von Alice Sebold. Anfang des Jahres gab es auch eine Verfilmung unter der Regie von Peter Jackson. Bereits am Anfang des Buches wird das 14-jährige Mädchen Susie Salmon vergewaltigt und getötet. Daraufhin kommt sie in eine Zwischenwelt und beobachtet die Menschen auf der Erde, ihre Familie und Freunde, wie sie mit ihrem Verschwinden umgehen. Man bekommt einen Blick dafür, wie Menschen versuchen, nach einem Verlust, wieder ein normales Leben zu führen. Der Regisseur Christof Lange verriet mir, dass er den Film gesehen hat und fand, dass gerade die zwischenmenschliche Ebene viel zu kurz kommt. Daraufhin hat der 23-Jährige, der nebenbei im Volkstheater arbeitet und später einmal Regie studieren will, in drei Monaten ein Drehbuch geschrieben und Leute ausgesucht, die zu den Rollen passen. Man kannte sich vom Jugendtheaterklub oder aus dem Freundeskreis. 15 Schüler und Studenten umfasst das Ensemble. Unterstützt wird das Projekt vom Peter-Weiss-Haus und im Speziellen durch die offene Kinder- und Jugendarbeit, die finanziell half, aber auch Requisiten und den Raum zur Verfügung stellte. Ich muss zugeben, dass ich sehr skeptisch war. Ich hatte nicht das Gefühl, bei einer Theaterprobe zu sein, sondern eher auf einer Klassenfahrt. Da wurde rumgealbert, ein USB-Stick gesucht und lustige Fotos entstanden natürlich auch. Man muss dazu sagen, dass viele Darsteller noch nicht einmal 16 Jahre alt sind und sie einen doch sehr ernsten Stoff spielen. Aber dann ging das Licht aus und die Show begann. Schon nach wenigen Minuten stellten sich meine Nackenhaare auf, Gänsehaut überkam mich. Das war so überzeugend, so echt, unglaublich. Man will schreien: „Susie, geh nicht mit deinem Nachbarn mit!“, so glaubhaft sind die Figuren angelegt. Ungefähr zwei Stunden geht das Stück und dabei kommt keine Langeweile auf. Ich bin jetzt noch erstaunt, wie großartig solch junge Menschen mit einem so ernsten Stoff umgehen. Ich hatte nie das Gefühl, in einem Theaterstück zu sein – ich konnte mich richtig in die Szenen reinversetzen. Doch nicht nur die Akteure überzeugten in ganzer Linie, auch die Musik und die Verwendung des Lichtes taten ihr übriges. Die Verteilung der Handlung auf Podeste macht das Stück sehr dynamisch und man hat trotz der nur spärlichen Kulissen eine sehr bildhafte Vorstellung von der Szenerie. Und ich muss zugeben, am Ende des Stückes hatte ich einen Kloß im Hals und feuchte Augen. Ich war sprachlos. Das alles ist in der Freizeit entstanden, zwei Monate wurde geprobt und das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Ein sehr emotionales, spannendes Theaterstück, das einen mitnimmt in eine Welt, die über das Diesseits hinausreicht. So ging ich dann einen Tag später zur Premiere und freute mich für das Ensemble, dass alle Stühle besetzt waren. 100 Leute wollten sehen, was die Jugendlichen auf die Beine gestellt haben. Und auch die Premiere hat mir wieder eine Gänsehaut verpasst, obwohl ich die Geschichte ja schon kannte. Was soll ich noch mehr sagen, außer, dass es großartig war? So sah es wohl auch das Publikum, welches die Leistung mit zehnminütigen Standing Ovations auszeichnete. Familie Walter sagte mir später, dass es ihnen sehr gut gefallen hat. Die Eltern von Hagen, einem der Darsteller, waren anfangs skeptisch. Aber als sie merkten, wie viel Fleiß und Zeit in das Stück fließen, haben sie schon gedacht, dass es gut wird. „Der Aufwand hat sich gelohnt“, sagte Petra Walter. Auch Grit Lauer war sichtlich angetan: „Ich bin begeistert, dass Teenies ein so schweres Thema schaffen. Ich hatte Gänsehaut und feuchte Augen.“ Ich kann euch also nur wärmstens empfehlen, euch eine der nächsten Vorstellungen von „In meinem Himmel“ anzuschauen. Das Stück wird noch bis ins kommende Jahr gespielt, die nächsten Termine sind am 29. und 31. Oktober sowie am 14. November.
27. Oktober 2010 | Weiterlesen
Christoph Peters eröffnet LiteraTour Nord 2010 in Rostock
Sven Hofestedt sucht Geld für Erleuchtung. Ein Titel, der wirkt. Nicht zu trivial, nicht zu wissenschaftlich. Sven Hofestedt jedoch als Titelhelden der Geschichte vorzustellen, wäre falsch. Denn bei dem neuen Buch von Christoph Peters handelt es sich um eine Sammlung von 13 Kurzgeschichten. „Wenn 13 für sie eine Unglückszahl ist, sind es 12+1 Geschichten. Ich will dem Buch ja keine Startschwierigkeiten bereiten“, erzählte der sehr redselige Autor zu Beginn seiner Lesung in der anderen buchhandlung. Zuvor begrüßte Manfred Keiper, der Inhaber der Buchhandlung, die ungefähr 60 Zuschauer und erklärte, was es mit der LiteraTour Nord auf sich hat. Diese Veranstaltungsreihe ist eine Lesereise, auf der sechs Autoren in sechs norddeutschen Städten aus ihrem aktuellen Buch lesen. Eine 18-köpfige Jury hat die sechs Schriftsteller zuvor aus über 100 Autoren ausgewählt. Am Ende wählen die Inhaber der Buchhandlungen, Uniprofessoren, aber auch das Publikum selbst ihren Favoriten. Wer die meisten Stimmen auf sich vereint, bekommt den mit 15.000 Euro dotieren Preis, der von der VGH-Stiftung ausgelobt wird. Die LiteraTour Nord findet in diesem Jahr zum 19. Mal statt. Christoph Peters las zwei Geschichten aus seinem Buch. Zuerst „Lichtverhältnisse am Berg“, in der es um den Fotografen Färber geht, der ein besonderes Foto machen will. Dazu fährt er auf einen 3000 Meter hohen, verschneiten Berg. Durch ein Unwetter fallen die Lifte aus und er muss sich allein durch den Schnee kämpfen. Dabei versucht er weiter, das perfekte Foto zu machen, wird aber von Selbstzweifeln und der Kälte geplagt. Ob er am Ende erfriert? Das will ich hier nicht verraten. In der zweiten Geschichte, „Im Morgengrauen Venedig“, spielt Vincent eine der Hauptrollen. Der Name tritt häufiger im Buch auf, ebenso der Beruf des Fotografen. Der Autor berichtete, dass er dies bewusst gemacht hätte. Der Leser kann Verbindungen herstellen, es bleibt aber im Dunkeln, ob Vincent wirklich der Fotograf aus der ersten Geschichte ist, oder ob nur der Name derselbe ist. Die Geschichte selbst beschreibt die Fahrt mit dem Zug in die italienische Stadt. Bevor er anfing zu lesen, erklärte Peters, dass jenes Interrail-Ticket, welches die Protagonisten der Geschichte zum Reisen nutzen, in seiner Jugend sehr wichtig war. Damit konnte man fast durch ganz Europa mit dem Zug fahren. Die beiden Hauptfiguren des Textes reisen nach Venedig und lernen auf dem Weg dorthin zwei Engländerinnen kennen. Am Bahnhof ist jedoch alles schon wieder vorbei. Besonders zum Schmunzeln war es, als Peters im englischen Akzent der Mädchen sprach. Schon die zwei vorgestellten Geschichten zeigen etwas Charakteristisches für das gesamte Buch. Es geht nicht um die großen Wunder oder um Außergewöhnliches. Es sind die kleinen Dinge, Momente, die man vielleicht auch schon selbst einmal in ähnlicher Form durchlebt hat. Die Besonderheiten, die gar nicht so besonders sind. Das eigentliche Highlight kam, wie Kenner der letztjährigen LiteraTour Nord wissen, jedoch erst nach der Lesung. Literaturprofessor Lutz Hagestedt kam zum Gespräch auf die Bühne – bewaffnet mit einer Thermoskanne Tee und viel trockenem Humor. Und er hat mit Christoph Peters den perfekten Dialogpartner gefunden. So eröffnete Hagestedt dem Autor gleich zu Beginn, dass er ja eigentlich gar keine Chance auf den Preis habe. Zum einen lese er als Erstes, zum anderen haben es Autoren von Erzählbänden eh immer schwer. Peters nahm das mit einem Lächeln hin und erwiderte, dass er gehofft hatte, als Erster mehr Presse zu bekommen. Was folgte, war sehr unterhaltsam. So sinnierten die Männer, wann sie sich kennengelernt haben, es ging um Bob Dylan und der Schriftsteller verriet: „Ich wäre gern fahrender Sänger geworden.“ Peters, der sechs Jahre Malerei studiert hat, geht immer von der Optik aus, wenn er schreibt. „Ich beschreibe einen inneren Film“, was Hagestedt gleich damit belegte, dass der Autor beim nachmittäglichen Stadtrundgang Dinge in Rostock entdeckt hätte, die dem Professor noch nie aufgefallen wären. Zum Beispiel wild wachsende Weintrauben, welche von beiden Männern direkt verkostet wurden. Abschließend gab es, wie für eine Lesung üblich, die Möglichkeit, sich ein Buch signieren zu lassen. Viele Gäste nahmen das Angebot wahr und kamen dabei auch noch mit Peters ins Gespräch, der, wie er selbst sagte, gerne redet. Das Rostocker Publikum hörte ihm gerne zu. Am Ende bleibt ein rundum gelungener Auftakt der LiteraTour Nord 2010, an dem sich die fünf folgenden Autoren messen lassen müssen. Als Nächstes liest Rolf Lappert am 16. November um 20 Uhr aus seinem Roman „Auf den Inseln des letzten Lichts”, wieder in der anderen buchhandlung.
27. Oktober 2010 | Weiterlesen
„In Erinnerung“ - Malerei und Grafik von Falko Böttcher
Zwei ältere Herren sitzen auf einer gelben Bank. Freundlich lächelnd hat sich der eine Herr im dunklen Anzug dem anderen zugewandt und hört ihm aufmerksam zu. Worüber der wohl gerade redet? In einem anderen Bild, auf einer anderen Bank sitzt ein jüngerer Mann. Auch er hat einen Gesprächspartner, allerdings einen eher ungewöhnlichen. Ein menschliches Skelett, die Personifizierung des Todes, lächelt ihm freundlich entgegen. Auch das Skelett hört dem Mann aufmerksam zu. Dessen rechte Hand ruht scheinbar wohlwollend-überlegen auf seiner knöcherigen Schulter. Mit der anderen gestikuliert er ausdrucksstark und konzentriert. Was er wohl dem Tod gerade erklärt? Diese beiden Bilder von Falko Böttcher können noch bis zum 8. November in den Kreuzgängen der Hochschule für Musik und Theater betrachtet werden. Sie befinden sich jeweils am Ende des Ganges und rahmen eine Ausstellung ein, die der Erinnerung an den 1952 in Stralsund geborenen Maler und Grafiker gewidmet ist. Im letzten Jahr war er nach langer schwerer Krankheit gestorben. „Die Bilder sind aus den letzten acht Jahren, seit Beginn seiner Krankheit. Wir haben für diese Ausstellung auf Arbeiten zurückgegriffen, um die Vielfalt Falko Böttchers zu zeigen“, erklärt die Galeristin Helga Manowski, die die Werke gemeinsam mit der Lebensgefährtin des Malers Lucienne Zellmer zusammengestellt hat. Auf großformatigen Leinwänden sind neben Porträts auch Stillleben, Stadtansichten und Landschaften zu sehen. In seiner Motivwahl lässt sich erahnen, wie der Maler versucht, die Hochs und Tiefs in seinem Leben zu bearbeiten. Mit der detaillierten Darstellung jeder Blume und jeden Vogels in seinen Naturbildern, aber auch von Straßen und Häusern hält er wertvolle Momente fest. Vor allem die Malerei hat Falko Böttcher bevorzugt. Mit impulsiven Pinselstrichen malte er überwiegend Acrylbilder, aber auch Aquarelle. Radierungen und andere grafische Techniken gehörten jedoch ebenso zu seinen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten. „In den letzten Jahren ist er viel weicher und feinfühliger geworden. Seine Bilder sind ehrlich und sehr sortiert“, fasst Helga Manowski ihre Eindrücke des Lebenswerks zusammen und deutet die nicht unumstrittenen Aktbilder an, für die Falko Böttcher auch bekannt ist, die in der HMT aber nicht gezeigt werden. Wer die Ausstellung des Malers und Grafikers im Katharinenstift ebenfalls besichtigen möchte, sollte sie bevorzugt bei Tageslicht aufsuchen. Die Bilder kommen dann besser zur Geltung als in der zwar stimmungsvollen, aber doch recht gedämpften Beleuchtung auf den Fluren.
26. Oktober 2010 | Weiterlesen
Rostocker Kunstpreis 2010 - Nominierte präsentiert
Wenn man als Maler eine Ausstellung in der Kunsthalle bekommt, dann ist das schon etwas ganz Besonderes. Wenn diese Ausstellung dann auch noch zu einem Preis führen kann, der mit 10.000 Euro dotiert ist, ist das natürlich noch viel besser. Den ersten Schritt haben die fünf Künstler, die für den Rostocker Kunstpreis 2010 nominiert sind, schon geschafft. Wer jedoch letztendlich den Preis in diesem Jahr bekommt, verkündet die Jury am 19. November. Ungefähr 100 Leute waren zugegen, als die Norddeutsche Philharmonie unter der Leitung des Intendanten Peter Leonard am 23. Oktober die feierliche Eröffnung der Nominierten-Ausstellung in der Kunsthalle einleitete. In drei Abschnitten präsentierten sie die Symphonie F-Dur KV 19 a von Wolfgang Amadeus Mozart und sorgten so für einen erhabenen musikalischen Rahmen und für ein Novum in der Kunsthalle. Zum ersten Mal spielte ein komplettes Orchester in dem Haus. Nach der musikalischen Einleitung begrüßte Rostocks Kultursenatorin Liane Melzer die Gäste mit einer leicht provokanten Aussage: „Die Kunsthalle ist der einzige Ort in Mecklenburg Vorpommern, wo zeitgenössische Kunst ausgestellt werden kann.“ Sie betonte auch die besondere Akzeptanz des Preises, der mit 10.000 Euro der höchstdotierte Kunstpreis unseres Landes ist. Zu verdanken ist das Preisgeld der Provinzial Versicherung. Seit fünf Jahren, also von Beginn an, unterstützt sie nun schon den Rostocker Kunstpreis. Landesdirektor Thomas Kühl berichtete, dass der Preis inzwischen auch über die Landesgrenzen hinaus etabliert ist. 64 Bewerbungen hat es gegeben, fünf davon konnten nur nominiert werden. Der Vorsitzende der zehnköpfigen Jury, Wolfgang Methling von der Kulturstiftung Rostock e.V., betonte anschließend, dass keine kunstfremden Kriterien bei der Auswahl der Künstler eine Rolle gespielt haben. Man entschied sich in diesem Jahr erstmals dazu, ein schon ausgezeichnetes Genre noch einmal zu prämieren, nämlich die Malerei, die schon im ersten Jahr des Rostocker Kunstpreises ausgewählt wurde. Für ihn ist es wichtig, Künstler aus unserem Bundesland zu unterstützen und die Bedeutung von Kunst im Allgemeinen zu stärken. „Die Kunst ist ein Lebenselixier der Menschen, denn nicht nur Essen und Trinken sind wichtig.“ Nach einem abschließenden Stück von der Norddeutschen Philharmonie konnte die Ausstellung besichtigt werden. Der erst Nominierte ist Matthias Kanter. Der gebürtige Dessauer nimmt mit mehreren Bildserien am Wettbewerb teil, zum Beispiel mit der Serie „Bahnen“, die augenscheinlich Ausschnitte aus Zügen als Motiv haben. In seiner Vorstellung sagte der Kurator der Kunsthalle, Ulrich Ptak, dass sich Kanter gern im Gespräch mit Dingen befindet. Auch Ute Mohns aus Tarnow ist nominiert. Sie, die sehr kraftvoll in der Malerei ist, setzt vor allem auf Porträts und Selbstbildnisse, aber auch auf Naturmotive. Der Dritte im Bunde ist Mike Strauch. Der 1966 im Erzgebirge geborene Künstler „setzt auf einen hohen Suggestionsfaktor, wodurch seine Bilder sehr lebendig wirken“, so Ulrich Ptak. Seine Bilder sind vielleicht am schwierigsten zu beschreiben, ich würde sie jedoch als abstrakte Landschaften deuten. Der letzte Mann im Feld ist zugleich der älteste Teilnehmer. Der 72-jährige Matthias Wegehaupt hat sich Schilf als Motto für seine Arbeiten ausgesucht. Seine Bilder zeigen das Küstengewächs in den unterschiedlichsten Darstellungsformen. Die letzte Nominierte ist Biene Feld aus Berlin. Mir fiel auf, dass sie am wenigsten Platz für ihre Bilder zur Verfügung hat. Darauf angesprochen verriet die Malerin mir, dass die Plätze ausgelost wurden und somit alles fair abgelaufen ist. Die gebürtige Greifswalderin las durch Zufall von der Ausschreibung in der Zeitung und hat ihre Bewerbung erst auf den letzen Drücker eingereicht. Ihre Bilder, so sagt sie selbst, zeigen innere und äußere Landschaften. „Biene Feld liebt die Farbe“, sagte Ptak in seiner Vorstellung und das sieht man den Bildern auch an. Da die Jury sich noch nicht entschieden hat, wer bei der Preisverleihung am 19. November die Nachfolge vom letztjährigen Preisträger Tim Kellner antritt, verriet mir auch niemand seinen Favoriten. Auch nicht die Präsidentin der Rostocker Bürgerschaft, Karina Jens. Sie verriet mir nur so viel, dass sie sehr gespannt ist, wer in diesem Jahr Preisträger wird und dass sie natürlich allen Nominierten die Daumen drückt. Und da man Kunstwerke nur schwer beschreiben kann, ohne sie subjektiv zu deuten, verzichte ich an dieser Stelle darauf. Außerdem sollte sich jeder selbst ein Urteil bilden. Dazu habt ihr noch bis zum 5. Dezember die Möglichkeit, solange sind die Werke in der Kunsthalle ausgestellt. Ich würde mich freuen, wenn ihr mir euren Favoriten in den Kommentaren nennt.
26. Oktober 2010 | Weiterlesen
Patenbesuch bei den Erdmännchen im Rostocker Zoo
Wenn die Patentante zu Besuch kommt, dann ist das ja meist ein Anlass zur Freude. Oft gibt es dann etwas Schönes – wie zum Beispiel leckere Mehlwürmer. Zumindest dürften das die Erdmännchen im Rostocker Zoo heute so gesehen haben. Ihre Patin, die Lottogesellschaft des Landes, vertreten durch deren Geschäftsführerin Barbara Becker, schaute am Vormittag in der Großkatzenanlage vorbei. Hier wohnen die Erdmännchen friedlich zwischen den Löwen und Jaguaren. Auch wenn das Gehege der Erdmännchen vor den Raubkatzen sicher ist, so ist das Betreten für Patentanten und andere große Zweibeiner dennoch mit Risiken verbunden. „Es ist nicht ganz ungefährlich, denn die Erdmännchen haben ein ganzes Wohnungssystem gebaut. Auch die Pfleger müssen immer ganz vorsichtig sein, damit sie da nicht einbrechen“, warnte Zoodirektor Udo Nagel die Patin. Sicheren Schrittes trotz hoher Absätze folgte Barbara Becker dann jedoch der Tierpflegerin Melanie Bencke in die Mitte des Geländes der Schleichkatzen. Flink versammelte sich hier die neunzehnköpfige Erdmännchenfamilie zum Festmahl. Denn der Besuch hatte natürlich einen feierlichen Grund: die Erneuerung der Patenschaft. Seit 2001 ist Lotto Mecklenburg-Vorpommern Pate der Erdmännchen. Seit sechs Jahren unterstützt die Lottogesellschaft als einer von vier Hauptpartnern im Bündnis für Natur- und Artenschutz den Zoologischen Garten in Rostock insgesamt. Fördermittel der Umweltlotterie flossen beispielsweise in den Ausbau der Anlagen für die Fischotter und Pelikane. Als Dankeschön für das Engagement überreichte Udo Nagel einen Blumenstrauß und eine Urkunde mit einem Erdmännchenbild an Barbara Becker. Später saß sie dann inmitten der Erdmännchen und verteilte großzügig Mehlwürmer von ihrer Hand. Dabei musste Barbara Becker auch feststellen, dass die kleinen Schleichkatzen nicht nur neugierig aussehen, sondern es auch tatsächlich sind. Zahlreich umwuselten sie ihre Patin, krochen auch mal unter ihren Mantel und holten sich die zappeligen Leckerbissen. Nur ein Wächter blieb allein auf dem Dach der Erdmännchenbehausung stehen und beobachtete aufmerksam das lebhafte Treiben. „Wenn ich herkomme, besuche ich die Erdmännchen immer“, erzählte Barbara Becker, die sich von der Lebhaftigkeit und Beweglichkeit ihrer Patentiere sehr angetan zeigte. Da fällt mir ein, dass am kommenden Mittwoch ganze 12 Millionen im Lotto-Jackpot warten. „Zocken für den Zoo“ ist also angesagt, liebe Leser. Exklusiv und nur bei uns gibt es schon mal die erste der sechs Zahlen – sie entspricht der Anzahl der Erdmännchen im Rostocker Zoo. Na, aufgepasst? Dann los! Jackpot abräumen, Mehlwürmer kaufen und die kleinen possierlichen Zoobewohner besuchen. Ach ja, wie immer gilt natürlich: Alles ohne Gewähr und Glücksspiel kann süchtig machen – das ist wohl wie mit den Zoo-Besuchen.
25. Oktober 2010 | Weiterlesen
Künstler für Pakistan in der Heiligen-Geist-Kirche
„We are the world“ – dürfte wohl der Charity-Song schlechthin sein. Michael Jackson und Lionel Richie hatten ihn 1985 für das Musikprojekt „USA for Africa“ geschrieben, um damit Geld für die Opfer der Hungersnot in Äthiopien zu sammeln. Nach dem Erdbeben in Haiti zu Beginn dieses Jahres nahmen amerikanische Künstler ihn erneut auf. Mit den Verkaufserlösen wurden Hilfsprogramme für die Betroffenen der Naturkatastrophe auf der Karibikinsel unterstützt. Mit einfachen Worten und eingängiger Melodie in Ohrwurm-Gefahr-Stufe Rot schaffte es „We are the World“ die Herzen der Hörer zu berühren und ihre Geldbeutel für den guten Zweck zu öffnen. Diese Wirkung sollte der Titel auch am Sonntag in der Rostocker Heiligen-Geist-Kirche erzielen. Am Ende eines zweistündigen Benefizkonzertes für die Opfer der Flutkatastrophe in Pakistan vereinten sich (fast) alle Künstler des Abends noch einmal auf der Bühne und intonierten eine Rostocker Version des Klassikers. Diese konnte sich hinsichtlich der Vielfalt der Solisten durchaus mit dem Original vergleichen lassen und fasste damit abschließend auch noch einmal die stilistische Abwechslung des musikalischen Programms von „Künstler für Pakistan“ zusammen. Ob Jazz, Folklore, Beatmusik der Sechziger, Reggae, Rap, Blues, Gospel oder Siebziger-Jahre Rock – querbeet erklang Musik, die sonst meist nur einzeln in Rostocker Probenräumen und Konzertlocations zu hören ist. Für jeden Geschmack sollte also etwas dabei gewesen sein. Dafür sorgten Künstler wie die Breitling-Stompers, Torsten Jahnke, Jackbeat, Nyabinghia, Angela Klee, MILZ, Dr. Blues & Friends, der Gospelchor der Jugendkirche Rostock, Five Men On The Rocks und viele weitere Musiker, die sich für dieses Benefizkonzert zusammengetan hatten. Dirk Zöllner und André Gensicke sind sogar aus Berlin angereist, um einen musikalischen Beitrag zu leisten. Wer zu einem Konzert in eine Kirche geht und Kirchenmusik erwartet, wurde dennoch nicht enttäuscht. Karl Scharnweber und Dorothee Frei nahmen an der Orgel Platz und ließen verschiedene Choräle erklingen. Die Kantorin der Heiligen-Geist-Kirche hatte darüber hinaus weitere Stücke mit ihrer Kantorei und dem Flötisten Thomas Freiwald von der Norddeutschen Philharmonie vorbereitet. Zwischen den musikalischen Beiträgen erinnerte Gitta Lindemann immer wieder an das Anliegen des Benefizkonzertes. Sie informierte über die Situation in Pakistan und las aus Tagebüchern, die die Situation vor Ort veranschaulichten. Im vergangenen Sommer war es dort zu einer verheerenden Flutkatastrophe gekommen. Die Überschwemmungen verwüsteten eine Fläche von 160.000 Quadratkilometer. Das entspricht der Größe von Bayern, Baden-Würtemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen zusammen. Nach Angaben der Vereinten Nationen starben mehr als 1700 Menschen, Häuser wurden zerstört und Ernten vernichtet. Etwa 20 Millionen Betroffene leiden immer noch an den Auswirkungen, wie Obdachlosigkeit, Hunger oder Krankheiten. Gerade angesichts des bevorstehenden Winters benötigen sie Unterkünfte, Nahrungsmittel und Medikamente. „Außer den Medikamenten ist alles vor Ort zu beschaffen, wenn das nötige Geld vorhanden ist“, erklärt Pastor Johannes Wolf, der den Kontakt zu zwei Ärztinnen von der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe pflegt. Ihnen soll das Geld zur Verfügung gestellt werden, damit sie davon Decken, Zelte, Trinkwasser und Lebensmittel kaufen können, so der Pastor. Die Idee zu dem Benefizkonzert hatte Familie Pielucha. Angesichts der Notlage in Pakistan war auch sie sehr betroffen und wollte etwas machen. Als Mitglied der Breitling-Stompers konnte Detlef Pielucha auch andere Rostocker Musiker von diesem Vorhaben begeistern und trommelte so eine beachtliche Zahl an Mitstreitern zusammen. Etwa 900 Gäste besuchten das Benefizkonzert „Künstler für Pakistan“. 3350 Euro Bargeld spendeten sie bereits am Sonntagabend, informierte Pastor Johannes Wolf nach der Auszählung am Montag. Weitere Spenden erwartet er durch Überweisungen. Detlef Pielucha zeigte sich von der hohen Resonanz auf die Veranstaltung begeistert: „So viel hätten wir privat nie spenden können. Wir wollen damit einen kleinen Teil leisten, um den bedürftigen Leuten in Pakistan ein Zuhause zu bieten.“ „We are the ones who make a brighter day, so let start giving“, heißt es ja so schön in „We are the world“. Wer sich jetzt angesprochen fühlt und die beiden Ärztinnen in Pakistan bei ihrer Hilfe für die Betroffenen der Flutkatastrophe in Pakistan unterstützen möchte, kann das bei Spendenkonto der Volks- und Raiffeisenbank Rostock nutzen: Kontonummer: 108 39 45, Bankleitzahl: 130 9 0000, Verwendungszweck: Spende für Pakistan.
25. Oktober 2010 | Weiterlesen
Die Spuren der Familie Kempowski vor und nach 1990
Der Schriftsteller Walter Kempowski wurde in Rostock geboren. Hier lebte seine Familie. Hier besuchte er die Schule. Auch in seinem literarischem Werk spielt die Hansestadt eine zentrale Rolle. In vier seiner Romane bildet Rostock den Schauplatz der Handlung. Viele Orte in der Stadt lassen sich daher mit Walter Kempowski, seinen Familienangehörigen und Romanfiguren verknüpfen. Einige hatte Gerd Hosch vom Kempowski-Archiv für einen zweistündigen Stadtrundgang ausgewählt. Im Rahmen der Kempowski Tage führte er Interessierte auf den „Spuren der Familie Kempowski“ und wusste dabei viele Anekdoten aus dem Leben des Schriftstellers zu erzählen. Startpunkt war das Kempowski-Archiv im Hof des Klosters zum Heiligen Kreuz, wo seit 1993 Teile des Werkarchivs des Schriftstellers aufbewahrt werden. Die erste Spur fand sich gleich gegenüber: die Universitätskirche. Hier wurde Walter Kempowski konfirmiert. Der Festakt zur Verleihung des Hans-Erich-Nossack-Preises des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft, mit dem das Lebenswerk des Autors gewürdigt wurde, fand 2005 ebenfalls hier statt. Die kleine Kirche wurde auch von der Mutter Margarethe bevorzugt aufgesucht, obwohl sie eigentlich einer anderen Gemeinde angehörte, erzählte Gerd Hosch. Vorbei am Brunnen der Lebensfreude durch den Torbogen des Barocksaals, wo Walter Kempowski zum ersten Mal Schuberts Winterreise hörte, war auf dessen Rückseite die nächste Station erreicht. Wo heute der Rostocker Hof zum Shoppen einlädt, befand sich früher das Großherzogliche Amtsgericht. In dessen Gefängnis wurde Margarethe Kempowski im dritten Stock für vier Wochen festgehalten, bevor sie dann in eine andere Haftanstalt kam. Wegen Mitwisserschaft der Spionagetätigkeiten ihrer beiden Söhne Robert und Walter war sie zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden. Weiter ging es zur Michaeliskirche und zur Alten Stadtschule, in der schon der Vater Karl und ganz kurz auch Walter Kempowski selbst das Einmaleins gelernt hatten. Unweit davon befindet sich das Kriegerdenkmal. Zu Walter Kempowskis Zeiten war dies ein beliebter Treffpunkt der Jugend. Wer sich die Bronzetafeln am Obelisk genauer anschaut, kann die Namen Pingel und Topp entdecken, die er im Roman „Tadellöser und Wolff“ verewigt hat. Die nächste Station auf den Spuren der Familie Kempowski war die Stasi-Gedenkstätte. Hier hatten die Teilnehmer Gelegenheit sich einen Eindruck von den Haftbedingungen zu machen, wie sie ähnlich auch Walter Kempowski in Bautzen erlebt haben dürfte. Über den Grünen Weg, der damals noch eine belebte Einkaufsstraße war, führte die Route zum Wohnhaus der Familie Kempowski in die Augustenstraße 90. Seit März 1938 lebte sie dort zur Miete im 2. Stock. Hier erzählte Detlef Nahmmacher, Freund, Schulkamerad und Mithäftling in Bautzen, von seinen Erinnerungen, als die beiden hier vor 66 Jahren an einem Herbsttag abends in der Dunkelheit standen. „Ich war der böse Bube, der ihm die Haare abgeschnitten hatte. Denn lange Haare und weiße Schals waren damals das Symbol für Anti-Nazis und ich war von der Hitlerjugend. Walter war genau das Gegenteil. Aber aus Saulus wurde Paulus. Es gehört zu Walters Verdiensten. Er gehört zu den bedeutenden Menschen, die mich vom Nationalsozialismus befreit haben. Ich habe mich entschuldigt und das hat er dann auch akzeptiert.“ Nach vielen anderen interessanten Anekdoten, die mit diesem unscheinbaren Haus in der Augustenstraße und der Familie Kempowski verbunden sind, folgte die Gruppe weiteren Spuren in der Marienkirche. Schon als Kind und Jugendlicher war Walter Kempowski entzückt von der barocken Pracht, weiß Gerd Hosch. Oft hatte er hier allein oder mit dem Organisten gesessen. Seine Vorliebe für geistliche Musik nahm hier ihren Ursprung. Jedes Mal, wenn der Schriftsteller nach Rostock kam, stattete er auch der Marienkirche einen Besuch ab. 2006 schenkte er der Gemeinde die Sonnenuhr, die sich am südöstlichen Außenpfeiler des Südgiebels befindet. In der Rostocker Marienkirche fand schließlich auch die offizielle Trauerfeier für Walter Kempowski statt, der am 5. Oktober 2007 im niedersächsischen Rotenburg gestorben war. Für seine Leistungen wurde Walter Kempowski mit zahlreichen Ehrungen ausgezeichnet. Unter anderem wurde er 1994 Ehrenbürger der Hansestadt Rostock und erhielt 2002 die Ehrendoktorwürde der Universität Rostock. Darauf machte Gerd Hosch abschließend auf dem Neuen Markt noch einmal aufmerksam, wo der Stadtrundgang auch beendet wurde.
24. Oktober 2010 | Weiterlesen
Lange Nacht der Bücher bei Weiland
Als ich am Freitag die Buchhandlung Weiland betrat, schmetterte mir Jazzmusik entgegen. Mit einem „Bei mir bistu shein“ wurde ich begrüßt. Wie passend. Das Ganze wurde live dargeboten von Andreas Pasternack und seiner Band und war der perfekte Auftakt zu einem gelungenen Abend. Die Universitätsbuchhandlung Weiland in der Kröpeliner Straße hatte den Abend des 22. Oktobers unter das Motto „Lange Nacht der Bücher“ gestellt. Auf den drei Etagen des Hauses konnte gelesen und gekauft, aber auch gelauscht und gestaunt werden. Denn der Abend war keine reine Verkaufsveranstaltung, sondern eine Mischung aus Kultur, Musik und Unterhaltung. Die schon angesprochene Jazzmusik war in der obersten Etage platziert. Die Band um Andreas Pasternack sorgte den ganzen Abend über mit viel Power für ausgelassene Stimmung. Gelegentlich haben sich sogar Gäste zu einem Tanz hinreißen lassen. Ein kulinarisches Highlight war die Back-Präsentation von Cynthia Barcomi, die nicht nur ihr neues Buch vorstellte, sondern auch Kostproben verteilte. Muffins, Kuchen und Kekse sorgten für einige Verzückung bei den Gästen. Wer nichts mehr abbekam, musste mit Brezeln vorlieb nehmen, die den ganzen Abend verteilt wurden. Im Untergeschoss wurden die Lesungen abgehalten. Ein besonderer Service, den die Buchhandlung anbietet, sind die Buchtipps der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Diese können die Kunden sonst nur nachlesen, an dem Abend stellte aber jeder Angestellte sein Lieblingsbuch des Monats persönlich vor. Und es war für jeden Geschmack etwas dabei. So empfahl Fridtjof Melms etwa den Roman „Freiheit“ von Jonathan Franzen. „Das letzte Buch des Autors ist vor neun Jahren entstanden und ich war gespannt, ob er noch mal so ein gutes Buch hinbekommt. Und ich muss sagen: Ja, hat er!“ Des weiteren stellten sich im Laufe des Abends auch das Literaturhaus Rostock und das Kempowski Archiv der Hansestadt vor. Den Abschluss auf der unteren Ebene machte die Lesung von Stefan Bollmann. Wobei man sagen muss, dass es eher ein virtueller Museumsrundgang war. Das Buch „Frauen, die lesen, sind gefährlich und klug“ ist eine Sammlung von Kunstwerken lesender Frauen, die der Autor aus München mit kleinen Geschichten versehen hat. Auch ein Verlag war anwesend, nämlich MAIRDUMONT aus Ostfildern bei Stuttgart. Der Verkaufsberater Buchhandel, Detlef Kluttig, stellte den neuen Reisebildband über Mecklenburg Vorpommern vor. In acht Kapiteln werden die einzelnen Regionen des Landes vorgestellt, ergänzt von zwei Kapiteln über Kraniche und Parks. Die Fotos hat Martin Kirchner aus Röbel gemacht. Kluttig stellte die Besonderheit des Buchhandels mit einer interessanten Studie heraus: „60 Prozent aller Besucher einer Buchhandlung wissen vorher nicht, welches Buch sie kaufen werden.“ So ging es auch Felix Kasten. Der Student entdeckte die Veranstaltung durch Zufall, war aber sehr begeistert. Auch er war unsicher, ob er noch ein Buch kaufen sollte. Vorher jedoch ließ er sich von Hans-Hilmar Koch die hohe Kunst des Buchdrucks zeigen. Der Drucker aus Krakow am See war mit seiner alten Druckerpresse angereist und konnte den Gästen so an der seiner Meinung nach „bedeutendsten Kulturleistung der Menschheit“ teilhaben lassen. Jeder Interessierte konnte sich selbst ein Lesezeichen drucken oder eine handgemachte Postkarte kaufen. Filialleiter Florian Rieger war enthusiastisch. „Wir haben vielleicht mit 300 bis 400 Gästen gerechnet. Jetzt sind es mehr als doppelt so viele geworden“, erzählte er freudestrahlend. Er freue sich auch sehr für seine Kollegen, die so viel Arbeit und Herzblut in die Vorbereitung und Durchführung des Abends gesteckt hatten. Er verriet mir auch, dass jetzt schon zwei Veranstaltungen dieser Art für das nächste Jahr geplant seien, eine im Frühjahr, eine im Herbst. Da wolle man dann auch die kleinen technischen Schwierigkeiten, wie das fehlende Mikro bei den Lesungen, gelöst haben. Als ich die Buchhandlung verließ, spielten Andreas Pasternack und seiner Band „Ich war noch niemals in New York“, was auch auf mich zutrifft. Aber wenn ich mal ein Buch darüber lesen möchte, weiß ich, wo ich hingehen kann – dorthin nämlich, wo noch bis spät in die Nacht für die Kunden gearbeitet wird.
23. Oktober 2010 | Weiterlesen
55. Internationales Neptunschwimmfest 2010
Starke Muskeln verspricht sich Claus von seinem Hobby. Seit zweieinhalb Jahren schwimmt der Fünfzehnjährige beim Ringsted Svommeklub. An diesem Wochenende ist er nun aus Dänemark nach Rostock gereist, um am 55. Internationalen Neptunschwimmfest teilzunehmen. Auf einen Sieg ist er dabei zwar nicht unbedingt aus, aber Spaß soll es machen, sagt Claus. Mit seinem Trainer Lasse, dem dreizehnjährigen Kasper und dem zehnjährigen Magnus wärmt er sich schon einmal für seinen ersten Start über 1500 Meter Freistil auf. Auf den sechs Bahnen in der Neptunschwimmhalle wird es eng für die Schwimmer. Die Zahl der Teilnehmer an diesem internationalen Nachwuchsschwimmwettkampf ist so groß, dass die ersten vier Läufe der Damen und die 1500er Strecke der Herren in Doppelbelegung geschwommen werden. Noch bevor sich auf der Wasseroberfläche die ersten Wellen kräuseln, können die Veranstalter vom SV Olympia Rostock e.V. die ersten Rekorde verkünden. Mit 450 Aktiven aus 43 Vereinen ist die Beteiligung am Neptunschwimmfest noch nie so hoch gewesen. Viele von ihnen kommen aus Deutschland. Aber auch aus den Ostseeländern Polen, Lettland und Dänemark sind junge Schwimmer angereist. Sogar ein Mitglied eines mexikanischen Schwimmklubs hat den Weg über den großen Teich an die Warnow gefunden. Am Start wird auch Vizeweltmeister Helge Meeuw sein. Aber nicht nur er, sondern auch zahlreiche Nachwuchsschwimmer mit Erfahrungen bei Jugend-Europameisterschaften versprechen ein qualitativ hochwertiges Schwimmereignis. 2495 mal wird der Startpfiff an diesem Wochenende ertönen. Begonnen hat das 55. Internationale Neptunschwimmfest bereits heute, am Freitag – traditionell mit den Langstrecken. Nachdem es am Samstagmorgen offiziell durch den Oberbürgermeister eröffnet wird, folgen dann die kürzeren Distanzen und die Staffelläufe. Wer sich für spannende Schwimmwettkämpfe in lebendiger, internationaler Atmosphäre begeistert, hat die Möglichkeit, als Zuschauer das Neptunschwimmfest am Samstag und Sonntag in der Neptunschwimmhalle in der Kopernikusstraße zu erleben. Los geht es jeweils um 9 Uhr. Die Finale sind für 16 bzw. 15 Uhr angesetzt.
22. Oktober 2010 | Weiterlesen
Martinsmarkt 2010 in der Rostocker Nikolaikirche
Kunsthandwerksmärkte gibt es viele, aber einer, der in einer Kirche stattfindet, ist etwas ganz Besonderes. Und weil es immer wieder ein Erlebnis ist, beim Martinsmarkt dabei zu sein, kamen auch in diesem Jahr wieder viele Besucher schon zu der Eröffnung am 21. Oktober in die Rostocker Nikolaikirche. Der Martinstag findet jährlich am 11. November statt und ist der Festtag vom Heiligen Martin von Torus. Ungefähr drei Wochen vorher hat man die Möglichkeit, alle wichtigen Besorgungen zu erledigen. Man braucht zum Beispiel eine Martinsgans, das typische Festessen zu diesem Anlass. Diese kann man bei Katharina und Sigurd Heinz vom Dreiseithof Schmadebeck bestellen. Die zwei Gänse Marianne und Michael, die schon im letzten Jahr in der Kirche zu Gast waren, werden aber nicht geschlachtet. „Die beiden sind acht Jahre alt und haben lebenslanges Bleiberecht auf unserem Hof. Nur an drei Tagen im Jahr müssen sie arbeiten. Die Martinsgänse zum Verzehr sind nur für einen Sommer bei uns auf dm Hof“, berichtet mir Sigurd Heinz. Doch nicht nur Gänse gab es zu sehen. Viele Aussteller präsentierten ihre Produkte. So können zum Beispiel Marmelade, Wein und Honig zum Verzehr gekauft werden. Produkte aus Keramik und Holz, verschiedene Kleidungsstücke, Malereien, Kerzen, Schmuck und noch vieles mehr werden angeboten. Einigen Handwerken kann man auch wieder live beim Arbeiten zusehen. Im dritten Jahr dabei ist Horst Domröse. Der Bildhauer, der für eine kleine Skulptur einen halben Tag, für große bis zu vier Tage braucht, zeigt sich vom Ambiente begeistert. „Es macht Spaß hier zu arbeiten. Die Leute sind aufgeschlossen und interessieren sich für meine Werke.“ Da so viel Arbeit hungrig macht, gibt es auch ein reichhaltiges Essensangebot. Schmalzstullen, selbst gebackene Kuchen, Suppen und Buletten, außerdem an jedem Tag ein besonderes Tagesgericht. Dazu wird Tee, Kaffee oder Punsch gereicht. Und obwohl es viel zu tun gab, blieb das Personal stets freundlich und brachte auf Wunsch das Essen sogar an den Tisch. Dass der Martinsmarkt nicht nur für Rostocker interessant ist, berichtete mir Familie Wesarg. Das Ehepaar, das mit seiner Tochter in Warnemünde Urlaub macht, wollte eigentlich nur die Kirche besichtigen. Mit einem Handwerkermarkt hätten sie nicht gerechnet. „Es ist aber eine schöne Idee und auch eine gute Einstimmung auf die Weihnachtszeit“, erzählten sie. Noch bis zum 23. Oktober kann man den 5. Martinsmarkt besuchen und sich auf den Martinstag oder aber auf die nahende Weihnachtszeit einstimmen.
22. Oktober 2010 | Weiterlesen
Großer Zapfenstreich auf dem Neuen Markt in Rostock
Das Wasser ist das Element der Marine – das dürfte hinlänglich bekannt sein. Es passte also irgendwie am Donnerstagabend beim Großen Zapfenstreich, dass es ohne Unterlass regnete. Aber ungemütlich war es schon. Trotzdem kamen über tausend Schaulustige, um sich das höchste militärische Zeremoniell auf dem Neuen Markt anzusehen. Die Marine bedankte sich damit für die gute Aufnahme und Unterstützung in Rostock. Anlass waren die Feierlichkeiten zu „20 Jahre Deutsche Einheit – 20 Jahre Deutsche Marine in Rostock und Mecklenburg-Vorpommern“. Außergewöhnlich war dieses Ereignis aus vielerlei Gründen. Nicht nur, dass der Große Zapfenstreich nur hochgestellten Persönlichkeiten und besonderen Anlässen vorbehalten ist, es ist auch nicht selbstverständlich, dass er für die Öffentlichkeit durchgeführt wird. In der Geschichte Rostocks fand diese höchste Form der militärischen Ehrenerweisung zum ersten Mal statt. Lange hatte man zuvor daraufhin gearbeitet, bis mit dem Jubiläum „20 Jahre Deutsche Marine in Rostock“ eine passende Gelegenheit gefunden worden war. In Anwesenheit des Ministerpräsidenten des Landes Mecklenburg-Vorpommern Erwin Sellering, des Oberbürgermeisters Roland Methling und des Chefs des Marineamtes Konteradmiral Dr. Horst-Dieter Kolletschke gestaltete das Wachbataillon des Verteidigungsministeriums und das Marinemusikkorps Ostsee diese feierliche Abendmusik. Insgesamt 288 Soldaten traten zum Großen Zapfenstreich auf dem Neuen Markt an. Der Spielmannszug und das Musikkorps sorgten für die Musik. Begleitet wurden sie von zwei Waffenzügen und von Fackelträgern, die von einer sogenannten Perlenkette umrahmt wurden. Die Abfolge der feierlichen Abendmusik von Trommel- und Pfeifenstücken, Reitersignalen und dem „Gebet“ hat in der deutschen Militärmusik eine lange Tradition. Die heutige Form ist im 19. Jahrhundert entstanden. Der Name „Zapfenstreich“ selbst geht bis ins 16. Jahrhundert zurück, der Zeit der Landsknechte. Er bezeichnet den Schlag bzw. den Streich auf den Zapfen eines Fasses, mit dem der Bierausschank beendet wurde und sich die Soldaten zur Nachtruhe begeben mussten. Aber nicht nur zackige Militärmusik erklang auf dem Neuen Markt. Etwa 150 Demonstranten protestierten lautstark mit Tröten, Pfeifen und Rufen gegen den Großen Zapfenstreich. Viele von ihnen drückten damit ihre Ablehnung der Bundeswehreinsätze im Ausland aus und kritisierten dieses historische Zeremoniell als unzeitgemäß. So geteilt die Meinungen auch sein mögen, ist es doch schön, dass jeder hier und jetzt – 20 Jahre nach der deutschen Einheit – seine Meinung zum Ausdruck bringen kann, oder? Wer heute lieber im Regen zu Hause geblieben ist, für den gibt es hier ein kurzes Video mit Eindrücken des Großen Zapfenstreichs.
21. Oktober 2010 | Weiterlesen
T.A.N.G.O. im Theater im Stadthafen
Leidenschaft, Aggressivität, Sinnlichkeit und Melancholie beherrschen die Bühne, wenn das Rostocker Tanztheater „T.A.N.G.O.“ aufführt. Bereits in der Sommerfestivalsaison 2009 hatte der Chefchoreograph Bronislav Roznos damit am Rostocker Volkstheater sein Debüt gefeiert. Nun wurde das Stück wieder in den aktuellen Spielplan aufgenommen. Es geht um die Anfänge des argentinischen Tanzes im 19. Jahrhundert am Rio de la Plata. Um der wirtschaftlichen Not in ihren Heimatländern zu entfliehen und angelockt von einem groß angelegten Einwanderungsprogramm, zogen Millionen Menschen, die meisten unter ihnen Männer, nach Buenos Aires und Montevideo. Die Städte wuchsen rasch an und es herrschte Arbeitslosigkeit und Armut. Durch den Frauenmangel florierten Prostitution und Mädchenhandel. In diesem von Existenznot und sozialen Konflikten geprägten Milieu entwickelte sich der Tango. Die Einflüsse, die auf ihn einwirkten, waren so vielfältig wie die Herkunftsländer der Einwanderer. Schwermut und Sinnlichkeit waren die wesentlichen Gefühle, die mit fast allen Tangos zum Ausdruck gebracht werden sollten. In T.A.N.G.O. wird diese Geschichte von acht Tänzerinnen und Tänzern eindrucksvoll dargestellt. Jedoch sollte der Zuschauer nicht das Ergebnis eines Tango-Tanzkurses erwarten. Vielmehr breitet sich die Geschichte in einer Reihe von Szenen durch emotionale und poetische Bewegungssprache aus, die durch Videoprojektion im Hintergrund ergänzt werden. Miteinander, gegeneinander; gemeinsam, zu zweit oder allein präsentieren die Tänzer das Leben der Einwanderer in den Hafenvierteln der Großstädte am Rio de la Plata. Mittellos und daher fast nackt zeigen sie sich zu Beginn, als sie das Land voller Hoffnung auf einen Neuanfang erreichen. Später tragen sie, ihren Rollen entsprechend, lange rote und schwarze Kostüme. Robert Schrag hat sie so gestaltet, dass sie das Spiel der erotischen Annäherungen auf raffinierte Weise erleichtern. Begleitet wird die tänzerische Darstellung in T.A.N.G.O. natürlich von ganz viel Tangomusik. Aber nicht nur Stücke von klassischen Tangomusikern wie Carlos Gardel, Anibal Troilo oder Astor Piazzolla sind zu hören. Typische Klänge von Bandoneon, Violinen und Klavier werden an einigen Stellen durch moderne, elektronische Rhythmen ergänzt. Eine spannende und faszinierende Anziehungskraft entwickelt sich in T.A.N.G.O, die sich auch auf das Publikum überträgt. Mit viel Szenenapplaus bringt es seine Begeisterung zum Ausdruck. Morgen ist T.A.N.G.O. noch einmal im Theater Wismar und am 26. November im Theater im Stadthafen zu sehen. Fotos: Dorit Gätjen
21. Oktober 2010 | Weiterlesen
Natur und Geist 2010
„Natur ist alles, alles Wirkliche ist natürlich. Geist, Bewußtseinsleben, ist kein Gegensatz zur Natur, sondern ein Ausschnitt aus der Gesamtheit des Natürlichen.“ Dieser Satz des Philosophen und Physikers Friedrich Albert Moritz Schlick, der auch zehn Jahre in Rostock gewirkt hat, bevor er als Begründer des Wiener Kreises bekannt wurde, stellt den Leitspruch der Vortragsreihe Natur und Geist dar. Seit 2003 findet diese einmal im Jahr in der Universitätsbuchhandlung Weiland in Rostock statt. Organisiert wird die Veranstaltung durch die Moritz-Schlick Forschungsstelle des Instituts für Philosophie der Universität Rostock in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung Weiland. Ganz nach dem Vorbild Schlicks, der als Physiker und Philosoph sowohl Natur- als auch Geisteswissenschaften in seiner Person vereint hat, ist es die Intention der Veranstalter, verschiedene Wissenschaftsgebiete zusammenzubringen. Darüber hinaus sollen durch die Wahl eines öffentlichen Veranstaltungsortes die behandelten Themen auch in die Öffentlichkeit transportiert werden. Nachdem sich die Vortragsreihe in den vergangenen Jahren mit Themen wie verschiedenen Wissenskulturen, der menschlichen Erkenntnisfähigkeit oder der wissenschaftlichen Weltauffassung auseinandergesetzt hat, steht in diesem Jahr das Wissen selbst im Mittelpunkt. „Wachstum oder Wandel des Wissens“ lautet entsprechend der Titel. Den Auftakt machte am Dienstagabend Professor Dr. Hans-Jürgen Wendel vom Institut für Philosophie von der Universität Rostock, der sich mit dem „Problem des Wissens“ beschäftigte. Nach einer kurzen Einführung durch Dr. Olaf Engler, der am kommenden Dienstag auch selbst einen Vortrag halten wird, begann Dr. Wendel mit seinen Ausführungen. „Inwiefern kann Wissen zum Problem werden?“, stellte er zunächst eine Frage in den Raum. Eine Frage, die sicherlich Relevanz für unsere heutige Wissensgesellschaft besitzt. Als Beispiele nannte er fehlendes oder veraltetes Wissen, das zu schwerwiegenden Unfällen führen kann oder auch moralische Probleme, die durch Wissen entstehen können. Im Folgenden befasste er sich aber mit der klassischen Wissensdefinition nach Platon: Wissen ist wahre, gerechtfertigte Meinung. Verschiedene Angriffspunkte gegen die Definition wurden erläutert und diskutiert, bevor er seinen Vortrag mit einem kleinen Plädoyer für Platons Wissensdefinition beendete. Im Anschluss durften natürlich noch Fragen gestellt werden, wovon auch einige der zahlreichen Zuhörer Gebrauch machten. Zehn weitere Vorträge wird es im Rahmen der Reihe noch geben, die jeweils dienstags um 20:15 Uhr in der Universitätsbuchhandlung Weiland stattfinden werden. Die Themenpalette reicht dabei von der „Revolution der Denkart“ bis hin zur „Rolle und Bedeutung von Modellen für Wissenstransformationen in der Physik“. Für Studenten ist der Eintritt frei, alle anderen bezahlen drei Euro pro Abend oder zwölf Euro für die gesamte Vortragsreihe.
20. Oktober 2010 | Weiterlesen
Eröffnung der Ausstellung „face to face“
Seit 35 Jahren pflegt die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen zu Vietnam. Aus diesem Anlass gastiert die Wanderausstellung „face to face“ vom 18. Oktober bis zum 5. November im Rathaus. Die Ausstellung, die vom Deutschen Entwicklungsdienst initiiert wurde, wird von den beiden Rostocker Vereinen Diên Hông e.V. und Ohne Barrieren e.V. präsentiert. Der Verein Ohne Barrieren e.V. setzt sich für eine Integration von Menschen mit Behinderungen ein und versucht ihnen und ihren Angehörigen ein aktives und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Der Verein Diên Hông – Gemeinsam unter einem Dach e.V. hat das Ziel, ein besseres Miteinander zwischen Deutschen, Vietnamesen und anderen Zugewanderten zu erreichen. Hauptaufgabe dabei sind die sprachliche Qualifizierung und die Beratung von Zugewanderten. Die Ausstellung zeigt ungefähr 90 Fotos, die über einen Zeitraum von fünf Monaten entstanden sind. Sie zeigen das Leben von behinderten Menschen aus der Provinz Thanh Hoa. Die Besonderheit ist, dass die Fotos nicht von einem professionellen Kamerateam gemacht wurden, sondern von den Menschen selbst. Im Rahmen des Photo-Voice-Projektes machten sie nicht nur Fotos, sondern schrieben auch Kurzgeschichten, die in einem begleitenden Buch veröffentlicht sind. Durch die Arbeit haben sich die Menschen untereinander vernetzt und ihre kommunikativen Fähigkeiten verbessert. Zur Ausstellungseröffnung am 18. Oktober in der Rathaushalle betonte Oberbürgermeister Roland Methling die besondere Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit, mit der er vor wenigen Wochen selbst in Vietnam begrüßt wurde. Er war begeistert von dem Land und den Menschen. Und doch könne man die Beziehungen noch verbessern. Auch sei es wichtig, den Dialog zwischen Behinderten und Nichtbehinderten weiter zu fördern, was später auch Ralf Grabow vom Verein ohne Barrieren betonte. Neben dem Bürgermeister sprachen unter anderem auch Bùi Ngọc Toàn, Botschaftsrat der Republik Vietnam, und Do Van Bao vom Verein Diên Hông zu den Gästen. Auch sie unterstrichen die besondere Beziehung beider Länder und hoffen auf einen Ausbau dieser. Abgerundet wurde das Programm von Hai Thao My Nguyen. Das Mädchen aus Rostock ist gerade einmal zehn Jahre alt und spielt Klavier wie eine Meisterin. Sie bekam mit sechs Jahren den ersten Klavierunterricht und hat dort ihr unglaubliches Talent gezeigt. Mit ihrer Darbietung von Beethoven und Chopin konnte sie auch alle Anwesenden im Rathaus verzaubern. Die Ausstellung kann montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr im Rathaus besichtigt werden.
20. Oktober 2010 | Weiterlesen
Präsentation der Stipendiaten im Schleswig-Holstein-Haus
Wenn ein Gebäude Geschichten erzählen könnte, würde das Schleswig-Holstein-Haus in Rostock, Amberg 13 wahrscheinlich Bestsellerautor sein. Seit 1995 haben 70 Stipendiaten in den zwei Gastateliers gelebt und gearbeitet. Und weil das Ganze ein fließender Prozess ist, wurde beim Pressegespräch am 18. Oktober gleichzeitig nach vorn und zurück geschaut. Nach einer kurzen Begrüßung durch Gesine Karge vom Amt für Kultur und Denkmalpflege machte Judith Siegmund den Anfang. Die Künstlerin und Philosophin präsentierte die Ergebnisse eines zweimonatigen Stipendiums, das sie auf Einladung der Hansestadt Rostock wahrnehmen konnte. In dieser Zeit sind 30 großformatige Fotos der Östlichen Altstadt entstanden, die jeweils zusammen mit einem Text präsentiert werden. Das Besondere daran ist, dass Judith Siegmund mit diesen Fotos eigene Erinnerungen reaktiviert. Sie wuchs als Kind von 1972 bis 1979 an der Petrikirche auf und zog später in eine Wohnung in der Gärtnerstraße. „Ich kann mich an vieles erinnern, aber fast nichts wiedererkennen“, berichtet die Künstlerin. Daher hat sie Fotos von erinnerungsträchtigen Plätzen gemacht und diese aktuellen Fotos dann mit einer Bildunterschrift gekoppelt. In dieser beschreibt sie mal lustige, mal aber auch skurrile und bedrohliche Situationen und Erinnerungen aus ihrer Kindheit. Der konzeptionell arbeitenden Künstlerin ging es nicht nur darum, Erinnerungen zu aktivieren, sondern auch den Zusammenhang zwischen Fotos und Erinnerungen zu untersuchen. „Was passiert eigentlich, wenn man fotografiert? Kann man Geschichten in einem Bild festhalten?“ Wann die Bilder konkret zu sehen sein werden und in welcher Form, steht noch nicht fest. Eine Ausstellung sei möglich, so die Künstlerin, aber durch die relativ gute Anpassbarkeit der Bilder wäre auch ein Buch vorstellbar. In dem zweiten Atelier, in dem bis vor Kurzem noch Rayk Goetze arbeitete, ist jetzt Kerstin Borchardt eingezogen. Sie ist für drei Monate Stipendiatin auf Einladung des Landes Mecklenburg Vorpommern. Anders als ihr Vorgänger hat sie sich bisher unfertige Arbeiten mitgebracht, um hier an ihnen weiterzuarbeiten, auch wenn sie sagt: „Ein gutes Bild darf nie fertig werden.“ Ihre Arbeiten haben zwei Schwerpunkte. Einerseits arbeitet sie häufig mit dem Medium Zeitung in unterschiedlichsten Formen. So versucht sie zu zeigen, wie schwer Informationen heutzutage nachzuvollziehen sind. Andererseits ist für sie die Lyrik auch Teil ihrer Installationen. Sie schreibt Gedichte und baut diese teilweise in ihre Werke mit ein. Häufig entwirft sie auch Arbeiten mit ihrem Mann, der für die akustische Bearbeitung zuständig ist. Noch konnte Kerstin Borchardt nicht viel zeigen, was hier entstanden ist. Da sie gerade erst zehn Tage hier ist, kann man das verstehen. Ihre Arbeiten wird sie jedoch am 30. Oktober im Rahmen von KUNST HEUTE, dem Tag der zeitgenössischen Kunst in Mecklenburg-Vorpommern, vorstellen. Ab zehn Uhr ist das Atelier in der Östlichen Altstadt an diesem Tag geöffnet. Man darf also gespannt sein, welche spannenden Geschichten das Haus noch erleben wird. Schade nur, dass die Mauern nichts davon preisgeben können.
19. Oktober 2010 | Weiterlesen
Porzellan und Schmuck in der Galerie artquarium
Zum Glück gab es Lupen und kleine Taschenlampen bei der Vernissage in der Produzentengalerie artquarium. Denn die Schmuckstücke von Anna Silberstein waren so winzig, dass man schon sehr genau hinschauen musste, um die volle Pracht ihrer Schönheit wahrnehmen zu können. Gemeinsam mit der Keramikerin Petra Benndorf stellt die Schmuckdesignerin und Objektkünstlerin noch bis zum 31. Oktober ihre Arbeiten in der Galerie in der östlichen Altstadt aus. „Da eröffnen sich ja Welten!“, staunte eine Besucherin als sie sich Ketten und Anhänger betrachtete. In Acryl hatte Anna Silberstein Meerestiere wie Quallen, Strahlentierchen und Hydras eingraviert und gefräst. „Das hat so tolle lichttechnische Eigenschaften. Mich interessiert alles, was mit Licht zu tun hat und durchscheinend ist“, erklärt die Künstlerin ihre Vorliebe für dieses Arbeitsmaterial. Ihr Lieblingsstück ist eine Installation mit blattvergoldeten Fischen. Doch Goldfischteichidylle will sich darin nicht so recht einstellen, denn die Fische sind alles andere als harmlos. Räuberische Haie lauern im goldenen Schuppenkleid auf ihre Beute. Unweit der faszinierenden Unterwasserwelten haben es sich Frau Wunderlich, Opa Rumpstich, Frau Seidenschnur, Herr Obermeyer, Frau Palisander und Maximilian Simmchen am Strand bequem gemacht. Sie genießen ihren Badeausflug im weißen Sand. Geschützt in ihren kleinen Silberkugeln, die man sich an Ohr und Hals hängen kann, ahnen sie wohl nichts von den drohenden Gefahren und vielfältigen Lebensformen im Meer. Aber nicht nur dreidimensional, wie die Badenenden in der Reihe „gefröntes Strandleben“, sondern auch zweidimensional bildet Anna Silberstein Menschen in Kleinstform ab. Aus Messing und Acryl eingegossen auf rotem, blauem, lila oder „quietschegrünem“ Hintergrund in unterschiedlichsten Formen, verschönern sie zahlreiche Schmuckstücke für Ohr, Hals, Finger oder Zeh. Zwischen den lebendigen und farbigen Miniaturwelten von Anna Silberstein hat die Keramikerin Petra Benndorf ihre Porzellanobjekte und Gefäße ausgestellt. Die auf der Drehscheibe hergestellten hellen, runden Formen strahlen Ruhe und Natürlichkeit aus. „Dieses Runde, was auf der Scheibe entsteht und wie man das dann verändern kann, das finde ich spannend“, erläutert Petra Benndorf die Entstehung ihrer außergewöhnlichen Formen. Bei deren Gestaltung bevorzugt sie die Farbe weiß. Es hat etwas Unwirkliches und eignet sich sehr gut, um bestimmte Strukturen hervorzuheben, sagt die Keramikerin. Petra Benndorfs Objekte sind wirklich zum Bewundern. Einige Gefäße lassen sich auch als Schale benutzen, da sie dicht gebrannt sind und eine geschlossene Oberfläche haben. Wer sich nicht an den schönen Formen und Farben der Kunstgegenstände Anna Silbersteins und Petra Benndorf sattsehen kann, für den besteht die Möglichkeit, einige Objekte, Keramikgefäße und Schmuckstücke in der Produzentengalerie artquarium käuflich zu erwerben.
19. Oktober 2010 | Weiterlesen
Günter Grass, Forscher und ihre Sicht auf die Ostsee
Über Veranstaltungen im Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) haben wir hier schon das eine oder andere Mal berichtet. Dabei wurde auch die kleine, aber feine Ausstellung mit Kunstwerken von Günter Grass erwähnt, die sich in dem Gebäude befindet. Obwohl bereits im Herbst 2009 eröffnet, war diese Ausstellung der Öffentlichkeit bisher leider nicht zugänglich. Am kommenden Donnerstag bietet sich die (hoffentlich nicht) einmalige Chance, die Kunstwerke zu besichtigen. Um 17:30 Uhr öffnet das IOW seine Pforten für interessierte Besucher. „Meine See, baltische Pfütze“ heißt es in einem Gedicht von Günter Grass, das der Ausstellung als Thema dient. „Unsere Baltische Pfütze – wissenschaftlich-künstlerische Betrachtung eines kleinen Meeres“ lautet der Titel der Schau, die neben Plastiken, Radierungen und Texten von Grass auch Ausschnitte aus dem Arbeitsfeld der Ostseeforscher zeigt. Kunst und Wissenschaft, verschiedene Sichten auf die Ostsee – mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen? Oder liegen Kunst und Wissenschaft doch viel näher beieinander, als man denkt? Am Donnerstag könnt Ihr Euch selbst ein Bild machen. Zur Einführung präsentiert der Geograph und Autor Claudius Diemer Satellitenaufnahmen von Küstenlandschaften und Inseln.
18. Oktober 2010 | Weiterlesen