Neueste Nachrichten aus Rostock und Warnemünde

Harry Rowohlt - Lesung im Literaturhaus

Harry Rowohlt - Lesung im Literaturhaus

„Nacht der Amateure“, so heiße die Silvesternacht unter uns Profitrinkern, erklärte Harry Rowohlt zu Beginn seiner Lesung im Literaturhaus Rostock. Doch mit dem Alkohol hat er es nicht mehr so, der „Ambassador of Irish Whiskey“. Statt Whiskey steht eine Wasserflasche auf dem Tisch. Polyneuropathie zwinge ihn zu einer gewissen Enthaltsamkeit, aber viermal pro Jahr dürfe er sich noch gepflegt die Kante geben, so sein Arzt – „ich bin schon überfällig.“ Wann man überhaupt betrunken ist? „Wenn man nicht mehr ohne fremde Hilfe auf dem Rücken liegen kann“, so eine irische Faustregel. Einem Laster frönt er aber noch, dem Rauchen. Wobei er als Raucher das allgemeine Rauchverbot durchaus begrüße, wie Rowohlt verriet. „Früher musste man auf Feten stundenlang ermitteln, wer die Netten und die Klugen sind. Jetzt geht man vor die Tür.“ Harry Rowohlt (65) – Übersetzer, Kolumnist, Autor, Schauspieler und wohl einer der begnadetstes Rezitatoren unserer Zeit. Viele junge, angehende Autoren würden ihn immer wieder nach Tipps fragen, um veröffentlicht zu werden. „Machen Sie’s wie ich. Ich schreibe nur auf Bestellung und brauche mir dann um die Veröffentlichung keine Sorgen zu machen.“ Nachteil der Geschichte? Man habe kaum unveröffentlichtes Material für die Lesungen, worüber sich erst kürzlich ein junger Mann bei einer Veranstaltung beschwert hätte. Heute hatte er jedoch etwas dabei. Ganz zufällig sei es noch unveröffentlicht, verriet Rowohlt, da der Verlag vergessen hat, das Buch beim Zwischenhändler anzumelden. „Dass man seine Bücher ungern los wird“, sei schon eine komische Verlagspolitik, aber er könne es verstehen, denn es sei ein „wirklich schönes Buch“. „Sie sind ein schlechter Mensch, Mr. Gum!“, so der Titel des Kinderbuchs von Andy Stanton, das Rowohlt übersetzt hat. Eigentlich hieße es ja „Herr Gum“, aber das Buch solle auch verfilmt werden. Und „Mister“ lippensynchron mit „Herr“ zu übersetzen, „das sieht nicht aus“, wie der Hamburger zu sagen pflegt. „Er war der komplette Horror. Und er hasste Kinder, Tiere, Spaß und Maiskolben mit Butter und Salz.“ Was er hingegen liebte, dieser Mr. Gum? Den ganzen Tag im Bett herum zu dösen, einsam zu sein, Sachen grimmig anzusehen, in der Nase zu bohren und die Popel zu essen. – „Ich finde das ganz gut, dass das ausgerechnet in einem Kinderbuch thematisiert wird“, scherzte Rowohlt. Das Haus von Mr. Gum? Völlig verkommen. Überall Müll und Dreck, das Schlafzimmer war eine einzige Sauerei und in den Küchenschränken wohnten Insekten – „richtig große und jedes Insekt hatte ein Gesicht und einen Namen – und einen Beruf.“ Sein Garten jedoch war „der hübscheste, grünlichste, geblümteste, gartenartigste Garten“ im ganzen Ort. Wie ganz erstaunlich der Garten war? „Denk Dir eine Zahl zwischen eins und zehn, multipliziere diese Zahl mit fünf, addiere zu der Zahl 350, ziehe 11 ab, wirf all diese Zahlen weg und stell Dir einen ganz erstaunlichen Garten vor!“ Wenn jemand behauptet, er sei in einer Lesung gar nicht mehr aus dem Lachen herausgekommen, war er bei Rowohlt. Oder er war noch nie bei Rowohlt – und lügt. Die Lachmuskeln des Publikums wurden an diesem Abend wirklich strapaziert. Warum der Garten von Mr. Gum so hübsch, grünlich, geblümt und gartenartig war bei dem verkommen Haus? „Weil sonst eine ärgerliche Fee in seiner Badewanne erschienen wäre und ihn mit einer Bratpfanne gehauen hätte. Du siehst, es gibt immer eine ganz simple Erklärung für Sachen.“ Beim Übersetzen der Figur „Martin Münzwäscherei, der eine Münzwäscherei betrieb“ wurde Rowohlt schlagartig klar, warum ihn so viele fragen, weshalb er nicht den Rowohlt-Verlag leite. Klar, wenn man so heißt … Tolle Figuren, die bildlichste Bildsprache und, so verriet uns Rowohlt, Andy Stanton sei auch ein Freund des geglückten Vergleichs. „Er sauste aus dem Bett wie eine schuldbewusste Zwiebel“ sei eines dieser Bildnisse. „Vergleichen muss man können“, so Rowohlt. Was passiert, als eines Tages ein Hund auftaucht und den Garten von Mr. Gum beim Spielen verwüstet? Buch kaufen und lesen! „Any minute now“ müsste es erscheinen und dürfte für die Eltern mindestens genauso lesenswert sein wie für die Kleinen. Kolumnen, Briefe, Anekdoten und Witze füllten den zweiten Teil des „Paganini der Abschweifungen“, wie ihn einst die Kieler Nachrichten nannten. „Polen 1941. Ein Hitlerjunge schlägt einen bereits erwachsenen jungen Polen zusammen, nimmt ihn dann noch mal unter die Füße und drischt mit seinem Karabiner auf ihn ein, bis der Pole fleht: ‚Nicht, nicht weiter peinigen, ich werd’ doch einst der Papst.‘ Sagt der Hitlerjunge: ‚Und i werd dei Nachfolger.‘“ Neben dem Papst reichte das Spektrum von Robert Gernhardt, über die „Backwarenfachverkäuferin, rassiger Klopfer mit ansehnlichem Migrationshintergrund“, unsere neue Nationalheldin Lena, die anfangs Oslo noch in Finnland vermutet hat („Dafür kriegt man halt in Hannover Abitur.“), bis zum Fußball: „Ich weiß nicht, ob ich es gut finden soll, dass Pauli jetzt aufgestiegen ist. Auf die Weise brauchen wir uns wenigstens ein Jahr nicht mit den Hansa-Fans rumzuschlagen. Na ja, nur ein Jahr lang.“ Ein brillanter Rowohlt, 180 Minuten Spaß, Lacher auf Lacher, ein begeistertes Publikum und als „unverlangte Zugabe“ noch vier Gedichte – was möchte man mehr? Spaßig weiter geht es im Literaturhaus bereits am kommenden Donnerstag (10. Juni). In der „Nacht der schnellen Nummern“ lesen ab 19:30 Uhr vier Autoren der berüchtigten taz-Wahrheit-Seite.

5. Juni 2010 | Weiterlesen
„Erstes Sehen“ – Galerie am Alten Markt

„Erstes Sehen“ – Galerie am Alten Markt

„Das sind zwei Dinge, die so gut zusammenpassen, dass man schon von Seelenverwandtschaft sprechen könnte“, kommentierte Ausstellungsbesucher Ludwig Nollmeyer die Werke von Wiebke Loseries und Hagen Süd in der Galerie am Alten Markt. Dort fand am heutigen Abend die Vernissage „Erstes Sehen“ statt, die literarische Werke von Hagen Süd mit Grafiken und Textilkunst von Wiebke Loseries verknüpft. Die Ausstellungseröffnung wurde im Rahmen der 10. Rostocker Kunstnacht ausgetragen, bei der insgesamt über 30 Veranstaltungen aus so unterschiedlichen Bereichen wie Literatur, Film, Musik oder Malerei besucht werden konnten. „Ich freue mich, dass junge Kunst gezeigt wird, die pur und ehrlich ist“, leitete Matthias Dettmann vom Kunstverein zu Rostock e.V. die Veranstaltung ein, für die er auch verantwortlich zeichnete. Anschließend wurden ausgewählte Texte von Hagen Süd verlesen. Eine Aufgabe, der sich Bernd Hölscher, seines Zeichens Schauspieler am Volkstheater Rostock, gerne widmete. Diese Ehre wurde ihm auf direkte Anfrage von Wiebke Loseries zuteil, was Hölscher als einen glücklichen Zufall bezeichnete, da er die Texte sehr spannend fand. Es handelt sich bei der Ausstellung um die erste Zusammenarbeit der beiden Künstler. Diese kam zustande, nachdem Wiebke Loseries zwei kurze Gedichte von Hagen Süd in der Literaturzeitschrift „Risse“ gelesen hatte. Bereits zuvor hatte Matthias Dettmann die Rostocker Künstlerin dazu angeregt, ihre Illustrationen in Verbindung mit literarischen Texten zu bringen. Die Kreide- und Kohlezeichnungen von Wiebke Loseries entstehen nach eigener Aussage der Künstlerin spontan und sind nicht im Vorfeld geplant. Loseries meinte dazu: „Ich lege dann einfach los und der Strich sucht auf dem Papier“. Dabei spiegeln die Werke in vielen Fällen Lebenserfahrungen wider. Zum Zeichnen ist die Künstlerin durch ihr Studium der Angewandten Kunst in Schneeberg gekommen, währenddessen sie auch bereits mehrmals grafische Werke ausstellte. Die Reaktionen der anwesenden Gäste waren durchgehend sehr positiv. Heinke Bräuer sprach beispielsweise von einem „sehr schönen Dialog“ der Texte und grafischen Arbeiten. Diese Ansicht wurde von vielen weiteren Besuchern geteilt und das, obwohl die Texte und Grafiken vollkommen unabhängig voneinander entstanden sind. Dr. Heinz Winkelmann meinte sogar, „da könnte man gut ein Buch daraus machen“. Ein interessanter Gedanke, den auch Organisator Matthias Dettmann und einige andere Gäste aufnahmen. Da bereits weitere Zusammenarbeiten der beiden Künstler in Zukunft angedacht sind, könnte dieser Wunsch durchaus wahr werden. Wer die Eröffnung verpasst hat, der hat noch bis zum 10. Juli Zeit, sich die Ausstellung anzusehen oder am besten gleich direkt am Künstlergespräch mit Wiebke Loseries und Hagen Süd am 19.6.2010 um 19:30 Uhr in der Galerie am Alten Markt teilzunehmen.

4. Juni 2010 | Weiterlesen
Vorstellung des neuen Risse-Heftes

Vorstellung des neuen Risse-Heftes

Literatur im Bunker – na das ist doch mal eine tolle Abwechslung. Die Mittagshitze ermüdet zwar nicht mehr Geist und Glieder, die Abendsonne hat es aber dennoch ganz schön in sich. Da macht sich schon ein wenig Erleichterung unter den wartenden Literaturfreunden breit, als endlich der Einlass in die frühere Kriegsfestung gewährt wird. Drinnen ist von wärmenden Sonnenstrahlen keine Spur mehr, stattdessen wird buntes Licht von den dicht plakatierten Wänden und den Schallplatten an der Decke der Cocktailbar reflektiert. Die Tischgruppen vor der kleinen Bühne sind fast vollständig besetzt, kuschelige Stimmung kommt trotzdem nicht auf. „Schön frisch ist es hier“, ja sogar fast das gleiche Klima wie im Literaturhaus, könnte man meinen. Und der Vergleich ist gar nicht mal so weit hergeholt. Tatsächlich wird die Vorstellung des neuen Bands der „Risse“ vom Bunker, der Denkmalpflege und dem Literaturhaus präsentiert. Eigentlich sollte sie auch in letzterem stattfinden, allerdings verzögert sich dort noch der Umbau, sodass nicht genug Räumlichkeiten zur Verfügung stehen und die heutige Veranstaltung kurzerhand in den Bunker umverlegt werden musste. Zum Trost erwarten die Gäste eine durchaus reizvolle Umgebung und ein kostenloses Buffet für hinterher. In diesem Ambiente soll also die Präsentation des neuen Risse-Heftes, inzwischen schon die 24. Ausgabe, stattfinden. Seit 1997 gibt der gleichnamige Verein zwei Mal im Jahr die Literaturzeitschrift heraus, an der jeweils verschiedene Autoren der näheren und weiteren Umgebung mitwirken. Drei Autoren der aktuellen Ausgabe waren zur Buchpremiere erschienen, um aus ihren Beiträgen vorzulesen und Lust auf mehr zu machen. Die erste dieser Autoren war die Rostockerin Daniela Boltres. Die gebürtige Rumänin hatte sich schon am letzten Risse-Heft mit einem Lyrik-Text beteiligt, in der aktuellen Ausgabe stellt sie einen Teil aus ihrem Romanprojekt vor. Daniela Boltres schreibt in drei Sprachen, inhaltlich beschäftigen sich ihre Texte vorwiegend mit ihrem eigenen bewegten Leben. Zu Beginn liest die Autorin nur gefühlte zwei Sätze vor, blättert dann in ihren Textseiten, wechselt unvermittelt die Sprache und liest einen anderen Text, der mir unverständlich bleibt. Nach einer Weile kehrt sie wieder ins Deutsche zurück: „Wenn es schneit, wenn es schneit, erinnere ich mich an meine Mutter …“ Es folgt eine Reihe gefühlsintensiver Gedankenbeschreibungen, die nicht immer nur farbenfroh und glücklich sind. Nach diesen interessanten Eindrücken betritt der Berliner Oliver Kluck die kleine Bunker-Bühne. Dieser begann einst in Rostock ein Studium für Ingenieurwissenschaften, entschied sich später aber für Prosa in Leipzig. Ein Glück, möchte man sagen. Im Risse-Heft wurde ein Auszug aus seinem ersten Roman abgedruckt, zur Premiere wollte er allerdings eine andere Textstelle vorlesen. Später blieb jedoch noch mehr Zeit als erwartet, sodass der junge Autor spontan auch aus dem Heft einen Ausschnitt vortrug. Zum Schluss las schließlich auch noch die Rostockerin Frauke Kieffer aus dem Risse-Heft vor, für die es bereits der dritte Text in den Heften ist. Als ihre Markenzeichen werden Kurzprosa und trockener bis schwarzer Humor genannt. In ihrem vorgestellten Text geht es um den seltsamen Herren Magnus Braderson, der durchaus zum Weiterlesen verführt. Wie im Flug scheint die Zeit vergangen zu sein, viel zu schnell ist die Lesung zu Ende. Auf alle Interessierten und Literaturhungrigen warteten im Anschluss nicht nur das erwähnte Buffet, sondern auch Gespräche mit den Autoren und natürlich der mögliche Erwerb der Risse-Hefte. Auch die Webseite des Risse-Vereins soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.

4. Juni 2010 | Weiterlesen
6. Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft

6. Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft

Gesundheit ist nicht nur der Zustand des Wohlergehens, sondern auch ein enormer Wirtschaftsfaktor. Die medizinische Versorgung gilt als einer der größten Kostenfaktoren der Volkswirtschaft und zählt zugleich zu den wachsenden Wirtschaftsmärkten. Um die Chancen und Probleme der Branche auszuloten, trafen sich am 2. und 3. Juni etwa 600 Vertreter der Bereiche Gesundheit, Politik und Wirtschaft aus dem In- und Ausland zur „6. Nationalen Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft“ im Kongresszentrum Höhe Düne in Rostock. Unter dem Motto „Krisenfest durch Qualität und zukunftssicher durch Innovation“ diskutierten die Experten aktuelle Fragestellungen und potenzielle Lösungen. Neben ausgewählten Fachthemen wie Versorgungskonzepten bei Volkskrankheiten, Gesundheitstourismus, medizinische Innovationen und Wissensentwicklung im Zeitalter von Web 2.0 ging es auch um die Bedeutung der Gesundheitsbranche allgemein. Laut Bundesgesundheitsministerium liegt der gesamte Jahresumsatz der Gesundheitswirtschaft in Deutschland bei 280 Milliarden Euro, die Zahl der Beschäftigten bei 4,6 Millionen. „Die Gesundheitswirtschaft ist eine vergleichsweise krisensichere Branche“, stellte der Ministerpräsident Erwin Sellering auf der Konferenz fest: „Mehr als angenommen ist sie ein Wachstumstreiber und deshalb wollen wir sie weiter ausbauen und entwickeln.“ Mit 12% am Bruttoinlandsprodukt hat die Gesundheitswirtschaft im Vergleich zu anderen Bundesländern in Mecklenburg-Vorpommern eine überdurchschnittlich hohe Bedeutung. Hier beträgt das Umsatzvolumen 4,2 Milliarden Euro und bietet Arbeitsplätze für 86.000 Beschäftigte. „Die Gesundheitswirtschaft ist eine Stärke unseres Landes“, sagte Wirtschaftsminister Jürgen Seidel. Diese zu entwickeln und deutlich nach außen zu tragen sei nur vernünftig. Jedoch möchte er sich nicht nur auf Dienstleistungen verlassen. Wertschöpfung sei auch über industrielle Entwicklung nötig, betonte Jürgen Seidel und verwies als Beispiel auf die in Rostock entwickelte Medizintechnik. 130 Unternehmen sind im Bereich der Biotechnologie in Mecklenburg-Vorpommern tätig. Für Forschung mit besonderem Augenmerk auf die Anwendungsorientierung werden im Land 155 Millionen Euro eingesetzt. „Wir wollen uns als das Kompetenzzentrum etablieren und die internationale Zusammenarbeit in der Ostseeregion intensivieren“, fasst der Wirtschaftsminister seine Ziele zusammen. Birgit Fischer, Vorsitzende der Barmer GEK, vertrat auf der Konferenz die Sicht der Krankenkassen und forderte, dass Gesundheit für alle bezahlbar bleiben muss. Sie bemängelte vor allem Strukturschwächen. Hier fehle es an Abstimmung. „Das ist eine Frage der Organisation und nicht des Know-hows“, wies sie auf Verbesserungspotenziale hin. Bei der Frage, wie individuell auf die Patienten eingegangen werden kann, plädierte sie für Prioritätensetzung. „Priorisierung heißt nicht Leistungsbegrenzung, sondern beinhaltet die Frage, welche Behandlung für den Patienten die wirkungsvollste ist.“ Einem Präventationsgesetz gegenüber zeigte sich Fischer aufgeschlossen, es käme aber auf die Umsetzung und die Verteilung der vorhandenen Mittel an, betonte sie. Das Thema Kosten und seine Gesundheitspauschale hinderten Gesundheitsminister Philipp Rösler gestern am Kommen. Statt auf der Branchenkonferenz in Warnemünde zu reden, hieß es für ihn ab zum Rapport bei der Kanzlerin. Vertreten wurde er vom parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Hans-Joachim Otto. Dieser unterstrich noch einmal, dass sich die Gesellschaft auf veränderte Altersstrukturen einstellen müsse, was künftig einen Mehrbedarf in den Bereichen Pflege und Betreuung mit sich brächte. „Die Steigerung von Lebensqualität im Alltag wollen wir uns auch zukünftig leisten können“, betonte Otto. Die Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft ist 2004 ins Leben gerufen worden. Seither erfreut sie sich deutschlandweit beachtlicher Resonanz. Dass die Teilnehmer auch hinter dem stehen, was sie sagen und beispielsweise selbst aktiv werden, wenn sie zur Gesundheitsvorsorge mehr Bewegung anmahnen, konnten sie in einer Bewegungspause unter Beweis stellen, die von der Olympiasiegerin Heike Drechsler angeleitet wurde. Im nächsten Jahr soll sich die Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft international aufstellen und auf den Ostseeraum erweitert werden.

4. Juni 2010 | Weiterlesen
Klassik trifft Pop in der HMT

Klassik trifft Pop in der HMT

Nach etwas ungemütlichen Überraschungen zum Wochenanfang war gestern wohl einer der bisher schönsten Tage des Jahres. Da wird man beinahe optimistisch und glaubt noch an einen verspäteten aber heißen Sommer. Die Sonnencreme war da definitiv die richtige Entscheidung, meine Sonnenbrille hab ich den ganzen Tag über vermisst – sogar abends noch. Da könnte man fast meinen, die Sonne will sich bei der erstbesten Gelegenheit gleich für den ganzen langen und üblen Winter revanchieren. Wer hätte da was dagegen? So war es auch zum Abend hin noch herrlich angenehm warm mit einer leichten Brise in der Luft, als ich auf dem Weg zur HMT war. Dort sollte unter dem viel versprechenden Titel „Klassik trifft Pop“ ein Gesangsabend mit Studenten der Hochschule stattfinden. Das Motto des Abends ließ jedenfalls schon mal auf ein abwechslungsreiches und unterhaltsames Programm hoffen. Nach anfänglichen Orientierungsschwierigkeiten fand auch ich mich vor dem Kammermusiksaal der HMT ein, wo schon andere Musikinteressierte und Eltern der Studenten auf den Einlass warteten. Die letzten Proben schienen allerdings noch im vollen Gange zu sein, sodass das Warten ein erstes Überfliegen des Programmheftes ermöglichte, welches überraschend schnell vergriffen war. Im Gegenzug wurde der Gesangsabend ohne Umschweif begonnen. Später sagte man, dass eine Begrüßung und Einleitung in den Abend nicht für nötig gehalten wurden und man deshalb darauf verzichtet hatte. So begann das Programm mit „Wouldn’t It Be Loverly“ aus dem Musical „My Fair Lady“, vorgesungen von einer Studentin mit dem schönen Namen Coco Joura, die auf dem Klavier begleitet wurde. Ein gelungener Anfang, der das Publikum begeisterte und die Erwartungen für den weiteren Abend stark anhob. Etwas dramatischer hingegen wurde es schon beim zweiten Lied. Die Studentin Rebekka Bernstein sang die Arie der Eurydike aus der Oper „Orpheus und Eurydike“, der Übergang zwischen Pop und Klassik war dabei fast unmerklich und sehr gelungen. Einen Sprung zurück zum Pop machte Lea Peters wieder beim nächsten Stück, als sie in Klavierbegleitung Karla Bonoffs „Goodbye My Friend“ sang. Etwas Abwechslung und Auflockerung der Stimmung brachten anschließend Maria Likhtermann und Frider Post, die gemeinsam das Duett „Là ci darem La mano“ aus Mozarts Oper „Don Giovanni“ zum Besten gaben. Das Zusammenspiel beider Sänger vor den anmutenden Klängen des Flügels zog dabei nicht nur mich in seinen Bann. Besondere Highlights waren später noch Hsin-Han Chang, die bei „My All“ mit Gitarre und Percussion begleitet wurde und für deren Stimme ich mich schon bei früheren HMT-Veranstaltungen begeistern konnte. Genauso wie Johannes Jenß, der Jamie Cullums „Photograph“ gleichzeitig auf dem Flügel spielte und sang. Den unumstrittenen Höhepunkt und gleichzeitigen Abschluss des Abends stellte Robbie Williams „Angels“ dar, welches von fast allen Sängern des Abends gemeinsam und mit großer Begeisterung auf der Bühne gesungen wurde. Insgesamt war es ein sehr gelungener Abend, den die HMT mit ähnlichem Programm hoffentlich wiederholen wird.

4. Juni 2010 | Weiterlesen
Stadt-Umland-Enwicklung = Regiopole?

Stadt-Umland-Enwicklung = Regiopole?

Erwin Sellering als Gärtner von Ole von Beust und Klaus Wowereit? Mecklenburg-Vorpommern als Garten der Metropolen Hamburg und Berlin? Fragen, denen sich gestern das 8. Symposium zum Thema „Stadt-Umland-Entwicklung – Konzepte und Visionen“ in unserer Hansestadt widmete. Veranstaltet vom Wissenschaftsverbund Um-Welt (WVU) der Universität Rostock und dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur (StAUN) trafen sich gestern rund 100 Politiker und Wissenschaftler, um sich über eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raumes auszutauschen. Drei Konzepte und Visionen standen im Mittelpunkt der Veranstaltung: die „Nord-Süd-Initiative“, der „Garten der Metropolen“ sowie die „Regiopole Rostock“. Björn Swinarski von der IHK zu Rostock stellte die „Nord-Süd-Initiative“ vor. Sie hat sich die Entwicklung eines neuen Wirtschaftsraumes auf die Fahnen geschrieben. Nicht ganz unbescheiden gleich den kompletten „Wirtschaftsraum Zentraleuropa“. Von Skandinavien bis zur Adria soll er reichen. 21 Partner haben sich dafür zusammengeschlossen. Abzüglich der Industrie- und Handelskammern schrumpft die Zahl auf 10, darunter vorrangig Unternehmen aus der Transport- und Logistikbranche. Dies lässt erahnen, in welche Richtung das Ganze geht – in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Die Transeuropäischen Verkehrsachsen sollen über Berlin und Rostock bis nach Kopenhagen ausgebaut werden. Ob eine Transitstrecke für den Güterfernverkehr hilfreich ist, um den ländlichen Raum nachhaltig zu entwickeln?  Diese Frage dürfte sich auch Dr. Jan Dieminger vom Landesumweltamt Güstrow gestellt haben. „Ob wir noch mehr Wirtschaftswachstum und noch mehr Verkehr in unserem Land tatsächlich brauchen“, lautete sein Einwand. Gerade bei der „Nord-Süd-Initiative“ würde er die Nachhaltigkeit vermissen. „Nachhaltigen Umweltschutz oder eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung“, wie an diesem Tag oft angeführt, würde es für ihn nicht geben, so Dieminger, „es kann nur eine nachhaltige Gesamtentwicklung geben.“ Prof. Dr. Wolfgang Nieke von der Uni Rostock pflichtete ihm bei. An oberster Stelle steht laut UNO der Schutz der Ressourcen. „Das Wirtschaftswachstum soll, wenn möglich, davon nicht beeinflusst werden.“ Politiker drehen das leider etwas um und setzen das Wirtschaftswachstum an die erste Stelle. „Da müssen wir aufpassen, dass uns der Nachhaltigkeitsgedanke nicht als kleine grüne Blume an der Seite herunterfällt“, so Nieke. Der „Garten der Metropolen“ lasse schon gewisse Assoziationen zu den„blühenden Landschaften“ aufkommen, gab Prof. Dr. Peter Adolphi von der Akademie für nachhaltige Entwicklung M-V zu, „doch lassen sich blühende Landschaften nicht herbei subventionieren.“ Der „Garten der Metropolen“ sei dabei kein Konzept, erläuterte Adolphi, sondern vielmehr eine Vision, ländliche Gebiete als lebenswerte Räume erhalten, entwickeln und gestalten zu können. „Nachhaltige Entwicklung ist, obwohl inflationär verwendet, eigentlich weitgehend ein nicht verstehbarer Begriff“, so Adolphi. Ein Zitat aus den Reihen von Greenpeace würde es für ihn treffend umschreiben: „Mehr Zufriedenheit mit weniger Ressourcenverbrauch“. Interessant sei an dieser Sichtweise, dass „mehr Zufriedenheit“ für jeden Einzelnen eine sehr unterschiedliche, ganz individuelle Bedeutung haben kann. Auffallend wäre natürlich, dass derzeit eher das Gegenteil der Fall ist – mehr Ressourcenverbrauch und dennoch weniger Zufriedenheit. „Wenn die Individualität der Zufriedenheit zutrifft, dann sollte man bitte auch die Ausführung den Individuen überlassen.“ Klingt etwas gelb, sei aber nicht so gemeint. Vielmehr hätten die ländlichen Räume die Chance, autark zu wirtschaften, Ihre Angebote individuell zu gestalten, sich auf die vermögenden Metropolen zu beziehen und von diesen zu profitieren. Der Gärtner sei nämlich keineswegs zu diskreditieren. Er kann sich selbst versorgen und – zumindest teilweise – unabhängig leben. Auf den ländlichen Raum übertragen, muss er beispielsweise keinen Strom und keine Wärme kaufen (Bioenergie-Dörfer sind ein aktuelles Projekt) oder kann Teile der Entsorgung selbst auf dem Komposthaufen vornehmen. Der Garten sei für ihn das Bild eines kleinteiligen Wirtschaftsraums, der sehr dicht am Verbraucher sei. Gerade hier hätte der Raum zwischen Hamburg und Berlin große Potenziale. Nicht die Verzichtsdiskussion sei dabei das Thema, sondern vielmehr die Konzentration auf das, was wirklich gewollt wird. Was kann ich zu welchen Kosten mit den vorhandenen Ressourcen in meiner Gemeinde erreichen, wie bleibt die Wertschöpfung im Dorf? Der Verzicht auf Überflüssiges stelle sich dabei von ganz alleine ein, so Adolphi. Nachhaltigkeit im ländlichen Raum mal auf eine etwas andere, dezentrale Weise betrachtet – charmant und interessant! Weitere Informationen – auch zu dem mit immerhin 10.000 Euro dotierten Zukunftspreis der Akademie – gibt es unter http://www.nachhaltigkeitsforum.de. Regiopole – mehr als nur ein schicker Begriff für all die Städte, bei denen es nicht zur Metropole reicht, die sich aber für mehr als nur ein Oberzentrum halten? Dieser Frage ging Gerd Schäde vom Regionalen Planungsverband Mittleres Mecklenburg/Rostock nach. Elf Metropolregionen gibt es in Deutschland, darüber hinaus zahlreiche Oberzentren. Nun gibt es einige größere Mittelstädte, die eine Dynamik entwickeln, welche über die normaler Oberzentren hinausgeht. Entstanden an der Universität Kassel, ist der Begriff Regiopole bisher nicht viel mehr als ein Begriff. An der Anerkennung durch die Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) werde aber bereits gearbeitet. Die Regiopolregion Rostock soll als wirtschaftliches, soziales, wissenschaftliches und kulturelles Zentrum des Landes ausgerichtet werden. „Letzten Endes geht es immer und überall ums Geld“, so Schäde. Der Regiopolstatus muss im Finanzausgleich entsprechende Berücksichtigung finden. Das Ziel sei es, „als Wirtschaftsraum Rostock in der zweiten Wirtschaftsliga Deutschlands zu bleiben“, betonte Schäde. In die erste Liga sei es kaum zu schaffen, aber „wir wollen natürlich auch nicht absteigen wie Hansa.“ Neben qualitativem Wachstum in der Regiopole auch „gesundes, intelligentes Schrumpfen“ zu beherrschen, wird in der Zukunft zur Nagelprobe werden, machte Schäde die Problematik deutlich, die der Bevölkerungsrückgang ganz unweigerlich mit sich bringe. „Rostock ist unser wirtschaftliches und kulturelles Zentrum hier in der Region, aber um zu einer Regiopole zu werden, haben wir noch ein ganzes Stück zu tun“, brachte Dr. Rainer Boldt, stellvertretender Landrat im Landkreis Güstrow, seine Bedenken zum Ausdruck. „Eine Zusammenarbeit in der Region setze voraus“, so Boldt, „dass man Vertrauen zueinander hat und dass alle Seiten das Vertrauen haben, dass es jedem etwas bringt.“ Das Kirchturmdenken sei jedoch leider überall – auch hier in Rostock – noch ziemlich verbreitet. So verschieden die Konzepte und Visionen auch waren, zeigen sie doch, dass es verschiedene Möglichkeiten für die Entwicklung des ländlichen Umgangs und die Zusammenarbeit mit den Städten gibt. Änderungen sind unumgänglich, allein schon aufgrund des demografischen Wandels. Es gibt jedoch mehr als nur Politik, Raumordnung und Landschaftsplaner. „Man sollte sich davor hüten, der bessere Raumordner für jeden Bürger zu werden“, brachte es Prof. Adolphi auf den Punkt. Hans-Joachim Meier vom StAUN wies zum Abschluss noch einmal auf die 11. Regionale Nachhaltigkeitsausstellung hin, die im Rahmen des Symposiums eröffnet wurde. Der eigentlich geplante Rundgang durch die Posterausstellung fiel diesmal etwas knapp aus – das Wetter war wohl einfach zu schön und lockte die Teilnehmer zur Mittagszeit doch eher nach draußen. Neben den bereits beschriebenen drei Projekten finden sich hier weitere interessante Themen, beispielsweise ein Planungsleitfaden für ein barrierefreies Rostocker Stadtzentrum. Bis zum 18. Juni ist die Ausstellung noch in der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock zu sehen. Vom 12. Juli bis zum 13. August ist sie im Umweltamt Rostock zu Gast, anschließend in Güstrow und Bad Doberan.

3. Juni 2010 | Weiterlesen
Zirkus Probst und Zirkus Fantasia

Zirkus Probst und Zirkus Fantasia

„Jaaaaaaallijallijallijalli!“ Nicht nur ich, auch einige ahnungslose Touristen drehen sich verwundert um auf der Suche nach dem Ursprung dieses ungewohnten Geräusches. Und der ist nicht allzu schwer zu finden. Zwei junge Frauen versuchen gerade mühsam ein störrisches Eselpärchen, ganz wie aus dem Bilderbuch, am Ufer des Rostocker Stadthafens entlang zu führen – eigentlich kein ungewöhnlicher Anblick mehr, baut dort doch seit heute Zirkus Probst seine Zelte auf. Bei einem kleinen Rundgang wird schnell deutlich, mit wie vielen Wagen und Gepäck der Zirkus eigentlich unterwegs ist. Besonders faszinieren die wenigen Schaulustigen natürlich die Tiger, die in einiger Entfernung in der Mittagssonne dösen. Aus einem Anhänger lukt neugierig ein imposantes Kamel, die schönen Schimmel dürfen gerade ihr vorübergehendes neues Heim beziehen und lenken dabei so einige Aufmerksamkeit auf sich. Mein Ziel ist allerdings das Zelt auf der anderen Seite, im Zirkus Fantasia – ohne Tiere. Dort soll heute das Programm für die kommende große Geburtstagsgala beider Zirkusse vorgestellt werden, die in diesem Jahr zusammen 80 Jahre alt werden. Anlässlich des großen Jubiläums wird es am 11. Juni um 15:00 Uhr eine gemeinsame Show beider Zirkusse geben. „Das ist eine einmalige Vorstellung, so etwas wird es sicher nicht noch einmal geben“, sagt Patrick Adolf vom Zirkus Probst zu dem großen Vorhaben. In der Geburtstagsgala werden die beiden sehr unterschiedlichen Zirkusformen unter dem Dach des Zirkusses Probst miteinander vereint, das Programm steht jetzt schon fest. Zu den Highlights der Show zählen die Tiger, die mongolischen Artisten, der Haustierzirkus und das Tennis-Hochrad-Jonglage-Theater von Fantasia. Dabei werden sich beide Zirkusse in den Showeinlagen abwechseln und teilweise sogar vermischen. „Unser Ziel ist, dass man nicht merkt, wer die Profis und wer die Amateure sind“, sagt Patrick Adolf. Auch der achtjährige Alexander Probst, Sohn von Rüdiger Probst, wird bei der Geburtstagsgala zum ersten Mal richtig in der Manege auftreten. „Für uns steht der Spaß im Vordergrund“, sagt Arne Feuerschlund, der selbst Artist und Projektleiter im Zirkus Fantasia ist. Da beim Mitmach-Zirkus sicher noch keiner der jungen Artisten vor einem so großen Publikum aufgetreten ist, wird keine Perfektion erwartet und es werden sich viele Überraschungen erst während der Vorstellung ergeben. Fantasia ist als stationärer Zirkus jährlich von Mai bis Ende Oktober im Rostocker Stadthafen angesiedelt. Seine erste Saison hatte er 1996, seitdem hat er sich von Jahr zu Jahr weiterentwickelt und nicht nur an Quantität sondern auch an Qualität stark hinzugewonnen. Neben Projekten mit Schulen und fast täglichen Kursen vom Jonglieren bis zur Feuershow gibt es ein buntes Programm, welches Theaterstücke, Konzerte, Infoveranstaltungen und Filmabende beinhaltet. Nichtsdestotrotz stellt die große Jubiläumsgala für beide Zirkusse einen besonderen Höhepunkt der Saison dar. Der Eintrittspreis von zehn Euro (pro Person, ab sechs Jahren) kommt der Projektarbeit des Zirkus Fantasia zugute. „Wir hoffen, dass wir ein volles Zirkuszelt bekommen“, sagt Arne Feuerschlund mit ungebrochenem Optimismus. Wir hoffen es auch!

3. Juni 2010 | Weiterlesen
Dünenkataster zeigt Küstenveränderungen

Dünenkataster zeigt Küstenveränderungen

Neben der Ausstellungseröffnung mit Fotografien von Holger Blau gab es am Freitag ein weiteres sehr interessantes Thema im Staatlichen Amt für Umwelt und Natur (StAUN) Rostock. Es ging um den Hochwasserschutz an der Ostsee und um die Dünen. Um Sicherheit auch bei extremen Sturmfluten zu gewährleisten, werden mehr als 100 Kilometer der Küste Mecklenburg-Vorpommerns durch Dünen geschützt. Anders als Deiche sind Dünen jedoch bei Hochwasser beweglich und es finden ständig Umlagerungen statt. Um Aufschluss über den Zustand der Dünen zu erhalten und bei Durchbruchsgefährdung schnell reagieren zu können, wurde nun ein teilautomatisiertes Dünenkataster entwickelt. Auf Grundlage regelmäßiger Vermessungen können so langfristige Küstenveränderungen dokumentiert werden. Diese Daten sind auch für die Beurteilung der Klimaentwicklung und deren Auswirkung auf den Küstenrückgang von Bedeutung. „Mithilfe eines Computerprogramms kann jetzt auf die ursprüngliche Düne, welche dem geforderten Soll-Zustand entspricht, der aktuelle Ist-Zustand wie eine Schablone gelegt werden. Auf diese Weise wird sofort erkennbar, wo es welche Veränderungen gegeben hat und wo eventuell eingegriffen werden muss,“ beschreibt Hans-Joachim Meier, Leiter des Staatlichen Amtes für Umwelt und Natur Rostock (StAUN) das Prinzip des neuen Werkzeugs für die Umweltverwaltung im Land. Seit 1993 werden die Küstenflächen in Zeitabständen von fünf bis sieben Jahren vermessen, nach Sturmfluten auch häufiger. Bisher erfolgte die Vermessung vom Land aus. Zukünftig werden die Dünen vom Hubschrauber aus aufgenommen. „Die Daten der Luftbilder stehen uns dann bereits nach 48 Stunden zur Verfügung. Diese sind dann Planungsgrundlage für die Reparatur oder den Neubau von Dünen,“ erklärt Knut Sommermeier von der Abteilung Küste die Vorteile der neuen Methode. „Mit dem Kataster konnte man gut erkennen, wie sich das Dünenprofil abgearbeitet hat“, veranschaulicht Hans-Joachim Meier die Funktionsweise des neuen Dünenkatasters am Beispiel der kürzlichen Dünenabbrüche in Graal-Müritz und Markgrafenheide, die mit Ausnahme der eingedeichten Ortskerne, allein durch Dünen geschützt werden. Die Erfordernisse einer Düne für den Küstenschutz sind nicht überall gleich, sondern standortabhängig. Entscheidend sei der Dünenfuß. Mit 30 bzw.35 Metern sei die Breite der Dünen hier jedoch ausreichend, beruhigt der Chef des StAUN Rostock. Für den Naturschutz gelten jedoch andere Maßstäbe. Um den auf Dünen lebenden Tieren und Pflanzen ausreichend Rückzugsmöglichkeiten zu bieten, werden hier höhere Werte angesetzt.

3. Juni 2010 | Weiterlesen
Neuer Hubschrauber am Südstadt-Klinikum

Neuer Hubschrauber am Südstadt-Klinikum

„Jede Minute zählt“, betonte Manuela Schwesig, Ministerin für Soziales und Gesundheit in Mecklenburg-Vorpommern, heute in ihrer Ansprache zur offiziellen Einweihung des neuen Intensivtransport-Hubschraubers am Klinikum Südstadt. Der Regionalvorstand der Johanniter in Mecklenburg-Vorpommern Nord, Frank Baudisch, ergänzte: „Je schneller ein Patient behandelt werden kann, desto besser stehen seine Heilungschancen“. Besagte Heilungschancen dürften sich durch die Anschaffung des neuen Hubschraubers in Notfällen deutlich verbessert haben. Es handelt sich dabei um einen Eurocopter AS 365 N (Dauphin II) der Leistungsklasse 1, nach den Betriebsvorschriften für den Verkehr mit Helikoptern. Betrieben wird der Hubschrauber durch die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Kooperationspartner sind die Rotorflug GmbH und das Klinikum Südstadt. Diese Kooperation besteht bereits seit 17 Jahren mit einem bis heute unveränderten Team von Notärzten, Piloten und Rettungsassistenten. Das neue Modell, das bereits seit April im Einsatz ist, ersetzt nun das Vorgängermodell nach 4.300 geflogenen Einsätzen. Der Helikopter kommt auf eine Fluggeschwindigkeit von 300 km/h, bei einer Reichweite von etwa 1.000 km pro Tankfüllung. Damit ist nicht nur ein Einsatz in Deutschland, sondern auch im benachbarten Ausland möglich. Ganz Mecklenburg-Vorpommern kann so innerhalb von 40 Minuten erreicht werden, Stralsund beispielsweise in 19 Minuten, und selbst München kann in weniger als drei Stunden angeflogen werden. Der Hubschrauber ist bei Bedarf zudem rund um die Uhr im Einsatz. Im Vergleich zum Vorgänger können außerdem mehr Personen und mehr Technik im Hubschrauber untergebracht werden, wodurch auch eine bessere Versorgung der Patienten gewährleistet wird. Neben Pilot, Notarzt, Rettungsassistent und Patient finden drei weitere Personen Platz an Bord. Der Vierblattrotor gewährleistet zudem einen besonders schwingungsarmen Flug. Etwa 100 Gäste hatten sich zur Einweihung am Hangar der Klinik eingefunden. Begrüßt wurden sie von Hans-Joachim Woller, dem Landesvorstand Nord der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Nach der Ansprache von Ministerin Schwesig, die sich über „Kaiserwetter“ freuen durfte, nahm Pastor Henry Lohse die Einweihung vor. „Einen Hubschrauber einzuweihen, das ist auch in meiner 35-jährigen Amtszeit Neuland“, freute sich dieser über die ihm zuteilwerdende Ehre. Die Redner betonten in ihren Grußworten die große Bedeutung des Hubschraubers für ein großes, aber dünn besiedeltes Land wie Mecklenburg-Vorpommern. Dr. Baetgen, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der in Mecklenburg-Vorpommern tätigen Notärzte e.V., sprach von einem „beeindruckenden Instrument moderner Intensivtransporte“. Und auch der ärztliche Direktor des Klinikums Südstadt, Professor Dr. Ludwig, bezeichnete den Helikopter als eine einmalige Möglichkeit zur Verlegung Intensivkranker Erwachsener und Kinder. Dies wird auch durch die zunehmende Spezialisierung von Kliniken immer wichtiger. Im Anschluss an den offiziellen Teil der Veranstaltung konnten die geladenen Gäste und Schaulustigen noch einen Blick in den Helikopter werfen, sich mit der Besatzung unterhalten oder sich am Buffet stärken. Bleibt nur noch, der Besatzung um Pilot Uwe Kunze viel Erfolg für die zukünftigen Rettungseinsätze zu wünschen.

2. Juni 2010 | Weiterlesen
Mentoring-Programm wird „Ausgewählter Ort 2010“

Mentoring-Programm wird „Ausgewählter Ort 2010“

„Leidenschaft und Visionen – das brauche man, um ein Unternehmen erfolgreich zu gründen. Was man darüber hinaus noch benötigt, lernt man am Besten von einem erfahrenen Unternehmer“, so die Moderatorin Michaela Mann anlässlich der Festveranstaltung zur Auszeichnung des Mentoring-Programms M-V mit dem Preis „Ausgewählter Ort 2010“ am Montag in Rövershagen. Fünf Jahre gibt es nun schon diese Initiative des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Die Idee: ausgezeichnete Geschäftsideen und Fachwissen von Existenzgründern mit der unternehmerischen Kompetenz gestandener Manager zu verknüpfen, um marktfähige Produkte umzusetzen und Unternehmen auf einen erfolgreichen Weg zu bringen. Über 100 Tandems, bestehend jeweils aus einem Mentor und Gründer (Mentee), haben bislang in allen Branchen an dem Programm teilgenommen und Firmen gegründet. Die Mentoren unterstützen die Gründer, indem sie diese an ihren Kenntnissen und Fähigkeiten teilhaben lassen und Ratschläge für die Geschäftsentwicklung vermitteln. Auf diese Weise sollen typische Anfängerfehler und Risiken vermieden werden. Gleichzeitig wird der wertvolle Zugang zu Entscheidungsträgern, Netzwerken und auch zur Finanzierung erleichtert. Auch für die Mentoren stellt die enge Zusammenarbeit eine Bereicherung dar. Die Mentorin Dr. Dagmar Braun sagte beispielsweise: „Die Begleitung von jungen Leuten auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit bringt mir Einblicke in neue Technologien und beflügelt meine eigene Fantasie. Mentoring macht immer dann besonders viel Spaß, wenn es sich um eine Win-win-Situation für alle Beteiligten handelt.“ Robert Dahl, der seit 18 Jahren erfolgreicher Unternehmer ist, unterstützt das Programm als Mentor ebenfalls gern. Er selbst habe in seinem Vater einen Mentor gefunden. Für jene, bei denen diese Möglichkeit nicht besteht, biete das Mentoring-Programm einen hervorragenden Ersatz. Der Inhaber von Karls Erlebnisdorf ließ sich von den künstlerischen Ideen Jörg Schlinkes überzeugen, der ein spezielles Herstellungsverfahren von Kletterwänden und anderen gegossenen Formelementen entwickelte. Er beauftragte ihn auf seinem Gelände einen Wasserspielplatz, die „Ferkelskuhle“, zu bauen. Bei den Gästen erfreut sich dieser jetzt großer Beliebtheit und bescherte Jörg Schlinke weitere Aufträge. Das Mentoring-Programm M-V wurde nun mit dem Preis „Ausgewählter Ort 2010“ des bundesweit ausgetragenen Innovationswettbewerbs „365 Orte im Land der Ideen“ ausgezeichnet, welcher von der Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ und der Deutschen Bank unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler durchgeführt wird. Auch wenn der Bundespräsident am Tag der Preisverleihung seinen letzten Amtstag hatte, „bleibt die Leistung der Beteiligten am Mentoring-Programm natürlich sehr bedeutsam“, würdigte Staatssekretär Rüdiger Möller, der den Wirtschaftsminister Jürgen Seidel vertrat, das Engagement. Er unterstrich die positive Rolle der Unternehmer, die Arbeitsplätze schaffen und für ein attraktives Angebot von Produkten und Dienstleistungen sorgen. „Davon profitiere schließlich auch der gesamte heimische Wirtschaftsraum“, machte er deutlich. Aus mehr als 2.200 eingereichten Bewerbungen überzeugte das Mentoring-Programm M-V die Jury. Damit zählt das Projekt zu den 365 Preisträgern, die mit ihren zukunftsfähigen Ideen Deutschland als „Land der Ideen“ repräsentieren. Neben dem Mentoring-Programm wurden und werden in diesem Jahr vier weitere Initiativen des Landes geehrt. Im Vergleich zu anderen Bundesländern steht Mecklenburg-Vorpommern mit fünf Preisträgern an letzter Stelle. „Das ist eindeutig zu wenig“, war die Meinung mehrerer Redner auf der Festveranstaltung, auf der der Austausch zwischen Mentoren und Gründer in anschließenden Gesprächen beim „Mentoring-Menü“ und Musik fortgesetzt wurde.

2. Juni 2010 | Weiterlesen
Gentechnik-Prozess - Tumult im Amtsgericht

Gentechnik-Prozess - Tumult im Amtsgericht

Hausfriedensbruch – so lautet der Vorwurf des Staatsanwalts gegen drei mutmaßliche Genfeld-Besetzer, denen heute vor dem Amtsgericht Rostock der Prozess gemacht werden sollte. Am 3. April 2009 hatten etwa 20 Aktivisten ein Genversuchsfeld beim AgroBioTechnikum in Groß Lüsewitz nahe Rostock besetzt, um die Aussaat gentechnisch veränderten Saatguts zu verhindern. Das Feld wurde in einem Polizeieinsatz geräumt, doch die Sache sollte ein Nachspiel haben. Zum ersten Mal kam es bei dieser Sachlage in Deutschland tatsächlich zu einem Strafverfahren. Hausfriedensbruch wirft die Staatsanwaltschaft drei Besetzern vor. Gegen einen Strafbefehl über je 600 Euro legten diese Widerspruch ein, sodass für heute ein öffentliches Verfahren vor dem Amtsgericht Rostock angesetzt wurde. Dazu sollte es jedoch nicht kommen, der Prozess musste ausgesetzt werden, noch bevor er richtig begann. Andauernde Zwischenrufe machten einen geordneten Ablauf unmöglich. Während der Richter versuchte die Verhandlung zu eröffnen, ergriff einer der Angeklagten mehrmals das Wort, um eine Erklärung zu verlesen. Auch der Hinweis, bei Konfrontationen den Saal räumen zu lassen, hielt die Angeklagten und etwa 30 anwesende Sympathisanten nicht davon ab, mit unaufgeforderten Wortmeldungen, Pfeifen und Gesängen zu stören. Ein Prozessbeobachter nahm die Aufforderung, Mütze und Sonstiges abzunehmen, sogar wörtlich und begann sich gänzlich zu entkleiden. Ein anderer spielte auf der Mundharmonika. Nachdem der Richter den Raum kurzzeitig verlassen hatte, wurden Protestbanner ausgebreitet. Schließlich betraten zunächst die Justizbeamten und nur wenig später auch die Polizei den Gerichtssaal, um ihn zu räumen. Den Anweisungen der Polizei widersetzten sich die Protestierenden jedoch weiterhin. Einige hatten sich an den Stühlen mit Kabelbindern fixiert. Viele wurden herausgetragen. Auch auf dem Flur setzte sich die Auseinandersetzung fort. Während die Polizei versuchte, die Protestierenden zur Ruhe zu bringen, hielten diese mit Konfetti, Kronkorken und knallenden Luftballons dagegen. Auch außerhalb des Gerichtsgebäudes kam es noch zu tumultartigen Szenen. Sechs Personen wurden nach ersten Polizeiangaben in Gewahrsam genommen, um ihre Personalien festzustellen. Einer der Angeklagten beschwerte sich darüber, dass er von den Polizisten geschubst wurde. „Ich habe einen fairen Prozess erwartet, stattdessen hat der Richter autoritär abgeblockt“, sagt er über die Geschehnisse im Gerichtssaal. Ein anderer Angeklagter macht deutlich, dass die Protestierenden im Wesentlichen zwei Anliegen Ausdruck verleihen wollten. Zum einen wehren sie sich gegen die Agro-Gentechnik. Sie sehen in ihr eine erhebliche Gefahr für Mensch und Umwelt und betrachten sie als überflüssig. Zum anderen kritisieren sie die Rolle der Staatsorgane, die in ihren Augen dazu beiträgt, die grüne Gentechnik gegen den Willen einer Mehrheit der Bevölkerung durchzusetzen. Aus diesem Grund waren sie während des Verhandlungstermins auch nicht bereit dem Gericht Respekt entgegenzubringen, heißt es in einer Erklärung der angeklagten Anti-Gentechnik-Aktivisten. Das Verfahren wurde bis auf Weiteres ausgesetzt. Ein neuer Verhandlungstermin muss anberaumt werden.

1. Juni 2010 | Weiterlesen
Thomas Kapielski - Laudatio & Lesung

Thomas Kapielski - Laudatio & Lesung

„In Rostock war einem Manne um etwa die gleiche Zeit, nämlich vorige Woche, bei Neumond, kurz vor Frühlingsanfang die Zunge im Halse einer Bierflasche stecken geblieben.“ Mit einer charmanten ‚Fälschung‘ seines eigenen Textes begann Thomas Kapielski am Freitag seine Lesung im Literaturhaus und ließ das Berliner Kindl spontan zu einem Rostocker Pils werden. „Dies war erst gar nicht aufgefallen. Der Mann hockte tränenden Auges eine Pfeffer-Salz-Mostrich-Kombination fixierend seit Stunden gebeugt über der Flasche. Man wähnte ihn schlicht besoffen, bestenfalls nachdenklich, hatte es in Wahrheit aber mit einem Verzweifelten zu tun, der sich heimlich mühte, seine festgesaugte Zunge aus der Flasche zu ziehen.“ Mit seinem Humor sorgt Kapielski für die ersten Lacher, mit seiner Berliner Schnauze zieht er das Publikum in seinen Bann. Abschweifend, zurückkommend, auf den Punkt gebracht. Kapielski spielt förmlich mit den Worten und ja, er ist ein verdammt guter Spieler. Liest – oder noch besser hört – man ihn, sitzt man mit ihm am Stammtisch, mittendrin in einer dieser Berliner Kneipen. Sprachliche Begabung, Wortwitz und sein ihm ganz eigener Humor dürften die Eigenschaften sein, die Kapielski ausmachen. Und sie sind es, die dafür sorgen, dass das breite Grinsen aus dem Gesicht frühestens wieder verschwindet, wenn man sein Buch zur Seite legt. Im März wurde Kapielski auf der Leipziger Buchmesse der „Preis der Literaturhäuser 2010“ verliehen. Ein Preis, so erläuterte Martin Ortega in seiner Einleitung, der jährlich einem Schriftsteller verliehen wird, der sich in besonderem Maß um das Gelingen von Literaturveranstaltungen verdient gemacht hat. Eine Urkunde oder etwas Ähnliches würde es zwar nicht geben, so Ortega, dafür aber ein kleines Geschenk des Literaturhauses – eine Nasenflöte. Ist Thomas Kapielski doch nicht nur Autor und bildender Künstler, sondern auch Musiker im „Original Oberkreuzberger Nasenflötenorchester“ – eine kleine Kostprobe seines Könnens gab Kapielski am Ende zum Besten. Verbunden mit dem Preis und dem Preisgeld von 11 mal 1.000 Euro sei die ‚Auflage‘ oder vielmehr Ehre, in jedem der elf Literaturhäuser aufzutreten – Rostock war die letzte Station seiner Rundreise. „Ich kann Ihnen versprechen, das ist ein großes Vergnügen“, bekräftigte Ortega, der ihn bereits am Vortag in Berlin erleben durfte. Eine weitere Besonderheit: In jeder Stadt darf sich der Preisträger seinen Laudator selbst aussuchen. So hatte der Autor für die passenden Worte praktischerweise einfach seine Ehefrau mit nach Rostock gebracht. Als Lebensgefährtin habe sie einen ganz besonderen Blick auf den Preisträger, erklärte Dubravka Dalfogo. Gemeinsam mit dem 13-jährigen Sohn Lukas durchforste sie jedes neue Werk „nach kleinen Geschichten aus unserem Familienleben.“ Auch wenn ihr Mann dann immer entgegne, dass alles nur Literatur und erdichtet sei, „hat sich manche Episode doch so zugetragen, wie im Werk sprachgewaltig beschrieben.“ So sei auch ihre Mutter ab und an zu beruhigen, „die sich nach Lektüre bestimmter Passagen Gedanken über unser Eheleben macht.“ Im guten Sinne sei ihr Mann konservativ, verriet Dubravka Dalfogo. Die Komplexität und Mannigfaltigkeit der deutschen Sprache liege ihm am Herzen, neudeutsche Sprachverwirrungen und überflüssige Anglizismen seien ihm ein Graus. Auch die Rechtschreibreform würde ihr Mann eher als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der akademischen Bürokratie sehen. Niemals würde er die Konjunktion „daß“ mit „ss“ zu schreiben. „Das Buckel-S ist sein Lieblingsbuchstabe – den liebt er, den gibt er nie wieder her.“ „Indem er scheinbare Banalitäten gerade in ihrer Banalität aufzeigt“, bringe er den Leser zum Lachen, „er lacht aber nie aus. Es ist nie Häme, die sich hinter seinem Humor verbirgt.“ Zeit, den Autor zu Wort kommen zu lassen. Salvator, das Starkbier vom Nockherberg – wo man das in Berlin kauft? Klar, bei Getränke Hoffmann, „den wir da salopp Tränke-Hoffi nennen.“ Der ultimative Berlin-Tipp? „Wenn Sie jemals in Berlin weilen und Sie brauchen eine wirklich solide Plastiktüte, dann empfehle ich immer die von Getränke Hoffmann.“ Ein wenig schweifte Kapielski ab, doch „ich erzähle lieber, weil lesen können Sie das alles selber, dazu schreib ich’s ja auf.“ Sieben Flaschen des Salvator- oder Erlöser-Biers scheint diese stabile Plastiktüte zumindest problemlos tragen zu können. Auf jeden Fall wurden sieben Flaschen gekauft, bei Tränke-Hoffi. Sieben, „die verwegene Sieben, die sich aus der klaren Vier und der törichten Drei“ ergibt. Der Abend konnte beginnen. „Nach dem dritten, vierten Salvator und der noch ganz sachlich rezipierten Tagesschau verhedderte ich mich unversehens an einer Abendsendung, die eben als Präambulum den Stehgeiger André Rieu inmitten japanischer Kinder darbot, die einige von ihm begeigte deutsche Weihnachtslieder sangen. Durch diese Hybridfügung, Salvator plus Rieu geteilt durch zwei, kippte meine Stimmung ins Unsägliche.“ Ergebnis? Ein nagelneuer Rausch, der immerhin eine „dringliche Bundesbetäubungsmitteilung“ wert ist. Ein Rausch, der endet „auf dem Nockherberg, wo dann Hopfen wächst und alles von Neuem bei Getränke Hoffmann anfängt“ – ein bierseliger Abend mit Rieu. Im Anschluss gab Kapielski noch ein paar Episoden aus seiner „Ortskunde“ zum Besten. Von Schwerin, das „schwer in“ als Marketingkonzept vertragen könnte, bis Ulbenort, wo man jüngst bei Ausgrabungen eine erstaunlich gut erhaltene U-Bahn-Station entdeckte: „Selbst Wartende funktionierten noch.“ Für seine „Ortskunde“ hat der Autor übrigens Deutschland nicht etwa per Auto, Bahn oder gar zu Fuß bereist, sondern ganz modern am Computer, mit Google Earth. Fast schon ein wenig abrupt ging der Abend zu Ende. Mag sein, dass elf Stationen in knapp vier Wochen doch etwas schlauchen. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass man ihm einfach ohne Ende zuhören kann und die Zeit viel zu schnell verflog. Wie dem auch sei: Rieu einschalten, Kapielski in die eine Hand, das Salvator (ein anderes Starkbier dürfte es ersatzweise auch tun) in die andere und dann den Abend genießen – bestimmt kein schlechter Tipp. Auf eines der drei Dinge könnte man vielleicht noch verzichten. Prost! Nicht vergessen: Am Mittwoch um 20 Uhr liest und erzählt Harry Rowohlt im Literaturhaus.

30. Mai 2010 | Weiterlesen
12. Klassik-Nacht „Donau Klänge“ im Zoo Rostock

12. Klassik-Nacht „Donau Klänge“ im Zoo Rostock

Zum Dreivierteltakt schunkelten gestern etwa 3.000 Gäste bei der 12. Klassik-Nacht im Rostocker Zoo. Der Zoodirektor Udo Nagel leitete den Abend mit „Alles Walzer“, den typischen Eröffnungsworten des Wiener Opernballs, ein und überließ dann der Norddeutschen Philharmonie Rostock unter dem Dirigenten Uwe Theimer die Bühne, der selbst viele Jahre dieses gesellschaftliche Ereignis in der Wiener Staatsoper leitete. Zusammengestellt hatte Theimer ein vielfältiges Programm mit Walzermelodien der Familie Strauß und Joseph Lanner sowie Werken der Wiener Klassik von Haydn, Mozart und Beethoven. Der Wiener Komponist Franz Schubert war ebenfalls mit seinem Militärmarsch Nr. 1 vertreten. Eröffnet wurde das Konzert mit der heimlichen Nationalhymne Österreichs dem Walzer „An der schönen blauen Donau“ von Johann Strauß (Sohn). Den ersten musikalischen Schwerpunkt bildeten die Werke der Komponisten der Wiener Klassik. Mit seiner charmanten Wiener Sprachfärbung erzählte der Dirigent dem Publikum von der Zeit der Kaffeehäuser und der türkischen Mode. Zu hören waren dann zwei türkische Märsche von Mozart und Beethoven, in denen die kleinen Becken mit ihrem besonders hellen Klang die türkische Farbe in die Musik brachten. Aber auch der Erste im Dreigestirn der Wiener Klassik durfte nicht fehlen. In Joseph Haydns 3. Satz aus dem Konzert für Trompete und Orchester solierte Christian Packmohr von der Norddeutschen Philharmonie Rostock. Das weitere Programm widmete sich den bekannten Walzerkomponisten Joseph Lanner und der Strauß-Dynastie. Bei dem Walzer „Die Mozartisten“ von Lanner erzählt Uwe Thiemer, der die Norddeutsche Philharmonie nicht zum ersten Mal anleitet, dass es für die Musiker doch recht ungewohnt war, die bekannten klassischen Themen nun im Dreivierteltakt zu spielen. Als der Dirigent die Stücke „Die Biene“, „Tarantel“ und „Die Libelle“, die er wegen des zoologischen Bezugs ausgewählt hat, anmoderiert, erhalten die Zuhörer eine kleine Polkakunde gleich dazu. Das Publikum ist vom Konzert angetan. „Es ist wunderbar“, schwärmt das Ehepaar Eckhard und Waltraud Areschke und berichtet, dass sie fast jedes Jahr bei der Klassik-Nacht dabei wären und das besondere Ambiente des Konzerts im Zoo genießen. Auch Renate Greupner ist Stammgast. „Es ist immer ein schönes Erlebnis, wenn das Wetter mitspielt“, sagt sie zufrieden. Dass das norddeutsche Publikum sich für die beschwingte Musik von der Donau begeisterte, wurde im besonderen Maße bei der Zugabe sichtbar, als die Reihen zu den Klängen freudig wiegten. Freuen dürften sich auch die Menschenaffen. Fließt der Erlös von rund 40.000 Euro wie schon in den Jahren zuvor in das geplante Darwineum. Nachdem die letzten Donauklänge verstummt waren, konnten die Gäste noch auf einer Mondschein-Expedition den nächtlichen Tierpark erkunden.

29. Mai 2010 | Weiterlesen
Fotografien von Holger Blau im StAUN Rostock

Fotografien von Holger Blau im StAUN Rostock

Mit einem besonderen Blick fürs Detail fotografiert Holger Blau die Landschaften Vorpommerns. Er möchte damit vor allem die Schönheit seiner Heimat festhalten und das zu jeder Jahreszeit. Dabei versucht er immer wieder, in unscheinbaren Dingen etwas Interessantes zu entdecken, seien es nun rostige Eisenscharniere oder ein Huflattich, der sich durch die Steine quält. „Jedes Bild hat eine Geschichte“, sagt der Stralsunder und zeigt auf ein Porträt einer Möwe: „Tierfotografie ist besonders schwer, aber diese Möwe wollte fotografiert werden. Sie hat sich mir irgendwie aufgedrängt.“ Seine Bilder sind Momentaufnahmen. Ob Natur oder Personen, Holger Blau fotografiert aus der Situation heraus. „Es ist immer der Moment – vielleicht – der fotografiert wird, der den Blick öffnet,“ sagt er über den Entstehungsprozess. Unterstützt wird er bei der Motivsuche mittlerweile auch von seiner Frau Carola, die sich über die positive Resonanz auf die Bilder ihres Mannes freut. Sie weist auf ein Foto, das eine alte, reich verzierte Tür zeigt, vor der ein Sonnenblumenstrauß abgestellt wurde. „Es war unglaublich, wie stark das Bild auf die Betrachter gewirkt hat“, berichtet sie begeistert von ihren Beobachtungen auf einer der vielen Ausstellungen, auf denen das Werk ihres Mannes gezeigt wurde. Begonnen hat das Interesse an der Fotografie des diplomierten Biologie- und Chemielehrers bereits während seiner Studienzeit in Güstrow. Stundenlang saß er damals im Fotolabor der Hochschule um seine Filme selbst zu entwickeln, die er in seine Abschlussarbeit einfließen ließ. Nachdem er in den 1990er Jahren seinen Beruf wegen einer schweren Erkrankung aufgeben musste, entdeckte er seine alte Leidenschaft wieder. Mit seiner ersten Kamera, einer EXA 1a, schießt er heute noch ab zu Fotos. Mittlerweile ist er jedoch auf eine moderne Digitalkamera umgestiegen. Auf die Nachbearbeitung am Computer verzichtet Holger Blau jedoch weitestgehend. Das Besondere an der Präsentation seiner Arbeiten sind die Rahmen. Das antik erscheinende Holz unterstreicht die ländlichen Motive seiner Bilder auf bemerkenswerte Weise. Noch bis zum 24. August können Besucher die Ausstellung „Vorpommern – Landschaft und Detail“ mit Aufnahmen von Holger Blau in der 11. Etage des Landesbehördenzentrums in der Rostocker Südstadt besichtigen. Es ist bereits die 45. Kunstausstellung des Staatlichen Amtes für Umwelt und Natur (StAUN) Rostock.

28. Mai 2010 | Weiterlesen
Schönheit pur. Mecklenburg von 1900 bis 1945

Schönheit pur. Mecklenburg von 1900 bis 1945

Mecklenburg bietet und bot einzigartige Motive für künstlerisches Arbeiten. In einem Gemeinschaftsprojekt wollen nun das Kulturhistorische Museum Rostock, das Max Samuel Haus Rostock und die Ernst Barlach Stiftung Güstrow erstmals einen Überblick über die Kunstlandschaft Mecklenburgs zwischen der Wende zum 20. Jahrhundert bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs geben. Aus diesem Anlass wurde gestern die Ausstellung „Schönheit pur. Mecklenburg – ein Land für Künstler 1900-1945“ eröffnet. „Ziel ist es der Mecklenburger Kunst ihren Platz in der regionalen, nationalen und internationalen Kunst zuzuweisen“, so Dr. Heidrun Lorenzen, Kuratorin und Leiterin des Kulturhistorischen Museums über das Anliegen des Projektes. Dafür wurde eine Fülle von Exponaten zusammengetragen, die das Können und die vielfältigen Ausdrucksweisen bekannter und weniger bekannter Künstler der Region darstellen. Zu sehen sind sie bis zum 22. August in drei Häusern. Das Kulturhistorische Museum konzentriert sich auf die Malerei und zeigt 100 Werke unter anderem aus mecklenburgischen Künstlerkolonien. Das Max-Samuel-Haus ermöglicht einen Blick auf die Grafiken zahlreicher Kunstrichtungen in Mecklenburg. In der Ernst Barlach Stiftung werden Plastiken und Grafiken gezeigt, die die Entwicklung der Bildhauerei abbilden. „Die bildende Kunst hat in Mecklenburg eine eigenständige Entwicklung genommen. Bahnbrechendes, mit Ausnahme von Barlach, ist jedoch eher selten. Dennoch wurde die Moderne reflektiert, was an zahlreichen stilistischen Einflüssen zu erkennen ist“, fasst Heidrun Lorenzen die Ergebnisse der Forschungsarbeit zusammen, die der Ausstellung vorausgingen und auch in einem umfassenden Begleitbuch erschienen sind. Bei der Aufarbeitung des Archivs konnten einige wertvolle Schätze geborgen werden. Zum Beispiel die Malerin Elsbeth Huther, die sowohl mit großformatiger Landschaftsmalerei, als auch mit einem gänzlich abstrakten Aquarell vertreten ist. Für die Kuratorin eine Sensation: „Bereits in den frühen 20er Jahren gab es Künstler in Mecklenburg, die abstrakt gemalt haben. Das war uns bislang nicht bekannt.“ Ebenfalls unbekannt war die kulturhistorische Entdeckung, dass es bereits im Jahre 1908 in Rostock eine Ausstellung mit Werken der einflussreichen Künstlergruppe „Brücke“ gegeben hat. Auch Dr. Volker Probst, Leiter der Ernst Barlach Stiftung kann auf einen spannenden Fund verweisen. Zwei Kohlezeichnungen von Ernst Barlach, die in der Zeit des Nationalsozialismus als entartete Kunst beschlagnahmt wurden und als verloren galten, konnten wieder aufgespürt und in die Ausstellung aufgenommen werden. Die ersten Besucher der Ausstellung im Kulturhistorischem Museum sind schon mal begeistert. „Die Auswahl und die Ausleuchtung haben mir sehr gut gefallen. Das Thema entartete Kunst und die Zeitepoche finde ich sehr interessant,“ schwärmt Herr Göseke. Auch das Ehepaar Schmidt aus Magdeburg ist sehr von der Ausstellung angetan: „Wir haben die Werke aus der Künstlerkolonie Schwaan wiedererkannt. Als eher konservative Kunstbetrachter finden wir es toll, dass diese Zeit aufgearbeitet wurde.“ Herr und Frau Pitann besuchen oft Ausstellungen und freuen sich über bekannte Sachen, aber auch über Neues. So haben sie ein Porträt von Kate Diehn-Bitt entdeckt, das sie zuvor noch gar nicht kannten. Am 30. Mai finden die Ausstellungseröffnungen im Max-Samuel-Haus und in der Ernst Barlach Stiftung Güstrow statt. Begleitet wird die Dreifach-Schau von einer Reihe von Vorträgen, die sich einzelnen Aspekten der Kunstgeschichte Mecklenburg widmen.

28. Mai 2010 | Weiterlesen
Tanzland-Studios: „Alarm in der Schule“

Tanzland-Studios: „Alarm in der Schule“

Morgen wird das Kindertanzstück „Alarm in der Schule“ im Großen Haus des Volkstheaters vorgeführt. 250 Kinder und Jugendliche aus den Rostocker „tanzland-studios“ bereiten sich schon seit langem darauf vor und ich durfte gestern bei den letzten Proben dabei sein. Die „tanzland-studios“ befinden sich ganz in der Nähe der Nikolaikirche in der östlichen Altstadt. Betrieben werden sie vom Tanztheaterprojekt Rostock, das Tanzbegeisterte 1992 gegründet hatten. Gegenwärtig geben dort sechs Trainingsleiterinnen und Trainingsleiter Tanzkurse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Zu ihrem Repertoire gehören die unterschiedlichsten Tanztechniken. Auch im Tanztheater, Ballet, Improvisation und Körperarbeit werden Kurse angeboten. Zudem werden immer wieder Tanzstücke erarbeitet. In den letzten Jahren wurden über 50 Tanzproduktionen der „tanzland-studios“ aufgeführt, zuletzt das sehr erfolgreiche Tanzstück „Lyrik in orange“. Doch nun zurück zu den gestrigen Proben. Ich fand das „tanzland“ recht schnell. War ich doch einige Wochen zuvor schon im schönen Café „À Rebours“, das sich direkt daneben befindet. Schon im Hausflur hörte ich aufgeregte Kinderstimmen, denen ich nur folgen musste. Studio 1 befindet sich im ersten Stock. Dort angekommen, wurde ich sogleich recht freundlich von Brit Bauermeister und Steffen Höll begrüßt. Sie leiteten den ersten Kindertanzkurs, den ich an diesem Tag miterleben durfte. Es dauerte noch ein kleines Weilchen, bis sich alle kleinen Tanzakteurinnen eingefunden hatten und so blieb mir noch etwas Zeit, mich in Ruhe umzuschauen. Das Studio sieht ganz so aus, wie ich es mir vorgestellt hatte – ein großer heller Raum mit einer Spiegelwand. Während Steffen noch die Musik für die nächste Stunde am Computer zusammenstellte, trudelten nach und nach sechs kleine Mädchen ein. Das waren Pauline Lückemann, Natalie Goebel, Lucy Paulin Maier, Clara Luise Lange, Lara Sophie Kleinfeldt und Jenny Krull. Auch am folgenden Tanzkurs nahm kein einziger Junge teil. Ich fragte Steffen Höll, ob das so geplant sei. Er erzählte mir aber, dass das daran läge, dass Jungs nun einmal generell nicht so gern wie Mädchen zum Tanzen gehen würden. Doch es gäbe auch Kurse für Jungen im „tanzland“. Die Kleinen wirbelten schon vor Beginn des Kurses unbändig und kichernd durchs Studio. Dann hieß es plötzlich: „Konzentration“ und Steffen und Brit riefen die Mädels zusammen. Bevor die Probe begann, gab es nämlich noch eine kleine Lagebesprechung auf dem Tanzboden. Dann positionierten sich die sechs in zwei Dreiergruppen an der linken und rechten Seite des Raumes. Die Musik setzte ein. Schritte waren zu hören und ein Hund oder Wolf jaulte. Ich vernahm das gruselige Knarren einer Tür. Dabei bewegten die sechs ihre Arme langsam von links nach rechts. Ganz so, als würden sie selbst gerade diese Tür öffnen. Es war der Song „Thriller“ von Michael Jackson, zu dem sie sich dann voll Freude aber auch konzentriert bewegten. Dabei standen sie sich gegenüber und konnten die jeweils andere Gruppe sehen. Weil alles so gut funktionierte und sich die Mädels so viel Mühe gegeben hatten, durften sie nun spielen. Im Nu waren Ringelreifen, Tobematten und ein bunter Stofftunnel aus der Ecke geholt und sie konnten sich nach Herzenslaune austoben. In der Zwischenzeit bereiteten ihre Mamas die Kostüme für die große Vorführung am Samstag vor. Sie hatten dunkle Shirts und weiße Laken mitgebracht. Die Laken wurden auseinandergerissen und fetzenweise auf die Shirts getackert. Das war gar nicht so leicht. Aber die Muttis gaben sich große Mühe. Ihre Töchter werden übrigens die „Knochenkarle“ spielen. Sie werden kleine Zombies sein, die im Biologieraum ihr Unwesen treiben. Die weißen Flicken auf den Kostümen erinnerten mich an Mullbinden. Die „Knochenkarle“ werden fetzig aussehen, dachte ich mir. Die Zeit verging so schnell und die erste Tanzstunde neigte sich schon ihrem Ende entgegen. Auch die kleinen Tänzerinnen des darauffolgenden Kurses werden am Wochenende „Knochenkarle“ tanzen. Zu Beginn des zweiten Kurses probten deshalb beide „Knochenkarle“-Gruppen ihren gemeinsamen Auftritt. „Thriller“ wurde wieder angespielt. Pauline, Natalie, Lucy, Clara Luise, Lara Sophie und Jenny standen erneut an der linken und rechten Seite des Raumes. Doch die Mädels der zweiten Gruppe hatten sich nun zusätzlich in der Mitte aufgestellt und auch sie öffneten jetzt langsam eine imaginäre knarrende Tür. Dann pirschten sie sich wankend und tanzend nach vorn. Da senkten die halbtoten Wesen alle zugleich ihre Oberkörper und hoben ihn sodann langsam wieder empor. Es wird ein gruseliges Abenteuer sein, das die „Knochenkarle“ am 29. Mai im Volkstheater präsentieren werden. Alle Kinder, die ich erleben durfte, waren so begeistert dabei und hatten so viel Freude und Spaß an der Bewegung. Wenn schon die Proben mich derart begeisterten, wie wird dann wohl erst das ganze Stück wirken? Am Wochenende werden neben den „Knochenkarle(n)“, Regentropfen, Geister und Noten, Moleküle, Sternentänzer, Luftballons, Geisterbäume, Roboter und Puppenballerinas in der Schule für allerhand „Alarm“ sorgen. Das „Knochenkarlchen“ Friederike Machur freut sich schon sehr auf die Vorstellung. Natürlich werden ihre Eltern auch da sein, erzählte sie mir. Ich fragte sie, was ihr am Tanzen so gefalle. „Also der Tanz und die Schritte und die Kombinationen“, sagte sie. Ja, und sie sei auch ein bisschen aufgeregt, verriet sie mir. Ich glaube, die Aufführung wird für Friederike, wie für alle Tänzerinnen und Tänzer des Stückes ein ganz tolles Erlebnis werden. Und ein bisschen Lampenfieber gehört ja schließlich auch dazu, denke ich. Während dann die zweite „Knochenkarle“-Gruppe mit ihrer Trainingsleiterin Galina Weber- Poukhlovski die sogenannte „Schmetterling“s-dehnübung vollführte, konnte ich Steffen Höll eine Frage stellen, die mir schon die ganze Zeit im Kopf herum schwirrte. Er leitet auch Tanzkurse für Erwachsene und ich wollte nun gern wissen, worin sich die Arbeit mit Kindern von der mit Erwachsenen unterscheidet. Er mache eigentlich mit Erwachsenen wie auch Kindern, die mit dem Tanzen beginnen, zunächst immer dieselben Übungen zur Stärkung des Rhythmusgefühls, erzählte er mir. Da Kinder aber noch nicht so gehemmt wie Erwachsene seien, könnten sie diese viel schneller umsetzen. Sie seien allerdings oftmals nicht ganz so aufnahmefähig wie Erwachsene und könnten manche Bewegungen technisch auch noch gar nicht verwirklichen. „Ansonsten machts mit Kindern manchmal mehr Spaß“, verriet mir der Trainingsleiter. Denn in der Vorbereitung müsse man wesentlich mehr mit ihnen agieren und das, was man ihnen beibringen wolle, möglichst sinnvoll präsentieren. Sie „zeigen einem“ nämlich „wesentlich schneller, wenn ihnen etwas nicht gefällt“ als Erwachsene. Diese diskutieren darüber lieber noch ausführlich nach der Übung. Dafür müssten erwachsene Tänzer, im Gegensatz zu Kindern, wieder lernen, „dass so eine Bewegung eigentlich natürlich entsteht“, sagte Steffen. Die Inszenierung und Choreographien des Kindertanzstückes „Alarm in der Schule“ erarbeiteten Andrea Krüger, Yvonne Blumenthal, Claudia Deichen, Galina Weber- Poukhlovski, Brit Bauermeister, Steffen Höll, Eric Steinbacher und Peter Mann. Wer sprechende Bäume, tanzende Riesentropfen, die kleinen „Knochenkarle“ und vieles mehr selbst erleben möchte, kann das Stück am 29. Mai um 10.00 und 12.00 Uhr im Großen Haus des Volkstheaters erleben. Die kleinen Tänzerinnen und Tänzer freuen sich jetzt schon auf ihr Publikum. Am 6. Juli diesen Jahres um 20.00 Uhr findet zudem die Premiere des Tanzstücks „scanning“ im Rostocker Peter-Weiss-Haus statt. Mehr über dieses Stück und die Kurse der „tanzland-studios“ erfährt man unter www.tanzland-rostock.de.

28. Mai 2010 | Weiterlesen
Internationale Uwe-Johnson-Tagung in Rostock

Internationale Uwe-Johnson-Tagung in Rostock

„Bei uns schrieb er seine letzten Werke und starb. Hier, wo er womöglich seine ersten verfasst hat, lebt er jetzt auf und lebt er weiter.“ So brachte es Dr. Robert Gillet von der Queen Mary University of London gestern in seinem Eröffnungsvortrag zum Ausdruck. Die Rede ist von dem Schriftsteller Uwe Johnson, dessen Werk und Leben sich seit gestern eine viertägige internationale Tagung in Rostock widmet. „Ohne Werk, kein Leben. No writing, no life“, brachte Gillet es auf den Punkt. Und so steht die Tagung folgerichtig ganz unter dem Motto „Uwe Johnson. Werk und Leben“. Ausgerichtet wird das Treffen von der gerade erst gegründeten Uwe Johnson-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit dem Institut für Germanistik der Universität Rostock. Prof. Dr. Holger Helbig, Gründungsmitglied und Inhaber der Uwe-Johnson-Stiftungsprofessur, hat die wissenschaftliche Leitung übernommen. Drei Monate nach der Gründung erlaube es die Tagung, „auf erfreuliche Art und Weise zeigen zu können, dass es uns gibt“. Möchte die Uwe-Johnson-Gesellschaft doch ebenso Anlaufpunkt für die Forschung wie auch für alle Fans des Schriftstellers sein. Sein Dank ging an den Rektor der Universität Rostock, Wolfgang Schareck, der die Pflege und Förderung Uwe Johnsons zur Chefsache erklärt habe. Nicht zu vergessen sei Dr. Ulrich Fries, der Stifter der Professur. Immer wieder habe er die Johnson-Forschung angeregt und unterstützt, „beileibe nicht nur mit Geld, aber auch damit“, so Helbig. Ohne ihn würde es weder das Johnson-Jahrbuch noch den Kommentar zu den „Jahrestagen“ geben. „Man kann Wissenschaft nicht unter einer Glasglocke betreiben“, betonte Helbig. Ziel der Gesellschaft und der Tagung sei es daher, nicht nur die Ergebnisse der Forschung öffentlich zu machen, sondern das „Erlebnis Literatur“ zu vermitteln. Unterstützt wird die Tagung vom Literaturhaus sowie von der Hansestadt Rostock. Im repräsentativen Ambiente des Bürgerschaftssaals findet die Tagung im Rathaus statt und „wir sind tatsächlich eingeladen worden, die Räume zu nutzen und nicht etwa zu mieten“, so Helbig. Für Roland Methling eine Selbstverständlichkeit. „Jetzt kommt zusammen, was zusammengehört“, fühlte sich der Oberbürgermeister an die Wendezeit erinnert. „Rostock war es Uwe Johnson wert, gut von dieser Stadt zu schreiben und vermutlich auch gut an sie zu denken.“ Aus diesem Grund will und wird Rostock das Andenken Uwe Johnsons bewahren, bekräftigte Methling. Dazu gehöre auch weiterhin „der Traum des Oberbürgermeisters, an der Nordkante des Neuen Marktes ein Zuhause für die Literatur zu schaffen – mit Kempowski, mit Uwe Johnson und mit unserem Rostocker Literaturhaus“. Auch für Rektor Wolfgang Schareck war die Umgebung eine neue Erfahrung: „Ich hab das erste Mal die Gelegenheit, von diesem Pult zu sprechen. Hier steht es sich gut, Herr Oberbürgermeister!“ Gibt es da etwa Ambitionen? „Doctrina multiplex – veritas una“ – als das Motto der Universität entwickelt wurde, war mit Wahrheit sicher etwas anderes gemeint, als es Uwe Johnson getrieben hat. Und doch, so Wolfgang Schareck, sei es die Wahrheitsliebe gewesen, die Uwe Johnson hier in Rostock zum Schriftsteller werden ließ. Rostock war es, wo Uwe Johnson sich gegen Schauprozesse stellte, wo er sich gegen das wandte, was die SED mit der Jungen Gemeinde machte und wo er der DDR Verfassungsbruch vorwarf. Auch wenn es von 1952 bis 1954 nur ein kurzer Abschnitt war, den Johnson an der Rostocker Universität verbrachte, sei es doch ein für ihn prägender gewesen. Von allen Autoren, die mit Rostock verbunden sind, sei Uwe Johnson zweifelsfrei der gewichtigste, betonte Schareck. Johnsons Lebenslauf sei eine Reflexion der Zeit der deutschen Teilung mit all ihrer Problematik. Er ist auch der Nachkriegsautor, der international besondere Beachtung gefunden hat, wie man gut am Teilnehmerfeld dieser Tagung erkennen könne. „Rostock möchte ein Ankerpunkt für die Uwe Johnson-Forschung sein“, so der Rektor. Mit der Gründung der Gesellschaft sowie der Tagung sei eine gute Basis geschaffen, denn hier werde „nicht auf Netzwerke und Strukturen gebaut, sondern auf Themen.“ „Nach Vollkommenheit hege ich wenig Sehnsucht”, schrieb Johnson im Jahre 1952 an seine ehemalige Deutschlehrerin, „aber glücklich möchte ich von Zeit zu Zeit schon sein.“ An diesen Tagen in Rostock hätte der Schriftsteller bestimmt seine Freude gehabt. Und wer weiß, vielleicht schaut er dieser Tagung auch von oben zu und muss ab und an ein wenig schmunzeln über all die Auslegungen und Interpretationen seiner Werke und seines Lebens. Denn immer noch gilt: „Identität des Autors zweifelhaft“. Die Tagung läuft noch bis Sonntag. Interessierte sind herzlich willkommen, auf der Website der Gesellschaft gibt es das vollständige Programm.

28. Mai 2010 | Weiterlesen
Prüfung bestanden: Paula hat den Führerschein

Prüfung bestanden: Paula hat den Führerschein

„Die Prüfung läuft noch“, informiert Dr. Manfred Preetz, der Landesstellenleiter der Technischen Prüfstelle in der DEKRA-Niederlassung Rostock. Zu diesem Zeitpunkt, am 27. Mai, wird gerade die einmillionste Fahrerlaubnisprüfung abgenommen. Während wir auf das Ergebnis warten, stellt Dr. Gerd Neumann, Geschäftsführer vom DEKRA-Prüfwesen, die neueste technische Errungenschaft vor – die virtuelle Kundenakte. Damit steht eine komplette EDV-Lösung zur Verfügung, mit der alle Kommunikationsprozesse zwischen Fahrschule, technischer Prüfstelle und Fahrerlaubnis-Behörde zukünftig elektronisch ablaufen. Auf diese Weise verringert sich die aufwendige Papierablage und der Weg zum Führerschein verkürzt sich um neun Tage. „Die neue Anwendung bietet einen großen Vorteil für die Prüflinge“, erklärt Gerd Neumann: „Jeder, der die Führerscheinprüfung besteht, erhält noch vor Ort im Fahrzeug die gedruckte vorläufige Fahrberechtigung, mit der er sofort losfahren kann.“ So auch die 18-jährige Paula Schmidt, die mit dem Fahrschulwagen auf dem Gelände vorfährt. Sie hat gerade die praktische Fahrprüfung bestanden, die zum millionsten Mal seit 1990 in Mecklenburg-Vorpommern erfolgreich durchgeführt wurde. Nachdem sie aus dem Auto ausgestiegen ist, fällt sie ihrer Mutter überglücklich in die Arme. Diese bedankt sich beim Fahrlehrer Sven Patzer. Ihre Tochter Paula ist bereits das vierte Kind, welchem er das Autofahren beigebracht hat. „Sie war ganz sicher“, berichtet der Fahrlehrer von der Prüfungsfahrt, „es gab einen kleinen kritischen Moment bei der Verkehrsbeobachtung. Aber sie war sehr souverän.“ Die Schülerin selbst erzählt, dass sie beim Fahren aufgeregter war als sonst: „Am Anfang hatte ich Angst, aber Herr Patzer und der Prüfer haben sie mir genommen.“ In der nächsten Zeit, so die Schülerin, würde sie noch ungern allein fahren und hätte lieber noch jemanden an ihrer Seite. Die Schülerin kann sich vorstellen, ihre Mutter im Urlaub beim Autofahren zu entlasten. Ein eigenes Auto sei noch nicht nötig. Die Wege zur Schule und in der Stadt könne sie gut wie bisher auch zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewältigen. Zu den ersten Gratulanten gehört auch der Verkehrsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Volker Schlotmann. „Der Führerschein wird allgemein als Dokument des Erwachsenseins empfunden“, sagt er über dessen Bedeutung. Auch er freut sich über die bestandene Fahrprüfung. Angesichts der im Vergleich zu anderen Bundesländern relativ hohen Durchfallquote ist es nicht selbstverständlich, die theoretische und praktische Fahrprüfung gleich beim ersten Mal, wie Paula Schmidt, zu bestehen. Zuvor hatte der Verkehrsminister schon die Unfälle, die überdurchschnittlich oft durch junge Fahrer verursacht werden, angesprochen. Aufgrund der positiven Erfahrungen des begleiteten Fahrens ab 17, kann er sich auch eine Senkung auf 16 Jahre vorstellen. „Unsere Jugendlichen sind nicht dümmer als in den USA. Warum soll das nicht möglich sein?“ schätzt Schlotmann ein und hat vor für diese Idee politische Mehrheiten zu gewinnen.

27. Mai 2010 | Weiterlesen
Ideenwettbewerb für Museumsgebäude

Ideenwettbewerb für Museumsgebäude

Dem ehemaligen „Rostocker Schifffahrtsmuseum“ gilt es wieder neues Leben einzuhauchen. Dieses traditionsreiche, maritime Museum der Hansestadt befindet sich in der August-Bebel-Straße 1 und ist schon von Weitem mit bloßem Auge als ein Sanierungsfall auszumachen. Um Abhilfe zu schaffen, gab es einen Ideenwettbewerb – am Dienstag luden Vertreter der Stadt zur Präsentation der Ergebnisse ins Kulturhistorische Museum ein. Das Gebäude ist für Rostock voller Geschichte und nicht nur architektonisch wertvoll. Anno 1875 von der Societät als Gesellschaftshaus erbaut, wurde es 1903 in die damalige Museumslandschaft eingebunden. Zu DDR-Zeiten diente es 35 Jahre als das bis heute bekannte Schifffahrtsmuseum. Mit der gesellschaftlichen Wende kam es ab 1989 aufgrund fehlender Gelder im Stadthaushalt zu Problemen. 2003 musste es gar geschlossen werden. Drei Jahre später übernahm der Nachfolger des einstigen Bauherrn, die Societät Rostock maritim e.V., das Museum ehrenamtlich. Im Rahmen eines von der Europäischen Union kofinanzierten Projektes wurde nun dieser Ideenwettbewerb von unseren Stadtoberen als Chance ergriffen, die Neuordnung der musealen Landschaft in Rostock anzupacken und das Museum in der August-Bebel-Straße gleich mit ins Boot zu holen. Möglichst saniert, versteht sich. Gastgeberin am Veranstaltungsort war die Leiterin des Kulturhistorischen Museums, Dr. Heidrun Lorenzen. Sie begrüßte alle Anwesenden im Kreuzgang des Klosters. Neben Projektverantwortlichen und interessierten Bürgern waren auch Oberbürgermeister Roland Methling und Kultursenatorin Dr. Liane Melzer erschienen. Der Ort der Präsentation war mit Bedacht gewählt worden. Schon seit Langem reichen die Räumlichkeiten des Kulturhistorischen Museums mit seiner Ausstellungsfläche von 1.866 qm nicht aus, um die sage und schreibe über 136.000 Objekte der Kultur- und Alltagsgeschichte unserer Region auch nur annähernd vorstellen zu können. Darum soll das ehemalige Schifffahrtsmuseum nun im Kulturhistorischen Museum aufgehen und auch räumlich eine Annäherung beider Gebäudekomplexe erreicht werden. Was meinte unser Stadtoberhaupt zu der Idee und den eingegangenen Projekten? Zunächst rekapitulierte Roland Methling die wechselvolle Historie des Hauses in der August-Bebel-Straße 1. Einem der letzten „hässlichen Entlein“ der Hansestadt würde nun bald der „Garaus“ gemacht werden. Im positiven Sinne versteht sich. Neben der gerade in Sanierung befindlichen „Großen Stadtschule“ am Rosengarten und dem Rathaus sei es das „letzte große Gesellschaftsgebäude in der Hansestadt Rostock, das einer Veränderung harrt“, so Methling. Er begrüßte den Ideenwettbewerb außerordentlich und bedankte sich für den Eingang der sieben Projektvorschläge. Eine fachkundige Jury habe alle eingereichten Arbeiten sorgsam studiert und kam zu dem Schluss, dass gleich zwei Projektteams ein zweiter Preis verliehen werde. Kein Erster zwar, aber in Kombination seien beide Ausarbeitungen zusammen die zurzeit attraktivste Variante. Preisträger sind die „GPK Architekten“ in Zusammenarbeit mit „Rutsch + Rutsch Innenarchitektur GbR“ und weiteren Zuarbeitenden, deren Konzept zur Einbindung des Museums in die Umgebung besonders gewürdigt wurde. Einen weiteren zweiten Preis erhalten die „dk architekten“ mit Sitz in Stuttgart. In ihrer Arbeit gelänge besonders die Verschmelzung von historischer und moderner Architektur. Dies führe beim Betrachter gleichsam zu einer Rückbesinnung auf den vorhandenen Standort. Auch infrastrukturelle Probleme am derzeitigen Standort sind überdeutlich. An das Haus August-Bebel-Straße 1 schließt sich ein nur etwa zwei Meter breiter Fußweg an, daneben eine Hauptverkehrsstraße. Die „GPK Architekten“ sehen deshalb eine Untertunnelung der viel befahrenen Straße an dieser Stelle vor. Der Tunnel verbindet eine flächige Absenkung im Bereich des Rosengartens und das Hauptgebäude am jetzigen Standort. Im Bereich des Tunnels können dann Tagungsbereiche, Kunstterassen, die Touristen-Information und auch ein Café angelegt werden. Ein Zugewinn an Ausstellungsfläche von nahezu 3000 qm ist möglich. Der OB regte an, einen weiteren Wettbewerb der Ideen auszuloben, der sich noch mehr mit den inhaltlichen Kriterien zum Museum befasse. „Man sollte weitermachen.“, so seine Ermunterung an alle Anwesenden. Damit übergab er das Wort der Kultursenatorin. Dr. Liane Melzer beschwor gleichsam die Vision eines „musealen Leuchtturmes von überregionaler Bedeutung“, die von dieser Neuordnung der Museenlandschaft in der Hansestadt ausgehen könne. Der Zugewinn an Ausstellungsfläche sei im Ideenwettbewerb gefordert und schließlich auch eingelöst worden. Das Gebäude des Schifffahrtsmuseums sei „wunderbar entwicklungsfähig“. Der Museumskomplex werde ganz klar auch zur Belebung der Innenstadt beitragen. Als Termin für die Fertigstellung dieses musealen Großprojektes ist das Jahr 2018 anvisiert. Ist noch etwas hin, denke ich bei mir. Dann wird Rostock 800 Jahre alt sein und vermutlich viel feiern. Warum nicht auch die Einweihung des neuen, erweiterten Standortes des Kulturhistorischen Museums in der August-Bebel-Straße 1? Das Einzige, was dem heute entgegensteht, dürften vermutlich die Kosten für dieses Vorhaben sein. Diese sind in der jetzigen Phase des Projektes noch nicht bekannt. Ob die Rostocker Bürgerschaft da Gelder zusagen wird? Interessierte und Neugierige können sich die sieben Projekte in der Ausstellung im Kulturhistorischen Museum noch bis zum 17. Juni 2010 zu den gewohnten Öffnungszeiten ansehen.

27. Mai 2010 | Weiterlesen
Grundsteinlegung für Hörsaal der Uni Rostock

Grundsteinlegung für Hörsaal der Uni Rostock

Der Grundstein für einen weiteren Hörsaal auf dem Campus Ulmenstraße wurde gelegt, ein wichtiger Meilenstein zum Bau des spiegelverkehrten Zwillingsbruders des Audimax, welcher sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindet. Von außen wird das neue Gebäude in seiner Form und Gestaltung dem bereits 2004 errichteten größten Hörsaal der Universität Rostock ähneln. Als Fassade werden schuppig übereinanderliegende patinierte Kupferplatten Natursteinwände und große Glasflächen zum Einsatz kommen. Der Stahlbeton- und Eingangskubus wird farbig vom gegenüber befindlichen Audimaxgebäude abgesetzt. Mit dem Bau, der im Herbst 2011 fertig gestellt sein soll, wird die Gestaltung des denkmalgeschützten Kasernenkomplexes in der Kröpeliner-Tor-Vorstadt abgeschlossen. Der architektonische Kontrast der beiden modernen Hörsaalgebäude zu den historischen roten Backsteinbauten verkörpert auf architektonische Weise das Motto der Universität Rostock: „Traditio et Innovatio“. „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft“, zitiert Rektor Professor Dr. Wolfgang Schareck den Ehrendoktor der Universität Albert Einstein. Der Hochschulleiter freut sich über den Neubau und versichert, dass mit dem 4,1 Millionen teuren Bau in die Zukunft investiert werde. Gerade im Hinblick auf die von Studierenden oft angemahnten schwierigen Hörsaalbedingungen, stelle das neue Gebäude eine Entlastung dar. Um zwei Hörsäle mit 300 und 250 Plätzen wird die Lehrveranstaltungskapazität nun erweitert. Auf dem neuesten Stand der Technik werden diese mit entsprechenden audiovisuellen Medien ausgestattet. Mit dem im Auditorium Maximus bereits installiertem System wird es sogar möglich sein, simultan gestaltete Vorlesungen oder Kongresse für bis zu 1050 Teilnehmern durchzuführen. „Die Bedingungen für Lehrende und Lernende werden sich verbessern“, sagte auch der Bauminister des Landes Mecklenburg Vorpommern Volker Schlotmann, der zur Grundsteinlegung aus Schwerin angereist war, um den Beteiligten seine Glückwünsche zu übermitteln. Gemeinsam mit Professor Dr. Wolfgang Schareck bestückte er die Kupferkassette mit Bauplänen, zwei Tageszeitungen, Münzen, einem Informationsblatt und einer Urkunde, bevor sie in den Bau eingemauert wurde. Nach einer alten Tradition soll dieses Bauopfer den Sinn und Zweck des Baues befördern.

27. Mai 2010 | Weiterlesen
„Klima schützen kann jeder – Schüler StAUNen …“

„Klima schützen kann jeder – Schüler StAUNen …“

Karina Jens zeigte sich heute nicht nur erfreut über das einfallsreiche Wortspiel „Schüler StAUNen …“, in dem das Kürzel des Staatlichen Amtes für Umwelt und Natur (StAUN) Rostock enthalten ist. Auch die Tatsache, dass 37 zum 13. Schülerprojektwettbewerb des StAUN eingereichte Projektarbeiten an diesem Tag im Foyer des Rathauses bestAUNt werden konnten, erfüllte sie mit Freude. Die Bürgerschaftspräsidentin der Hansestadt Rostock eröffnete den Aktionstag „Klima schützen kann jeder – Schüler StAUNen …“, zu dem das Rostocker StAUN, die Neue Verbraucherzentrale in Mecklenburg und Vorpommern e.V. sowie die Klimaschutzleitstelle Rostocks eingeladen hatten. Dabei verriet sie, in Rostock sei in Sachen Klimaschutz in den vergangenen Jahren schon allerhand geschehen. So konnte etwa „der Ausstoß von Kohlendioxid im regionalen Bilanzrahmen um knapp die Hälfte reduziert werden“. Das StAUN hatte den 13. Schülerprojektwettbewerb schon im Oktober 2008 ausgeschrieben. Schülerinnen und Schüler aus Rostock und den Landkreisen Bad Doberan wie auch Güstrow waren dazu aufgerufen worden, einzeln, als Projektgruppe oder als Klasse Projektarbeiten einzureichen, die sich mit den Themen „Biologische Lebensräumen unserer Region“, „Wasser schützen“, „Nutzung von Abfällen, nachwachsenden Rohstoffen und regenerativen Energien“, „Küstenschutz in Mecklenburg-Vorpommern“, „Mobilität und Umweltschutz in der Region Rostock“ und „Klimaschutz schmeckt“ befassen. Auf der Schüleraktionsmeile im Rathaus konnten die Teilnehmer des Wettbewerbs ihre Projekte heute präsentieren. Zudem sollten 15 Preisträger feierlich geehrt werden. Dazu war auch der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz M-V, Dr. Till Backhaus, in die Hansestadt gekommen. Isabelle Riedel, Theresa Engel und Natalja Bier von der Fritz-Reuter-Grundschule in Kühlungsborn erzählten mir, was sie alles im Juni 2009 während ihrer Projektwoche unter dem Thema Wiesenwelten erlebt hatten. Von Isabelle erfuhr ich mehr über das „Insektenhotel“, das die Schüler ihrer Schule gebaut hatten. Vor ihr auf dem Tisch ausgebreitet lagen verschiedene Hölzer, Steine und Stroh. „Also Insekten lieben es ja, wenn es so weich ist und auch hohl, wo sie hineinkriechen“, erklärte die Schülerin. Sie zeigte mir Rohrkolben, Schilf und ein Holunderästchen. Dies habe besonders weiches Mark. Das würden die Käfer mögen, so Isabelle. Auch einen Ziegelstein, in dem bereits Insekteneier platziert waren, konnte ich da entdecken. Theresa Engel zeigte mir ein Buch. Darin war die Vorlage abgedruckt, nach der die Schüler das Hotel für all die krabbeligen kleinen Tierchen gebaut hatten. Dann erklärten mir die drei noch viel Wissenswertes über Wildbienen, Schlupfwespen und Tausendfüßler. Ein weiteres kleines Abenteuer erlebten die Schüler, als ein Imker sie besuchte. Er habe ihnen allerhand von den Bienen erzählt und sogar welche mit in die Schule gebracht. Obendrein habe er den Schülern ein Glas Honig geschenkt, erzählten mir die Mädchen von der Kühlungsborner Fritz-Reuter-Grundschule. Natalja Bier und die ehemalige Schulleiterin, Monika Paulicks, sagten mir dann noch, was es mit der schönen Umweltzeitung auf sich habe, von der ich sogleich ein Exemplar kaufte. Monika Paulicks hatte das Umweltzeitungs-Projekt geleitet. Ziel der Zeitung sei es gewesen, „all die schönen Dinge, die wir in der Projektwoche unter dem Thema Wiesenwelten gestaltet haben, der Öffentlichkeit nahe zu bringen“, sagte sie. Auch werde die liebevoll aufbereitete Publikation als Dankeschön an alle Unterstützer des Projekts angesehen. Überdies würden die Projekte den Kindern auf diese Weise länger in Erinnerung bleiben, so Monika Paulicks. Natalja zeigte mir einige Fotos aus dem Druckwerk „Wiesen-Welten“. Ein Junge war da zu sehen, der einen sage und schreibe 1,10 Meter langen Löwenzahn gefunden hatte. Zwei Kinder hatten ein Gedicht für die Zeitung geschrieben und auch das „Insektenhotel“, der Imker und vieles, vieles mehr sind darin abgebildet. Schüler und Lehrer hatten Texte zu den Bildern verfasst. Das Thema Umwelt wird an der Fritz-Reuter-Grundschule in Kühlungsborn groß geschrieben. Auf der ersten Seite der Umweltzeitung ist das neue Logo der Bildungseinrichtung abgebildet. Monika Paulicks erklärte mir, der große Baum in der Mitte des kreisrunden Signets stehe dafür, dass sich die Grundschule am Waldesrand befände. Daneben seien eben die Naturverbundenheit und die vielen Aktivitäten zum Thema Umwelt und Natur damit versinnbildlicht. Drei Möwen im Baum würden auf das Wappen von Kühlungsborn verweisen und warum man den Kreis als Form wählte, dazu hatte Tim Bachnick schon vor längerer Zeit eine ganz tolle Erklärung, sagte mir die ehemalige Schulleiterin Monika Paulicks. „Das bedeutet: Wir sind eine feste Gemeinschaft und halten zusammen“, sagte er einst. Bevor es nun aber endlich zur Auszeichnung des 13. Schülerprojektwettbewerbes kam, hielten noch der Amtsleiter des StAUN Rostock, Hans-Joachim Meier, der Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock, Roland Methling und Dr. Till Backhaus, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz M-V ihre Grußworte. Hans-Joachim Meier bedankte sich bei allen Partnern und Sponsoren des Wettbewerbs sowie den Organisatoren der Veranstaltung. Roland Methling freute sich darüber, dass viele Projekte sich „auch mit dem, was unsere Region ausmacht, nämlich dem Thema Wasser“ befassen. Dann gab er zu, er habe noch nicht gewusst, dass aus einem Kilo Holz neun Schulhefte und aus Altpapier achtzehn Schulhefte entstehen können. Auch der Oberbürgermeister hat also heute viel Neues entdecken können. „Da wird Einem warm ums Herz, wenn man sieht, was hier passiert und wie viel Hoffnung in den jungen Menschen für unser Land steckt“, sagte er abschließend. Dr. Till Backhaus verlieh seiner Begeisterung über das Engagement der Schüler und Lehrer Ausdruck. Der Schülerprojektwettbewerb habe das Ziel „Schüler StAUNen zu lassen“, so der Minister. Dann sprach er über den drohenden Klimawandel, den Lebensraum Ostsee, den Wissensdurst der Jugend, die gerade drohende Hochwasserflut in Brandenburg, die Niedermoore Mecklenburg-Vorpommerns, das Rostocker StAUN, die Artenvielfalt unseres Bundeslandes, die Glückszahl 13, die gerade wunderschön blühenden Rapsfelder, den Gewässerreichtum Meck-Pomms und regenerative Energien. Er betonte auch den Vorteil, den der Verbrauch regionaler Produkte für die Umwelt mit sich bringe. 498 Schülerinnen und Schüler hätten am Wettbewerb insgesamt teilgenommen und eigentlich hätten alle etwas daraus gewonnen und sich für unsere Region eingesetzt, verriet er zum Abschluss. Anschließend ging es an die Ehrung der Preisträger des 13. Schülerprojektwettbewerbes „Schüler StAUNen …“. Als Zweites wurden die Schülerinnen und Schüler der Projektgruppe „Schülerzeitung“ der Klassen 3 und 4 des Schuljahres 2008/2009 von der Fritz-Reuter-Grundschule in Kühlungsborn mit einem Preis des StAUN Rostock ausgezeichnet. Dr. Till Backhaus und Hans-Joachim Meier überreichten eine Urkunde und beglückwünschten die Preisträger. Neben ihnen hatten 14 weitere Projekte Preise erhalten. Die Freude über die Anerkennung ihrer Leistung war natürlich bei allen Preisträgern groß. Neben den Schülern stellten an diesem Tag weitere regionale Akteure ihre Aktivitäten in Sachen Klimaschutz im Rathausfoyer vor. An den Informationsständen des Europäischen Integrationszentrums Rostock e.V, der Organisatoren der Energiesparkampagne „Change – Energiebewusst Handeln“ an der Universität Rostock, des ADFC Rostock, des StAUN Rostock als Praxispartner im RADOST-Projekt, der Klimaschutzleitstelle der Hansestadt Rostock sowie der Neuen Verbraucherzentrale konnte ich viel Wissenswertes in Erfahrung bringen. Darüber hinaus war die Ausstellung „Klima schützen kann jeder“ der Neuen Verbraucherzentrale äußerst informativ und eine echte Bereicherung für die Veranstaltung. Am Ende hatte ich eine Menge an Broschüren und Flyern zum Thema Klimaschutz in meinem Rucksack und viele Wissenslücken diesbezüglich in meinem Kopf geschlossen. So wird es Vielen ergangen sein – ein durch und durch gelungener Aktionstag.

27. Mai 2010 | Weiterlesen
Anfüttern für die 12. Klassik-Nacht im Zoo Rostock

Anfüttern für die 12. Klassik-Nacht im Zoo Rostock

Nur noch drei Tage bis zur 12. Klassik Nacht im Rostocker Zoo. Höchste Zeit für den Dirigenten Uwe Theimer, sich mit den Besonderheiten des Konzerthauses vertraut zu machen. Am 28. Mai will der Österreicher mit der Norddeutschen Philharmonie hier „Donau Klänge“ präsentieren. Heute geht er schon mal mit den beiden Binturong-Brüdern Abang und Banu auf Tuchfühlung. „Angst habe ich nicht“, sagt er gelassen, bevor er das Gehege in der Nähe des Veranstaltungsplatzes betritt: „Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen.“ Als er dann zwischen den beiden Marderbären steht, wird deutlich, dass das Dirigieren seine Profession ist. Nur hat er heute statt seines Taktstockes und eines Orchesters eine Banane und zwei Binturongs, die ihm folgen. Unterstützt wird er dabei von Kuratorin und Leiterin der Tierpflege Antje Zimmermann. Sie erklärt auch den Zusammenhang zwischen der Wahl der Tiere und dem Thema des Konzerts: „Geografisch betrachtet, gibt es nicht viele Gemeinsamkeiten. Die Binturong stammen nicht aus Europa, sondern aus Asien. ,Donau Klänge‘ kann man vielleicht mit Kaffeehausatmosphäre in Verbindung bringen. Es gibt eine verwandte Schleichkatzenart die Kaffeebohnen frisst. Wenn diese wieder ausgeschieden werden, wird daraus sehr wertvoller Spitzenkaffee hergestellt.“ Uwe Theimer, der seine musikalische Ausbildung bei den Wiener Sängerknaben sowie der Akademie für Musik und darstellende Kunst Wien erhielt und bereits auf allen Kontinenten Konzerte dirigiert und begleitet hat, will auch bei der Gestaltung des Programms seine Spezialität die Wiener Musik und die Zoologie miteinander verbinden. So können sich die Besucher der Klassik-Nacht auf drei Polkas mit den Titeln „Die Biene“, „Die Libelle“ und „Tarantel-Galopp“ freuen. Außerdem wird der Walzer „Die Schönbrunner“ von Lanner erklingen. „Der Wiener Zoo in Schönbrunn ist der älteste Zoo der Welt“, erläutert Uwe Theimer seine Entscheidung. Neben den bekannten Walzermelodien der Familie Strauss werden auch die Komponisten der Wiener Klassik nicht fehlen. So wird die Norddeutsche Philharmonie Rostock auch Werke von Mozart, Beethoven und Haydn vortragen. Die Erlöse aus der Klassik-Nacht kommen dem Darwineum mit der neuen Menschenaffenanlage des Zoos zugute. Ziel ist es unter dem Motto „Schaffen für die Affen“ bis 2012 ein neues Zuhause für die drei Orang-Utans Saba, Sunda und Assumbo zu bauen. Karten gibt es noch an den Vorverkaufskassen. Auch bei nassem Wetter ist für die Konzertbesucher gesorgt. Im Anschluss der „Donau-Klänge“ beginnt eine Mondschein-Expedition durch den nächtlichen Zoo.

26. Mai 2010 | Weiterlesen
„Rallye Fernost“ im Marine Science Center

„Rallye Fernost“ im Marine Science Center

Noch ist es ruhig im Marine Science Center im Yachthafen Hohe Düne an diesem Nachmittag. Die Seehunde genießen die Sonne oder schwimmen entspannt um den Ausflugsdampfer „Lichtenberg“ herum, der zu einer Robbenforschungsstation umgebaut wurde. Kurze Zeit später nähert sich eine Gruppe junger Leute von der Mole. Es sind die Nachwuchsjournalisten Anaïs, Janina, Katharina, Kimberly, Laura und Pascal. Alle stammen aus den alten Bundesländern und wollen nun mithilfe der „Hochschulinitiative Neue Bundesländer“ auf der „Rallye Fernost“ die Hochschulen in Mecklenburg Vorpommern und Brandenburg erkunden und darüber berichten. Dafür haben sie sich erfolgreich mit kreativen Texten und Videos um einen Platz im Rallye-Team beworben. Nun stehen sie als „Team Rot“ im Wettstreit mit drei weiteren Teams, deren Entdeckungstour durch die Neuen Bundesländern parallel startet. Die erste Station für das Team Rot ist die Universität Rostock. Nachdem am Vormittag schon ein Interview abgedreht wurde, steht nun „Wettrobben“ auf dem Plan. Was sich dahinter verbirgt, erklärt Professor Dr. Guido Dehnhardt, Leiter der Forschungseinrichtung: „Wir beschäftigen uns mit der Frage, wie sich Meeressäuger, vor allem Seehunde, orientieren. Wir erforschen ihre Sinnessysteme und Informationsverarbeitung.“ In einem Experiment sollen die 16- bis 20-jährigen Schüler anschließend die hydrodynamische Spurenverfolgung der Seehunde kennenlernen. Ausgestattet mit Neoprenanzügen geht es dafür ab ins Wasser zu den Tieren. Vorher gibt es noch eine Einweisung durch die Biologin Nele Gläser: „Seehunde sind Raubtiere. Wie Hunde können sie beißen. Aber wenn ihr die Tiere nicht beunruhigt, wird nichts passieren.“ Als Erstes sind Pascal und Anaïs an der Reihe. Das 10 Grad Celsius kalte Wasser löst bei ihnen einen kleinen Schock aus, aber schnell verharren sie regungslos und warten auf den Seehund Henry. Alles wird für das Experiment vorbereitet. Nele Gläser stülpt dem Seehund Henry eine Maske und Gehörschützer auf. So kann er nicht sehen und hören, wie der Physiker Lars Miersch unter Wasser eine Spur zu einem der Fernostreporter legt, die der Seehund anschließend nur mithilfe seiner hochsensiblen Barthaare verfolgen soll. Das Experiment funktioniert. Die Teilnehmer sind begeistert, der Seehund auch. Bevor die beiden aus dem Wasser steigen, verteilt Henry noch einen dicken Knutsch an Pascal und Anaïs. „Das war richtig, richtig cool“, schwärmt die Zehntklässlerin aus Niedersachsen: „Eine wirklich besondere Erfahrung.“ „Und wie war der Knutsch?“ fragt die Kamerafrau vom Team, die alles aufzeichnet. „Ja, aus Henry ist zwar kein Prinz geworden, aber ich würde ihn trotzdem mitnehmen. Platz in der Badewanne gibt es noch“, lacht Anaïs. Auch für Pascal aus Nordrhein-Westfalen ist es ein ungewöhnliches Erlebnis. Trotzdem kommt ein Biologiestudium für ihn wohl nicht in Frage. Biochemie ist nicht so sein Ding. Er sieht seine berufliche Zukunft im Bereich der Medien. Sein Traum wäre es Filmregie zu studieren, vielleicht sogar in Potsdam. Für ihn sind die ostdeutschen Hochschulen wegen ihres interessanten Studienangebots reizvoll. „Ein großer Vorteil ist auch, dass keine Studiengebühren erhoben werden“, weiß der 20-Jährige. In den nächsten Tagen werden die sechs Nachwuchsjournalisten noch Gelegenheit haben die Fachhochschulen in Stralsund und Eberswalde zu begutachten. Ihre Erlebnisse können Internetnutzer auf der Website http://www.studieren-in-fernost.de/rallye/ mitverfolgen und für das beste Team abstimmen. Am Samstag findet schließlich die Abschlussveranstaltung in Potsdam statt, wo alle Teilnehmer der „Rallye Fernost“ aufeinandertreffen und das beste Team gekürt wird.

26. Mai 2010 | Weiterlesen
Kurkonzert im Kurgarten Warnemünde

Kurkonzert im Kurgarten Warnemünde

Der Himmel über Rostock war am Pfingstmontag ziemlich bedeckt. Am Vormittag hatte es sogar geregnet. Sehr gemütlich und frühlingshaft war das nicht. Dennoch sattelte ich mein Pferd, „ähm“ Fahrrad, und machte mich so gegen 14 Uhr auf die Hufen, „ähm“, fuhr damit nach Warnemünde. Ich war schon losgefahren, da fiel mir auf, dass ich meinen Regenschirm vergessen hatte. Einen solchen sollte ich aber wohl dabei haben, dachte ich. Man weiß ja nie. Gerade regnete es zwar nicht. Aber es sah so aus, als würde es das ganz sicher bald tun. Also, „kehrt marsch“ und Schirm geholt. Für alle Fälle gewappnet, betrat ich kurz vor 15.30 Uhr den Kurgarten. Ach ja, ich hab ja noch gar nicht erzählt, was ich da überhaupt wollte. Ein pfingstfröhliches Kurkonzert wollte ich mir natürlich genehmigen. Der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Bad Lippspringe (Westfalen) hatte sich angekündigt. Au ja, wie lange hatte ich schon keine Blasmusik mehr gehört? Wie ich dachten wohl nicht viele, vor allem bei dem Wetter. Jedenfalls zählte ich neben mir kaum vier Personen auf den Zuschauerbänken vor der Bühne des Kurgartens. Die Blasmusikanten ließen sich davon nicht beirren und legten trotzdem pünktlich los. Als erstes spielten sie ein von Jacob de Haan komponiertes Stück, das die Stilrichtungen des Barock, Pop und Jazz vereint. Das war ein schwungvoller Auftakt. Danach begrüßte Christian Landerbarthold stellvertretend für den gesamten Musikzug alle Zuhörer. Er führte mit seinen Erläuterungen durch die gesamte musikalische Veranstaltung. So kündigte er auch das zweite Stück „Antonins new world“ an. Es werde in Anlehnung an Antonin Dvořáks Wirken in der neuen Welt Amerika gespielt, verriet der freundliche Blasorchester-Moderator aus Bad Lippspringe. Auch das Stück gefiel mir sehr. Außerdem füllte sich der Kurgarten so langsam mit weiteren Zuhörern. Die Musik lockte sie aus allen Richtungen heran. Gute Laune machte sich breit. Manch einer wippte im Takt hin und her. Einige Kinder sah ich gar fröhlich beschwingt zur Musik herum hüpfen. Der Musikzug kommt, wie sein Name verrät, aus Bad Lippspringe. Das liegt in Ostwestfalen und ist eine Kurstadt in der Nähe von Paderborn. Seit über hundert Jahren gibt es das Blasorchester schon. Derzeit besteht es aus etwa fünfzig Musikern. Vierzig davon erlebte ich im Kurgarten. Eine Konzerttournee führte sie zu Pfingsten an die Ostseeküste. Wie ging es aber nun weiter im Programm? Ich hörte noch ein Medley britischer Sea-Songs von Henry Wood, den Graf-Zeppelin-Marsch und drei Songs von Eric Clapton. Währenddessen zog sich jedoch der Himmel immer weiter zu und es wurde immer dunkler und ungemütlicher in Warnemünde. Aus diesem Grund verschwand dann ein Hörer nach dem anderen. Und es musste ja so kommen. Dann fing es auch noch an zu regnen. Jetzt saßen ich und eine einzige weitere tapfere Person ganz allein vor der Bühne. Und wir konnten unsere Stellung auch nur halten, weil wir beide unsere Regenschirme nicht zu Hause hatten liegen lassen. Das musikalische Programm auf der Bühne wurde fortgesetzt. Der Regen prasselte auf meinen Schirm und ich überlegte, ob ich den Heimweg antreten sollte. Doch irgendetwas hielt mich noch zurück. So lauschte ich dann der Titelmelodie des Louis de Funès – Films „Der Gendarm von Saint Tropez“ und einem Abba-Medley mit Songs, wie „Dancing Queen“, „Money Money“ und „Mama Mia“. Anschließend gab es eine fünfzehn-minütige Pause. Auch jetzt noch hörte es nicht auf zu regnen. Die zweite Hälfte des Kurkonzertes begann schwungvoll mit dem modernen Marsch „Step out and Swing“, der Swingrhythmen und Blueselemente verbindet. „Hab ich eigentlich schon die Dirigentin Sabine Bunte vorgestellt?“, fragte der Moderator plötzlich. Hatte er noch nicht. Bis eben. Seit 1989 ist sie Mitglied im Musikzug und dirigiert ihn seit 2000. Man spielte noch ein Medley des „erfolgreichsten Bandleaders der Welt“, wie Christian Landerbarthold verriet. Es handelte sich um den Liederreigen „James Last – Golden Hits“. Eil der weil passierte, womit wohl keiner der Anwesenden mehr gerechnet hätte. Die Wolkendecke lockerte sich allmählich auf, man sah hier und da ein kleines Stück blauen Himmel und da war sie, die Sonne. Nun erstrahlte sie in vollem Glanze und erfreute alle mit ihrer wärmenden Kraft. Daraufhin erschienen auch wieder zahlreiche große und kleine Hörer und lauschten den heiteren Klängen. Ich war mir sicher, die Musikanten des Musikzuges der Freiwilligen Feuerwehr Bad Lippspringe hatten die Wolken mit ihrer rhythmischen wie auch ausdauernden klang-künsterischen Tatkraft hinfort musiziert. Während ihrer letzten Stücke ward die Bühne in goldgelbes Licht getaucht. Das waren „Selections from Starlight Express”, ein spanischer Paso Doble und das Medley “Italo-Oldies”. Mit dem Medley „Spirit of sixty-nine“ beendete das Blasorchester seinen Auftritt. Dabei klatschte das Publikum zum Takte der Musik. Wenn sich auch die Sonne erst verspätet durch die Wolken gekämpt hatte, es war ein heiteres Nachmittagsprogramm, das viele Warnemünder Gäste erfreute. Vielleicht kommen die Blasmusikanten ja irgendwann noch einmal zu uns in den Norden und hoffentlich hat es ihnen hier gefallen. Ich hatte in den letzten Wochen schon so einige musikalische Veranstaltungen besucht. Auch diese bereichert meinen musikalischen Erfahrungsschatz. Auf dem Heimweg ließ ich mir die Sonne ins Gesicht scheinen und pfiff noch das eine oder andere soeben gehörte Lied vor mich hin.

25. Mai 2010 | Weiterlesen
„Kunst offen“ in Rostock

„Kunst offen“ in Rostock

Pfingsten und die Aktion „Kunst offen“ gehören in Mecklenburg Vorpommern zusammen und das nun schon seit 15 Jahren. Ich erinnere mich gern, wie wir früher bei schönstem Frühlingswetter mit dem Rad über die Dörfer fuhren zu den Ateliers der bildenden Künstler, die in der Abgeschiedenheit der ländlichen Idylle ihrem Metier nachgehen. In diesem Jahr will ich den Künstlern in Rostock über die Schultern schauen. So versprechen es zumindest die Organisatoren vom Tourismusverband Mecklenburg-Schwerin e.V. und vom Verband Mecklenburgische Ostseebäder e.V. Es ist Pfingstsonntag. Die Sonne lacht wärmend vom fast wolkenlosen Himmel, ideales Strandwetter. Ich beschließe, nach Warnemünde zu fahren. Dort sind auf dem Informationsblatt der Aktion zwei Anlaufpunkte verzeichnet. Zuerst geht es in die Galerie Möller. Schon von Weitem erkenne ich sie an dem gelben Kunst-offen-Schirm über der Tür. Zu sehen sind Grafiken von Helena Bergenrud und Keramiken von Antje Halter. „Kann man denn den Künstlern hier auch über die Schultern schauen?“ frage ich den Mann am Tresen. „Nein unsere Künstlerinnen kommen aus Schweden und Halle. Wir stellen nur ihre Werke aus. Hier sind sie jedoch nicht.“ Schade. Mein nächstes Ziel ist als Atelier ausgewiesen. Ob ich hier einen Künstler an seiner Arbeitsstätte finden kann? Als ich in der Tür stehe, werde ich darüber informiert, dass es keine Ausstellung gäbe und dass man sich im Haus auch nicht erklären könne, warum sie im Programm für Kunst offen auftauchen. Also wieder kein Künstler. Ich mache mich enttäuscht auf den Heimweg. Als ich über die Brücke am Alten Strom schlendere, entdecke ich Svetlana Shanurenko. Sie hat ihre Pinsel und Farben ausgepackt, um ihre Eindrücke vom Warnemünder Treiben auf Papier zu bringen. Neben ihr liegen ein paar ihrer Aquarelle, auf denen vor allem Landschaften abgebildet sind. Endlich habe ich eine Malerin gefunden und ganz offen unter freiem Himmel. Am nächsten Tag, Pfingstmontag, nehme ich mir die Rostocker Innenstadt vor. Eine dicke Wolkendecke hat sich über die Stadt gezogen aus der leichter Regen fällt. Beim Lesen des Kleingedruckten im Programmheft bemerke ich, dass am letzten Tag der Aktion Kunst offen in der Rostocker Innenstadt gerade mal eine Ausstellung geöffnet ist. Im Wittespeicher können zwölf macrophotographische Exponate ohne Rahmen betrachtet werden, die im Jahre 2002 für eine Ausstellung zum Thema Microkosmos einer Glasperle entstanden sind. Die Künstlerin selbst bleibt unbenannt und ungesehen. Trotz Regen laufe ich weitere Ateliers, Werkstätten und Galerien ab. Doch überall sind die Türen geschlossen. Als ich in der Bahnhofstraße an der Tür der Porzellanwerkstatt von Petra Benndorf klingel, wird mir unerwartet geöffnet. Ich darf eintreten in eine wunderschöne Ausstellung mit Malereien von Grit Sauerborn und Objekten und Gefäßen aus Porzellan von Petra Benndorf. In der oberen Etage kann ich mir sogar den Arbeitsplatz anschauen. Ich erkundige mich, ob man die Künstlerin in den letzten beiden Tagen an der Drehscheibe beobachten konnte. „Nein,“ lautet die Antwort: „Wir hatten so viele Besucher hier. Das wäre gar nicht möglich gewesen.“ Nachdem ich mir alles anschaut habe, wird mir empfohlen zum Alten Markt zu gehen. Dort hätte eine Galerie ganz neu eröffnet und befände sich deshalb noch gar nicht auf der gedruckten Kunst-offen-Liste. Gesagt, getan, auf zur „galerie marjungfru“. Hier erlebe ich nun alles so, wie ich es mir vorgestellt habe: die Tür ist offen und das Ambiente einladend. Von acht Künstlern wurde eine vielfältige Sammlung zusammengetragen, unter anderem Malerei, Grafik und Buchillustrationen von Klaus Gumpert, Schmiedekunst von Marcus Grosser, Keramik von Tom Giertz, Porzellan und Keramik von Tonio Schmidt, Kerzendesign von Manuela Werk und Ölmalerei von Marko Bennin. Ein Künstler ist sogar selbst anwesend. Tino Langrock zeigt seine Malereien, Unikatschmuck und Skulpturen. Er hat gerade darüber nachgedacht zu schließen. Aber nun holt er doch noch seine schwedische Schnitzaxt heraus, stellt seinen Sägebock nach draußen und zeigt mir, wie er an seinen Holzfiguren arbeitet. Inzwischen sind weitere Besucher in die Galerie gekommen. Bei einem Kaffee plaudern sie mit dem Künstler über die Ausstellungstücke. Es sind Kenner. Sofort identifizieren sie die Glasarbeiten von Andre Max Werner Blumberg aus Kühlungsborn. „Diese Stücke wurden extra für uns angefertigt. Wir möchten das Besondere ausstellen,“ erklärt Tino Langrock. Ja, hier kann man wirklich auf Kunst und Künstler zugehen, das Schöne und Ungewöhnliche betrachten und in einer kreativen Umgebung mit dem Kunstschaffenden ins Gespräch kommen. Das ist „Kunst offen“. Als ich die Galerie verlasse und mich auf den Heimweg mache, hat der Regen aufgehört und die Abendsonne streckt noch einmal ihre Strahlen durch die ziehenden Wolken.

25. Mai 2010 | Weiterlesen
„Luv un Lee“ und Kathy Kelly in der KTV

„Luv un Lee“ und Kathy Kelly in der KTV

Am Freitag wurde ich in der Kröpeliner-Tor-Vorstadt Zeugin eines musikalischen Zusammentreffens der besonderen Art. Kathy Kelly, die viele Jahre lang Produzentin und Sängerin der erfolgsgekrönten Familiencombo „The Kelly Family“ war, musizierte gemeinsam mit dem Rostocker Shanty-Chor „Luv un Lee“ in der Heiligen-Geist-Kirche. Als ich diese erreichte, war sie schon recht gut gefüllt und ich hatte großes Glück, noch einen Platz in der ersten Reihe erwischen zu können. „Grande Dame of Gospel and Folk“ wird sie genannt. Kathy Kelly wurde 1963 in Massachusetts geboren und fand fünf Jahre später in Spanien eine neue Heimat. Als sie 15 Jahre alt war, begann ihre Familie die Laufbahn als Straßenmusiker. Die Kellys entwickelten sich zur weltbekannten Kultband. Ihr Album „Over the Hump“ war in Deutschland die meistverkaufte Platte aller Zeiten. Derzeit befindet sich Kathy auf ihrer „Gospel-European Tour“. Diese führte sie auch nach Rostock. Gospelsongs und Seemannslieder, ob das zusammenpasst? Von langen Reisen, harter Arbeit, Liebe und der Sehnsucht nach der Heimat erzählen jedenfalls Shantys wie auch Gospelsongs. Und dass diese Genres sehr wohl miteinander harmonieren, konnte ich an diesem Abend selbst erleben. Zuvor hatte ich mich noch ein wenig zu gedulden. Die Tür im Chorbereich, der zur Bühne umfunktioniert worden war, ging ab und an auf. Dann stiefelten aber immer nur Tontechniker oder andere wichtige Konzert-Organisations-Management-Leute hindurch. Sie warfen einen verstohlenen Blick auf das Publikum, redeten mit anderen wichtigen und ebenfalls sehr beschäftigten Menschen und stimmten Musikinstrumente. Ich wurde schon richtig ungeduldig, da traten die Chorsänger von „Luv un Lee“ endlich vor ihr Publikum. Und was war das für ein Auftritt! Während sich der Chor noch positionierte, trat einer der Sänger in den Vordergrund und läutete feierlich den Beginn des Abendprogramms an der „Luv un Lee“-Glocke ein. Dann färbte sich der gesamte Chorbereich rot und die Matrosen von „Luv un Lee“ stimmten ihr erstes Lied an. Die Shanty-Truppe gibt es schon seit 1981. Damals wurde sie vom VEB Fischkombinat Rostock gegründet. Seit 1990 werden ihre Lieder im NDR und auf weiteren Sendern ausgestrahlt. Zwei Tourneen durch die USA haben sie erlebt und sie sangen 1999 im Rahmen eines Sommerfestes zum Ende der Amtszeit des einstigen Bundespräsidenten Roman Herzog auf Schloss Bellevue. Ihr Repertoire umfasst Shantys, Seemannslieder, maritime Evergreens, Heimat- und Scherzlieder sowie weihnachtliche Lieder. Diese singen sie auf hochdeutsch, englisch und „up platt“. Nun aber zurück zum Konzert. Ihr zweites Lied an diesem Abend war „Gelbe Rose von Texas“. Es ist von Seeleuten aus Amerika nach Europa gebracht worden und handelt von Liebe und einem schönen Mädchen. Das nächste Lied, „Sailing“, bezog sich auf den Augenblick an Bord eines Schiffes, indem die optimistische Stimmung der Seefahrer in Sehnsucht nach zu Hause umschlägt. „So mancher Sturm wird wehn, bis wir uns wiedersehn“, sangen „Luv un Lee“. Der Klang ihrer Stimmen ertönte in der Kirche noch eindrucksvoller als an anderen Orten. Die Heiligen-Geist-Kirche schien mir der rechte Ort zu sein, um diesen phantastischen Sängern noch mehr Klangraum zu geben. Die Wirkung ihrer Darbietung steigerte sich dadurch sehr. Nach dem fünften Lied trat der Shantychor zunächst ab, um dem Star des Abends Freiraum auf der improvisierten Bühne zu gewähren. Kathy Kelly nahm diesen dankend an. Nach nur kurzer Begrüßung des Publikum stimmte sie den Opener „Who´ll Come With Me“ an. Dabei begleitete sie der Keyborder Andreas Recktenwald. Beide wussten das Publikum in Handumdrehen zu begeistern. Neben gefühlvollen Balladen stimmten sie auch stimmungsgeladene und heitere Songs an. Kathy erwies sich bei der Performance als absolute Multiinstrumentalistin. Spielte sie eben noch Akkustikgitarre, griff sie beim nächsten Song schon zum Akkordeon. Neben englischsprachigen Titeln erklangen auch deutsche und spanische. Bei Letzteren musste ihr besonders warm ums Herz geworden sein, denn sie erwähnte anschließend ihre glücklichen Erinnerungen an ihre Kindheit in Spanien. Nun folgte eine Pause. Danach trat erneut der Shantychor vor die Mikrophone. Die „Islandfischer“, ein altes flämisches Fischerlied, eröffnete von neuem den maritimen Liederreigen. Nach dem „Samoasong“ und einigen weiteren gab der Chor das „Seemannslied-Medley“ zu Gehör. Die Zuhörer klatschten dabei im Takte. Bei solch guter Stimmung ließen es sich beide, der Chor und Kathy Kelly, nicht nehmen, zum Höhepunkt dieses Konzertes gemeinsam aufzutreten. Bei Evergreens, wie „La Paloma“ oder „Rolling Home“, konnten sie ihr ganzes Können vereinen. Die Hörerschaft geriet dabei ganz aus dem Häuschen. Am Ende der Veranstaltung waren sowohl „Luv un Lee“, Kathy Kelly wie auch das Publikum dankbar für diesen gelungenen Abend. Als besonderen Abschluss darf auch Kathys Resümee verstanden werden, dass Rostock ihrer Meinung nach vor zwanzig Jahren schon eine liebenswerte und schöne Stadt gewesen, heute aber noch viel schöner sei.

24. Mai 2010 | Weiterlesen