Neueste Nachrichten aus Rostock und Warnemünde

Live-Stream-Premiere von Effi Briest im VTR

Live-Stream-Premiere von Effi Briest im VTR

Theater gehört ins Theater – so lautete heute die einhellige Meinung bei den Proben zu dem neuen Bühnenstück „Effi Briest“ des Rostocker Volkstheaters. Zum Theater gehört gemeinhin auch Publikum. Trotzdem werden die Premierenzuschauer nicht ins Theater kommen, sondern sich die Vorführung am Samstagabend vor dem Bildschirm anschauen. Seit gut zwei Monaten probt das Schauspielensemble die Bühnenfassung des Romans von Theodor Fontane. Dramatisiert wurde es vom Thüringer Schauspieler und Regisseur Matthias Brenner, der es für das Große Haus des Rostocker Volkstheaters auch inszeniert hat. Kurz vor der Premiere kam jedoch das Aus für die reguläre Erstaufführung. Die Bühne wurde aus brandschutztechnischen Gründen für Theaterbesucher geschlossen. Was also tun? Viel Arbeit war bereits in die Produktion von „Effi Briest“ investiert worden. Nicolaus-Johannes Heyse hatte ein aufwendiges Bühnenbild entworfen. Und das alles für leere Stuhlreihen? Wenn das Publikum nicht in das Theater kommen kann, kommt das Theater zum Publikum, dachte man sich nun im Volkstheater und organisierte innerhalb von nur drei Wochen alles Nötige für eine Live-Stream-Übertragung der Premiere im Internet. Mit drei Kameras wird nun die Aufführung aufgezeichnet. Das Bildmaterial wird direkt ins Internet eingespeist und kann am kommenden Samstagabend von den Zuschauern am Computerbildschirm verfolgt werden. Zuständig für die Übertragung sind René Koch und Michael Nau. Letzterer hat bereits 2001 Erfahrung mit einem derartigen Projekt sammeln können. Damals übertrug das Volkstheater „Die Zauberflöte“ im Internet. „Wir waren die Ersten weltweit, die das gemacht haben“, erinnert sich Michael Nau. „Vor zehn Jahren haben wir dasselbe jedoch mit 30 Leuten in drei Monaten auf die Beine gestellt“, erzählt er. Dieses Mal musste alles in viel kürzerer Zeit, mit weniger Leuten umgesetzt werden. „Das hier ist eine Lebensrettungsmaßnahme für das Produkt, damit es überhaupt einmal gezeigt wird“, betont Matthias Brenner. „Wir haben mit den Kameraleuten und dem Bildregisseur Stefan Brunst verabredet, dass die Schauspieler nichts anderes tun, als das, was sie machen würden, wenn Leute im Saal wären. Es gibt keine Blicke in die Kamera.“ Trotzdem sei es ein komisches Gefühl vor leeren Reihen zu spielen, erzählte Darsteller Jörg Schulze. „Eine total absurde Situation, weil Theater ja eigentlich ein Kommunikationsmedium ist. Es ist, als wenn man mit sich selber ein Gespräch führt.“ Für ihn ist dieser Moment aber auch spannend, eine Möglichkeit sich auszuprobieren. „Ich bin gespannt auf die Stimmung und wie es aufgenommen wird.“ Der Vorhang öffnet sich im Internet am Samstag, den 26.03.2011 um 19:30 Uhr unter www.volkstheater-rostock.de. Wer auf die Geselligkeit eines Theaterbesuches nicht verzichten möchte, kann sich einem Public-Viewing anschließen, wie es zum Beispiel in der „anderen buchhandlung“ und im MAU-Club stattfinden wird. Dort findet nach der Aufführung auch die Premierenfeier statt.

24. März 2011 | Weiterlesen
27. Evangelischer Kirchbautag 2011 in Rostock

27. Evangelischer Kirchbautag 2011 in Rostock

Schon von Weitem erkennt man Städte und Dörfer an ihren Kirchtürmen. Nicht nur für Christen sind sie daher wichtige Identifikationsorte. Allein das Gebiet der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs zählt 580 Dorf- und 84 Stadtkirchen. Fast alle stehen unter Denkmalschutz. Aber welche Rolle sollen Kirchengebäude heute noch spielen in einem Land wie Mecklenburg-Vorpommern, wo rund 80 Prozent der Bevölkerung konfessionslos sind? Um die Marienkirche und die Universitätskirche in Rostock brauchen wir uns keine Sorgen machen, beruhigt Professor Dr. Thomas Klie, Theologe an der Universität. „Aber was machen wir mit den vielen kleinen Dorfkirchen?“, stellt er als Frage in den Raum. Mit dieser Frage wollen sich vom 23. bis zum 25. Juni zahlreiche Experten auf dem 27. Evangelischen Kirchbautag in Rostock beschäftigen. Aus dem ganzen Bundesgebiet kommen dann Architekten, Künstler, Denkmalpfleger, Kirchbaufachleute der Landeskirchen und Theologen zusammen. Mit etwa 400 Teilnehmern rechnet Dr. Ludwig Seyfahrt, der die Veranstaltung des Instituts für Kirchbau und kirchliche Kunst der Gegenwart hier vor Ort koordiniert. Aber auch für andere Interessierte sei die Tagung offen, so der Pastor i.R. In Vorträgen, Gesprächsforen und Workshops soll die Frage nach dem Erhalt der Bausubstanz unter dem Motto „Kirchenraum – Freiraum – Hoffnungsraum“ beleuchtet und auch schon konkrete Vorschläge präsentiert werden. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei die Situation in Mecklenburg. Thomas Klie, der auch Mitglied im Präsidium des Kirchbautages ist, weist hier auf einen interessanten Widerspruch hin, welchen er gerade erforschen lässt: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Mecklenburger mit großer Selbstverständlichkeit Mitglied in Kirchbauvereinen sind, die sich für den Erhalt ihrer Dorfkirche einsetzen, aber nicht Mitglied der Kirche sind.“ So gebe es hierzulande die größte Dichte von Kirchbauvereinen und die geringste Kirchenmitgliedschaft. „In unserer besonderen Situation“, verweist Landessuperintendent Dr. Matthias Kleiminger auf den enormen Reichtum an kirchlichen Bauwerken, „sind wir auch in gewisser Weise Vorreiter, die sich darüber klar werden wollen, wie wir mit unserem Erbe umgehen.“ Einen kleinen Einblick in Mecklenburgs Reichtum an Kirchen und Kapellen bietet auch der 27. Evangelische Kirchbautag. So können die Teilnehmer nicht nur die Kirchen Rostocks erkunden, auch Ausflüge zu ausgewählten Orten Mecklenburgs stehen auf dem Tagungsprogramm. Haupttagungsort ist das Kirchliche Zentrum St. Nikolai in der Rostocker Altstadt. Eine Kirche, die bereits umgewidmet wurde und heute als kultureller Veranstaltungsort dient.

23. März 2011 | Weiterlesen
Gäste aus Riga trugen sich ins Gästebuch der Stadt ein

Gäste aus Riga trugen sich ins Gästebuch der Stadt ein

Die stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Riga Karin Jaanson und der Vorsitzende des Ausschusses für Europäische Beziehungen Prof. Dr. Janis Vucans trugen sich heute in das Gästebuch der Stadt ein. Sie waren aufgrund eines „Transnational Training Modules“ (TTN) des Projektes „Baltic Sea Region – Innovation in Region“ (BSR-InnoReg) zu Gast in Rostock. Darüber hinaus verbindet Rostock und Riga eine Partnerschaft, die bereits seit 1961 besteht. Das Projekt „BSR-InnoReg“ startete im Februar 2009 und läuft noch bis Juni dieses Jahres. Es soll vor allem dazu beitragen, in den ländlichen Regionen des Ostseeraums eine Innovationsstruktur zu entwickeln und zu fördern, um sie wirtschaftlich den städtischen Ballungsräumen ebenbürtig zu machen. Ziel ist es deshalb, den ländlichen Regionen das Wissen zur Entwicklung einer Wirtschaftsstruktur zu vermitteln. Stellvertretend für die ländlichen Regionen der sechs Partnerländer Finnland, Lettland, Estland, Litauen, Deutschland und Polen haben sich 18 Institutionen am Projekt beteiligt. Diesen sollte zunächst geholfen werden, sich selbst zu strukturieren und sich dann das nötige Wissen anzueignen, um vor allem mittelständischen und kleinen Unternehmen zur Seite zu stehen. Vier dieser Institutionen sind hier in Deutschland angesiedelt. In Rostock finden sich das Hanseatic Institute for Entrepreneurship and Regional Development (HIE-RO) und das Innovations- und Trendcenter Bentwisch (ITC). Letzteres war heute durch Dr. Manfred Grigo im Rathaus vertreten. Darüber hinaus beteiligen sich die Zukunftsagentur Brandenburg und die Regionale Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming als deutsche Partner am Projekt. Neben der Förderung der Projektpartner sollen durch das Projekt auch lokale und regionale Entscheidungsträger zusammenkommen, um sich über globale Herausforderungen für die ländlichen Regionen zu unterhalten. Daraus soll dann ein „Innovation Policy Memorandum“ entstehen, das alle Informationen und Erfahrungen beinhalten soll, um ländlichen Regionen beim Aufbau der Innovationsstruktur zu helfen. In dieses Memorandum fließen auch die Erkenntnisse der „Transnational Training Modules“ (TTN) mit ein. Diese sind außerdem dazu da, die 18 Partnerorganisationen im Hinblick auf die Erschaffung der Innovationsstrukturen zu unterstützen und einen Austausch untereinander zu ermöglichen. Das TTN in Rostock war bereits das vierte Treffen dieser Art und fand in den vergangenen zwei Tagen statt.

23. März 2011 | Weiterlesen
„Kannst du von 224,97 € im Monat leben?“

„Kannst du von 224,97 € im Monat leben?“

„Möchtest du, dass Behörden darüber entscheiden, ob du krank bist?“, so lautete eine der Fragen, die mehrere junge Leute am Dienstag auf dem Uniplatz stellten. Das taten sie, indem sie beschriftete Pappschilder hochhielten. Das gute Wetter unterstützte sie dabei, denn so gab es viel Publikum, das wissen wollten, worum es geht. Ja, worum ging es denn eigentlich? Ausgangspunkt der Kampagne ist der bundesweite Aktionstag Abolish, mit dem Ziel, das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) abzuschaffen oder zumindest auf die eklatanten Missstände hinzuweisen. In diesem Gesetz ist geregelt, welche Leistungen Flüchtlinge erhalten und welche Rechte und Pflichten sie besitzen. Inhaltliche Bestandteile sind zum Beispiel die überwiegende Heimunterbringung und ein festgesetzter Betrag zum Leben von momentan 224,97 Euro im Monat. Darüber dürfen die Personen aber häufig nicht frei verfügen, sondern sie bekommen in der Regel Lebensmittelmarken für bestimmte Läden zugewiesen. Arbeiten dürfen die Flüchtlinge nur dann, wenn die Arbeit für keinen anderen Arbeitssuchenden infrage kommt. In Rostock gibt es ein Asylbewerberheim. Dies liegt relativ dezentral in der Satower Straße. Positiv an dem Rostocker Haus ist, dass es von Sozialarbeitern betrieben wird, die sich aktiv für die Belange der Flüchtlinge einsetzen. Dies ist nicht die Regel, häufig sind es unausgebildete Mitarbeiter von privaten Sicherheitsfirmen, die oftmals keine sachkundige Beratung anbieten können, wie auch viele Medienberichte zu Zwischenfällen in den Heimen beweisen. Darüber hinaus müssen sich Flüchtlinge oft über mehrere Jahre hinweg ein Zimmer mit anderen, zum Teil fremden, Personen teilen. Organisiert wurde die Aktion auf dem Uniplatz von einer Gruppe von Leuten, die sich seit dem Frühjahr 2010 ehrenamtlich für dieses Thema engagieren. Im Mittelpunkt ihres Interesses liegt das Asylbewerberheim in der Satower Straße, in dem sie eine Hausaufgabenhilfe und Sprachkurse für die Bewohner anbieten – Letzteres in Zusammenarbeit mit Studenten der Universität Rostock. Dorothea Engelmann von der Initiative berichtet, dass sie sich schon lange mit dem Thema beschäftigt. Dies sei auch ein politischer Grund, da Asylbewerber eine sehr schwache soziale Gruppe sind, bei denen sich menschenunwürdiges Verhalten besonders deutlich zeigt. „Ziel war es, mit dieser Aktion einen Hingucker zu erreichen und mit den Fragen die Menschen auch direkt anzusprechen. Die Menschen sind oft interessiert, vielen fehlt aber auch das Hintergrundwissen“, sagt sie. Den Eindruck hatte ich auch. Viele Menschen blieben stehen und schauten sich die Plakate an, ohne aber zu wissen, worum es geht. Dafür wurden Flyer verteilt, die das Anliegen genauer beschrieben. Kaum einer konnte sich vorstellen, mit nur 220 Euro im Monat zu leben. Jedoch bleibt die Frage, wie viele Leute nachhaltig von so einer Aktion angesprochen wurden. Es schien aber schon eher so, dass viele die Aktion mehr als gelungene Abwechslung beim Eis essen ansahen und sich nicht weiter inhaltlich damit beschäftigen wollten. Einer, der im Rahmen der Antirassistischen Aktionswoche auf das Thema aufmerksam wurde, ist Felix Leipoldt. Der Student aus Rostock war am Montag schon bei einer Veranstaltung im Peter-Weiss-Haus, bei der die ehemalige Moderatorin Mo Asumang ihren Film Roots Germania vorstellte. Auf dem Uniplatz war er nur zufällig, fand die Aktion aber sehr gut. „Wenn die Politik nichts macht, ist der beste Weg, selbst etwas in die Hand zu nehmen.“ Der angehende Politikwissenschaftler geht nebenbei arbeiten und wird von seinen Eltern unterstützt und kann so nachvollziehen, wie schwer es für Asylbewerber sein muss. „Die dürfen ja nicht mal arbeiten!“ Im Rahmen der Antirassistischen Aktionswoche finden am Donnerstag und Freitag noch weitere Veranstaltungen im Peter-Weiss-Haus statt. Zum einen eine Infoveranstaltung zum Feindbild Islam, zum anderen eine Lesung zum Thema „50 Jahre afrikanische (Un-) Abhängigkeiten“, die gerade auch vor dem aktuellen Hintergrund spannend sein dürfte.

23. März 2011 | Weiterlesen
Nachlese zur Leipziger Buchmesse 2011

Nachlese zur Leipziger Buchmesse 2011

Alle 30 Sekunden wird irgendwo auf der Welt ein Buch veröffentlicht. Da ist es schon sehr schwer, immer den Überblick zu behalten. Man kann unmöglich alles lesen und gerade heutzutage ist Zeit ja auch ein knappes Gut. Zum Glück gibt es aber Menschen, die das Lesen zu ihrem Beruf gemacht haben. Zwei von ihnen, Evelyn Röwekamp, stellvertretende Filialleiterin der Thalia Buchhandlung in Rostock und NDR 1 Radio MV Kulturchef Ernst-Jürgen Walberg, haben am Montag in der Thalia Buchhandlung neue Literatur vorgestellt. Seit zehn Jahren stellen beide nun schon Bücher für den Kunstkaten auf NDR 1 Radio MV vor. Dieses Mal haben die beiden Moderatoren die Leipziger Buchmesse Revue passieren lassen. 163.000 Besucher haben sich vom 17. bis zum 20. März insgesamt 2.000 Veranstaltungen mit 1.500 Autoren angesehen – und nebenbei hat natürlich noch jeder Verlag sein neues Programm vorgestellt. Auch wenn die ausgewählten Bücher sehr breit gefächert waren, gab es doch Motive, die immer wieder aufgegriffen wurden. Ganz zentral waren auf der diesjährigen Messe Familienkonflikte. Besonders die Beziehung von Vater und Sohn stand immer wieder im Mittelpunkt der Literatur. So beschreibt Arno Geiger in seinem autobiografischen „Der alte König in seinem Exil“ von den Erfahrungen und Erlebnissen mit seinem Vater, der an Alzheimer leidet. Herausgekommen ist ein sehr emotionales, aber auch sehr schönes Buch, welches das Vergessen als neue Ebene der Kommunikation erschafft. Das Buch „Veit“ von Thomas Harlan ist ein direkter Brief an den verstorbenen Vater. Veit Harlan hat in der NS-Zeit Filme gedreht, wie den ausländerfeindlichen Jud Süß. Doch es ist nicht nur der reine Brief, der „Veit“ so besonders macht, sondern auch die historischen Anmerkungen. „Für mich ganz klar Schulliteratur“, sagte Walberg. Die NS-Zeit war auch ein häufig vertretenes Thema. So hat Daniel Blatman mit seinem Buch „Die Todesmärsche 1944/45“ ein neues Standardwerk geschaffen, das die Geschichte und auch Geschichten hinter den Todesmärschen aufzeigt, von denen heute noch viele Mahnmale zeugen. Auch ein bekannter Autor wie Hans Fallada hat sich mit der Zeit beschäftigt. Sein „Jeder stirbt für sich allein“ wurde nach einem großen internationalen Erfolg auch bei uns wieder neu aufgelegt. Darin beschreibt er den Widerstand im Nationalsozialismus. Neben solch ernsten Büchern gab es natürlich auch die klassische Belleristik und Kinderbücher wie „Riesling und Zwerglinde“. Zwei der vorgestellten Autoren werden sogar noch in dieser Woche in Rostock lesen. Einer von ihnen ist Tim Binding, der am Donnerstag aus seinem bitterbösen Roman „Fischnapping“ bei Thalia liest. Am Freitag kann man im Literaturhaus Rostock den gebürtigen Schweriner Gregor Sander erleben, der in seiner Roman „Winterfisch“ in einem typischen „norddeutschen Trott“ Geschichten von der Küste erzählt. Nach dem Abend wusste ich gar nicht, was ich zuerst lesen soll. Mit den vorgestellten Büchern kann man locker die Zeit bis Oktober überdauern und dann ist ja auch schon wieder Frankfurter Buchmesse. Und sicherlich gibt es dann auch wieder neue Buchtipps von Röwekamp und Walberg. Auszüge aus der Nachlese zur Leipziger Buchmesse kann man am 3. April im NDR 1 Kunstkaten nachhören.

23. März 2011 | Weiterlesen
„Sheketak – Rhythm in Motion“ in der Stadthalle

„Sheketak – Rhythm in Motion“ in der Stadthalle

Eine Mischung aus Tanz, Gesang, Musik, Schauspiel, Humor und Multimedia-Elementen erwartete gestern das Publikum in der Stadthalle. Sheketak, das ist eine Gruppe von Künstlern aus Tel Aviv, die sich 1997 gegründet hat. Aus anfangs fünf Tänzern ist inzwischen ein Ensemble aus 20 Künstlern geworden, das bereits mehrere Shows auf die Bühne gebracht hat. Gestern Abend waren sie mit ihrem Programm „Rhythm in Motion“ in der Stadthalle zu Gast. Im Paket enthalten waren acht der Sheketak Künstler, drei Musiker und jede Menge Energie. Gleich zu Beginn traten die vier Frauen und vier Männer auf die Bühne und zeigten vollen Körpereinsatz. Sie tanzten, sprangen und verbogen sich zu den Klängen, die sie mit ihren Füßen auf der Bühne machten oder durch das Trommeln auf ihren Körpern erzeugten. Nach diesem kleinen Vorgeschmack fiel dann der schwarze Stoffhintergrund von der Decke und gab ein Gerüst frei, auf dem sich die drei Musiker platziert hatten. Unter ihrer Begleitung mit Gitarre, Schlagzeug und Keyboard, zeigten die acht Künstler, was tanztechnisch in ihnen steckt. Neben Hip-Hop und Breakdance vollführten sie außerdem Stepptanz und von Zeit zu Zeit auch lateinamerikanische Elemente. Aber auch ohne die Musiker konnten sie sich ganz gut selbst begleiten. So trommelten sie nicht nur auf Eimern, Töpfen, Pfannen, Kuchenformen und ähnlich Skurrilem, sondern auch auf stinknormalen Trommeln, dem Bühnenboden und wie schon erwähnt, ihren Körpern. Auch mit ihrer eigenen Stimme brachten sie den ein oder anderen Ton hervor, der im Chor aus acht Mündern auch eine Art Musik darstellte. Wirklich kurios waren aber die Klänge, die von kleinen, bunten Vogelhandpuppen kamen. So war auf der Bühne ein Turm aus verschieden großen Würfeln, in denen jeweils ein Loch war, aufgebaut worden. Aus diesen Löchern lugten eine nach der anderen die Handpuppen heraus, die jede für sich ein anderes, nervtötendes Quietschen von sich gab. Wenn sie jedoch in einer Art Melodie zusammen quietschten, war das entstandene Geräuschkonzert plötzlich gar nicht mehr nervig, sondern einfach nur noch originell. Ganz zu schweigen von dem Bild, das dieser Turm mit den schrill-bunten Vögeln abgab. Und das war nur eine der vielen humoristischen Showeinlagen, die sich durch das ganze Programm zogen. Ein weiteres Highlight neben der Komik war aber auch die multimediale Schattenbox in der Mitte der Bühne, in der die Künstler zu tanzen schienen. Es sollte so aussehen, als stiegen sie hinein und würden von Licht angestrahlt werden, um dann als schwarze Gestalten sichtbar zu sein. So tanzten zum Beispiel Schattenfigur und echter Mensch synchron auf der Bühne nebeneinander. Auch dem Publikum schien diese Mischung zu gefallen. Sabine Leddin und ihre beste Freundin Kerstin Lindgreen wussten zwar im Vorfeld nicht, was auf sie zukommen würde, aber: „Man lässt sich immer aufs Neue überraschen“, sagte Sabine Leddin. „Das war wirklich ein ganz tolles Geburtstagsgeschenk“, stellte Kerstin Lindgreen fest. „Ja, es ist supergeil“, stimmte ihre Freundin zu. Man sollte also vielleicht doch öfter mal einen Blick nach links und rechts werfen und nicht immer nur dem Bekannten eine Chance geben. Sonst verpasst man solche Highlights, wie das Programm von Sheketak, womöglich.

21. März 2011 | Weiterlesen
Wiedereröffnung des Botanischen Gartens Rostock

Wiedereröffnung des Botanischen Gartens Rostock

„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick“, heißt es in Goethes Osterspaziergang. Gestern war zwar noch nicht Ostern, aber einer der ersten schönen Frühlingstage in diesem Jahr. Und passend dazu wurde der Botanische Garten der Universität Rostock endlich wieder eröffnet. Rund 600 Besucher strömten um 14 Uhr herbei, um das zu feiern. Eine wahre Überraschung, wenn man bedenkt, dass mit nur 150 Gartenfreunden gerechnet wurde. „Sonst haben wir immer um 10 Uhr angefangen, aber diesmal wollten wir etwas anderes ausprobieren und auch eine andere Klientel ansprechen“, erklärte Bernd Springer, technischer Leiter des Botanischen Gartens, die enorme Besucherzahl. Neben der Wiedereröffnung gab es auch noch ein paar Neuerungen zu bestaunen. „Wir haben keinen Winterschlaf gehalten“, scherzte Prof. Dr. Stefan Porembski, Direktor des Botanischen Gartens. Während die Türen für Besucher verschlossen waren, hatten sich die Mitarbeiter zum Beispiel um eine neue Wegeführung gekümmert und das neue Kaltgewächshaus eingerichtet. Dieses war Ende 2010 fertiggestellt worden. Bevor jedoch der Rundgang auf dem Gelände losgehen konnte, musste natürlich zuerst einmal der Frühling feierlich begrüßt werden. Zu diesem Zweck hatte man traditionell eine Bank mit Blumen geschmückt und hinter einem Bretterverschlag versteckt. „Wir wollen heute den Winter vertreiben, symbolisiert durch diese Bretter“, verkündete Bernd Springer. Nachdem beherzte Besucher die Blumen befreit hatten, wurde die Bank an ihren neuen Bestimmungsort gebracht. Der Umzug aus Blumenbank-Trägern und Besuchern wurde angeführt vom neunjährigen Raoul, der einen Stab mit 99 Glocken in der Luft schwenkte. Das sei ein alter Brauch um den Winter zu vertreiben, erzählte Springer. „Einige der Glöckchen sind 101 Jahre alt“, sagte er stolz. Nachdem die Bank ihren neuen Platz gefunden hatte, wurden drei neue Fahnen, die vom Verein „Freundeskreis Botanischer Garten Rostock e.V.“ gestiftet wurden, mit Girlanden eingeweiht. Diese zeigen die Aufschrift vom Freundeskreis, von der Universität Rostock und vom Verband Botanischer Gärten. Nächste Station war die Präsentation der Pflanze des Monats. Passend zum Frühlingseinläuten gab es einen einheimischen Frühblüher zu bestaunen. Die Kornelkirsche, ein gelbblühender Busch, der sich hinter dem Loki-Schmidt-Gewächshaus befindet, wird in einigen Tagen dann wohl auch komplett erblüht sein. Aus den Früchten des hartholzigen Gewächses kann man im Spätsommer zum Beispiel Liköre, Weine und Marmelade machen. Von Letzterer gab es für die Besucher eine kleine Kostprobe. „Es schmeckt gut, hat aber einen bitteren Nachgeschmack“, stellte Dr. Nadja Riedinger, die Mutter von Raoul fest. „Hat was von Erdbeere.“ Eine weitere Attraktion des Tages war, wie schon erwähnt, das neu gebaute Kaltgewächshaus. In diesem werden nun die Pflanzen aus den Winterregenklima-Gebieten untergebracht. Dazu gehören zum Beispiel Gewächse aus dem Mittelmeerraum. Ein ganz besonderer Dank ging hier an die Pflanzen, die immer noch so schön wuchsen und gediehen. Immerhin hatten fast alle von ihnen schon ein sehr bewegtes Leben. Vor zwei Jahren waren sie aus den ehemaligen Gewächshäusern in der Doberaner Straße in einen Gartenhandel umquartiert worden, um nun wieder in den Besitz der Universität zurückzukehren. Natürlich bedankte sich Stefan Porembski auch bei der Universität selbst, sowie beim Betrieb für Bau und Liegenschaften. Auch den Mitarbeitern des Botanischen Gartens sprach er seinen Dank aus, die so viel Zeit in die Pflanzen investiert hatten: „Pflanzen wachsen nicht einfach, man muss mit ihnen reden, sie gießen und manchmal auch beschneiden“, so Porembski. Ein letzter Programmpunkt sollte die feierliche Übergabe des Reetdachhauses im Japangarten an das Projekt „Unigarten trifft Schule“ des Freundeskreises sein. Dieser ging allerdings im Massenansturm auf das Gewächshaus etwas unter. Dr. Anja Berndt, die Projektleiterin, erzählte mir trotzdem ein wenig über ihr Vorhaben: „Bisher sind viele ältere Leute hier und wir wollen das jetzt Schülern zugänglich machen.“ So wird es für Schulen bald möglich sein, jeden Mittwoch eine Unterrichtsstunde in den Botanischen Garten zu verlagern, um in der Natur etwas über die Natur zu lernen. „Wir möchten gerne, dass die Kinder eine Butterblume von einem Vergissmeinnicht unterscheiden können“, erklärte Hannelore Schaller, die ebenfalls zum Freundeskreis gehört. Um den Tag ausklingen zu lassen, gab es zu Kaffee und Kuchen ein Programm des Plattdütsch-Vereins „Klönsnack-Rostocker 7“. Wer sich auch eine Portion Frühling holen möchte, sollte schleunigst einen Abstecher in den Botanischen Garten machen. Öffnungszeiten und Termine für Veranstaltungen finden sich wie gewohnt auf der Homepage des Gartens. Ab dieser Woche gibt es auch wieder Führungen durch den Botanischen Garten. Ab dem ersten Aprilwochenende wird es aber auch eine Orientierungshilfe für alle die geben, die auf eigene Faust durch den Garten schlendern möchten. In Form von kleinen Metallblumenschildern wird der „Weg zur Pflanze“ gekennzeichnet sein, sodass man auch alleine all die wunderbaren Gewächse finden kann.

21. März 2011 | Weiterlesen
Ernesto Cardenal und Grupo Sal in der Nikolaikirche

Ernesto Cardenal und Grupo Sal in der Nikolaikirche

2011 ist das Jahr der Revolution in Afrika. Ägypten, Tunesien und auch Libyen sind Beispiele für Länder, in denen die Menschen nicht mehr unter der dort herrschenden diktatorischen Führung leben wollen. Ernesto Cardenal hat selbst eine Diktatur und eine Revolution in seinem Heimatland Nicaragua miterlebt. Es war für ihn eine prägende Zeit. Seine Eindrücke hat er in zahlreichen Texten verarbeitet. Am Sonntag war er zu Gast in Rostock und las in der Nikolaikirche eine Auswahl seiner Gedichte. Ernesto Cardenal wurde 1925 geboren und kann heute auf ein ereignisreiches Leben zurückschauen. Er studierte Philosophie und Literaturwissenschaft und schlug anschließend eine kirchliche Laufbahn ein, im Rahmen derer er 1965 auch zum Priester geweiht wurde. Nach der Revolution in seinem Heimatland war er für acht Jahre Kulturminister. In dieser Zeit erfolgte der Bruch mit der katholischen Kirche. Als Folge daraus wurde ihm 1985 der Priestertitel aberkannt. Seitdem setzt er sich weiterhin politisch ein und gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller Südamerikas. In seinen Texten betrachtet er aber nicht nur kritisch Themen wie Revolution oder das Wertesystem der Menschen, sondern auch Liebe, Religion und weltliche Angelegenheiten. Der Autor ist aber nicht allein auf Lesereise durch Deutschland. Ihn begleitet die Grupo Sal. Das sind sechs Musiker aus Südamerika, Deutschland und Portugal, die seit fast 30 Jahren als Stimme Lateinamerikas gelten. Sie gaben dem Abend mit ihren vertonten Gedichten, feuriger, lateinamerikanischer Musik und spannenden Klangcollagen eine besondere Note. Mit Ernesto Cardenal verbindet sie eine langjährige Freundschaft und ein gemeinsames Interesse für humanitäre Projekte, was schon zu mehreren deutschlandweiten Konzertreisen führte. Die vom Verein Talide organisierte Veranstaltung in der Nikolaikirche war sehr gut besucht. Etwa 1000 Gäste wollten Ernesto Cardenal einmal live lesen hören. Dabei ist natürlich fraglich, wie viele von ihnen wirklich die spanischen Ausführungen des Autors verstehen konnten. Zum Glück übersetzte Roberto Deimel von der Grupo Sal die Ausführungen von Cardenal. Die übersetzten Texte wurden von dem Schauspieler Klaus Götte vorgelesen. Die Texte, die der 86-jährige ausgewählt hatte, gaben einen guten Überblick über sein gesamtes Schaffen. Er begann mit einem Auszug aus seinem Werk Cántico cósmico. Dieser Gedichtband mischt wissenschaftliche Themen der Astronomie mit einer philosophischen Auseinandersetzung mit den verschiedenen Ebenen des menschlichen Seins. Auch wenn ich kein Wort spanisch kann, war die Art, wie Cardenal den Text vortrug, schon sehr beeindruckend. Immer wieder verarbeitete der Autor auch sehr persönliche Erfahrungen in Gedichten. So berichtete er lyrisch von seiner Zeit in Costa Rica und wie er das Verhältnis von Gott und Politik im Kapitalismus sieht. Nach einer Pause ging ein Korb durch das Publikum, mit dem die Gäste um Spenden für humanitäre Projekte in Peru und Nicaragua gebeten wurden. Dass es vielen Menschen dort schlecht geht, veranschaulichte das Gedicht „Das Handy“, welches auf die Ausbeutung von Abertausenden Menschen im Kongo aufmerksam macht. Dort wird, teilweise von Kindern, das Mineral Coltan abgebaut, was zum Bau von Mobiltelefonen benutzt wird. Die Arbeit findet unter menschenunwürdigen Bedingungen statt und es geht wie so oft auf der Welt nur um den Profit. Die Musik der Grupo Sal funktionierte als Kontrast sehr gut. Rhythmus-, Zupf- und Saiteninstrumente vermischten sich mit dem Gesang zu einem beeindruckenden Klangerlebnis, welches teilweise an den Buena Vista Social Club erinnerte. Den Titel des Abends „Den Himmel berühren“ las Cardenal in einem Gedicht von Novalis. Und wo könnte man besser den Himmel berühren, als in einer Kirche. Leider war die Akustik nicht so himmlisch, sodass vor allem bei den Lesepassagen viel Konzentration notwendig war. Aber das schien die Leute nicht weiter zu stören, gab es doch am Ende des Abends lang anhaltenden Applaus und sogar stehende Ovationen für die Künstler.

21. März 2011 | Weiterlesen
Wir sind Helden – „Bring mich nach Rostock“

Wir sind Helden – „Bring mich nach Rostock“

„Wie haben sie denn 10.000 Leute hier hereingebracht?“, fragte sich Judith Holofernes angesichts des lautstarken Gesangs des Publikums im MAU-Club. So viele waren es natürlich nicht. Aber mit etwa 800 Gästen war das Wir sind Helden Konzert ausverkauft und die begeisterten Fans machten ordentlich Stimmung. Dabei hatte die Sängerin das Konzert mit einem zarten und kurzen „Forever young“ an der Ukulele eröffnet. Nahtlos leitete die vierköpfige Band, die an diesem Abend von zwei weiteren Musikern verstärkt wurde, dann in den ersten eigenen Titel „The Geek shall inherit“ über. Das Heldenkonzert konnte beginnen. Mitgebracht hatte die Berliner Band für ihr „Bring mich nach Rostock“-Konzert eine ausgewogene Songmischung aus den letzen elf Jahren ihrer Bandgeschichte. War der Sound früherer Alben noch stark von elektronischen Klängen geprägt, kommen auf ihrem neuesten „Bring mich nach Hause“ eine Reihe traditionellerer Musikinstrumente zum Einsatz. So griffen gleich für den nächsten Titel „23:55 – Alles Auf Anfang“ Jean Michel Tourette zum Akkordeon und Mark Tavassol zum Banjo und brachten damit das Publikum in Tanzlaune. Aber nicht nur vor, sondern auch auf der Bühne wurde sich immer wieder gern zur Musik bewegt. Nur Mark Tavassol ließ sich wegen einer Blase – oder war es ein umgeknickter Fuß? – vom Tanzen entschuldigen. Dafür überzeugten Jean Michel Tourette und Pola Roy, der extra dafür seine Drums verließ, umso mehr, als sie sich gemeinsam in einem Steh-Blues wiegten. Da „sieht die Konkurrenz ganz schön alt aus“, musste auch Judith Holofernes anerkennen und jetzt ratet mal, welcher Titel darauf folgte … Mit „Endlich ein Grund zur Panik“ lieferten „Wir sind Helden“ einen weiteren energievollen „Aerobic-Titel“, bei dem das Publikum so richtig abging. Ebenfalls sehr heftig jumpten die Fans bei „Denkmal“ mit, einer von vielen Songs, den sie von Anfang an textsicher mitsangen. Aber auch leisere Töne schlug die Band an. „Bring mich nach Hause“, das dem neuen Album seinen Namen gab, war so ein Lied. Ebenfalls neu war das elektrisierende „Im Auge des Sturms“, das durch ein Gitarrensolo von Jean Michel Tourette glänzte. Viele weitere stille und tanzbare Titel hatten die Helden noch im Programm. Und trotzdem konnte das Publikum am Sonntagabend nicht genug bekommen. Auf vier Zugaben ließ sich die Band schließlich noch ein. Bei der dritten – „Nichts was wir tun können“ – stand Judith Holofernes schließlich allein mit der Gitarre auf der Bühne, bevor mit der letzten Zugabe „Zeit heilt alle Wunder“ wieder die gesamte Band die Rostocker Fans nach Hause schickte. „Das waren eineinhalb Stunden Gefühlskonzentrat“, resümiert Christoph Lenz den Abend. Seit dem ersten Album ist er Fan der „sympathischen Band“ und nun also das erste Heldenkonzert. „Die Band hat viel interagiert und auch alle Hits waren dabei“, zählt er zufrieden auf. Nur seinen Lieblingstitel vom neuen Album „Die Ballade von Wolfgang und Brigitte“ hat er vermisst. Naja, fürs nächste Mal muss ja auch noch was bleiben.

21. März 2011 | Weiterlesen
Solidarität mit Japan! Fukushima heißt abschalten!

Solidarität mit Japan! Fukushima heißt abschalten!

Fast genau 25 Jahre nach dem Super-GAU in Tschernobyl im Jahr 1986 kam es aufgrund eines Tsunami zu Störungen im japanischen Kernkraftwerk Fukushima. Noch ist das denkbar Schlimmste nicht eingetreten, aber die Gefahr ist noch nicht gebannt. Wieder einmal zeigte sich, dass wir Menschen uns da mit einer Technologie eingelassen haben, die wir nicht kontrollieren können. Auch hier in Deutschland sind wir gegen solche Störfälle nicht gefeit. Natürlich könnte man einfach sagen, dass Japan sowieso ein unsicheres Gebiet ist und dass man mit so etwas hätte rechnen müssen. Die Realität sieht aber anders aus. Man hatte mit fast allem gerechnet, aber eben nicht mit dem Unfassbaren, nämlich einem Erdbeben mit einer solchen Stärke. Auch hier in Deutschland wäre es möglich, dass etwas Unfassbares passiert, mit dem wir heute noch nicht rechnen. Eine Bewegung gegen die Atomkraft gab es schon immer. Aber seit dem letzten Freitag sind neue Stimmen hinzugekommen. Sei es aus Sorge oder aus neuerlich gewonnener Überzeugung – das Thema Atomausstieg hat jedenfalls wieder seinen Weg in die Mitte der Gesellschaft gefunden. Um ihr Mitgefühl für die Opfer in Japan zu zeigen und eine Wende in der deutschen Atompolitik herbeizuführen, trafen sich deswegen gestern rund 500 Menschen in der Rostocker Innenstadt. Zunächst gab es eine Andacht in der Marienkirche, bei der gesungen, gebetet und geredet wurde. Der Pastor bekundete sein Beileid und ließ keinen Zweifel daran, dass er selbst auch gegen die Atomkraft ist. Er rief alle auf, sich an der anschließenden Demonstration zu beteiligen, die von einem Bündnis aus Parteien, Vereinen und Initiativen ins Leben gerufen wurde. So beteiligten sich neben dem Anti-Atombündnis Nordost auch der Landesverband des Bundesverbandes Windenergie e.V., der Verein Ferien für die Kinder von Tschernobyl e.V., die Energiewende Nord e.V. und der BUND. Aus der politischen Ecke waren das Bündnis 90/Die Grünen, die SPD, Die Linken und auch die Jusos und die Grüne Jugend dabei. Und natürlich darf die Evangelische Innenstadtgemeinde nicht vergessen werden, die die Andacht abhielt. Als die Andacht vorbei war, ging es weiter zum Universitätsplatz. Dort hatten sich schon ein paar Demonstranten eingefunden und hielten ihre Banner in die Luft. Das vom Anti-Atombündnis Nordost fiel dabei besonders ins Auge. Zwei Mitglieder hatten sich in weiße Ganzkörperanzüge gehüllt und Gasmasken aufgesetzt. Auf Stelzen stehend hielten sie so ein riesiges Totenkopfbanner in die Luft. „Atomkraft ist einfach zu gefährlich. Eine Energieform, die wir uns nicht leisten können“, sagte Christoph Redwitz, der ebenfalls zum Anti-Atombündnis gehört. Nach einer Schweigeminute für die Opfer der Geschehnisse in Japan eröffnete Daniel Holtermann vom Anti-Atombündnis Nordost die Kundgebung. Er erinnerte daran, dass auch, wenn momentan alle Parteien mit dem Unglück in Japan versuchten, Wahlkampf zu betreiben, die Folgen von Atomkraft weiter gingen als eine Wahlperiode. „Wir sind seit 30 Jahren für die Abschaffung der Atomkraft, was muss denn noch alles passieren?“, fragte Holtermann. „Es geht hier um Menschen und nicht um Macht und Geld!“ In Anbetracht der Häufigkeit der Störfälle – hochgerechnet gäbe es jeden dritten Tag einen – sei der einzig richtige Weg die sofortige Abschaltung aller Atomkraftwerke. Denn, so betonte er: „Es gibt kein sicheres Atomkraftwerk!“ Welche Folgen eine atomare Katastrophe haben kann, wusste Ursula Timm vom Verein „Ferien für die Kinder von Tschernobyl e.V.“ zu berichten, die auch schon in der Kirche gesprochen hatte. Etliche Dörfer in der Ukraine sind verlassen oder sogar begraben worden. Es lebten jedoch immer noch rund eine Million Menschen in der Gefahrenzone, bei denen die strahlenbedingten Krankheiten deutlich zum Vorschein kämen. Die Katastrophe damals sei viel zu schnell wieder in Vergessenheit geraten: „Fukushima ist wie ein Paukenschlag, ein Aufschrei zum 25. Jahrestag von Tschernobyl, der sagt: Schränkt euch ein!“, stellte Ursula Timm fest. Auch Dr. Ursel Karlowski vom BUND erinnerte sich ganz genau an die Geschehnisse von vor 25 Jahren. Damals war die radioaktive Wolke bis nach Deutschland gekommen und es herrschte eine große Unsicherheit, was man noch essen und trinken durfte. „Das war eine wirklich beängstigende Zeit“, sagte sie. Und nun würden wir wieder hilflos zugucken, wie man in Japan versuche, gleich vier Kernschmelzen auf einmal zu verhindern. „Diese Risikotechnologie ist schon lange ein Auslaufmodell“ und gehöre deshalb sofort abgeschaltet, so ihr Plädoyer. Natürlich meldeten sich auch Vertreter aus der Politik zu Wort. Steffen Bockhahn, von den Linken, stellte fest: „Der Kern der Kernpolitik ist Intransparenz.“ Es würde immer alles runtergespielt und verschwiegen. „Transparenz muss her!“, forderte er, stellte aber gleichzeitig auch klar: „Das Abschalten der Atomkraftwerke ist unumgänglich.“ Ingrid Bacher von der SPD stellte die Frage, warum erst eine solche Katastrophe geschehen müsse, um die Regierung von ihrem Kurs abzubringen: „Es braucht nicht eine solche Jahrhundertkatastrophe, um zu zeigen, dass diese Technik nicht zukunftsweisend ist!“, so ihre Aussage. Natürlich bräuchte es aber auch ein Umdenken in der Gesellschaft, um schnellstmöglich aus der Atomenergie auszusteigen. Für das Bündnis 90/Die Grünen trat Johann-Georg Jaeger auf die Bühne. Er warf der Regierung vor, dass die Abschaltung der sieben Meiler bisher rein wahltaktisch sei. Vor allem aber griff er ihre Aussage an, dass wir noch nicht ohne die Atomkraft auskämen. Laut Greenpeace sei es bereits im Jahr 2015 durchaus möglich, komplett auf alternative Energien umzusteigen. Nachdem alle Worte gesprochen waren, folgten Taten. Der Zug aus Demonstranten zog – unter lauten „Atomkraftwerke aus! Atomkraftwerke aus! Stellt den Müll Frau Merkel vor das Haus!“-Gesängen – in Richtung Neuer Markt. Von dort aus ging es weiter auf die Lange Straße und am Kröpeliner Tor vorbei wieder zurück zum Universitätsplatz. „Ich bin schon, seit ich 16 bin, gegen Atomkraft“, verriet Kira Ludwig, die sich gestern auch unter den Demonstranten befand. „Wir haben das alles doch schon die ganze Zeit gewusst. Es ist kein Restrisiko, sondern ein Risiko vorhanden. Es Restrisiko zu nennen, bedeutet doch nur, damit zu leben und es zu ignorieren.“ Wer das genauso sieht, kann sich am nächsten Samstag, dem 26. März, den bundesweiten Kundgebungen und Demonstrationen anschließen. Um 8:15 Uhr wird eine Gruppe vom Rostocker Hauptbahnhof nach Berlin aufbrechen, der man sich anschließen kann. Außerdem wird am Montag (21. März) um 18 Uhr eine Mahnwache auf dem Doberaner Platz stattfinden.

20. März 2011 | Weiterlesen
11. Festival der Rock und Pop Schule 2011 im MAU-Club

11. Festival der Rock und Pop Schule 2011 im MAU-Club

„Es muss rockig sein“ – das ist das Hauptkriterium, wonach Hannes, Tobias, Tim, David, Seraphin und Ols ihre Songs auswählen. Vor vier Jahren haben sich die heute 12- bis 16-Jährigen in der Rock und Pop Schule zusammengefunden und die Band „Point of no Return“ gegründet. Rockig finden sie vor allem die Lieder von Bands wie Rammstein, Metallica, Judas Priest oder In Extremo, die sie gern covern. „Es muss allen gefallen, sie müssen Schwung haben und spielbar sein“, sind sich die sechs Bandmitglieder einig. Dass sie ihr Repertoire gut ausgewählt haben, bewiesen sie am Samstag beim 11. Festival der Rock und Pop Schule auf der MAU-Bühne, wo „Point of no Return“ drei ihrer einstudierten Songs zum Besten gaben. Offensichtlich wurde dabei auch, dass sie nicht nur musikalisch einiges drauf haben, sondern auch die typischen Posen ihrer Rock- und Metal-Idole schon unglaublich gut beherrschen. Nur die Haarlänge ist noch nicht wirklich überzeugend. Lediglich Tim, der jüngste der Band, kann mit seiner langen Mähne beim Headbangen mithalten. Aber die Frisur soll noch wachsen, kündigt der Sänger Hannes schon mal an. Die Jungs haben den Traum, einmal mit eigenen Texten „weltbekannt zu sein“. Im MAU – berüchtigter Spielort berühmter Bands wie zum Beispiel „Wir sind Helden“ – stehen Point of no Return bereits zum 4. Mal auf der Bühne. Sie waren jedoch nicht die einzigen, die beim Festival der Rock und Pop Schule für Stimmung sorgten. Mit über 20 Beiträgen zeigte die Musikschule aus Marienehe die ganze Vielfalt an jungen Bands und Solokünstlern, die sich in ihren Probenräumen entfaltet. Ob Ska, Reggae, Soul, Funk, Metal oder Popsongs aus den aktuellen Charts – die Jugendlichen begeistern sich für die verschiedensten Stile der Rock- und Popmusik. Bei den Lehrern der Musikschule lernen sie, wie man die dazugehörigen Instrumente spielt, und proben gemeinsam bis zur Bühnenreife. Es muss ja nicht nur Klassik sein. Von zehn bis 49 Jahren reicht die Altersspannweite der Schüler, erzählt Christian „Jack“ Hänsel, Musikschulleiter und Moderator des Festivals. Zu den Jüngsten dürfte wohl Johanna zählen. Begleitet von Konstantin am Keyboard stellte sie sich bereits nach einem Jahr Geigenunterricht auf die Bühne und fiedelte selbstbewusst ein Stück aus der Filmmusik von „Fluch der Karibik“. Gar nicht schlecht. Dafür gab es auch gleich rote Rosen. Aber nicht nur die Schüler, auch die Lehrer gaben Kostproben ihres Könnens und brachten vor allem altes Liedgut aus den 1960er Jahren wie „Sunshine of Your Love“ der englischen Rockband Cream in Erinnerung. Bildergalerie:

20. März 2011 | Weiterlesen
„Macht es auf!“ - Flashmob für das Große Haus

„Macht es auf!“ - Flashmob für das Große Haus

Unter dem Motto: „Macht es auf!“ flashmobbten heute Nachmittag rund 100 Rostocker durch die Innenstadt. Dabei ging es um das Große Haus, das am 22. Februar seine Türen aufgrund von Brandschutzmängeln schließen musste. Damit fällt bis auf Weiteres eine der wichtigsten Spielstätten des Volkstheaters weg. Die Suche nach alternativen Spielstätten hat zwar einige Früchte getragen, aber das Gelbe vom Ei war bisher nicht dabei. „Wir probieren natürlich eine Menge aus, aber darunter leidet der Spielbetrieb und auch die Darbietung“, erklärt Janny Fuchs, Dramaturgin am Volkstheater. „Unser Bühnenbild passt nicht überall rein und deswegen können wir momentan nur im Großen Haus das bestmögliche Ergebnis bringen.“ Deswegen lautet die Forderung des Flashmobs: „Macht es auf! Macht es auf! Macht es wieder, wieder auf! Macht es auf, das Große Haus!“ Dahinter steckte das „Kampflied“, das Janny Fuchs zusammen mit Michael Ruchter, Schauspieler am Volkstheater, geschrieben und komponiert hatte. Den Flashmob hatten die Beiden zwar nicht organisiert, sich aber gerne daran beteiligt. So standen sie als rumänische Straßensänger „Rawman“ und „Beautiful Sweatlana“ am Neuen Markt und fingen wie verabredet um 16 Uhr an ihr Lied zu singen. Als sie beim Refrain ankamen, stimmte eine breite Masse an Menschen mit ein, die sich im Vorfeld auf dem Platz versammelt hatten. Diese sangen aber nicht nur, sondern tanzten auch die vom Tanzensemble des Volkstheaters beigesteuerte Choreografie, die zuvor im Internet veröffentlich worden war. So hielten sie sich abwechselnd Mund, Augen und Ohren zu, bildeten mit ihren Armen Dächer und drehten sich im Kreis. Zum Schluss des Liedes bildeten sie eine Polonaise und liefen wild durch die Gegend. Anschließend fanden sich alle wieder im Pulk zusammen und wanderten singend, angeführt von Janny Fuchs und Michael Ruchter, die Kröpeliner Straße entlang. Dort erregten sie gleich noch mehr Aufmerksamkeit als zuvor. Passanten blieben staunend am Rand stehen und wunderten sich über die ungewöhnliche Beschallung in der Fußgängerzone. Am Universitätsplatz angekommen ging das Tanzen für die Wiedereröffnung des Großen Hauses erneut los. Denn: „Wenn es geschlossen bleibt, liegt ganz Rostock brach“, sangen sie. „Das Theater erzählt auf einzigartige Weise Geschichten“, sagte auch Christof Lange, der zurzeit am Volkstheater beschäftigt ist und nebenbei die Freie Theater Jugend leitet. „Wenn eine Stadt wie Rostock so etwas verliert und es auch noch selbst auf dem Gewissen hat, dann ist das nicht gut für die Stadt.“ Natürlich kann man die Brandschutzmängel nicht einfach ignorieren, es müsste sich einiges am Gebäude tun, bevor man es wieder bespielen könnte. Aber es handele sich ja „nur“ um Brandschutzmaßnahmen, die nachgeholt werden könnten, so Janny Fuchs. Natürlich bräuchte es auf lange Sicht ein neues Theater, aber für den Zeitraum des Baus bräuchte man einfach weiterhin das Große Haus. „Schließlich sprechen wir von mindestens vier Jahren“, so Fuchs. Die Forderung steht nun ganz klar und unmissverständlich im Raum. Und dort wurde sie nicht nur von den Theatermitarbeitern hingestellt. Sondern zum Beispiel auch von Studenten der HMT und Mitgliedern der Freien Theater Jugend, die sich dem Flashmob angeschlossen hatten. Bleibt abzuwarten, inwieweit die Verantwortlichen darauf eingehen werden. Hier gibt es noch ein paar Videoimpressionen vom heutigen Tag:

19. März 2011 | Weiterlesen
Mayuko Miyata spielt Benefizkonzert für Japan an der HMT

Mayuko Miyata spielt Benefizkonzert für Japan an der HMT

Eigentlich sollte gestern Abend Mayuko Miyatas Kammermusikprüfung stattfinden. Seit November hatte sich die japanische Pianistin mit dem Cellisten Martin Smith und Mari Sakai, Violinenstudentin der Hochschule für Musik und Theater Rostock (HMT), darauf vorbereitet. Doch die Ereignisse in Japan, die Naturkatastrophen der letzen Woche mit ihren verheerenden Folgen für die japanische Bevölkerung in großen Teilen der Insel, ließen auch Mayuko Miyata wie viele andere auch hier in Deutschland nicht unberührt. Kurzerhand erklärte die 29-Jährige daher das lang geplante Prüfungskonzert zum Benefizkonzert und bat das Publikum um eine Spende für das Rote Kreuz Japan. „Unser Hochschulalltag verbindet sich mit den aktuellen Schreckensereignissen. Wir alle fühlen uns in diesen Tagen sehr verbunden mit unseren japanischen Studierenden, ihren Familien und dem ganzen Land“, brachte Professor Stephan Imorde seine Gedanken zu Beginn des Konzertabends zum Ausdruck. Seit zwei Jahren unterrichtet er die aus der Nähe Tokios stammende Pianistin in ihrem Aufbaustudium mit dem Schwerpunkt Kammermusik. Drei Klaviertrios aus unterschiedlichen Epochen von Haydn, Debussy und Schostakowitsch hatten die drei Musiker für diesen Abend einstudiert. Es war bereits der zweite Teil von Mayuko Miyatas Prüfungen. Und wie haben sie die Ereignisse bei der Vorbereitung dieses Kammermusikabends beeinflusst? „Drei Tage konnten wir gar nichts machen und warteten auf Nachrichten“, erzählt Mayuko Miyata, deren Eltern südlich von Tokio leben.„Aber man muss halt machen, was man machen kann. Einige Freunde in Tokio können keine Benefizkonzerte geben wegen des Stromausfalls. Sie wurden abgesagt. Aber wir sind in der Lage das zu machen“, sagt die Musikerin. Während des Vorspiels versuchte sich das Trio dann so gut es ging, auf die Musik zu konzentrieren. „Bei dem langsamen Satz bin ich dann doch mit den Gedanken woanders gewesen“, gab der gebürtige Australier Martin Smith zu. „Ich muss ehrlich sein, das wollte ich verstecken“, erwiderte die Pianistin nach dem Konzert. Ein Erfolg war der Abend gleich in doppelter Hinsicht. Über 1.650 Euro und 6 Dollar kamen für das Rote Kreuz Japan zusammen und Mayuko Miyatas Vorspiel wurde mit der Bestnote 1,0 bewertet – Glückwunsch! Auch morgen will Mayuko Miyata wieder gemeinsam mit Mari Sakai an der Geige für die Katastrophenopfer Japans spielen. Dann findet nämlich um 18 Uhr im Kammermusiksaal ein weiteres Benefizkonzert statt. Gestaltet wird es von den japanischen Studenten der Hochschule für Musik und Theater und den beiden japanischen Pianistinnen Wakana Yamazaki und Yasuko Sugimoto, die ebenfalls an der HMT tätig sind. Nachtrag: Dank der Konzertbesucher am 20. März ist eine weitere Spendensumme von mehr als 1.680 Euro und 5 Pfund zusammengekommen, die ebenfalls dem Roten Kreuz Japan zugute kommen soll.

19. März 2011 | Weiterlesen
Wie klingt Goethe? – AIDA Konzerte für Teens

Wie klingt Goethe? – AIDA Konzerte für Teens

Wie klingt Goethe? Mit einer Testfrage eröffnete der 1. Kapellmeister der Norddeutschen Philharmonie Rostock Manfred Hermann Lehner die diesjährigen AIDA Konzerte für Teens. Würden die rund tausend Schüler in der Scandlines Arena die Textvorlagen für Beethovens „Egmontouvertüre“ und den „Finalsatz der 9. Sinfonie“ dem richtigen Dichter zuordnen? Letzteres war den Reaktionen des jungen Publikums nach deutlich bekannter, aber die „Ode an die Freude“ war schließlich von Schiller, das wussten viele. Also stammt das erste Klangbeispiel wohl von Goethe. Bingo! Egmont, ein eher selten gespieltes Drama Goethes, bildete die Grundlage für Beethovens Schauspielmusik. „Die Ouvertüre ist unglaublich berühmt und wird heute an jeder Ecke noch gespielt“, regte der Dirigent die jungen Leute zum Ohrenspitzen an. Und wer genau hinhöre, der weiß eigentlich schon durch diese instrumentale Einleitung, wie es ausgeht, so Manfred Hermann Lehner. Doch um das herauszubekommen, bedarf es bei dem einen oder anderen sicherlich noch etwas an Übung. Also erklärte der Kapellmeister, worin sich die beiden gegensätzlichen Themen unterscheiden und wofür sie stehen. Auch auf den Klang der zärtlichen Liebe zwischen Egmont und Clärchen sowie das Kopf-ab-Motiv, das den Tod der Hauptfigur andeutet, machte er aufmerksam, bevor das Orchester schließlich die Ouvertüre im Ganzen vorstellte. So gut wie gar nicht zu hören bekommt man hingegen das Melodram aus Beethovens Schauspielmusik zu Egmont, welches die Norddeutsche Philharmonie ebenfalls für das Konzert vorbereitet hatte. Auch der zweite Teil des Konzertes befasste sich mit einem Musikstück, das von einer Textvorlage Goethes inspiriert wurde. Doch bevor sich das Orchester der Ballade „Der Zauberlehrling“ in der musikalischen Fassung von Paul Dukas widmete, waren die Schüler selbst gefragt, musikalisch in Erscheinung zu treten. Zum Glück kannten so gut wie alle anwesenden Schüler das Gedicht und „mussten“ es sogar auswendig lernen. Beste Voraussetzungen also, um den Refrain gemeinsam zu rappen. Nach ein paar Übungsdurchläufen, in denen das Tempo und die Lautstärke immer weiter nach oben getrieben wurden, entstand so ein beeindruckender durch das Orchester mit sinfonischer Musik unterlegter Zauberlehrlingsrap, was auch bei den Teens ausgesprochen gut ankam und mit viel Beifall belohnt wurde. „Die jungen Leute reagieren sehr stark auf Rap und Mitmachen“, beobachtet Manfred Hermann Lehner, der bereits im letzten Jahr die Konzerte für Teens dirigierte, immer wieder. „Mit Beethovens dramatischen Stellen und da, wo es kracht und etwas passiert, erreicht man sie. Mit leisen Tönen ist es ganz schwer.“ Der Zugang zur klassischen Musik werde aufgrund der Bildungssituation für Jugendliche immer schwieriger, schätzt der 37-jährige Musiker ein: „Wir tun es gern, aber wir kämpfen auch gegen enge Stundenpläne, das Freizeitangebot, Handys und iPhones. Aber es ist die Mühe wert.“ 6000 Schüler haben insgesamt in den letzten beiden Tagen an einem der sechs Konzerte in der Scandlines Arena teilgenommen. Die Sechst- bis Elfklässler kamen dabei überwiegend aus Rostocker Schulen. Aber auch aus Sanitz und Rövershagen reisten Schüler zum Sinfoniekonzert. Initiiert wurde dieses Angebot vom Schulamt, um einmal im Jahr breitenwirksam die Jugendlichen mit klassischer Musik in Berührung zu bringen. „Ich glaube nicht, dass man alle erreicht. Aber bei einem kleinen Teil hat man schon etwas gewonnen“, schätzt der Dirigent die Wirksamkeit dieser Massenveranstaltung ein, bei der es hier und da schon recht unruhig in den Reihen wurde. Bei Lucas und Alex, zwei dreizehnjährigen Schülern der Heinrich-Schütz-Schule, ist dies offensichtlich gelungen. „Ziemlich cool“, fand zumindest Alex das Konzert der Norddeutschen Philharmonie. Auch sein Freund Lucas pflichtet ihm bei. Er kennt klassische Musik vor allem durch seine Oma und spielt sogar selbst Gitarre. „Ich glaube schon, dass es den Schüler gefallen könnte“, ist auch die Koordinatorin dieser Veranstaltung Madelaine Blaudzun überzeugt. „Das Problem ist, dass man erst mal zuhören muss, um die Musik wahrzunehmen. Es ist auch eine Frage der Hörgewohnheiten“, so die Musiklehrerin vom Käthe-Kollwitz-Gymnasium.

18. März 2011 | Weiterlesen
Ausstellung „Vielfalt am Arbeitsplatz“ eröffnet

Ausstellung „Vielfalt am Arbeitsplatz“ eröffnet

„Vielfalt ist Zukunftspotential“, steht neben einer der 34 Fotografien, die seit gestern in der Agentur für Arbeit ausgestellt sind. Das Foto, das zu der Aussage gehört, zeigt Abdalla Awad aus dem JobCenter in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg, der darauf seine Meinung zur Vielfältigkeit äußert. Er war damit einer der Ersten, die dem Projekt von KUMULUS-PLUS eine Stimme gaben. Bei KUMULUS-PLUS handelt es sich um ein Kompetenzzentrum, das sich um Menschen mit Einwanderungshintergrund kümmert. Ziel ist es, diese besser in den Arbeitsmarkt hierzulande zu integrieren. Inzwischen zählt die Wanderausstellung „Vielfalt am Arbeitsplatz“ rund 40 Fotografien mit den dazugehörigen Aussagen zur Vielfalt. Diese kommen nicht nur aus anderen JobCentern, sondern auch aus Bildungsträgern, Migranten-Organisationen, Universitäten und Betrieben. Also von den Orten, um die es bei der Ausstellung hauptsächlich geht. „Das ist keine Fotoausstellung für Galerien, sondern für Einrichtungen, die mit der Jobvermittlung zu tun haben“, sagte Özcan Ayanoglu von KUMULUS-PLUS. Sie soll die Mitarbeiter dieser Einrichtungen, die täglich daran vorbeigehen, dazu bringen, über das Thema der Vielfältigkeit am Arbeitsplatz nachzudenken. Schließlich sitzen sie an den Hebeln, die eben diese ermöglichen könnten. Guckt man sich nämlich heute die Statistiken über den Arbeitsmarkt an, erkennt man schnell die Schizophrenie, die dort momentan herrscht. Auf der einen Seite haben wir massenweise Arbeitslose und auf der anderen viele offene Stellen, die nicht besetzt werden können. Und das liegt eben zum Teil daran, dass das deutsche Gesetz Abschlüsse aus dem Ausland nicht anerkennt und somit vielen Migranten den Weg auf den Arbeitsmarkt versperrt. In Zukunft soll das anders werden, denn es wird ein neues Gesetz verabschiedet, das genau dies ändern soll – das Anerkennungsgesetz. Dieses soll im Ausland erworbene Qualifikationen auch in unserem Land zulassen. „Das ist der Rahmen und wir stellen die Ausstellung da hinein“, erklärte Özcan Ayanoglu. Denn erst wenn man zum Nachdenken anrege, könne auch eine Diskussion entstehen. Und eine Diskussion könne dann vielleicht auch zu einer Änderung führen, durch die man das Potential der Migranten endlich nutzen kann. Denn: „Migranten können nicht nur Flugzeuge putzen, sie können sie auch konstruieren“, so die Aussage neben dem Bild von Andrea Simone von der LIFE e. V. Christoph Möller, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Rostock, sagte in seiner Begrüßungsrede, er freue sich, die Ausstellung hier in Rostock zeigen zu können. Zum einen, weil die Agentur ihre Türen gerne auch für Leute öffne, die ihre Hilfe bisher noch nicht in Anspruch zu nehmen brauchten. Zum andern aber auch, weil sie selbst das Problem kennen würden, dass sich viele Stellen nicht besetzen ließen. „Deswegen ist es wichtig, das vorhandene Potential auszunutzen,“ so Möller. Auch Dr. Stefan Rudolph, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus M-V, äußerte sich zum Thema und eröffnete anschließend die Ausstellung. „Vielfältigkeit ist eine Tatsache“, stellte er fest. Es stelle sich nicht die Frage, ob wir alle verschieden seien. „Zum Anderssein, zur Vielfalt, gibt es keine Alternative. Es kommt auf den Einzelnen an, der Vielfalt etwas zu entnehmen.“ Begleitet von seinen Worten gingen dann Mitarbeiter und Besucher durch das Berufsinformationszentrum der Agentur und betrachteten die Bilder. Man kann nur hoffen, dass auch hier in Rostock das Konzept wieder aufgehen wird und sich die Mitarbeiter Gedanken über das Thema machen. Vielleicht werden der Ausstellung so ja auch wieder ein paar neue Bilder und Aussagen hinzugefügt. „Das ist wie ein Wettbewerb“, erzählte Özcan Ayanoglu. „Sie lesen, was die anderen vor ihnen geschrieben haben und wollen etwas Differenzierteres hinzufügen.“ Wer sich vom bisherigen Stand der Ausstellung überzeugen möchte, der kann dies noch bis zum 15. April tun. Das Berufsinformationszentrum befindet sich im Gebäude der Agentur für Arbeit in der Kopernikusstraße 1a. Gleich hinter dem Haupteingang links, durch die Glastür und schon steht man vor den Fotografien und den Aussagen zur Vielfalt.

18. März 2011 | Weiterlesen
2. Kunst-Lieder-Salon in der Kunsthalle Rostock

2. Kunst-Lieder-Salon in der Kunsthalle Rostock

Schneeglöckchen, Winterlinge, Krokusse – es ist unübersehbar: Der Frühling ist da. Das Leben in der Natur erblüht wieder. Vögel zwitschern auf der Suche nach einem Partner. Helles Licht und frische Farben sorgen für ein heiteres Gemüt. Einen Gegensatz dazu bildet die derzeitige Ausstellung „Noch mal Leben“, die noch bis zum kommenden Sonntag in der Kunsthalle Rostock zu sehen sein wird. Sie zeigt Menschen, die kurz vor und nach ihrem Tod in großen Schwarz-Weiß-Fotografien von Walter Schels porträtiert wurden. In diesem Rahmen fand am Montag der 2. Kunst-Lieder-Salon des Rostocker Volkstheaters statt. Doch bevor der musikalische Teil der Veranstaltung begann, hatten die Besucher Gelegenheit, sich die Bilder anzuschauen und mit Mitarbeitern von Rostocker Hospizdiensten darüber ins Gespräch zu kommen. Auf die Ausstellung bezog sich auch Pastor Gunther Pistor in seinen Anmerkungen „Im Tode sind wir alle Brüder“ zwischen den Liedern. Später griff er noch mehrmals in seine „literarische Hausapotheke“ und hatte daraus nicht nur ernste und nachdenklich stimmende, sondern auch heitere Textstellen ausgesucht. So erfuhren die Zuhörer vom Theologen, dass Lachen gegen den Tod lange Zeit fester Bestandteil des Osterfestes war. Auch das musikalische Programm war auf das Thema der Ausstellung abgestimmt. Vor allem die „Vier ernsten Gesänge“ von Johannes Brahms (1833-1897) beschäftigen sich mit Tod und Vergehen. Dieses Requiem in Liedform nach Texten aus der Bibel wurde vom Bariton Olaf Lemme vorgetragen, der seit 1991 zum Ensemble des Volkstheaters Rostock gehört. Auch „Zueignung“ von Richard Strauss wurde von ihm präsentiert. Es war jedoch nur eines von insgesamt sechs Kunstliedern des Komponisten, der von 1864 bis 1946 lebte. Seine lebensfrohen und lebensbejahenden Lieder, in denen es viel um Liebe geht, bildeten einen ergänzenden Kontrast zum eigentlichen thematischen Schwerpunkt des 2. Kunst-Lieder-Salons. Mit „Ständchen“ und „Seitdem dein Aug‘ in meines schaute“ nach Gedichten von Adolf Friedrich Graf von Schack am Anfang und „Breit über mein Haupt“ ebenfalls von Graf von Schack sowie „Ich wollt‘ ein Sträusslein binden“ und „Amor“, beide nach Gedichten von Clemens Brentano, am Ende, bildeten sie den Rahmen des musikalischen Programms. Dargeboten wurde dieser von der jungen, belgischen Sopranistin Lisa Mostin, die seit der letzten Spielzeit das Ensemble des Rostocker Volkstheaters bereichert. Die Zuhörer im Plastiksaal der Kunsthalle beeindruckte sie mit ihrer kräftigen Stimme. Die gerade bei „Ständchen“, in dem es um ein geheimes Stelldichein im Garten geht, mitunter etwas zu kräftig in diesem eher halligen Raum geriet. Auch das italienische „Pace non trovo“ aus „Tre Sonetti del Petrarca“ von Franz Liszt stellte die Sängerin dem Publikum vor. Begleitet wurden die beiden Sänger vom Pianisten Jens Hoffmann, der ebenfalls eine Konzertetüde von Franz Liszt vortrug. Mit lediglich einem schwarzen Flügel und drei überzeugenden Musikern hat das Volkstheater ein unerwartet großes Publikum beim 2. Kunst-Lieder-Salon gefunden. So groß, dass die Besucher gemeinsam in ein Programmheft schauten und noch zusätzliche Sitzgelegenheiten herbeigeschafft werden mussten.

17. März 2011 | Weiterlesen
Manuel Andrack stellt sein Buch „Das neue Wandern“ vor

Manuel Andrack stellt sein Buch „Das neue Wandern“ vor

Das Wandern ist des Müllers Lust. Doch nicht nur der Müller scheint Vergnügen daran zu finden. Etwa 120 Leute waren in den großen Saal der Ostsee-Zeitung gekommen, um etwas zu diesem Thema zu hören. Manfred Keiper, Inhaber der „anderen buchhandlung“, verriet, dass laut einer Studie 40 Millionen Deutsche wandern. Deshalb sei man für diese Veranstaltung auch in einen größeren Raum umgezogen. Doch vielleicht lag es auch am Autor, denn Manuel Andrack ist kein Unbekannter. Der gebürtige Kölner war von 1995 bis 2008 Redaktionsleiter bei der Harald Schmidt Show. Wer die Sendung in dieser Zeit gesehen hat, wird sich vielleicht noch an den Herrn hinter dem Computer erinnern, der immer wieder Stichworte lieferte und gerne auch mal ein Bier trank. Das war Andrack. Und diese Zeit machte ihn auch deutschlandweit bekannt. Jedoch kann man wohl davon ausgehen, dass auch einige Rostocker des Themas wegen zu der Lesung gekommen waren. Seit sieben Jahren publiziert Andrack Bücher. Dabei geht es um Ahnenforschung, den 1. FC Köln und eben auch das Wandern, was schon länger zu seinen großen Leidenschaften gehört. „Das neue Wandern. Unterwegs auf der Suche nach dem Glück“ ist nach „Du musst wandern“ und „Wandern“ das dritte Buch zu diesem Thema. Und wer einfach nur eine öde Beschreibung von verschiedenen Wanderwegen erwartet, der liegt falsch, was auch die Lesung bewies. Die erste vorgestellte Passage beschäftigt sich mit einer besonderen Form des Wanderns, dem Extremwandern. Der Autor berichtet von Thorsten Hoyer, der auch schon mal 200 Kilometer am Stück wandert, ohne Schlaf. Um diese Erfahrung selbst einmal zu machen, brachen die beiden zu einer „relativ kurzen“ Strecke von 75 Kilometern auf. Andrack schreibt sehr witzig von den Anstrengungen, die sich vor allem in der Nacht einstellen. Von „Wanderseekrankheit“ und einem „Wander Blair Witch Projekt“ war die Rede. Doch das Buch schaut auch hinter die Kulissen des Wandersports. So geht der Autor in einem Kapitel dem Phänomen des Pilgerns auf den Grund. Er selbst sei zwar kein Pilger, holte sich aber Informationen von Detlef Lienau, dem Pilgerpapst. Hauptunterschied zwischen Wandern und Pilgern sei demnach die Tatsache, dass Pilger die Bewegung eigentlich hassen, meistens jedenfalls. Für sie zählt das Ergebnis, die scheinbare Findung von Gott am Ende. So gibt es in Portugal sogar einen Auftragspilger, der die Strecke für bewegungsfaule Menschen zurücklegt. Die Lesung sorgte immer wieder für Lacher im Publikum und man merkte, dass auch Andrack Spaß hatte. Nach einer Pause probierte er sogar ein Rostocker Bier und resümierte: „Wenn es kalt wäre, wäre es sicher gut.“ Es folgten noch lustige Berichte von einer Wanderolympiade mit Rucksackweitwurf und Distanzgefühlwandern, die ersten Erfahrungen mit einer Städtewanderung durch Paris und immer mal wieder auch Wanderweisheiten. So heißt es zum Beispiel im Rheinland: „Berge von unten, Kirchen von außen und Kneipen von innen.“ Auch wenn man am Ende des Abends noch nicht so genau wusste, was denn jetzt so neu am Wandern ist, dass man darüber ein Buch schreiben muss, fühlte man sich doch sehr gut unterhalten. Viele Gäste kauften noch Bücher und ließen sie sich auch direkt vom Autor signieren. Eher ungewöhnlich für eine Lesung war, dass auch Fotos zusammen mit Manuel Andrack geschossen wurden. Wahrscheinlich waren doch einige Fans da. Bei Torsten Leddig und Jeannine Baumann war es eine Mischung aus Name und Thema. Zwar kannten sie Andrack auch aus der Harald Schmidt Show, jedoch wandern sie auch sehr gerne. Die Lesung hat beiden sehr gut gefallen und so haben sie auch direkt ein Buch gekauft. Was die Wandermöglichkeiten in unserer Region betrifft, gibt sich der Doktorand an der Uni Rostock, der gerade noch die International Masterclasses in Physik betreute, etwas zurückhaltend: „Im Flachland ist es immer schwierig. Wir haben mal eine Wanderung von Rostock nach Stralsund gemacht. Jedoch gibt es keinen richtigen Wanderweg, sodass man sich die Strecke mit Radfahrern teilen muss.“ Wer gerne wandert oder auch damit anfangen möchte, findet in dem Buch „Das neue Wandern“ sicher einen guten Einstieg in die Thematik.

16. März 2011 | Weiterlesen
Karina Jens übernimmt Patenschaft für Schülerfirma

Karina Jens übernimmt Patenschaft für Schülerfirma

Um am heutigen Arbeitsmarkt eine gute Chance zu haben, sollte man möglichst schon Erfahrungen vorweisen können. Genau das ist die Idee hinter der Schülerfirma „Breakfast S-GmbH“ des Förderzentrums für Körperbehinderte in der Semmelweisstraße. Schüler im Alter von 14 bis 17 Jahren kümmern sich jeden Donnerstag um die Mittagsversorgung in der großen Pause für rund 20 Mitschüler. Sie planen, kaufen ein und kochen unter eigener Regie. Bevor ein neuer Schüler mitarbeiten darf, muss er sich erst bewerben und ein Vorstellungsgespräch über sich ergehen lassen, genau wie im richtigen Leben. Neben den erlernten Kompetenzen, wie zum Beispiel der Teamfähigkeit, sind natürlich auch Kontakte wichtig. Um dem Projekt ein wenig mehr Öffentlichkeit zu geben, wurde nach fünf Jahren des Kochens ein Pate gesucht. Am Dienstag wurde die Patenschaft im Beisein von Schulleiter Karl-Heinz Warnack und Andreas Morawiak vom Unternehmerverband Rostock und Umgebung offiziell von Karina Jens, Präsidentin der Bürgerschaft, übernommen. „Ich habe mich ganz bewusst für diese Schule entschieden“, verriet sie, „weil hier ganz tolle Lehrer und Schüler sind, die es verdient haben unterstützt zu werden.“ Neben den Kontakten für den späteren Werdegang will Karin Jens aber auch etwas zum aktuellen Geschehen in der Schülerfirma beitragen. So will sie zusätzlich dafür sorgen, dass die Schule mit benötigten Utensilien, wie zum Beispiel Gartenwerkzeug, ausgestattet wird. Die Schule hat nämlich auch noch ein Projekt mit dem Namen „Holz und Garten“ angeschoben, bei dem sich Schüler um das Anlegen eines Gartens kümmern. Aus diesem soll dann unter anderem das Gemüse für die Küche der „Breakfast S-GmbH“ kommen. Schließlich haben die Schüler sich gesunde Ernährung auf die Fahnen geschrieben. Neben der gesunden Ernährung hat die Schülerfirma aber auch noch andere positive Effekte für die Schüler. Josepha Zahn und Huong Lai vu Quin sind im momentanen Team am längsten mit dabei. Seit drei Jahren schnippeln und kochen sie in der schuleigenen Küche und haben so ihren Traumberuf gefunden. „Ich möchte später gerne in den Hauswirtschaftsbereich gehen“, erzählt Josepha Zahn. „Das war mir vorher gar nicht bewusst, aber im Laufe der Zeit habe ich mitbekommen, dass mir das eigentlich Spaß macht.“ Auch Huong Lai vu Quin kann das nur bestätigen: „Es macht auf jeden Fall Spaß.“ „Ich finde es schön, dass die Kinder zum Kochen angeleitet werden und in Gruppen arbeiten“, erzählte Giesela Krüger, die zusammen mit ihrer Kollegin Berit Kunz die Schüler begleitet und bei Fragen zur Seite steht. „Sie lernen auch, dass es wichtig ist, ehrlich zueinander zu sein und Verständnis zu haben.“ Es scheint also so, als wäre die Schülerfirma ein voller Erfolg. Kann man den Kindern nur wünschen, dass durch die neue Patenschaft alles noch besser läuft.

16. März 2011 | Weiterlesen
„Bis zum Anschlag“ im Peter-Weiss-Haus

„Bis zum Anschlag“ im Peter-Weiss-Haus

Im August 1992 kam es zu heftigen ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen. Schauplatz war das Sonnenblumenhaus in der Mecklenburger Allee, in dem sich die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZAst) befand. Das Schockierendste an der ganzen Sache ist, dass auch vermeintlich normale Bürger daran beteiligt waren. Leute, wie du und ich, die normalerweise nicht rechtsradikal denken und handeln. Als Christof Lange eines Nachmittags von der Arbeit nach Hause fuhr, fiel sein Blick auf das Sonnenblumenhaus in Lichtenhagen. Da kam ihm der Gedanke, dass man eigentlich die Geschehnisse von damals auf die Bühne bringen müsste. Zum Glück hatte er ein Jahr zuvor die Freie Theater Jugend gegründet, mit der er genau solche Themen ansprechen wollte. „Ich finde das Theater ist eine gute Basis, um viele Themen aufzugreifen und Jugendliche darüber nachdenken zu lassen“, sagt er. Gesagt, getan. Aus dem Stück „Bis zum Anschlag“ kann man eigentlich nicht herausgehen, ohne im Anschluss darüber nachzudenken. Neben dem Versuch, die Gründe für die Ausschreitungen aufzudecken, wird außerdem eine Linie zwischen damals und heute gezogen. Denn das Thema hat an Aktualität leider nicht verloren. Wer glaubt, solche Dinge lägen in der Vergangenheit begraben, der braucht sich nur die Kopftuchdiskussion und die Debatten rund um Tilo Sarrazin anzusehen. Die Handlung des Stücks besteht eigentlich aus mehreren Einzelgeschichten, die durch den Fall der Mauer ihren Lauf nehmen und in den Ausschreitungen wieder zusammenkommen. Die Freude über die neu gewonnene Freiheit wird von aufkommenden Problemen schnell in den Schatten gestellt. Arbeitslosigkeit, aufgedeckte Familienlügen, die Flucht in den Alkohol oder auch die Aussichtslosigkeit in den Neuen Bundesländern, die viele dazu bringt, in den Westen zu ziehen. Dazu kommen die Lügen der Regierung, die viel verspricht, aber nichts hält, genau wie zuvor auch schon in der DDR. So viel scheint sich also vielleicht doch nicht zum Guten gewendet zu haben. Auch die Probleme der Asylbewerber werden geschildert. Diese hatten sich, ähnlich wie alle andern, auch mehr vom neuen Deutschland versprochen. Doch sie bleiben Fremde und sollen sich möglichst schnell anpassen. Dabei tauchen die absurdesten Merkmale auf, die sie sich zu eigen machen sollen. So sei es enorm wichtig, weiße Socken und beige Sandaletten zu tragen, denn das tue ein richtiger Deutscher nämlich. Aus der Hochstimmung wird eine Katerstimmung und ein Schuldiger muss her. Aus dem Bündel an Problemen wächst etwas heran, das zu den Ausschreitungen vor dem Sonnenblumenhaus führt. Aus den fünf ehemals DDR-Bürgern ist eine in den Westen gegangen. Einer ist Polizist geworden. Einer flüchtet sich nicht mehr in den Alkohol, sondern in den Ausländerhass. Aus der Arbeitslosigkeit entsteht eine linksgerichtete Haltung. Und die Fünfte im Bunde lebt scheinbar ganz normal, gehört aber später zu den Bürgern, die neben den Nazis stehen und grölen. Neben ihren Handlungen und Worten charakterisieren vor allem die Kostüme die Rollen sehr passend. Die DDR-Bürger tragen zum Beispiel zunächst blaue Tops, nach der Wiedervereinigung ziehen sie weiße Oberteile an. Als sie dann alle mit ihrem Leben in verschiedene Richtungen gehen, tragen sie Dinge, die für die Meinungen ihrer Rollen stehen. Neben den Kostümen ist auch das Bühnenbild sehr gut gelungen. Es ist zwar nicht besonders umfangreich, hat aber trotzdem eine große Aussagekraft. In der Mitte befindet sich eine Art Laufsteg, um den auch die Stuhlreihen aufgestellt sind. Am hintersten Ende ist eine Wand aus Quadern aufgebaut, die mit verschiedenen Bildausschnitten beklebt ist. Zuerst ist sie weiß und symbolisiert die Mauer. Wenn diese gefallen ist, taucht das Brandenburger Tor auf. Später zeigen sich dann noch das Sonnenblumenhaus, ein Polizeiwagen und dann ein Bild, hinter dem sich vermutlich das brennende Haus versteckt. Im Prinzip ist das ganze Stück voll von Dingen, die auf den zweiten Blick eine tief greifende Bedeutung haben. Etwa die Szene, in der zum ersten Mal Steine auf das Sonnenblumenhaus geworfen werden. Ganz klar wirft der Nazi die Steine, aber gereicht werden sie ihm von einer Bürgerin, die danebensteht und ihn anfeuert. Neben den Rechtsradikalen werden also auch die Bürger verantwortlich gemacht, die sich zu Mittätern machten, indem sie beispielsweise die Polizeiarbeit behinderten. Damit aber noch nicht genug, auch die Polizei und die Regierung bekommen ihr Fett weg. Denn auch sie haben 1992 Fehler gemacht. Kamen ihnen doch die friedlich demonstrierenden Linken gefährlicher vor als die Steineschmeißer. Am Ende muss sich der Zuschauer selbst fragen, auf welcher Seite er gestanden hätte oder stehen würde, wenn es heute wieder zu solchen Szenen käme. Nachdem man das Stück gesehen hat, sitzt man jedenfalls erst einmal auf seinem Stuhl und ist bestürzt, weil einem klar wird, wie aktuell das Thema eigentlich ist. Gleich nach der Bestürzung kommt dann aber die Verwunderung. Denn wenn man sich zurück ins Gedächtnis ruft, dass „Bis zum Anschlag“ keine professionelle Produktion ist, ist das Ergebnis umso erstaunlicher. Nicht nur die Leistung der Jungschauspieler überzeugt, sondern auch das Ganze drum herum. Christof Lange ist nicht nur der Gründer der Theater Jugend und Ideengeber für das Stück. Er hat es auch zu Papier gebracht, Regie geführt und die Technik während der Aufführung gemacht. Es lag also tatsächlich alles in den Händen von Nichtprofis. Wer sich davon selbst ein Bild machen will, sollte sich „Bis zum Anschlag“ auf jeden Fall ansehen. Die nächsten Vorstellungen finden am 28. März sowie am 8. und 9. April statt. Vielleicht öffnen sich bei dieser Gelegenheit die Augen des ein oder anderen auch wieder ein kleines Stück mehr. (Fotos: Christof Lange, FTJ)

16. März 2011 | Weiterlesen
Ausstellung „Mittendrin!“ im Rathaus eröffnet

Ausstellung „Mittendrin!“ im Rathaus eröffnet

Rostock hat viele Gesichter. Dies beweisen nicht nur die Plakate, die noch bis Ende März überall in der Stadt hängen. Wer mit offenen Augen durch die Straßen geht, bemerkt sicher schnell Geschäfte und Unternehmen aus anderen Kulturkreisen. Die Fotoausstellung „Mittendrin! – Russischsprachige Unternehmerinnen und Unternehmer in Deutschland“ präsentiert 28 Menschen, die sich in Deutschland eine Existenz aufgebaut haben. Auf den 28 Aufstellern sind acht Unternehmer aus Potsdam, neun aus Leipzig und elf aus Rostock zu sehen. Neben einem Porträtfoto, meist aus dem Arbeitsumfeld, gibt es auch noch einen ausführlichen Text, der die Besonderheiten der Menschen erläutert. Dieser Text ist praktischerweise sowohl auf Deutsch als auch auf Russisch abgedruckt, was die Verständlichkeit auf allen Seiten gewährleistet. Es ist schon erstaunlich, wie vielfältig die gezeigten Unternehmen sind – von einer russischsprachigen Zeitung, über eine Möbelrestauration bis hin zu einem Geschäft für Damenunterbekleidung ist alles dabei. Initiator der Ausstellung ist das Projekt professija.de, welches zum Verein Deutsch-Russischer-Austausch gehört. Ziel ist es, Lebenswege vorzustellen, Mut zu machen und auch Beispiele für gelungene Migrationserfahrungen zu geben. So stand auch die Ausstellungseröffnung am Montagabend komplett unter dem Motto der russischen Kultur und wurde von einigen vorgestellten Unternehmen mitgestaltet. Eröffnet hat, wie schon zur Eröffnung der Fotoausstellung „Mein liebster Platz“, der Chor „Nadeshda“ des Vereins „Freunde der russischen Sprache“. Sie sorgten wieder für gute Stimmung, bevor die unvermeidlichen Reden gehalten wurden. Oberbürgermeister Roland Methling begrüßte die Anwesenden in zwei Sprachen. Auch wenn der russische Teil ein wenig stockend wirkte, sorgte es doch für Erheiterung im Saal. Er betonte, wie wichtig die Wahrnehmung der Betriebe ist, sind sie doch eine vielfältige Bereicherung für das Stadtbild. Methling thematisierte aber auch, dass es noch Probleme gibt. So ist zum Beispiel nicht immer gegeben, dass im Ausland gemachte Abschlüsse auch in Deutschland anerkannt werden. Auch einer der gezeigten Unternehmer kam zu Wort. Alexander Bondar kam 1995 aus Odessa nach Rostock. Hier beendete er die Schule und machte eine Ausbildung zum Koch. Seit 2006 ist er Inhaber eines Cafés in Evershagen und ist nebenbei noch Bundestrainer im Rollstuhlfechten. Er betonte, dass die Unternehmer sich von der Stadt gut unterstützt fühlen. Probleme macht aber etwas anderes. „Wir Unternehmen wollen uns auch zeigen“, sagte er und spielte damit auf das fehlende Interesse an anderen Kulturen in der Bevölkerung an. Bevor sich die Besucher endlich an das von Alexander Bondar zubereitete Büfett stürzten, gab es noch eine Präsentation der Ballettschule Fouetté. Seit einem halben Jahr bildet Galina Weber-Poukhlovski hier Schüler aller Altersgruppen aus. Schon Kinder im Vorschulalter können Unterricht nehmen. Und vor allem die ganz kleinen Eleven sorgten im Rathaus für große Verzückung. Als Feen und Schmetterlinge zeigten sie, dass sie schon einiges von ihrer Trainerin gelernt haben. Da nicht nur beim Ballett die Kleidung eine wichtige Rolle spielt, entschied sich Tanja Boyko im Jahr 2004 ein Modeatelier in der Altschmiedestraße zu eröffnen. Sie hatte am Anfang überhaupt keine Probleme mit der deutschen Bürokratie. „Schon sechs Wochen nach der Anmeldung konnte ich das Geschäft eröffnen“, berichtet sie. Jedoch wünscht sie sich auch jetzt noch mehr Kundschaft: „Genug zu tun, hat man ja nie!“ Seit 26 Jahren arbeitet Tanja Boyko nun schon in ihrem Beruf und hat immer noch Freude daran, Kleidung zu entwerfen und für ihre Kunden zu ändern. Wer noch weitere Beispiele für russische Unternehmer in unserer Stadt kennenlernen möchte, hat noch bis zum 25. März Zeit, sich die Ausstellung im Foyer des Rathauses anzuschauen.

15. März 2011 | Weiterlesen
Rostock goes London: Olympia-Team 2012 nominiert

Rostock goes London: Olympia-Team 2012 nominiert

Sportlerinnen und Sportler aus insgesamt sieben Rostocker Vereinen wurden heute im Rathaus ins „Team Rostock London 2012“ berufen. Sie treten in sechs unterschiedlichen Sportarten an, vornehmlich in den Wassersportarten Kanu, Rudern und Segeln. Jana Schmidt (Leichtathletik) und Zarife Imeri (Rollstuhlfechten) sind zusätzlich für die Paralympics nominiert. Aus den Händen von Bürgerschaftspräsidentin Karina Jens und Oberbürgermeister Roland Methling erhielten die Sportler ihre Berufungsurkunde sowie ein Team-Shirt. Und ein kleines finanzielles Bonbon gab es von der Stadt auch noch für ihre Spitzensportler. Ab dem kommenden Monat, so gab Methling bekannt, gewährt die Hansestadt Rostock jedem der Sportler eine ganz persönliche finanzielle Zuwendung. Diese soll zur Deckung der nicht unerheblichen finanziellen Kosten der Vorbereitung dienen. Es sei das erste Mal in der jüngsten 20-jährigen Geschichte der Hansestadt Rostock, dass die Stadt dafür einen Betrag bereitstelle. 20.000 Euro sind insgesamt vorgesehen, vorausgesetzt die Bürgerschaft stimmt dem Beschluss morgen zu. Einen Wunsch hatte das Stadtoberhaupt im Gegenzug natürlich auch: „Dass der eine oder andere von einem Treppchen steigen muss, um den Weg nach Rostock zurück antreten zu können.“ Zu den nominierten Sportlern gehört auch Ulrike Sennewald vom Olympischen Ruder-Club Rostock von 1956 e.V. In zwei olympischen Klassen könnte die Studentin der Wirtschaftswissenschaften 2012 an den Start gehen, im Frauenzweier und -achter. Seit neun Jahren ist die 21-Jährige bereits im Rudersport aktiv, 2012 wäre ihre erste Teilnahme an Olympischen Spielen. „Im Moment ist aber noch nichts in trockenen Tüchern“, gibt sich die 1,94 Meter große Sportlerin zurückhaltend, schließlich müssen sich die Boote erst noch für die Spiele qualifizieren. So blickt sie erstmal auf die Ruder-WM 2011, die im Sommer im slowenischen Bled stattfindet. Hier könnte der Startplatz für London gesichert werden. Und ihre Ziele für die Olympischen Spiele 2012 in London? „Mit leeren Händen nach Hause kommen, ist schon doof, oder?“ Stimmt. Aber vielleicht können wir Ulrike Sennewald im nächsten Jahr wieder im Rathaus begrüßen – dann mit olympischem Edelmetall um den Hals. Hier die komplette Liste der Sportler, die zum „Team Rostock London 2012“ gehören: Matthias Bohn (Segeln, Warnemünder Segelclub e.V.) Marie-Louise Dräger (Rudern, Olympischer Ruder-Club Rostock von 1956 e.V.) Felix Drahotta (Rudern, Olympischer Ruder-Club Rostock von 1956 e.V.) Mark Frank (Leichtathletik, 1. Leichtathletik-Verein Rostock e.V.) Gordon Harbrecht (Kanu, Rostocker Kanu Club e.V.) Stephan Krüger (Rudern, Olympischer Ruder-Club Rostock von 1956 e.V.) Zarife Imeri, (Rollstuhlfechten, TUS „Makkabi“ Rostock e.V.) Sebastian Rank (Triathlon, TC FIKO Rostock e.V.) Jana Schmidt (Leichtathletik, 1. Leichtathletik-Verein Rostock e.V.) Ulrike Sennewald, (Rudern, Olympischer Ruder-Club Rostock von 1956 e.V.) Alexander Schlonski (Segeln, See- und Segelsportverein der Hansestadt Rostock e.V.)

15. März 2011 | Weiterlesen
Rostocker Hafenerweiterung stößt auf Widerstand

Rostocker Hafenerweiterung stößt auf Widerstand

Der Breitling ist mehr als nur ein Hafenbecken und das ihn umgebene Land mehr als ein Gewerbegebiet. Das versuchten Naturschützer und Anwohner der umliegenden Gemeinden am letzten Samstag auf dem Rostocker Naturschutztag deutlich zu machen. Dieser wurde nun schon zum 7. Mal vom Naturschutzbund (NABU) Mittleres Mecklenburg e.V., dem Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie (LUNG) sowie dem Institut für Biowissenschaften der Universität Rostock veranstaltet. Anliegen ist es, aktuelle Probleme und Projekte des Naturschutzes im Raum Rostock und Mecklenburg-Vorpommern vorzustellen und zu diskutieren. Wie bereits im vergangenen Jahr, so bewegten die Naturschützer auch dieses Mal wieder die Folgen der Hafenerweiterung auf die umliegenden Naturräume. Um 660 ha soll der Rostocker Seehafen nach außen wachsen. Davon sind etwa 70 ha für Umschlag- und Lagerflächen an der Kaikante, 160 ha für die Ansiedlung von Dienstleistungsgewerbe und Logistik sowie 430 ha für hafenaffine Industrie vorgesehen. Vor allem Gebiete östlich und südlich des Breitlings sollen dafür ertüchtigt werden. Joachim Schmidt vom NABU erläuterte den aktuellen Planungsstand und den Einfluss auf die benachbarten Naturräume. Angesichts der im Flächenkonzept vorgestellten Layoutvarianten kritisiert er, dass zu wenig Rücksicht auf die Belange des Naturschutzes genommen wird. So würde der Ausbau des Hafenbeckens für große Schiffe auf über 15 Meter Tiefe die Strömungsverhältnisse stark beeinflussen und den Mündungsbereich des Peezer Bachs direkt beeinflussen. Großräumig erhaltene Flachwasserbereiche würden dadurch komplett verschwinden und damit auch die großflächig entwickelten Laichplätze für Fische, wie den Hering sowie Tausende von Zugvögeln, die sich regelmäßig hier einfinden. Auch die naturnah verbliebenen Uferbereiche mit einer „außerordentlich artenreichen und schützenswerten Vegetation und Faunation sowie Reste von Überflutungs-Moor-Grünland gingen dadurch verloren“, zählt Joachim Schmidt die Veränderungen auf. „Unsere Meinung ist, dass der landschaftsökologische Verlust den möglichen ökonomischen Nutzen einer Hafenexpansion in die Naturräume des Ostbreitlings in den Schatten stellt“, zitiert der Biologe aus einem geplanten Protestbrief des NABU und des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), der demnächst im Postkasten des Oberbürgermeisters und des Ministerpräsidenten liegen soll. Darin verweisen die beiden Naturschutzverbände auf die Verantwortung der Stadt für den Erhalt dieses seltenen und überregional bedeutsamen Lebensraumes. Begründet wird die Notwendigkeit der Hafenerweiterung mit einer Entwicklungsprognose, die für den Rostocker Seehafen eine deutliche Umschlagssteigerung vorhersagt. So sollen hier im Jahr 2025 gut 50 Millionen Tonnen umgeschlagen werden. Allerdings stammt diese Prognose aus dem Jahr 2007, also der Zeit vor der Wirtschaftskrise. Auch dass der Anstieg laut Studie linear nach oben laufe und anscheinend weitere mögliche globale Krisen ausklammere, macht Joachim Schmidt skeptisch. Das Ziel vieler Politiker durch die Hafenerweiterung mehr Beschäftigung zu erreichen, kann der Naturschützer nachvollziehen, dies dürfe aber nicht zum Totschlagargument werden. „Es geht nicht darum zu sagen, dass wir dieses Ziel nicht unterstützen. Aber man muss auch immer im Hinterkopf haben, was wir dadurch verlieren.“ Wichtig sei es, nach Alternativen zu suchen, beispielsweise im Fischereihafen oder auf dem ehemaligen Werftgelände in Warnemünde. Auch der interne Hafenausbau sollte vor dem externen Vorrang haben. Aber nicht nur ein wertvoller Naturraum geht durch den neuen Flächenbedarf des Seehafens verloren, auch umliegende Gemeinden befürchten, dass sie den neuen Industrieflächen weichen müssen. „Zukunft für Krummendorf“ heißt deshalb eine Bürgerinitiative, die sich derzeit gründet. „Der Hof, auf dem ich aufgewachsen bin, zusammen mit etwa 20 Häuser sollen dem Erdboden gleichgemacht werden“, sagt Anja Schröter vom Vorstand der Initiative. Für die Bewohner des Ortskerns, der nach den Plänen der HERO bestehen bleiben soll, würde das bedeuten, dass ihre Grundstücke von der Industrie eingekesselt werden und an Wert verlieren, so die 39-jährige Mutter einer Tochter weiter. „Wir kritisieren den Umgang und die Kommunikation mit den Bürgern. Wir wollen mit den Verantwortlichen vielleicht auch Alternativen finden.“ Gelegenheit zur Diskussion der Wirtschafts- und Hafenentwicklung wird es am 31. März um 17 Uhr im Rahmen eines öffentlichen Forum im Musik-Gymnasium Käthe Kollwitz geben. Nachtrag: Der Termin am 31. März wurde auf unbestimmte Zeit verschoben.

15. März 2011 | Weiterlesen
„International Masterclasses“ 2011 in Rostock

„International Masterclasses“ 2011 in Rostock

Zum ersten Mal seit Beginn des Projektes International Masterclasses – Hands on Particle Physics vor sieben Jahren an der Technischen Universität Dresden ist auch die Uni Rostock mit dabei. Schüler der Klassenstufen zehn bis zwölf aus ganz Mecklenburg-Vorpommern bekamen im Institut für Physik einen Einblick in die Teilchenphysik und durften sich auch selbst damit beschäftigen. Da dieses Teilgebiet der Physik im Unterricht so gut wie gar nicht behandelt wird, war natürlich auch so gut wie kein Vorwissen bei den 14 teilnehmenden Schülern vorhanden. So wurde zunächst in Vorträgen genau und verständlich erklärt, was später im praktischen Teil auf die Schüler zukommen würde. Im Fokus stand dabei der ATLAS-Detektor aus dem CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung in der Schweiz. Im CERN wurde, wie sich der eine oder andere vielleicht noch erinnert, ein riesengroßer Teilchenbeschleuniger gebaut. Man will mit ihm die Urknalltheorie beweisen, die die Existenz der Erde und des ganzen Universums zu erklären versucht. Demnach soll alles, was uns umgibt, aus einem kleinen Punkt unter großer Energiefreisetzung entstanden sein. In diesem Teilchenbeschleuniger werden nun Protonen zum Kollidieren gebracht, sodass sie sich in viele verschieden Teilchen spalten. Das wird im ATLAS-Detektor gemessen und dokumentiert. Davon gibt es dann Ereignisbilder, die heute den Schülern vorgelegt wurden. Mit ihrem vorher erworbenen Wissen durften sie im PC-Pool des Instituts versuchen zu analysieren, was genau auf den 50 Ereignisbildern passiert war. Außerdem sollten sie versuchen zu erkennen, welche Teilchen genau entstanden waren. „Um die Röhre, in der die Protonen aufeinandertreffen, sind verschiedene Schichten angebracht. Je nachdem in welcher Schicht das abgespaltene Teilchen landet, kann man es in etwa zuordnen“, erklärte Luise Ladewig aus der elften Klasse des Friedrich-Franz-Gymnasiums in Parchim. Eins der wichtigsten Teilchen, nachdem im CERN gesucht wird, ist das Higgs-Teilchen. Bisher ist es noch nicht gefunden worden, existiert also nur in der Theorie. Wie genau man sich das Teilchen vorstellen kann, erklärte mir Stefan Raettig, ebenfalls aus Parchim: „Stell dir vor, du bist auf einer Party mit ganz vielen Menschen, die alle alleine rumstehen. Dann kommt plötzlich ein Promi rein und alle drängen sich auf einmal um ihn. Dann entsteht Masse.“ Das Higgs-Teilchen zieht also andere Teilchen an und verbindet sich mit ihnen zu einer Masse. Da es wie gesagt noch nicht tatsächlich entdeckt wurde, hatten die Schüler auch nicht wirklich die Möglichkeit, ein reales Ereignisbild zu sehen. Um ihnen aber in etwa eine Vorstellung zu vermitteln, hatte man die Abspaltung eines Higgs-Teilchens simuliert. Bei Fragen zur Zuordnung der Teilchen konnten sich die Schüler an die beiden Doktoranden Christian Voß und Torsten Leddig wenden. Diese hatten auch schon einen Teil der Vorträge am Morgen übernommen. Das Besondere an der Veranstaltung war, dass sie parallel in weiteren Ländern stattfand. Um sich diese Besonderheit zu Nutzen zu machen, gab es am Nachmittag eine Videokonferenz aller Teilnehmer. So konnten die Schüler nicht nur in Rostock ihr Wissen untereinander teilen, sondern auch europaweit. Aus einem kleinen Projekt der TU Dresden ist also inzwischen augenscheinlich eine große Veranstaltung mit 24 Teilnehmerländern geworden. Und wer weiß, vielleicht findet am Ende einer der teilnehmenden Schüler tatsächlich irgendwann das Higgs-Teilchen.

15. März 2011 | Weiterlesen
Uraufführung von „Spuren Spüren“

Uraufführung von „Spuren Spüren“

Für die meisten Gäste der Uraufführung von „Spuren Spüren“ dürfte es bestimmt der erste Theaterbesuch überhaupt in ihrem Leben gewesen sein. Denn dieses gut halbstündige Stück des Volkstheaters Rostock wurde extra für die „Allerkleinsten“ ab zwei Jahren produziert. Inszeniert hat es Jörg Hückler, der selbst Vater von zwei Kindern dieser Altersgruppe ist. „Auch Zweijährige haben ein Recht auf ästhetische Bildung“, meint der Schauspieldirektor und Chefdramaturg des Rostocker Volkstheaters und schätzt an ihnen vor allem die Unvoreingenommenheit. „Sie sind viel freier und noch nicht vorgeprägt“, hat sich der Regisseur auf das junge Publikum eingestellt. Er greift damit eine Bewegung auf, die vor zehn Jahren in der Freien Theaterszene begann und nun mit „Spuren Spüren“ auch am städtischen Theater in Rostock angekommen ist. Nachdem das Ateliertheater geschlossen werden musste, hat er in der Bühne 602 auch einen geeigneten Aufführungsort dafür gefunden. Das weiße Bühnenbild, bestehend aus vier raffinierten, nebeneinanderstehenden Wänden, stammt wie schon bei dem Stück „Die chinesische Nachtigall“ von Studenten der Rostocker Technischen Kunstschule. Und wieder wurde damit deutlich, wie einfache Formen und Materialien zur Fantasieentfaltung beitragen können. Was man damit alles machen kann, das zeigt sich im Laufe des Stückes. Aber zunächst steht ein bei Kindern schon bekanntes und beliebtes Spielzeug im Mittelpunkt: der Ball. Ein großer blauer Gymnastikball übernimmt im ersten Teil die Hauptrolle. Schauspieler Michael Ruchter und Tänzerin Teresa Lucia Forstreuter, die auch an der Choreografie mitgewirkt hatte, zeigen, wie schön man damit gemeinsam spielen kann. Gemeinsam spielen – das ist nicht nur für die Jüngsten nicht immer einfach. Schließlich muss man sich erstmal über die Spielregeln verständigen. Dass dies auch ohne Sprache wunderbar klappen kann, beweisen die beiden Darsteller mit ihren klaren Körperbewegungen und einer simplen Fantasie-Silbensprache in geläufigen Intonationsmustern. Diese wurde auch vom jungen Publikum auf Anhieb und zum Erstaunen und Schmunzeln der erwachsenen Zuschauer verstanden. Katta lemma see? (Auf Orthografie dürfte es hier wohl nicht so sehr ankommen) – auf diese als Frage deutlich erkennbare Silbenfolge reagierten die Kinder intuitiv mit „Da!“, denn sie hatten richtig erkannt, dass Michael Ruchter seine Mitspielerin suchte, die zuvor hinter der Wand verschwunden war. Die Bälle, später kamen zum großen auch noch kleine blaue hinzu, sorgten für jede Menge Spaß und Lebendigkeit auf der Bühne. Kein Wunder also, dass man nach dem ganzen Spielen erschöpft ist. Zeit für ein kleines verträumtes Schattenspiel. Im gedämpften Licht erinnerte der Spot an einen Mond – mit ihren Händen ließ Teresa Lucia Forstreuter vor ihm verschiedene Tiere auftauchten. Obwohl Jörg Hückler den kleinen Theaterbesuchern bevor sie ihre Plätze einnahmen, ausdrücklich erlaubt hatte, auch den Raum verlassen zu dürfen, waren sie von dem Spiel so in den Bann gezogen, dass überhaupt gar nicht daran zu denken war. Auch das Applaudieren zum Schluss klappte, wie bei den Großen, schon hervorragend. Mit Neugier und Begeisterung nutzen die kleinen Theaterbesucher nach der Vorstellung auch die Gelegenheit, die Bühne selbst zu erkunden und hatten sichtlich Freude daran. Weitere Vorstellungen finden am 15. und 27. März sowie am 10., 17. und 19. April an der Bühne 602 statt. Der Vorverkauf läuft über das Volkstheater.

14. März 2011 | Weiterlesen
Wiglaf Droste präsentiert Geschichten und Gedichte

Wiglaf Droste präsentiert Geschichten und Gedichte

Was habt ihr eigentlich für einen Stromanbieter? Seid ihr auch schon auf Pilgerstrom umgestiegen? Natürlich kann man nur schwierig mit Glauben einen Computer betreiben. Aber trotzdem wird das Wort immer wieder verwendet. Nur eine von sehr vielen genialen Beobachtungen, die der Autor Wiglaf Droste mit den knapp 200 Zuhörern im Peter-Weiss-Haus teilte. „Ich freue mich, dass ich den Weg ins Peter-Weiss-Haus gefunden habe“, so begrüßte er die Anwesenden. Dabei war es ja gar nicht das erste Mal für Droste. Schon im März 2010 hatte ihn das Literaturhaus Rostock eingeladen, um seine neuen Bücher vorzustellen. Und wie schon damals war es auch diesmal wieder rappelvoll im Saal. Es mussten sogar noch Stühle nachgeholt werden, um allen Gästen Platz zu bieten. Der Pilgerstrom ist nur eine Unart der deutschen Sprache, die der Autor thematisierte. Auch wurde die Absurdität des Wortes „angedacht“ aufgezeigt oder sehr umfangreich die Wortschöpfungen deutscher Friseure analysiert. „Im Sparadies der Friseure“ so der Titel einer Geschichte, die auch schon 2010 für viele Lacher gesorgt hatte. Besonders dieser Text belegte, wie sehr Droste auf sprachliche Ausrutscher achtet, waren doch unzählige neue Beispiele handschriftlich im Ursprungstext ergänzt. Doch nicht nur Sprachvergewaltiger bekamen ihr Fett weg. Überall wo sich eine Wunde in unserer Gesellschaft abzeichnet, nimmt Droste Salz und streut es hinein. Seien es nichtssagende Marketingexperten, mit denen er auch beruflich schon zu tun hatte, Politiker, besonders die Grünen, oder aber Bauarbeiter. Diese bekamen sogar eine eigene Geschichte. „Der Gerüstbauer ist ein Irrtum der Evolution“, so lautete sein Urteil. Vor der Pause wurde es dann sogar musikalisch. So gab er zur Begeisterung der Besucher einen Blues zum Besten. „Die armen Fische“ beschreibt die Arbeit eines Fischgrätenwerfers in einer Fischmehlfabrik. Dieser schmeißt dann in jedes fertig gepresste Fischfilet zwei Gräten hinein, um den Anschein zu erwecken, dass es sich dabei wirklich um echten Fisch handelt. Nach der Pause las Droste auch einige Gedichte aus seinem bald erscheinenden Buch „Wasabi dir nur getan“. Eigentlich sollte es schon längst erschienen sein, doch er brauche immer länger zum Schreiben. „Es ist wie mit Guttenberg. Ich habe hohe Ansprüche an mich selbst, nur leider keine Ghostwriter.“ Neben dem ehemaligen Minister bekamen auch Größen der Literaturlandschaft ihr Fett weg, zum Beispiel Marcel Reich-Ranicki oder Günter Grass. Selbst vor seiner Heimat machte er kein Halt. „Nicht abgeholt, obwohl bestellt, dies Gefühl ist Bielefeld.“ „Ich rede gerne mal, ohne vorher zu wissen, worauf es hinausläuft“, sagte der Autor zum Ende der Lesung, nachdem er sich scheinbar etwas in seinen Gedanken verzettelt hatte. Aber auch das erhöhte die Sympathie für ihn nur noch. So sang er zum Trost für alle, die Trost brauchen, als Zugabe noch einen Song von Tom Petty, um dann die Bühne zu verlassen und sich nach eigenen Angaben „einen Wolf zu signieren.“ Zwar konnte man den Gedichtband noch nicht kaufen, dafür aber die Kolumnensammlung „Auf sie mit Idyll!“ Der lang anhaltende Applaus bewies, dass es den Leuten gefallen hat. Unter ihnen waren auch Marianne Arndt und Stefan Forster. Sie hatten eher durch Zufall von der Veranstaltung erfahren, waren aber umso glücklicher. „Er hat bewiesen, dass Sprache einfach Spaß macht. Er ist sehr geistreich, scharfsinnig und besitzt unglaublich viel Witz“, sagten die Rostocker. Auch fanden sie die teils scharfe Kritik nicht übertrieben. „Gerade in der Kulturwelt muss Kritik erlaubt sein. Er vertritt seinen Standpunkt, auch wenn man natürlich nicht alle Ansichten teilt“, sagten die beiden mit einem Lächeln. Auch wenn Wiglaf Droste selbst sagt: „Deutschland heißt in echt Debilien“, ist er der der beste Beweis, dass dem nicht nur so ist.

14. März 2011 | Weiterlesen
Tanzmatinee der Ballettschule Marquardt

Tanzmatinee der Ballettschule Marquardt

Seit 16 Jahren gibt es nun jedes Jahr die Tanzmatinee der Ballettschule Marquardt. Zum neunten Mal fand sie im Katharinensaal der Hochschule für Musik und Theater (HMT) statt. „Das hier sind schöne Räumlichkeiten, es gibt keine Probleme mit den Mitarbeitern im Haus und sie haben modernste Technik“, erklärte Sabine Marquardt, Leiterin der Tanzschule, die Entscheidung für die HMT. Unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Roland Methling bekamen die Schüler von der ersten bis zur fünfzehnten Tanzklasse wieder die Möglichkeit zu zeigen, was sie im letzten Jahr gelernt hatten. Eingeleitet wurde die diesjährige Matinee mit einer „Aufforderung zum Tanz“. Eine gelungene Einleitung für die Veranstaltung, in der die älteren und jüngeren Schüler zusammen in ihren schlichten Kostümen zu klassischer Musik tanzten. Gleich danach durften die Kleinen alleine auf die Bühne. Sie zeigten als Erste, was sie alles gelernt hatten. In den unterschiedlichsten Kostümen präsentierten sie den Zuschauern kleine Geschichten, die durch eine Choreografie umgesetzt wurden. Zuerst gab es einen „Luftballontanz“, der von der „Sommerzeit“ abgelöst wurde. Nach einer kleinen Reise in die Niederlande mit dem „Holzschuhtanz“ zeigten die „Marienkäfer“ ihre schönen roten Flügel. Danach entführten die Kinder der zweiten bis dritten Tanzklasse die Zuschauer auf den Bauernhof. Bauer und Bäuerin hatten ihre liebe Not mit den Tieren. Erst stürmten die kleinen Schweinchen die Bühne, um sich dann nicht mehr vertreiben zu lassen. Gleich darauf folgten die Gänse, die ihren Tanz vollführten. Mit den Armen fuchtelnd und hüpfend flogen sie über die Bühne. Und im wahrsten Sinne des Wortes tanzten die Mäuse dann der armen schwarzen Katze auf der Nase rum. Nach einem „Folklore“-Tanz und einer kleinen „Romanze“ ging es weiter mit dem „Ballet de la fantasia“, in dem Julia Hoppe anmutig über die Bühne schwebte. Danach durften dann die älteren Schüler in einem „Potpourri der Tanzstile“ das Publikum bezaubern. Die Bühne verschwand zunächst im Nebel und die Mädchen der zehnten bis fünfzehnten Tanzklassen tauchten in ihren blauen Kleidern daraus auf. In ihrem „Adagio“ verzauberten sie mit ihren grazilen Bewegungen das Publikum. Der wohl emotionalste Teil des Vormittags war die „Klassiketüde“, bei der die Schülerinnen der achten und neunten Tanzklassen das erste Mal ihre Spitzenschuhe trugen. Zu diesem besonderen Anlass führten ihre Väter die ganz in weiß gehüllten Mädchen auf die Bühne und tanzten mit ihnen. Sie vollführten Hebefiguren und wirbelten sie herum, um sie stolz zu präsentierten. „Das war ein tolles Erlebnis. Ich war sehr stolz auf meine Tochter“, erzählte Frank Ritter, der Vater von Clara, eines der Mädchen. Väter und Töchter hatten im Vorfeld zusammen unter der Anleitung von Sabine Marquardt trainiert, um den Auftritt gut über die Bühne zu bringen. Danach folgten dann die eher modernen Tänze wie zum Beispiel der Streetdance, bei dem nur Jungen tanzten. Die Choreografie stammte von Max Rädle, der selbst auch mitmachte. Alle anderen Schrittfolgen hatte sich Sabine Marquardt ausgedacht und mit den Schülern umgesetzt. Natürlich kamen auch Hip-Hop und Jazztanz nicht zu kurz. Der Stepptanz durfte selbstverständlich auch nicht fehlen. Dieser erfreute sich unter den modernen Tänzen ganz klar der größten Beliebtheit. Gleich drei Gruppen klapperten mit ihren Schuhen über die Bühne. So schloss dann auch der Auftritt der zehnten bist fünfzehnten Tanzklassen mit einer Steppreise nach Amerika den Tanzvormittag ab. Eltern und Kinder waren wohl hinterher gleichermaßen stolz. „Die Kinder haben ja sonst wenig Möglichkeiten sich zu zeigen“, stellte Sabine Marquardt fest. „Und so können sie mal auf einer großen Bühne stehen und zeigen, was sie gelernt haben.“ Das Ganze hat sich inzwischen zu einer Tradition entwickelt. Und so wird wohl auch im nächsten Jahr wieder die Bühne im Katharinensaal von den Schülern der Ballettschule Marquardt zum Glühen gebracht.

13. März 2011 | Weiterlesen